Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

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Berolinensis
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Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Berolinensis »

Wie im Strang zur Schottland- und Englandreise des Hl. Vaters geschildert, bin ich durch ein Geschenk der britischen Bischöfe an Papst Benedikt auf Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten aufmerksam geworden.

Hier ein Auszug aus dem Wikipedia-Eintrag zu Bartholomäus Holzhauser:
Bartholomäus Holzhauser (* 24. August 1613 in Laugna; † 20. Mai 1658 in Bingen am Rhein) war katholischer Priester, Gründer des „Instituts der in Gemeinschaft lebenden Weltpriester“ (sogenannte „Bartholomiten“), später Pfarrer bzw. Dekan in Bingen und Berater des Kurfürsten von Mainz.

[...]

Schon während des Studiums entstand der brennende Wunsch, eine Gemeinschaft von Weltpriestern zu gründen, die auf den Grundpfeilern Wohngemeinschaft, Gütergemeinschaft und Ausschluss von Frauen aus dem geistlichen Haushalt basieren sollte. Ursache und Anregung des Vorhabens waren die Zeitumstände während und nach dem Dreißigjährigen Krieg, als viele Priester vertrieben oder auch vom Glauben abgefallen waren. Die noch treuen Geistlichen waren oft „Einzelkämpfer“ die sich mit niemanden austauschen oder beraten konnten. Um nicht verhungern zu müssen, hatten sie auch allerlei weltliche Geschäfte in Stall und Feld zu besorgen, was nicht selten zu einer Vernachlässigung der geistlichen Pflichten führte. Holzhauser wollte die „verstreuten Steine des Heiligtums sammeln“; Priester einer jeweils bestimmten Gegend örtlich zusammenfassen, in diese Häuser auch junge Männer aufnehmen um sie als Priesternnachwuchs heranzubilden und die Finanzen gemeinsam verwalten, um die Geistlichen von der Sorge um Nahrung und Obdach zu befreien bzw. ihnen im Falle der Krankheit Sicherheit zu bieten. Im Grunde war es die fortschrittliche Idee einer „Genossenschaft von Weltpriestern, zur Bündelung der Kräfte nach innen und außen“; nämlich zur Konsolidierung von Spiritualität und Organisation nach innen und zum effizienteren Apostolat nach außen.

Holzhauser scharte zunächst in Ingolstadt die drei Priester Kettner, Gündel und Rottmayer um sich, dann zogen sie über Altötting, wo sie das Werk Maria weihten, ins weitgehend von den Kriegsereignissen verschonte Erzstift Salzburg. Johann Christoph von Liechtenstein-Kastelkorn, Salzburger Suffraganbischof des Bistums Chiemsee unterstützte ihr Anliegen und wies ihnen das ehemalige Kollegiatsstift St. Laurentius in Tittmoning zu. Unter dem Schutz des ihnen sehr gewogenen Bischofs entstand hier die erste Gemeinschaft der „Bartholomäer“ oder „Bartholomiten“, wie man die neue – oder besser im kirchlichen Altertum wiederentdeckte – geistliche Lebensform nannte. Holzhausers Ankunft dort am 1. August 1640 galt später als Gründungsdatum der Priestergemeinschaft, obgleich es keinen formalen Gründungsakt gab. Auch Holzhausers Bruder Melchior, später Pfarrer von Büdesheim bei Bingen, trat hier der Vereinigung bei. Das Werk wuchs, Priester aus Bayern und aus dem Salzburgischen schlossen sich verstärkt an.

[...]

Kurz vor Holzhausers Tod begann sich seine Kommunität durchzusetzen, ging aber später mehr und mehr zurück. Hauptursache dafür waren die sich ändernden Zeitumstände, besonders das Gesunden der diözesanen Strukturen im Zuge der Gegenreformation und als Frucht des Trienter Konzils, woran Holzhausers Vereinigung auch selbst tätigen Anteil hatte. Dennoch blieb die Idee der Weltpriestervereinigungen bestehen und begeisterte immer wieder Gruppen im Klerus. Beispielsweise gehörten 4 Mainzer und 2 Wormser Weihbischöfe der Priestergemeinschaft an. Erst in der Säkularisation 1803 verschwanden die letzten organisatorischen Reste von Holzhausers Stiftung.
Mir scheint, das könnte durchaus auch ein für unsere Zeit geeignetes Modell sein.

Im Artikel heißt es übrigens:
Ansätze zur Seligsprechung des Binger Dekans sind von offizieller Seite bisher leider nicht weiterverfolgt worden.
Erzbischof Nichols erwähnte jedoch in seiner Ansprache an den Hl. Vater, daß Holzhauser von Papst Leo XIII. für "Ehrwürdig" erklärt worden sei, was ja eine Stufe auf dem Weg zur Seligsprechung ist (normalerweise mit Promulgation des decretum super virtutibus).

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Gamaliel
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Mir scheint, das könnte durchaus auch ein für unsere Zeit geeignetes Modell sein.
Da möchte ich doch an die Aussagen des ehemaligen Generaloberen der FSSPX, P. Franz Schmidberger, erinnern:
Rundbrief Nr. 44 vom 19. März 1993 hat geschrieben:Liebe Freunde! Gewiß ist es nicht unnütz, Ihnen ein klein wenig mehr Einblick zu geben über Zweck und Aufgabe unserer Priorate. Diese sind zwar keine Klöster, aber sie sind weit mehr als einfache Pfarreien. Sie sollen Orte sein, wo zwei, drei, vier oder gar fünf Priester dem gemeinsamen Gebet obliegen, zusammen studieren, zusammen den Glauben einem ganzen Volk oder wenigstens einer Gegend verkündigen, untereinander in brüderlicher Liebe im Geiste der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit leben und sich und die Gläubigen solchermaßen heiligen.

Dieses Ideal, das sich im Laufe der Jahre unserem Gründer immer klarer darstellte, entspricht genau der Lebensweise der Apostel und folglich dem Willen Jesu Christi für die Lebens- und Wirkungsweise Seiner Priester. Heilige Priester und Bischöfe suchten im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder, zu diesem Ideal zurückzukehren, insbesondere seit den Anweisungen des Konzils von Trient über die Seminarordnung, das Leben des Klerus und die Residenzpflicht der Bischöfe. Neben dem hl. Karl Borromäus, dem hl. Johannes Eudes und Herrn Olier hat sich insbesondere der Diener Gottes Bartholomäus Holzhauser in dieser Hinsicht hervorgetan. Wer seine Regel für den in Gemeinschaft lebenden Diözesanklerus liest und alle späteren Versuche zur Erneuerung des priesterlichen Ideals überdenkt, wird leicht feststellen, daß Erzbischof Lefebvre mit der Gründung der „Gesellschaft der Apostel Jesu und Mariae” [*] vollkommen in der apostolischen Tradition steht, die im Grunde die Regel Bartholomäus Holzhausers auf die heutige Zeitumstände und -bedürfnisse angepaßt hat;[/b] wie er der Erbe all jener ist, welche die Kirche immer von ihrem Herzstück aus im Heiligen Geiste zu erneuern trachteten: von der Heiligkeit des katholischen Priester-tums und vom heiligen Meßopfer aus.
* Name der Priesterbruderschaft St. Pius X. laut ihren Statuten, nur für den internen Gebrauch bestimmt.

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taddeo
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von taddeo »

Gamaliel hat geschrieben:* Name der Priesterbruderschaft St. Pius X. laut ihren Statuten, nur für den internen Gebrauch bestimmt.
Wieso das denn? Hat das (kirchen-)rechtliche Gründe oder andere? :hae?:

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Robert Ketelhohn
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Berolinensis hat geschrieben:Mir scheint, das könnte durchaus auch ein für unsere Zeit geeignetes Modell sein.
:klatsch:
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Gamaliel
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Gamaliel »

Wen übrigens die Statuten interessieren, die der Diener Gottes Bartholomäus Holzhauser für seine Priestergemeinschaft vorgesehen hat, der wird hier fündig. In diesem von Holzhauser stammenden Buch, werden am Ende, d.h. ab BUCHseite 140 die von Papst Innozenz XI. approbierten Statuten beigefügt.

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Niels
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Niels »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Mir scheint, das könnte durchaus auch ein für unsere Zeit geeignetes Modell sein.
:klatsch:
:daumen-rauf:
Sehr interessant!
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Linus
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Linus »

(Was ist da der Unterschied zu einem "normalen zusammenlebenden Klerikerkapitel"? )
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cantus planus
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von cantus planus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Mir scheint, das könnte durchaus auch ein für unsere Zeit geeignetes Modell sein.
:klatsch:
Ich höre von vielen Priestern, die sich zu einer vita communis zusammenschließen wollten, dass es ihnen vom Bischof untersagt wurde. Ihr geht immer noch von einem Betriebsunfall und dem Wunsch nach Besserung aus. Tatsächlich tun die Bischöfe nach wie vor alles, um das Priestertum zu zerstören. Das ist kein Zufall!

(Ich habe hier schon vor Jahren die Frage gestellt, warum man die Zusammenlegung mehrerer Pfarreien und Seelsorgeräume nicht einhergehen lässt mit der Errichtung von Priesterkapiteln. Dann könnten sogar diese unseligen Reformen noch fruchtbar sein. So sind sie es garantiert nicht!)
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ad-fontes
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von ad-fontes »

Die Priester sollen verschlissen werden?!
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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cantus planus
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von cantus planus »

Das ist m. E. ganz offensichtlich. Meine These krankt allerdings am entscheidenden Punkt: dem Motiv! Darüber denke ich seit Jahren nach, und komme einfach nicht drauf...
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Linus
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Linus »

Das Motiv ist eindeutig:
Dann können wir endlich mit den Protestanten fusionieren, wir gedenken dann alle gemeinsam der Geschehnisse im Abendmahlssaal und bleiben brav unterm Kreuz stehen, als hätts nie eine Auferstehung gegeben. Die Redner sind dann halt irgendwelche Dipl Theol. (ökumenisch) die von irgendwelchen Laien halt mal ein Segenskreuzerl auf die Stirn bekommen haben und damit ordiniert sind.
man lese "Die katholiken" oder sehe sich den Film an....
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Gamaliel
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Re: Bartholomäus Holzhauser und die Bartholomiten

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Mir scheint, das könnte durchaus auch ein für unsere Zeit geeignetes Modell sein.
Das sah auch Papst Pius XII. so:
Menti nostrae hat geschrieben:105 Wir halten es deshalb für besonders angebracht, dass diese jungen Priester gemeinsam mit dem Ortspfarrer und seinen Kaplänen leben, weil sie auf diese Art unter Führung älterer Amtsbrüder leichter in die Seelsorge eingeführt und vom priesterlichen Geist durchdrungen werden können.

[...]

107 Wir billigen und empfehlen auf das lebhafteste, was schon seit langem Wunsch der Kirche war, dass nämlich die Priester der gleichen Pfarrei oder angrenzender Pfarreien zu gemeinsamem Leben sich zusammenschließen.

108 Wenn diese Durchführung des Gemeinschaftslebens auch einige Opfer mit sich bringt, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, dass sie andrerseits große Vorteile in sich birgt: vor allem gibt sie dem Eifer und dem Geist der Nächstenliebe unter den Priestern täglich neue Nahrung; sie ist fernerhin für die Gläubigen ein wunderbares Beispiel der Loslösung der Diener Gottes von den eigenen Interessen und der eigenen Familie und schließlich legt sie Zeugnis ab von der peinlichen Gewissenhaftigkeit mit der sie die priesterliche Keuschheit bewahren.

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