Neue Sorge um St. Ulrici-Brüdern

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Marcus
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Neue Sorge um St. Ulrici-Brüdern

Beitrag von Marcus »

Was man im aktuellen Brüdernbrief auf den Seiten 22-26 zu lesen bekommt, zeigt wieder einmal deutlich, dass und wie konservative Pfarrer von der Landeskirche unterdrückt werden.

Vielleicht wäre es für die konservative Brüderngemeinde am besten, wenn sie sich von der Landeskirche lösen und der SELK beitreten würde. Konservative Lutheraner sind bei uns herzlich willkommen. Bibel- und Bekenntnistreue Lutheraner finden in den Landeskirche letztlich kaum noch eine geistige Heimat.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Wieviele Glieder hat die Gemeinde St.Ulrici-Brüder noch? In dem Artikel heißt es ja, dass ihr aufgrund ihrer Größe von der Landeskirche nur noch eine halbe Pfarrstelle zugestanden wird. Damit können das nur noch einige wenige hundert Christen sein.
Der Artikel widerspricht sich auch etwas. Einerseits wird behauptet, dass der Pfarrer sich auf eine andere halbe Stelle bewerben müsste, andererseits wird behauptet, dass die Gemeinde dann einen neuen Pfarrer gewinnen müsse. Diese Ausgabe des Brüdernbriefs finde ich durch ihr Zitat von "kreuz.net"-Hetzartikeln, in denen u.A. der Glaube an die Realpräsenz in der evang.-luth. Kirche bestritten wird, auch ziemlich abstoßend.

Ein Übertritt der Gemeinde zur SELK würde wohl nichts bringen: Zum einen gibt es in Brauschweig bereits eine SELK-Gemeinde und für eine zweite Pfarrstelle fehlt sicherlich das Geld. Darüber hinaus würde die Gemeinde wohl das Kirchengebäude verlieren. Ausserdem sind meines Wissens konservative landeskirchliche Lutheraner oftmals nicht gut auf die SELK zu sprechen (über die Gründe kann ich nur spekulieren) und Hochkirchler werden die SELK zwar sympathisch finden, in ihr aber wohl kaum eine Heimat finden.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Und wo ist der Widerspruch? Pastor Gozdek wird wohl als hauptamtliche Vollzeitkraft in der Landeskirche tätig sein und entsprechend besoldet werden. Da seine Pfarrstelle in der Brüdernkirche nur noch mit 50% bewertet wird, musste er sich eine andere mit 50% bewerte Stelle suchen. Das macht zusammen wieder 100%. Nachdem der Kirchenvorstand von St. Jakobi ihn bereits für die dortige halbe Pfarrstelle gewählt hatte, aber dann Forderungen aufgestellt hat, die es einem bibel- und bekenntnistreuen Pfarrer unmöglich machen, dort das Pfarramt auszuüben, hat Pfr. Gozdek nunmehr keine volle Pfarrstelle mehr. Soweit er also keine andere halbe Pfarrstelle findet, wird ihm die Kirchenleitung auferlegen, sich auf eine andere volle Pfarrstelle zu bewerben. Das bedeutet für ihn dann wohl Abschied von der Brüdernkirche zu nehmen.

Wo bitte wird behauptet, dass Lutheraner ein symbolisches Abendmahlsverständnis hätten? Dort ist von Protestanten die Rede. (Nicht alle Protestanten sind Lutheraner und die Realpräsenz spielt doch außerhalb von konservativen oder halbwegs konservativen luth. Gemeinden nun wirklich keine große Rolle mehr)

Lies Dir mal die Kommentierungen zur Liturgie der reformierten Episkopalkirche in Deutschland durch. Diese empfehlen ebenfalls den Kommunionsempfang im Knien, aber nicht um Jesus Christus anzubeten (nach ihrer Meinung bleibt Er ja im Himmel), sondern eher als Geste der Ehrfurcht vor Seinen Erlösungs- und Heilstaten. Der Paradoxes ist ja, dass manche Protestanten ehrfürchtige Kommunizieren als die römischen Katholiken seit der Liturgiereform praktizieren, obwohl diese noch nicht einmal alle die Realpräsenz lehren.

In Braunschweig gibt es eine SELK-Gemeinde. Das ist richtig. Auch die finanzielle Lage der SELK ist nicht besonders rosig. Nicht umsonst wird regelmäßig eine Kollekte zur Unterstützung der Pfarrgehälter eingesammelt. Ob die Brüderngemeinde aber im Falle eines SELK-Anschlusses das Kirchengebäude verlieren wird, da bin ich mir nicht so sicher. Wenn die Brüderngemeinde selbst juristische Person ist, kann sich auch Trägerin von Rechten und Pflichten sein, also auch in der 1. Abteilung im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen sein. Dann wäre sie und nicht die Landeskirche die Eigentümerin. Behielte sie das Gebäude, könnten abwechselnd in der Brüdernkirche sowie in der anderen SELK-Gemeinde Gottesdienste stattfinden. Man könnte ja beide Gemeinden zu einem Pfarrbezirk zusammenlegen. Mit Sicherheit wird sich die SELK aber nicht den Luxus leisten, zwei hauptamtliche Pfarrer zu besolden. Einer der beiden wird sich (in diesem Fall wohl eher Gozdek) auf eine andere vakante volle Pfarrstelle bewerben müssen. In konservativen und hochkirchlichen altlutherischen Berlin gibt es derzeit einige Vakanzen. Auch die SELK in Darmstadt sucht einen neuen Pfarrer. Vielleicht könnte man sich aber auch so einigen, dass Gozdek Pfarrer in der Brüdernkirche zu 50% bleibt, soweit die Glieder dort für ihn aufkommen und er daneben zu 50% als mobiler Vertretungspfarrer im ganzen Kirchenbezirk wirkt. Das Verhältnis zwischen Altpfarrer Diestelmann zur SELK war meines Wissens immer sehr positiv. Mich würde es wundern, wenn man das in der Brüderngemeinde anders sehen würde. Er und der ehemaliger SELK-Superintendent Schillhahn kennen sich übrigens noch sehr gut von früher (Schillhahn wurde von Diestelmann sogar konfirmiert). Die Braunschweiger Brüder sind auch keine klassischen Hochkirchler, sondern eher konfessionelle Lutheraner mit einem traditionellen liturgischem Verständnis. Die Gültigkeit der presbyterialen Sukzession wurde von Diestelmann samt Gemeinde beispielsweise nie in Frage gestellt. Die Gemeinsamkeiten zwischen SELK und den Brüdern aus Braunschweig sind jedenfalls höher als jene mit den hochkirchlichen Bruderschaften. Denn im Gegensatz zu diesen erkennen die Brüder das ganze Konkordienbuch (wenn ich mich irren sollte, mögen mich die Hochkirchler korrigieren) ohne Vorbehalte an.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Marcus,

da die Brüdernkirche wohl schon längst eine Personalgemeinde ist (auch wenn nicht offiziell, dann doch durch bewusste Umgemeindungen), wäre ein Übertritt zur SELK sicherlich vorstellbar. Ich finde, dass das auch mal ein klares Zeichen dafür wäre, dass bekenntnistreue lutherische Gemeinden auch heute in der SELK eine Zukunft sehen können.
Sind Dir Gemeinden bekannt, die in der Nachkriegszeit aus der Landeskirche zur SELK übergetreten sind? Mich würde interessieren, ob es Gemeinden gibt, die nach den "Reformen" der 60-er und 70-er Jahre die Landeskirchen in Richtung SELK verlassen haben. Ich habe den Eindruck, dass es das erstaunlicherweise nicht gibt. Bislang sind mir nur pietistische Gemeinden bekannt, die die Landeskirche zu entsprechenden pietistischen Vereinigungen verlassen haben.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

An dem zitierten "kreuz-net"-Artikel nervt mich zum einen, dass dort verallgemeinert von "die Protestanten" die Rede ist und der Brüdernbrief unkommentiert diesen Artikel abdruckt und zum anderen, dass mit diesem Artikel die ursprüngliche Intention, warum der Artikel überhaupt zitiert wurde, zunichte gemacht wird: Wenn selbst in christlichen Gemeinden, die angeblich ein symbolisches Sakramentsverständnis lehren, die Kommunion im Knien empfangen wird, dann geht ein weiteres wichtiges Argument verloren, das m.E. für den Empfang des Sakraments im Knien spricht. Da hat man wohl einen undurchdachten Artikel genauso undurchdacht zitiert.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Lutheraner hat geschrieben:Wenn selbst in christlichen Gemeinden, die angeblich ein symbolisches Sakramentsverständnis lehren, die Kommunion im Knien empfangen wird, dann geht ein weiteres wichtiges Argument verloren, das m.E. für den Empfang des Sakraments im Knien spricht.

Wieso? Weil Christen mit einem Spiritualpräsenz glauben aus Erfurcht vor den Erlösungs- und Heilstaten das Knien beim Kommunizieren bevorzugen, sollen Christen mit Realpräsenzglauben etwa stehen? In diesem Fall verhielten wir uns doch im Vergleich zu diesen Christen erst richtig daneben.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Lutheraner hat geschrieben: Sind Dir Gemeinden bekannt, die in der Nachkriegszeit aus der Landeskirche zur SELK übergetreten sind? Mich würde interessieren, ob es Gemeinden gibt, die nach den "Reformen" der 60-er und 70-er Jahre die Landeskirchen in Richtung SELK verlassen haben. Ich habe den Eindruck, dass es das erstaunlicherweise nicht gibt. Bislang sind mir nur pietistische Gemeinden bekannt, die die Landeskirche zu entsprechenden pietistischen Vereinigungen verlassen haben.
Da müsste ich mich erkundigen. Mir sind nur zwei Pfarrer aus der Landeskirche bekannt, die als solche ihr Pfarramt aufgaben und sich der SELK anschlossen. Daneben noch ein paar Gemeindeglieder. Aber ganze Gemeinden mit Pfarrer...? Vor zwei Jahren wurde allerdings eine ehemalige ELFK-Gemeinde aufgenommen.

Allons
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Beitrag von Allons »

Lutheraner hat geschrieben:Wenn selbst in christlichen Gemeinden, die angeblich ein symbolisches Sakramentsverständnis lehren, die Kommunion im Knien empfangen wird...
...dann lehrt das Beispiel des Apostelfürsten unseren Brüdern und Schwestern der Realpräsenz die Lösung: Empfang im Kopfstand.

:kiss: ;D

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tanatos
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Beitrag von tanatos »

Lutheraner hat geschrieben:Hallo Marcus,
Sind Dir Gemeinden bekannt, die in der Nachkriegszeit aus der Landeskirche zur SELK übergetreten sind? Mich würde interessieren, ob es Gemeinden gibt, die nach den "Reformen" der 60-er und 70-er Jahre die Landeskirchen in Richtung SELK verlassen haben. Ich habe den Eindruck, dass es das erstaunlicherweise nicht gibt. Bislang sind mir nur pietistische Gemeinden bekannt, die die Landeskirche zu entsprechenden pietistischen Vereinigungen verlassen haben.
Wenn ich mich recht erinnere gab es einen solchen Fall, ich davon während meines Studiums mal gehört. Ich glaube, es hat sich hier um eine Gemeinde der bayerischen Landeskirche gehandelt. Wie es allerdings mit dem Kirchräumen aussieht, ist mir nicht bekannt.
Ich vermute mehr, daß es sich um Einzelübertritte des Pfarrers und der Kerngemeinde handelte.
Ich kenne mich kirchenrechtlich auch nur begrenzt aus: Ist der Austritt einer Kirchengemeinde aus der Landeskirche in Deutschland überhaupt möglich? Was sagen die Kirchenordnungen / Verfassungen dazu? Ich kann mir nicht vorstellen das sowas überhaupt gehen würde.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Tanatos,

ich weiß auch nicht, ob Gemeinden aus der Landeskirche austreten können. Vielleicht kennen die SELkies hier im Forum Gemeinden ihrer Kirche, die ursprünglich zur Landeskirche gehörten?

in Bayern gibt es meines Wissens drei SELK-Gemeinden (München, Nürnberg und Memmingen, mit weiteren Predigtplätzen), die alle vor dem zweiten Weltkrieg durch den Zuzug von Gliedern evang.-luth. Freikirchen entstanden sind.

Es passiert öfters, dass sich die pietistischen Sondergemeinden, die sich meist "landeskirchliche Gemeinschaften" nennen, von der Landeskirche trennen. Das sind aber eigentlich keine "echten" Gemeinden mit eigenen Kirchengebäuden und sie trennen sich meist auch aus dem Grund, dass die Kirche ihnen keinen Pfarrer/Prädikanten zuteilt, der alle kirchlichen Handlungen selbständig durchführen darf.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Hallo Lutheraner und Tanatos!

Ich habe mich mal ein bisschen in der Sache schlau gemacht und nachgefragt.

Seit der Nachkriegszeit sind mindestens drei weitere SELK-Gemeinden aus Landeskirchengemeindemitgliedern hervorgegangen. In Gotha ist während des 3 Reiches (Kirchenkampf) ein großer Teil aus der Landeskirche ausgetreten und hat in Gotha eine eigene Freikirche gegründet. Nach dem 2. Weltkrieg wuchs die Zahl der Gemeindeglieder durch Flüchtlinge weiter an. Die St. Martin-Gemeinde entstand aufgrund von Auseinandersetzungen in der unierten Landeskirche im Saarland. In Lage entstand 1950 eine Gemeinde, die von Gliedern der Lippischen Landeskirche, Flüchtlingen und Gliedern der alten SELK gegründet wurde. Den Fall, dass eine komplette Gemeinde als solche samt Pfarrer und Inventar übertrat, schien es offenbar seit dem 2. Weltkrieg nicht gegeben zu haben. Kirchenrechtlich (aus SELK-Sicht) ist es jedenfalls möglich, ganze Gemeinden oder sogar Kirchen aufzunehmen.

Interessant ist auch die Geschichte der Trinitatisgemeinde in München.

Gruß Marcus

P.S.

http://www.kreuzgemeinde-gotha.de/geschichte.php

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