26.09.1943 Hirtenbrief der deutschen Bischöfe

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Stilus
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26.09.1943 Hirtenbrief der deutschen Bischöfe

Beitrag von Stilus »

Hallo Forum, am 26. September '43 verurteilen die deutschen Bischöfe in einem Hirtenbrief die Euthanasie - hat jemand den Text?

Fragt
Stilus
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Gamaliel
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Re: 26.09.1943 Hirtenbrief der deutschen Bischöfe

Beitrag von Gamaliel »

Den Text habe ich nicht, aber ein Info:

Der "Dekalog-Hirtenbrief" scheint vom 12. September 1943 zu stammen.

Die zentrale Passage lautet darin:
"Tötung ist in sich schlecht, auch wenn sie angeblich im Interesse des Gemeinwohls verübt würde: An schuld- und wehrlosen Geistesschwachen und -kranken, an unheilbar Siechen und tödlich Verletzten, an erblich Belasteten und lebensuntüchtigen Neugeborenen, an unschuldigen Geiseln und entwaffneten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen fremder Rassen und Abstammung. Auch die Obrigkeit kann und darf nur wirklich todeswürdige Verbrechen mit dem Tode bestrafen".

Der ganze Brief dürfte hierin aufzufinden sein:
Volk, Ludwig: Akten deutscher Bischöfe, Bd. VI: 1943–1945

civilisation
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Re: 26.09.1943 Hirtenbrief der deutschen Bischöfe

Beitrag von civilisation »

Bischof Clemens August von Galen (und späterer Kardinal), Bischof von Münster, erwähnte schon 1941 mehrfach in Predigten die Euthanasie:
... “Seit einigen Monaten hören wir Berichte, daß aus Heil- und Pflegeanstalten
für Geisteskranke auf Anordnung von Berlin Pfleglinge, die schon länger
krank sind und vielleicht unheilbar erscheinen, zwangsweise abgeführt werden.
Regelmäßig erhalten dann die Angehörigen nach kurzer Zeit die Mitteilung,
der Kranke sei verstorben, die Leiche sei verbrannt, die Asche könne
abgeliefert werden. Allgemein herrscht der an Sicherheit grenzende
Verdacht, daß diese zahlreichen unerwarteten Todesfälle von Geisteskranken
nicht von selbst eintreten, sondern absichtlich herbeigeführt werden,
daß man dabei jener Lehre folgt, die behauptet, man dürfe sogenanntes
lebensunwertes Leben’ vernichten, also unschuldige Menschen töten, wenn
man meint, ihr Leben sei für Volk und Staat nichts mehr wert. Eine furchtbare
Lehre, die die Ermordung Unschuldiger rechtfertigen will, die die gewaltsame
Tötung der nicht mehr arbeitsfähigen Invaliden, Krüppel, unheilbar
Kranken, Altersschwachen grundsätzlich freigibt!“
Wie ich zuverlässig erfahren habe, werden jetzt auch in den Heil- und Pflegeanstalten
der Provinz Westfalen Listen aufgestellt von solchen Pfleglingen,
die als sogenannte unproduktive’ Volksgenossen abtransportiert und in kurzer
Zeit ums Leben gebracht werden sollen. Aus der Anstalt Marienthal bei
Münster ist im Laufe dieser Woche der erste Transport abgegangen!
Deutsche Männer und Frauen! Noch hat Gesetzeskraft der § 211 des Reichsstrafgesetzbuches,
der bestimmt: „Wer vorsätzlich einen Menschen tötet,
wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt hat, wegen M o r d e s
mit dem Tode bestraft.“ Wohl um diejenigen, die jene armen Menschen,
Angehörige unserer Familien, vorsätzlich töten, vor dieser gesetzlichen
Bestrafung zu bewahren, werden die zur Tötung bestimmten Kranken aus
der Heimat abtransportiert in eine entfernte Anstalt. Als Todesursache wird
dann irgendeine Krankheit angegeben. Da die Leiche sofort verbrannt wird,
können die Angehörigen und auch die Kriminalpolizei es hinterher nicht
mehr feststellen, ob die Krankheit wirklich vorgelegen hat und welche Todesursache
vorlag.
Es ist mir aber versichert worden, daß man im Reichsministerium des Innern
und auf der Dienststelle des Reichsärzteführers Dr. Conti gar kein Hehl
daraus mache, daß tatsächlich schon eine große Zahl von Geisteskranken in
Deutschland vorsätzlich getötet worden ist und in Zukunft getötet werden
soll.
Das Reichsstrafgesetzbuch bestimmt in § 139: „Wer von dem Vorhaben ...
eines Verbrechens wider das Leben ... glaubhafte Kenntnis erhält und es
unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten hiervon zur rechten Zeit Anzeige
zu machen, wird . . . bestraft.“
Als ich von dem Vorhaben erfuhr, Kranke aus Marienthal abzutransportieren,
um sie zu töten, habe ich am 28. Juli bei der Staatsanwaltschaft beim
Landgericht Münster und bei dem Herrn Polizeipräsidenten in Münster
Anzeige erstattet durch eingeschriebenen Brief mit folgendem Wortlaut:
“Nach mir zugegangenen Nachrichten soll im Laufe dieser Woche (man
spricht vom 31. Juli) eine große Anzahl Pfleglinge der Provinzialheilanstalt
Marienthal bei Münster als sogenannte ‘unproduktive Volksgenossen’ nach
der Heilanstalt Eichberg überführt werden, um dann alsbald, wie es nach
solchen Transporten aus anderen Heilanstalten nach allgemeiner Überzeugung
geschehen ist, vorsätzlich getötet zu werden. Da ein derartiges Vorgehen
nicht nur dem göttlichen und natürlichen Sittengesetz widerstreitet,
sondern auch als Mord nach § 211 des Reichsstrafgesetzbuches mit dem
Tode zu bestrafen ist, erstatte ich gemäß § 139 des Reichsstrafgesetzbuches
pflichtgemäß Anzeige und bitte, die bedrohten Volksgenossen unverzüglich
durch Vorgehen gegen die den Abtransport und die Ermordung beabsichtigenden
Stellen zu schützen und mir von dem Veranlaßten Nachricht zu
geben.“
Nachricht über ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft oder der Polizei ist
mir nicht zugegangen.
Ich hatte bereits am 26. Juli bei der Provinzialverwaltung der Provinz Westfalen,
der die Anstalten unterstehen, der die Kranken zur P f l e g e u n d
H e i 1 u n g anvertraut sind, schriftlich ernstesten Einspruch erhoben. Es
hat nichts genützt! Der erste Transport der schuldlos zum Tode Verurteilten
ist von Marienthal abgegangen! Und aus der Heil- und Pflegeanstalt
Warstein sind, wie ich höre, bereits 8 Kranke abtransportiert worden.
So müssen wir damit rechnen, daß die armen, wehrlosen Kranken über
kurz oder lang umgebracht werden. Warum? Nicht weil sie ein todeswürdiges
Verbrechen begangen haben, nicht etwa, weil sie ihren Wärter oder
Pfleger angegriffen haben, so daß diesem nichts anderes übrigblieb, als daß
er zur Erhaltung des eigenen Lebens in gerechter Notwehr dem Angreifer
mit Gewalt entgegentrat, Das sind Fälle, in denen neben der Tötung des
bewaffneten Landesfeindes im gerechten Kriege Gewaltanwendung bis zur
Tötung erlaubt und nicht selten geboten ist.
Nein, nicht aus solchen Gründen müssen jene unglücklichen Kranken sterben,
sondern darum, weil sie nach dem Urteil irgendeines Amtes, nach
dem Gutachten irgendeiner Kommission ‘l e b e n s u n w e r t’ geworden
sind, weil sie nach diesem Gutachten zu den ‘unproduktiven’ Volksgenossen
gehören. Man urteilt: Sie können nicht mehr Güter produzieren, sie
sind wie eine alte Maschine, die nicht mehr läuft, sie sind wie ein altes Pferd,
das unheilbar lahm geworden ist, sie sind wie eine Kuh, die nicht mehr
Milch gibt. Was tut man mit solch alter Maschine? Sie wird verschrottet.
Was tut man mit einem lahmen Pferd, mit solch einem unproduktiven Stück
Vieh?
Nein, ich will den Vergleich nicht bis zu Ende führen -, so furchtbar seine
Berechtigung ist und seine Leuchtkraft! ...
Auszug aus:
Clemens August Kardinal von Galen, Predigten in dunkler Zeit.
Die Broschüre ist hier
http://kirchensite.de/downloads/Aktuell ... eutsch.pdf
als pdf-Dokument herunterzuladen.

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