Religiöse Feiern für Zweitehen

Allgemein Katholisches.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Pius XI in [i]Casti connubii[/i] hat geschrieben:...Christus selbst betont: "Jeder, der seine Gattin entläßt und eine andere heiratet, bricht die Ehe; auch wer die vom Mann Entlassene heiratet, bricht die Ehe". Und diese Worte Christi beziehen sich auf jedwede Ehe, auch die bloß natürliche und gesetzmäßige; jeder wahren Ehe kommt nämlich jene Unauflöslichkeit zu, durch die sie, was die Lösung des Bandes anbelangt, dem Gutdünken der Parteien und jeder weltlichen Gewalt entzogen ist.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen, Casti connubii kenn’ ich auch, wie den Syllabus, den ich oben schon erwähnte. Ich hab’ ja beides auf Domus Ecclesiæ. Überzeugend ist das dennoch nicht.

Mir scheint vor allem der nicht unproblematische Naturrechtsbegriff zur Parallelisierung zweier eben nicht gleichartiger Realitäten zu führen. Ich kann mich des Eindrucks aber nicht erwehren, daß der entscheidende Punkt bei euch noch nicht angekommen ist.

Während das Sakrament seinem Wesen nach keiner menschlichen Gewalt unterworfen und damit wesenhaft unauflösbar ist – es darf nicht nur nicht, es kann nicht aufgelöst werden –, soll die Ehe der Ungetauften zwar auch nicht aufgelöst werden, sie wird es aber tatsächlich doch nicht selten. Dies anerkennt auch die Kirche, und zwar erstens, indem sie sich in genau bestimmten Fällen berechtigt weiß, selbst aufzulösen. Zweitens aber auch, indem sie faktisch nach Auflösung früherer Ehen neu geschlossene zwischen Ungetauften als Ehen anerkennt.

Weil’s nun Abendbrot gibt, vorerst bloß noch eine kleine Preisfrage: Mit wem war denn eigentlich Erzvater Jakob verheiratet?
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: bloß noch eine kleine Preisfrage: Mit wem war denn eigentlich Erzvater Jakob verheiratet?
Ja, darüber haben Theolgen und Theologiestudenten früher gerne und oft diskutiert. Hier geht es ja weniger um die Unauflöslichkeit der Ehe (Jakob ließ sich nicht scheiden, Lea wurde ihm arglistig untergejubelt usw.), sondern um die (in der Bibel nirgends ausdrücklich verbotene) Polygamie.

Traditionell antwortete man in der Schultheologie damit, dass in manchen Kulturen (z. B. in Israel) die naturgesetzliche Monogamie schwierig/kaum zu erkennen gewesen sei. Daher seien Ploygamie und auch andere Formen der außerehelichen Sexualität (Abraham und Hagar) durch göttliche(!) Dispens geduldet worden (Gott als Herr des Sittengesetzes).

Unter Einfluss des Hellenismus schwand in Israel die Polygamie. Wie die Urkirche mit polygamen Katechumenen umgegangen ist, wissen wir nicht.

Ob und wie die neuere Theologie darüber nachdenkt, weiß ich nicht.
(Vgl. auch Artikel "Monogamie" in: LThk 7, 1962, Sp. 558ff.)
Zuletzt geändert von roncalli am Montag 13. September 2004, 16:50, insgesamt 2-mal geändert.

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Mir scheint vor allem der nicht unproblematische Naturrechtsbegriff...
Vielleicht hast du einen zu starren Naturrechtsbegriff?
(Ich bin allerdings auch kein Naturrechts-Experte.)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Roncalli hat geschrieben:»Vielleicht hast du einen zu starren Naturrechtsbegriff?«
Da hast du mich, denke ich, mißverstanden. Das Problem liegt vielmehr in der Anwendung eines am paradiesischen Urzustand maßnehmenden Naturrechtsbegriffs auf die Welt der natura lapsa. Ja, die Ehe des ersten Menschenpaars war vom Schöpfer gewiß unauflöslich gedacht. Aber wenn man die Ehe nach diesem Bild als dem Gesetz der Natur zufolge einzig mögliche Ehe ansieht, dann müßte man konsequenterweise die Verbindungen der Ungetauften als Nicht-Ehen, als Konkubinate betrachten.

Tatsächlich deutet sich diese Konsequenz auch etwa bei Pius VI. an, wie von Pius XI. in Casti connubii zitiert. Würde dies aber der Wirklichkeit gerecht? Wozu bedürfte es dann noch eines paulinischen Privilegs? – Ferner dürften wir bei solcher Konsequenz auch die Staaten nicht mehr Staaten nennen, sind sie doch fernab vom dem, was menschliche Gemeinschaft sein soll.

Nein, wenn das Naturrecht oder Naturgesetz daran knüpft, was die ungefallene Natur von der Schöpfungsordnung her war – und anders ergibt der Begriff in der Tat kaum Sinn –, dann sollten wir uns hüten, Phänomene menschlichen Zusammenlebens im Reich der gefallenen Natur an diesem Maßstab zu messen. Ich gebe zu, daß ich mich oben an zwei Stellen selber unpräzise ausgedrückt habe. Das liegt – leider – an der Verbreitung solcher Begrifflichkeit, daß sie einem allzu schnell aus der Feder springt.

Mir ist übrigens klar, daß dies unangemessene Naturrechtsdenken durchaus seine Tradition in der Kirche hat, über Suárez und Vitoria bis zurück zum Aquinaten. Wahr bleibt aber dennoch, daß die gefallene Natur erst durch die Gnade wiederhergestellt wird, ja über die ursprünglich unversehrte Natur hinaus erhoben. Die geschaffene Ordnung der Natur konnte der Mensch durch die Sünde „auflösen“ – und hat sie aufgelöst. Nicht so die im Sakrament vermittelte Gnade.
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Meines Wissens spricht der katholische Naturrechtsbegriff weder von der paradiesischen noch von der postlapsorischen, sondern von der "metaphysischen Natur" des Menschen, also von dem, was das Menschsein (?) immer und überall ausmacht.
Das wird/wurde natürlich auch immer wieder in Frage gestellt und unter Theologen (zu Recht oder Unrecht?) problematisiert. Ich bin leider kein Experte in dieser Frage.
Vielleicht ist jemand im Forum, der uns da weiterhelfen kann?
Zuletzt geändert von roncalli am Montag 13. September 2004, 16:48, insgesamt 1-mal geändert.

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Robert hat geschrieben: Die geschaffene Ordnung der Natur konnte der Mensch durch die Sünde „auflösen“ – und hat sie aufgelöst. Nicht so die im Sakrament vermittelte Gnade.[/color]
Robert, kannst du diese beiden Sätze, vor allem den letzten, noch etwas genauer erklären? Ich verstehe nicht ganz, was du meinst. Prima vista scheinen mir nämlich die Verhältnisse eher umgekehrt zu liegen. Aber vielleicht missverstehe ich dich.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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Chiara
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Beitrag von Chiara »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nein. Die Kirche mischt sich nicht ein, wenn der Heide sich zehnmal scheidet und neu vermählt. Kommt er dann zum Glauben, fragt die Kirche nicht nach den neun früheren Ehen, sondern nur nach der aktuellen.
Klar ist eine Ehe von Nichtchristen/Nichtkatholiken für die Kirche solange "uninteressant", wie sie ihrer eigenen Ordnung nicht in die Quere kommt.
Aber wenn dieser nach einer Vorehe einen Katholiken heiraten will, dann wendet sie selbstverständlich ihren Begriff von der Ehe an, der sich mit der Scheidung nicht verträgt. Und dabei gilt sehr wohl "Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen".
Der Fall des zehnmal geschiedenen "Heiden" ist mir zwar noch nicht untergekommen, aber ich würde sagen, da wäre nach katholischer Ehelehre vielmehr die erste Ehe im Blickpunkt.
Aber das nur nebenbei.
Im Fall einer nichtsakramentalen Vorehe wird sehr wohl daran festgehalten, dass die Naturehe prinzipiell nicht scheidbar ist.
Denn für eine Auflösung dieser Ehe ist immerhin päpstliche Dispens notwendig, die, wie roncalli sehr richtig sagte, "in favorem fidei" erteilt wird. Und durchaus verweigert werden kann.
Eine Ausnahme bildet die Anwendung des Privilegium Paulinum, bei dem die Vorehe eines Nichtchristen nach seiner Taufe durch die neue sakramentale Eheschließung gleichsam "von selbst" aufgelöst wird, so dass hier nur noch eine Erlaubnis des Ortsordinarius benötigt wird.

Die Sanatio ist... der Extremfall des "ecclesia supplet"-Prinzips bzw. einer nachträglichen Dispens. Ein sehr scharfes "Schwert", da es ohne Wissen der Partner eingesetzt werden kann... Darum ist es ja dem Diözanbischof (in Einzelfällen) und dem Hl. Stuhl vorbehalten.
Aber es ist längst nicht so problematisch wie dargestellt. Denn der Ehewille kann selbstverständlich nie dispensiert werden, und die ungültige Ehe wird aufgrund des vorliegenden Konsenses saniert.
(Beispiel: Der Traupriester merkt nach der Eheschließung, dass ihm die Trauvollmacht nicht delegiert wurde. Dann ist es auch pastoral sinnvoller, die Ehe zu sanieren, als die Leute zu einer privaten Zweittrauung im Pfarrbüro einzuladen.)

Ein Wort noch zu den Nichtigerklärungen... Ich denke, man sollte da mit dem Beurteilen der Arbeit der Offizialate sehr, sehr vorsichtig sein. Das kann man in der Regel erst bewerten, wenn man als Fachmann einmal einige Wochen im Haus mitgearbeitet hat und den Arbeitsstil dieses Offizialates kennenlernen konnte.
Was davon subjektiv von den Betroffenen eines Verfahrens oder deren Verwandten oder auch den Leuten vom Generalvikariat, die mal zufällig was aufgeschnappt zu haben meinen, wahrgenommen und weitererzählt wird, ist in Anbetracht der Verpflichtung zum Schweigen, unter der die Gerichtsleute arbeiten, nur mit Vorsicht zu genießen.
Ich persönlich bekomme nur in einem Fall echte Bauchschmerzen: wenn ich merke, ein Pärchen ist mit Absicht eine ungültige Ehe eingegangen, um sich ein Türchen offen zu halten, und man kann ihm das affirmative Urteil nicht verweigern, weil die Ehe nun mal in der Tat nur Rechtsschein war. Allerdings denke ich mir dann, dass selbst die Rota nicht der alleroberste Richter ist, und DIESER wiederum muss die moralische Seite einer Attentativehe nicht außer Acht lassen... (wie es ein Diözesanrichter tun muss...)
"Scio cui credidi"

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Chiara
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Registriert: Montag 23. August 2004, 21:03

Beitrag von Chiara »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich habe doch so meine Zweifel an manchen Nichtigkeitsaussagen. Die Feststellung zum Beispiel, soundsoviel Prozent der Ehen seien ungültig, bloß merke es mangels Klägers keiner, halte ich für ziemlich fahrlässig.
Das war eine Einschätzung eines Dozenten im Studiengang Kanonisches Recht, der selbst Diözesanrichter ist.
Was das "Merken" angeht - DAS habe ich nicht gesagt. Nur dass niemand außer den Eheleuten das Recht hat, die Gültigkeit der Ehe gerichtlich anzuzweifeln. Die genießt nämlich Rechtsgunst. Es wäre ja noch schöner, wenn jedermann jede beliebige Ehe von X und Y vor Gericht zerren könnte.
Robert hat geschrieben:Na ja, ratum et consummatum sollte das matrimonium schon sein, consummandum vero sponsis non ante altare, sed serius, cum soli morentur in cellula.
Robert, mir ist schon klar, dass der Vollzug der Ehe nicht in externo stattfindet... Darauf wollte ich auch gar nicht hinaus! Es ging mir darum, dass das Ehesakrament durch den Konsens und nicht durch den Ehevollzug zustande kommt; wenn das Sakrament also bei der Trauung nicht zustande kam, dann bewirkt das Zusammenleben nicht, dass es auf einmal doch zustande kommt.
Den Streit gab es schon einmal im Hochmittelalter zwischen den Kanonistenschulen von Bologna und Paris und im Konflikt zwischen dem germanischen und römischen Rechtsbereich. Im römischen Recht galt die Konsenstheorie (die Ehe kommt durch die Trauung zustande), im germanischen die Copula-Theorie (die Ehe kommt durch Vollzug zustande). Papst Alexander III. fand die bis heute gültige Lösung: die Ehe kommt gültig durch den Konsens der Brautleute gültig zustande, der Vollzug macht die gültige Ehe unauflöslich ("Ein-Fleisch-werden").

Also, prinzipiell gilt bis heute:
Nuptias non concubitus, sed consensus facit. (Ulpian)

Hier noch ein Link:
http://www.kirchenrecht.ch/Lektionen_DB ... /puza.html
"Scio cui credidi"

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