Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Dieter
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Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

Hier ein sehr interessanter Artikel von Bischof Hans-Jörg Voigt von der Selbständigen Evangelischen Lutherischen Kirche (SELK) zum Thema Taufe und Glaube:

"Aber man muss doch glauben!"

http://ag217.selk-deutschland.de/?p=218



und dazu passend:

"Ist mir der Himmel durch die Taufe gewiß?"

Ja!

Als ich das zarte Alter von sechs Wochen erreicht hatte, hat mir mein Gott und Schöpfer in der Taufe in aller Form angetragen und geschenkt, daß ich Miterbe der himmlischen Herrlichkeit sein soll – durch meinen Heiland Jesus Christus frei von allen Verstrickungen in Schuld und Fehl, durch Gottes Geist erneuert und vertrauensvoll auf Gott ausgerichtet.

Sollte im Alltag auch mein Gottvertrauen angefochten werden, sollte ich den Herrn Jesus aus dem Blick verlieren: Gott hat in mein Christenleben das entscheidende erste Wort gesprochen; Gottes Zusage bleibt gewiß in allen Unsicherheiten und Fragwürdigkeiten meiner Existenz; Gott hat sich als himmlischer Vater zu mir als zu seinem Kind bekannt, dabei bleibt er. In die Arme meines himmlischen Vaters darf ich von jeder Kurve meines Lebenswegs zurücklaufen, sogar wenn ich mich ganz und gar verlaufen hätte – in Person des Heilands Jesus Christus geht Gott allezeit und allewege mit mir, damit mein Weg ans Ziel kommt und ich das himmlische Erbe tatsächlich antreten kann.

Pfarrer Theodor Höhn
http://ag217.selk-deutschland.de/?p=193

Dieter
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

Ich möchte die Fragestellung einmal konkretisieren:

Zu Beginn der DDR wurden noch viele Menschen getauft. Später bezeichneten sich viele von ihnen als Atheist.

Nehmen wir an, da sind zwei Menschen aus der ehemaligen DDR, A und B.

A bezeichnet sich als Atheist, wurde aber vor vielen Jahrzehnten noch in der Lutherischen Kirche getauft.

B bezeichnet sich auch als Atheist, ist aber nicht getauft.

Frage an die Lutheraner bzw an die Kenner der lutherischen Theologie:

Gibt es aus evangelisch-lutherischer Sicht theologisch einen Unterschied zwischen A und B? Wenn ja, welchen?

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Marcus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Marcus »

A wurde durch den Empfang der Hl. Taufe von der Erbsünde erlöst und dem Leib Christi eingegliedert, auch wenn er später zu einem toten Glied geworden und abgefallen ist. Die Taufe bleibt gültig und wenn eines Tages doch (wieder) der rechte Glaube hinzukäme, so würde er selig werden. Einer Taufwiederholung bedürfte es mithin nicht.

B hat als nicht-getaufter Heide überhaupt keinen Anteil am Leib Christi und müsste, falls er eines Tages gläubig werden sollte, getauft werden.

Beide hätten aber nach der beschriebenen Situation derzeit keine Chance, nach ihrem Ableben selig zu werden.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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asderrix
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von asderrix »

Marcus hat geschrieben:A wurde durch den Empfang der Hl. Taufe von der Erbsünde erlöst und dem Leib Christi eingegliedert,
Wuste das Jesus und die Apostel auch schon?
B hat als nicht-getaufter Heide überhaupt keinen Anteil am Leib Christi und müsste, falls er eines Tages gläubig werden sollte, getauft werden.
Sollte sich als Gehorsamsakt taufen lassen, wäre aber auch ohne Taufe errettet.
Beide hätten aber nach der beschriebenen Situation derzeit keine Chance, nach ihrem Ableben selig zu werden.
Na endlich kann ich dir mal recht geben. ;)
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Clemens
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Clemens »

Wobei Dieter wohlgemerkt nach lutherischer Lehre fragte, nicht nach baptistisch-freikirchlicher.

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asderrix
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von asderrix »

Clemens hat geschrieben:Wobei Dieter wohlgemerkt nach lutherischer Lehre fragte, nicht nach baptistisch-freikirchlicher.
Ich hab ja auch nur mal die christliche dazu geschrieben. ;D
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Dieter
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

Clemens hat geschrieben:Wobei Dieter wohlgemerkt nach lutherischer Lehre fragte, nicht nach baptistisch-freikirchlicher.


So ist es. Mir geht es um die lutherische Lehre. -

Der Kommentar von Bischof Voigt von der SELK hat mich etwas überrascht.

Vielleicht hatte ich auch, um diesen Beitrag zu verdeutlichen, ein falsches Beispiel heran gezogen. Es geht eigentlich nicht um (Kampf-)Atheisten wie es viele in der ehemaligen DDR gab, sondern Bischof Voigt hat wohl Menschen vor Augen, die als Kind getauft wurden, vielleicht auch noch konfirmiert, dann aber im Laufe ihres Menschenlebens den Glauben irgendwie verloren haben und ihn jetzt -trotz vielfacher Bemühungen- nicht wieder so richtig aktivieren können. Man kann sie nicht als Atheisten bezeichnen, sondern es sind wohl eher Agnostiker oder noch besser: Suchende.

Solche Menschen, so verstehe ich Bischof Voigt, sollten auf ihre Taufe vertrauen.

Gebe ich damit den Beitrag von Bischof Voigt richtig wieder?

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Lutheraner
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Lutheraner »

Dieter hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Wobei Dieter wohlgemerkt nach lutherischer Lehre fragte, nicht nach baptistisch-freikirchlicher.


So ist es. Mir geht es um die lutherische Lehre. -

Der Kommentar von Bischof Voigt von der SELK hat mich etwas überrascht.

Vielleicht hatte ich auch, um diesen Beitrag zu verdeutlichen, ein falsches Beispiel heran gezogen. Es geht eigentlich nicht um (Kampf-)Atheisten wie es viele in der ehemaligen DDR gab, sondern Bischof Voigt hat wohl Menschen vor Augen, die als Kind getauft wurden, vielleicht auch noch konfirmiert, dann aber im Laufe ihres Menschenlebens den Glauben irgendwie verloren haben und ihn jetzt -trotz vielfacher Bemühungen- nicht wieder so richtig aktivieren können. Man kann sie nicht als Atheisten bezeichnen, sondern es sind wohl eher Agnostiker oder noch besser: Suchende.

Solche Menschen, so verstehe ich Bischof Voigt, sollten auf ihre Taufe vertrauen.

Gebe ich damit den Beitrag von Bischof Voigt richtig wieder?
Ich habe den Text gerade durchgelesen. Bischof Voigt weist darauf hin, dass der Glaube eine Gnade ist. Man kann diesen Glauben nicht aktiv annehmen, sondern man kann ihn nur aktiv ablehnen. Der "DDR-Atheist" aus deinem Beispiel lehnt ihn aktiv ab. Der Säugling und die Demenzkranke aus des Bischofs Text lehnen ihn wohl nicht ab, wir hoffen, dass sie sich ihm öffnen und damit auch als Gläubige das Heil erlangen können. Für die Suchenden und die Agnostiker (wie Du schreibst) kann damit auch noch ein Türchen offen sein. Wir wissen es allerdings nicht.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Clemens
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Clemens »

asderrix hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Wobei Dieter wohlgemerkt nach lutherischer Lehre fragte, nicht nach baptistisch-freikirchlicher.
Ich hab ja auch nur mal die christliche dazu geschrieben. ;D
:hmm: Wie das? Das war doch gewiss nicht der katholische Standpunkt, was du da geschrieben hast... :achselzuck:

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asderrix
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von asderrix »

Clemens hat geschrieben:
asderrix hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Wobei Dieter wohlgemerkt nach lutherischer Lehre fragte, nicht nach baptistisch-freikirchlicher.
Ich hab ja auch nur mal die christliche dazu geschrieben. ;D
:hmm: Wie das? Das war doch gewiss nicht der katholische Standpunkt, was du da geschrieben hast... :achselzuck:
Aber Hallo! Sowas von katholisch, den christlichen Glauben der ersten Jahre "alles umfassenden", wie das ist.
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FranzSales
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Man kann diesen Glauben nicht aktiv annehmen, sondern man kann ihn nur aktiv ablehnen.
Ich werde die Lutheraner nie verstehen. Jesus ist da entschieden anderer Meinung.

"Kehrt um und glaubt an das Evangelium." (Mk. 1,15)

Er sagt nicht: Du bist ein Stück Holz, verhalte dich passiv und lass dich bekehren!
Auf den Anruf des Heiligen Geistes muss der Mensch schon positiv reagieren.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Dieter
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

FranzSales hat geschrieben:
Man kann diesen Glauben nicht aktiv annehmen, sondern man kann ihn nur aktiv ablehnen.
Ich werde die Lutheraner nie verstehen. Jesus ist da entschieden anderer Meinung.

"Kehrt um und glaubt an das Evangelium." (Mk. 1,15)

Er sagt nicht: Du bist ein Stück Holz, verhalte dich passiv und lass dich bekehren!
Auf den Anruf des Heiligen Geistes muss der Mensch schon positiv reagieren.


Bei den Lutheranern dreht sich eben alles um das Stichwort "Heilsgewissheit". Das wiederum werden Katholiken nie verstehen....

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FranzSales
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

In der Tat, Luthers -schon fast pathologisch zu nennendes- Ringen um sein Heil, kann ich nicht verstehen. Den Lösungsansatz auch nicht, da unbiblisch.
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Dieter
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

FranzSales hat geschrieben:In der Tat, Luthers -schon fast pathologisch zu nennendes- Ringen um sein Heil, kann ich nicht verstehen. Den Lösungsansatz auch nicht, da unbiblisch.


Wenn du es nicht verstehst, muss du ja nicht in der Klausnerei mitdiskutieren.....

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FranzSales
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Kann es ein Lutheraner auch biblisch erklären? Oder ist es ein unfehlbares Postulat aus den lutherischen Bekenntnisschriften?
Ich bin halt nur ein unwissender katholischer Wurm ...
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pneumatikos
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von pneumatikos »

Ich finde die Aussage, dass man durch den Glauben den Himmel sicher hat schon mehr als grenzwertig; das klingt so als würde die Taufe retten.....

[...]

Jedenfalls, dass man durch die Taufe den Himmel sicher hätte hieße ja zum beispiel, dass die 50 Millionen nominellen Christen in Deutschland alle in den Himmel kämen.

So sehe ich mich mal wieder bestätigt, dass der orthodoxe lutherische Glaube nicht selten eine Lauheit zur Konsequenz hat und mit der liberalen Theologie mehr gemein hat als manch orthodox-lutherischem Theologen lieb wäre...

Moderationshinweis:

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Marcus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Marcus »

pneumatikos hat geschrieben:Ich finde die Aussage, dass man durch den Glauben den Himmel sicher hat schon mehr als grenzwertig; das klingt so als würde die Taufe retten.....

[...]

Jedenfalls, dass man durch die Taufe den Himmel sicher hätte hieße ja zum beispiel, dass die 50 Millionen nominellen Christen in Deutschland alle in den Himmel kämen.

So sehe ich mich mal wieder bestätigt, dass der orthodoxe lutherische Glaube nicht selten eine Lauheit zur Konsequenz hat und mit der liberalen Theologie mehr gemein hat als manch orthodox-lutherischem Theologen lieb wäre...
Das ist so nicht richtig. Der Mensch wird aus Gnade durch den Glauben gerecht und gerettet nicht bloß durch die Taufhandlung. Dass man auch vom Glauben abfallen kann und es in der Gemeinde, zu der ja die Getauften gehören, genügend Heuchler und Gottlose gibt, wird auch in den Bekenntnisschriften nicht bestritten.

Die Taufe gehört zwar zu sola gratia, allerdings muss die Gnade durch den Glauben ergriffen werden.

Und ein Glaube, der Jesus Christus nicht als Herrn, Heiland und Erlösen bekennt und es bestreitet, eine erlösungsbedürftige Sünder zu sein, rettet definitiv nicht nach ev.-luth. Verständnis. Ebenso auch kein Glaube, der meint, man könnte hemmungslos und reuelos sündigen, wie es einem gerade in den Kram passt, weil man ja getauft und Jesus Christus auch für die eigenen Sünden gestorben sei.

Ich frage mich ohnehin, warum viele dazu kommen, zu glauben, aus ev.-luth. Sicht brächte bereits die Taufe absolute Heilssicherheit, weil man danach nicht mehr verloren gehen könnte? Aus den Bekenntnisschriften kann man das jedenfalls nicht ableiten, ganz im Gegenteil.

Nach ev.-luth. Lehre gibt es Heilsgewissheit. Ich kann sagen, wenn Otto jeden Tag 3 Liter Wasser trinkt und drei reichhaltige Mahlzeiten zu sich nimmt, wird er gewiss nicht verhungern und verdursten. Ich kann aber nicht sagen, dass Otto sich sicher sein kann, niemals verhungern und verdursten zu können, weil das ja voraussetzt, dass Otto auch regelmäßig ausreichend isst und trinkt. So kann ich als Lutheraner ebenfalls sagen, dass ein Christ, der im rechten Glauben stirbt, sich gewiss sein kann, selig zu werden. Ich kann aber nicht sagen, dass sich jeder Getaufte sicher sein kann, nach seinem Tod selig zu werden.

Zum Glauben bzw. welche Arten von Glauben gerade nicht recht sind, verweise ich auf Antwort 98 im Katechismus der Evangelisch-Lutherischen Freikirche, deren Theologie von der lutherischen Orthodoxie bis heute geprägt ist.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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anneke6
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von anneke6 »

pneumatikos hat geschrieben:Ich finde die Aussage, dass man durch den Glauben den Himmel sicher hat schon mehr als grenzwertig; das klingt so als würde die Taufe retten.....

[...]

Jedenfalls, dass man durch die Taufe den Himmel sicher hätte hieße ja zum beispiel, dass die 50 Millionen nominellen Christen in Deutschland alle in den Himmel kämen.

So sehe ich mich mal wieder bestätigt, dass der orthodoxe lutherische Glaube nicht selten eine Lauheit zur Konsequenz hat und mit der liberalen Theologie mehr gemein hat als manch orthodox-lutherischem Theologen lieb wäre...
Jede theologische Grundlage einer "Konfession" kann verzerrt oder mißbraucht werden. Es gibt Katholiken, die meinen, sie können jede Art von Sünde begehen, und nachher bräuchten sie nur mal schnell in den Beichtstuhl und könnten dann wieder zurück ins Haus der Sünde. Es gibt Baptisten, die meinen, sie wären jetzt nach ihrer Wiedergeburt in Christus und Glaubenstaufe keine Sünder mehr und alles, was sie tun ist richtig und segensreich (habe leider so eine Dame kennengelernt)…und ebenso kann die lutherische Lehre auch zu Lauheit verleiten.
Aber der gesunde Menschenverstand sagt einem doch schon, daß man als Christ am Ball bleiben muß, was Buße und Bekehrung angeht.
???

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Marcus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Marcus »

Danke Anneke. Genauso ist es. In protestantischen Kreisen besteht z. B. auch gegenüber Katholiken das Vorurteil, dass die meinten, sich alles erlauben zu können, weil ihnen nach der Beichte doch nach ihrem Glauben ohnehin die Sünden nachgelassen würden. Das ist natürlich falsch verstanden. Umgekehrt glauben viele Katholiken, Protestanten meinten, sich über ihre Sünden keine Gedanken machen zu müssen, weil sie doch ohnehin glauben, allein durch den Glauben selig zu werden. Und viele Evangelikale glauben wiederum, Lutheraner seien davon überzeugt, allein durch ihre Taufe selig zu werden. Darum finde ich es auch gut, dass sich die ELFK als eine deutsche Vertreterin der lutherischen Orthodoxie die Mühe gemacht hat, Luthers Kleinen Katechismus nach der Theologie der lutherischen Orthodoxie näher zu erläutern, wobei deren Amtsverständnis meiner Meinung nach eher evangelikal als bekenntnislutherisch ist. Aber um das Amtsverständnis geht es hier ja nicht.
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FranzSales
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Wenn ich mir Nr. 98e anschaue: Wenn das die lutherische Position ist, warum dann die Reformation? Genau das hat die katholische Gegenseite Luther doch ständig vorgehalten.
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Marcus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Marcus »

FranzSales hat geschrieben:
Man kann diesen Glauben nicht aktiv annehmen, sondern man kann ihn nur aktiv ablehnen.
Ich werde die Lutheraner nie verstehen. Jesus ist da entschieden anderer Meinung.

"Kehrt um und glaubt an das Evangelium." (Mk. 1,15)

Er sagt nicht: Du bist ein Stück Holz, verhalte dich passiv und lass dich bekehren!
Auf den Anruf des Heiligen Geistes muss der Mensch schon positiv reagieren.
Der Mensch kann von sich aus nicht zu Gott finden. Denn schon der hl. Apostel Paulus lehrte, dass der natürliche Mensch vom Geist Gottes nichts vernähme. (vgl. 1. Kor. 2, 14) Nur der Hl. Geist selbst kann den Glauben in einem Menschen hervorrufen. Der Glaube ist jedenfalls keine menschliche Leistung, sondern bereits Gnade Gotte.
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FranzSales
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Aber der gesunde Menschenverstand sagt einem doch schon, daß man als Christ am Ball bleiben muß, was Buße und Bekehrung angeht.
Zustimmung. M.E. ist das Wesentliche beim Christentum nicht ein Ticket in den Himmel zu lösen, sondern viel mehr: Transformation, Theosis oder wie auch immer man es nenne will.
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Marcus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Marcus »

FranzSales hat geschrieben:Wenn ich mir Nr. 98e anschaue: Wenn das die lutherische Position ist, warum dann die Reformation? Genau das hat die katholische Gegenseite Luther doch ständig vorgehalten.
Nein. Es wird ja nicht gelehrt, dass der Glaube allein nicht ausreichend sei und man sich deshalb die Seligkeit noch zusätzliche mit guten Werken „erarbeiten“ müsste. Sondern es wird eine Kausalität zwischen dem Glauben und den Werken als Früchte aus dem Glauben hergestellt. Luther lehrte bereits selbst, dass niemand durch gute Werke gerecht würde, aber ein Gerechter gute Werke vollbrächte. Wer im rechten Glauben ist, aus dessen Glauben werden auch Früchte der Liebe wachsen. Diese Früchte sind aber keine Leistungen des Glaubenden, mit denen er sich das Himmelreich verdienen müsste. Darum kann man sagen, dass jemand, dessen Glaube im christlichen Sinne nichts Positives, sondern nur Negatives hervorbringt, kein rechtmäßiger ist, hinter dem der Geist Gottes steht.
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Nur der Hl. Geist selbst kann den Glauben in einem Menschen hervorrufen.
Ja, aber im Gegensatz zum Luthertum bekennen wir uns trotzdem zur menschlichen Freiheit:
"Gott, der dich ohne dich geschaffen, rettet dich nicht ohne dich". (Augustinus, Sermo, 169, 13 (PL 38, 923])

Ich glaube die Ausführungen des Theologen Erhard Kunz SJ bringen die unterschiedliche Betrachtungsweise gut auf den Punkt:
Auf dem Konzil von Trient (Dekret über die Rechtfertigung: 1547) wurde die Antwort der römisch-katholischen Kirche auf Luther gegeben. In 33 Verurteilungen wurde die reformatorischen Lehre zurückgewiesen. Auch das Konzil von Trient lehrt, daß Gott sich uns allein aus Gnade zuwendet und daß uns allein durch Jesus Christus Vergebung geschenkt wird. Gottes Gnade hat und behält die Initiative. Ohne Gottes vorausgehende und ständig wirkende Gnade vermag der Mensch nichts zu tun, was vor Gott Wert und Bestand hat. Der Mensch muß nicht und kann nicht erst durch Leistungen Gottes Gnade verdienen, sondern sie wird ihm aus freigebiger Liebe von Gott geschenkt. Aber in diesem unverdienten Wirken der göttlichen Gnade hat das Wirken des Menschen eine Bedeutung. Vom Konzil wird also die Mitwirkung des Menschen im Rechtfertigungsgeschehen betont. Der Mensch bleibt nicht »mere passive«. Man sieht in Luthers Lehre eine
Vernachlässigung der menschlichen Verantwortung und menschlichen Freiheit, auch eine Verkürzung des vermittelnden kirchlichen Handelns im Rechtfertigungsvorgang. Allgemein wird also gegenüber Luther stärker das menschliche, auch kirchliche Wirken hervorgehoben, wobei dieses Wirken durchaus als von der zuvorkommenden göttlichen Gnade getragen verstanden wird. Gottes den Menschen rechtfertigende Gnade wird nicht - wie bei Luther - als Zuspruch verstanden, der den Menschen von außen trifft und der im Glauben angenommen wird, sondern eher als eine Bewegung, eine Kraft und Dynamik im Menschen selbst. Gott wendet sich im vermittelnden Handeln der Kirche dem verlorenen, zerrissenen Menschen zu, aber so, daß er den Menschen selbst befähigt, in und mit Gottes Gnade in Freiheit einen Weg zu gehen, den Weg des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, gelebt in der Gemeinschaft der Kirche. Gottes Gnade verändert also den Menschen innerlich; sie erneuert ihn. Die Sünde wird nicht nur nicht mehr angerechnet; sie wird in der Umkehr des
Menschen durch Gottes Wirken überwunden. Deshalb wird Luthers Lehre, der Glaubende sei Gerechter und Sünder zugleich, abgelehnt. Zwar kann auch der Gerechtfertigte sündigen (und er wird es oft genug tun); aber dann darf er sich im Sakrament der Buße wieder erneut in die göttliche Gnadenbewegung hineinstellen lassen und den Weg weitergehen. Gott schenkt sich also dem Menschen ohne Vorleistungen auf seiten des Menschen ; aber ohne Mitwirken und Mitgehen des Menschen kommt das Geschenk nicht zu seiner Entfaltung und Vollendung.
Die beiden (hier nur knapp skizzierten) Rechtfertigungslehren wurden damals bis in unser Jahrhundert hinein als
gegensätzlich verstanden. Man sah hier nicht nur unterschiedliche Akzentuierungen und Perspektiven, sondern sich ausschließende Positionen. Entsprechend schloß man sich gegenseitig aus und bekämpfte sich.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Es wird ja nicht gelehrt, dass der Glaube allein nicht ausreichend sei und man sich deshalb die Seligkeit noch zusätzliche mit guten Werken „erarbeiten“ müsste. Sondern es wird eine Kausalität zwischen dem Glauben und den Werken als Früchte aus dem Glauben hergestellt. Luther lehrte bereits selbst, dass niemand durch gute Werke gerecht würde, aber ein Gerechter gute Werke vollbrächte.
Ich bin bass erstaunt, dass man man lutherischerseits auch nach 500 Jahren nicht bemerkt hat, dass die Katholische Kirche nie behauptet hat, dass man sich die Seligkeit "erarbeiten" müßte. Ich finde diese reformatorische Dichtomie zwischen Glaube und Werke völlig müßig. Das ist spätmittelalterlicher Quark (an dem die Katholiken durchaus mitgewirkt haben), der überwunden gehört. Ich werde nicht nur im Kopf erlöst, sondern als ganzer Mensch. Glaube ist nur in der Liebe wirksam. Wenn wir uns die Endgerichtsszenen bei Matthäus anschauen, da ist das entscheidende Merkmal nicht wie toll und feste wir an unsere Rechtfertigung geglaubt haben, sondern wieviel wir geliebt haben.
Glaube und Liebe sind eins, zwei Seiten einer Medallie. Die Seligkeit müssen wir uns nicht erarbeiten, sondern erlieben.

Das ist nicht leicht, sondern schwer. Aber als Söhne und Töchter Gottes wissen wir um den barmherzigen Vater, der auch unsere Schwachheiten kennt. Alles bleibt Gnade.
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Marcus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Marcus »

FranzSales hat geschrieben:
Nur der Hl. Geist selbst kann den Glauben in einem Menschen hervorrufen.
Ja, aber im Gegensatz zum Luthertum bekennen wir uns trotzdem zur menschlichen Freiheit:
"Gott, der dich ohne dich geschaffen, rettet dich nicht ohne dich". (Augustinus, Sermo, 169, 13 (PL 38, 923])

Ich glaube die Ausführungen des Theologen Erhard Kunz SJ bringen die unterschiedliche Betrachtungsweise gut auf den Punkt:
Auf dem Konzil von Trient (Dekret über die Rechtfertigung: 1547) wurde die Antwort der römisch-katholischen Kirche auf Luther gegeben. In 33 Verurteilungen wurde die reformatorischen Lehre zurückgewiesen. Auch das Konzil von Trient lehrt, daß Gott sich uns allein aus Gnade zuwendet und daß uns allein durch Jesus Christus Vergebung geschenkt wird. Gottes Gnade hat und behält die Initiative. Ohne Gottes vorausgehende und ständig wirkende Gnade vermag der Mensch nichts zu tun, was vor Gott Wert und Bestand hat. Der Mensch muß nicht und kann nicht erst durch Leistungen Gottes Gnade verdienen, sondern sie wird ihm aus freigebiger Liebe von Gott geschenkt. Aber in diesem unverdienten Wirken der göttlichen Gnade hat das Wirken des Menschen eine Bedeutung. Vom Konzil wird also die Mitwirkung des Menschen im Rechtfertigungsgeschehen betont. Der Mensch bleibt nicht »mere passive«. Man sieht in Luthers Lehre eine
Vernachlässigung der menschlichen Verantwortung und menschlichen Freiheit, auch eine Verkürzung des vermittelnden kirchlichen Handelns im Rechtfertigungsvorgang. Allgemein wird also gegenüber Luther stärker das menschliche, auch kirchliche Wirken hervorgehoben, wobei dieses Wirken durchaus als von der zuvorkommenden göttlichen Gnade getragen verstanden wird. Gottes den Menschen rechtfertigende Gnade wird nicht - wie bei Luther - als Zuspruch verstanden, der den Menschen von außen trifft und der im Glauben angenommen wird, sondern eher als eine Bewegung, eine Kraft und Dynamik im Menschen selbst. Gott wendet sich im vermittelnden Handeln der Kirche dem verlorenen, zerrissenen Menschen zu, aber so, daß er den Menschen selbst befähigt, in und mit Gottes Gnade in Freiheit einen Weg zu gehen, den Weg des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, gelebt in der Gemeinschaft der Kirche. Gottes Gnade verändert also den Menschen innerlich; sie erneuert ihn. Die Sünde wird nicht nur nicht mehr angerechnet; sie wird in der Umkehr des
Menschen durch Gottes Wirken überwunden. Deshalb wird Luthers Lehre, der Glaubende sei Gerechter und Sünder zugleich, abgelehnt. Zwar kann auch der Gerechtfertigte sündigen (und er wird es oft genug tun); aber dann darf er sich im Sakrament der Buße wieder erneut in die göttliche Gnadenbewegung hineinstellen lassen und den Weg weitergehen. Gott schenkt sich also dem Menschen ohne Vorleistungen auf seiten des Menschen ; aber ohne Mitwirken und Mitgehen des Menschen kommt das Geschenk nicht zu seiner Entfaltung und Vollendung.
Die beiden (hier nur knapp skizzierten) Rechtfertigungslehren wurden damals bis in unser Jahrhundert hinein als
gegensätzlich verstanden. Man sah hier nicht nur unterschiedliche Akzentuierungen und Perspektiven, sondern sich ausschließende Positionen. Entsprechend schloß man sich gegenseitig aus und bekämpfte sich.
Du hast im Luthertum die Freiheit, den Dir zugeworfenen Rettungsring nicht anzunehmen und wie ein Nichtschwimmer abzusaufen. Katholiken gehen hingegen davon aus, dass es der Schiffsbrüchige zwar nicht von allein aufs Schiff schafft, er aber zumindest in der Lage ist, zum Rettungsring hinzuschwimmen, so dass er durch seine eigenen Schwimmbewegungen zu seiner Rettung auch selbst einen kleinen Beitrag leisten kann und muss, weil man ihm die Gnade geschenkt hat, schwimmen zu können. Hat er das geschafft, wird er aufs Schiff gezogen.
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

FranzSales hat geschrieben:
Es wird ja nicht gelehrt, dass der Glaube allein nicht ausreichend sei und man sich deshalb die Seligkeit noch zusätzliche mit guten Werken „erarbeiten“ müsste. Sondern es wird eine Kausalität zwischen dem Glauben und den Werken als Früchte aus dem Glauben hergestellt. Luther lehrte bereits selbst, dass niemand durch gute Werke gerecht würde, aber ein Gerechter gute Werke vollbrächte.
Ich bin bass erstaunt, dass man man lutherischerseits auch nach 500 Jahren nicht bemerkt hat, dass die Katholische Kirche nie behauptet hat, dass man sich die Seligkeit "erarbeiten" müßte. Ich finde diese reformatorische Dichtomie zwischen Glaube und Werke völlig müßig. Das ist spätmittelalterlicher Quark (an dem die Katholiken durchaus mitgewirkt haben), der überwunden gehört. Ich werde nicht nur im Kopf erlöst, sondern als ganzer Mensch. Glaube ist nur in der Liebe wirksam. Wenn wir uns die Endgerichtsszenen bei Matthäus anschauen, da ist das entscheidende Merkmal nicht wie toll und feste wir an unsere Rechtfertigung geglaubt haben, sondern wieviel wir geliebt haben.
Glaube und Liebe sind eins, zwei Seiten einer Medallie. Die Seligkeit müssen wir uns nicht erarbeiten, sondern erlieben.

Das ist nicht leicht, sondern schwer. Aber als Söhne und Töchter Gottes wissen wir um den barmherzigen Vater, der auch unsere Schwachheiten kennt. Alles bleibt Gnade.



"Wenn wir uns die Endgerichtsszenen bei Matthäus anschauen, da ist das entscheidende Merkmal nicht wie toll und feste wir an unsere Rechtfertigung geglaubt haben, sondern wieviel wir geliebt haben."


Nochmals: Das Stichwort bei den Lutheranern heisst "Heilsgewissheit".

Wer weiss, dass er nur noch wenige Tage zu leben hat und auf sein bisheriges Leben zurück blickt, wird vielleicht feststellen, dass die gelebte Liebe so toll dann doch nicht war. Man war eben voll mit den Dingen des Alltags beschäftigt. Gut, man hat keinen Menschen umgebracht, aber was hat man schon wirklich Gutes getan? Man war zu seinen Mitmenschen meistens freundlich, aber in Einzelfällen hat man auch gegen sie angekämpft. Mutter Teresa war man jedenfalls nicht.

Auf dem Sterbebett verschieben sich dann die Perspektiven. Wenn alles von den "Guten Werken", die man getan hat, abhängt, könnte mancher Mensch (der erst auf dem Sterbebett zur Besinnung kommt) verzweifeln. Wie überaus tröstlich ist dann Luthers Erkenntnis, dass die Seligkeit eben NICHT von diesen Guten Werken abhängt. In letzter Verzweifelung wird sich ein solcher Mensch dann an Jesus klammern können und WISSEN, dass Jesus ihn nicht verstoßen wird.

Wer wirklich verstehen will, was Heilsgewissheit bedeutet, sollte u.a. die Texte der Lieder von Paul Gerhardt auf sich wirken lassen.

Stephen Dedalus
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Stephen Dedalus »

Dieter hat geschrieben:[
Nochmals: Das Stichwort bei den Lutheranern heisst "Heilsgewissheit".
Nein. Rechtfertigung.
If only closed minds came with closed mouths.

Dieter
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Dieter hat geschrieben:[
Nochmals: Das Stichwort bei den Lutheranern heisst "Heilsgewissheit".
Nein. Rechtfertigung.


Luthers tiefstes Verlangen zielte auf Heilsgewissheit. Der Weg dahin war die Erkenntnis der paulinischen Rechtfertigungslehre.

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FranzSales
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von FranzSales »

Nochmals: Das Stichwort bei den Lutheranern heisst "Heilsgewissheit".
Ich kann ihn da ja durchaus verstehen. Aber das ist nicht das Thema des Neuen Testaments. Bei Luther potenziert sich die schon seit dem Spätmittelalter in der Frömmigkeit festzustellende Subjektivität. Da geht es nur um mich, mein Heil und meine Erlösung. Nicht umsonst kehrt bei Luther das "pro me" immer wieder. Das Thema Erlösung ist in der Schrift aber viel größer und nicht lutherisch-individualistisch verengt.

Evangelium bedeutet nicht in erster Linie Erlösung von der Hölle, sondern den Anbruch des verheißenden Gottesreiches, die Umkehr von Adams Schuld und unsere Teilhabe an der göttlichen Natur. Es geht um Neuschöpfung (auch der gefallenen Natur).

Luther selbst hat die hier propagierte "Heilsgewißheit" nie besessen. So lesen wir in den lateinischen Tischreden folgendes:
" Justus Jonas in coena dixit ad Martinum Lutherum, se so die tractasse locum Pauli 2 tim. 4 'reposita est mihi corona justitiae' dixitque, se hoc non posse credere. Respondit Martinus Lutherus: neque Paulum firmiter crdidisse, quia esset res valde gravis. Egot ita credere non possum, sicuti doceo, attamen homines alii fidem me habere firmissimam judicant."

Hier antwortet Luther, dass auch Paulus nicht fest geglaubt habe, da die Sache schwierig sei. Er selbst sagt: " Ich kann nicht so glauben, wie ich lehre, gleichwohl halten andere Leute dafür, dass ich den festesten Glauben habe."

Er selbst hatte immer erheblich Zweifel an dem Wahrheitsgehalt seiner Lehre. Die inneren Stimmen hielt er für Anfechtungen des Teufels. So klagte er:
"Es zappelte mir das Herz vor Furcht und stellte mir die Frage: Bist du etwa allein klug und sollten die anderen alle irren und so lange geirrt haben. Wie nun, wenn du irrest und so viele Leute in den Irrtum führest, welche alle ewiglich verdammt werden ... wer hat dir befohlen, das Evangelium zu predigen, wer hat dich berufen?"

Was, wenn es der Heilige Geist war und nicht der Teufel?

Und schaut man sich die letzten Tage Luthers an, so findet man folgende Text aus einem Brief an Käthe elf Tage vor seinem Tod:
"Wir haben zu fressen und saufen genug, wir trinken Naumburger Bier, Landwein, den die Grafen geben, Rheinwein, welchen der Stadrat zu jeder Malzeit schenket ...nur leiden wir starke Anfechtungen von schönen Frauen."

Ich will hier kein Luther-Bashing betreiben, aber die Worte, Taten und Handlungen Luthers sind für mich mit dem Neuen Testament nicht in Einklang zu bringen.
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Dieter
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Dieter »

"Das Thema Erlösung ist in der Schrift aber viel größer und nicht lutherisch-individualistisch verengt."



Der Mensch des Altertums dachte nicht individualistisch, sondern in der Kategorie der Gemeinschaft. Heute noch ist es so bei orientalischen Völkern.

Durch die Herausbildung der Städte im Spätmittelalter erfolgte eine Individualisierung, deren logische Folge der Protestantismus und die Aufklärung waren.

Das ist nunmal der Lauf der Dinge und hat -auch- etwas mit Evolution zu tun.

Mit zunehmendem Wohlstand, mit der Nutzung des Internets und mit der Globalisierung werden auch die Völker des Orients, die heute noch in Rahmen ihrer Großsippe denken, individualisiert werden. Die neuen Twitter-Jugendlichen beim sog. "Arabischen Frühling" sind die Vorboten.

Pilgerer
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Re: Taufe und Glaube nach lutherischem Verständnis

Beitrag von Pilgerer »

Luther kann meiner Ansicht nach nicht mehr als ein Kirchenvater oder Papst sein, der Gutes und Wichtiges für die christliche Kirche offengelegt hat, aber nicht Jesus war, und darum eine Stimme unter vielen ist. Es ist nicht gut, sein Herz an bestimmte Personen zu hängen und ihnen auf Gedeih und Verderb zu vertrauen. Das hat Paulus an der Gemeinde in Korinth schon kritisiert, und das hätte er auch an einem überzogenen Luther- oder Papstkult kritisiert.

Zum Thema Glaube und Rechtfertigung gibt es folgende Möglichkeiten:
1. Glaube rechtfertigt, d.h. gibt Heilsgewissheit
2. Glaube braucht Werke, damit die Rechtfertigung Wirklichkeit werden kann
3. Glaube lässt die Rechtfertigung und die Gerechtigkeit miteinander wachsen

Welche dieser Möglichkeiten ist katholisch und welche lutherisch?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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