Rauhes Reformiertentum - laues Luthertum ?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
pneumatikos
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Rauhes Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

Während im Bereich der EKD der reformierte Anteil immer mehr zurückgedrängt wird, scheint sich im freikirchlichen Bereich seit ca. 1-15 Jahren eine gewisse Zunahme Reformierten Gedankenguts auszubreiten, Beispiele sind die Gründung der "Akademie für Reformatorische Theologie", die Entstehung bekennender Evangelischer Gemeinden (größtenteils reformiert geprägt, http://www.rbeg.de/ ) die Evangelium21-Konferenz, welche zumindest in ihrem Glaubensbekenntnis reformiert geprägt ist ( http://www.evangelium21.net/ ), die Gründung der Selbständigen Evangelisch-reformierten Kirche ( http://www.serk-heidelberg.de/ ), die auch eine Konferenz für Reformierte Theologie veranstaltet, welche international ausgerichtet ist.

Wann gab es in Deutschland zuletzt eine internationale Konferenz für lutherische (Bekenntnis-)theologie ? Und wieso nimmt die Anzahl von Bekenntnis-Lutheranern in Deutschland ab, während eine neuere Begeisterung für reformierte Theologie zu beobachten ist ? (Auch in den USA unter dem Namen "New Calvinism") Und warum scheint das Reformiertentum überhaupt auf der Welt verbreiteter zu sein als das Luthertum -man ist fast geneigt zu sagen "erfolgreicher"-obgleich dies eine weltliche Kategorie sein mag/ist) Und gibt es heutzutage lutherische Theologen die genauso prägend sind wie z.B. John Piper, D.A. Carson oder Thomas Schirrmacher?

Natürlich ist ein Unterschied dass "reformiert" zwar ein Bekenntnis ist, aber man auch in Kirchen, die sich nicht explizit "reformiert" nennen, reformiert sein kann, z.B. in FeGs, Baptisten und Anglikanern. Hingegen sind "lutherische Baptisten" undenkbar (obgleich es auch solche Phänomene wie russlanddeutsche lutherische Brüdergemeinden etc. gibt).

Weiterhin stellt man fest, dass die Heiligung im Reformiertentum eine größere Rolle zu spielen scheint. Wurde diese im Luthertum zu lange vernachlässigt? Ist die orthodox-lutherische trennung von Rechtfertigung und Heiligung überhaupt aufrecht zu erhalten?

Und spielt es eine Rolle, dass vielen Evangelikalen die Lutheraner vielleicht irgendwie zu "katholisch" sind und dass in Deutschland "evangelisch-lutherisch" häufig mit "(evangelisch-)landeskirchlich" gleichgesetzt wird?

Und ist die Theologie Calvins tatsächlich theozentrischer? Denn die Grundfrage Calvins lautet doch," Was kann ich zur Ehre Gottes beitragen" anstatt "Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?"
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Lioba
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Lioba »

Zum letzten Punkt- der Calvinist hat ja schon einen gnädigen Gott, sonst wäre er ja nicht zum Calvinismus erwählt worden. :blinker: Also muss er sich darum schon mal keine Gedanken machen.
Wo siehst du eine Zurückdrängung des reformierten Erbes in der EKD? Dort sehe ich eher eine Zurückdrängung grundsätzlich aller konservativen Kräfte. Der Vorteil der refomiert geprägten Gläubigen ist es, dass sie eher zu einem Nischendasein fähig sind. Das liegt u.A. daran, dass sie nicht so sehr auf den Priesterdienst angewiesen sind durch ihr Sakramentenverständnis. Sie können aus ebendiesem Grund auch besser mit den meisten Freikirchen zusammenarbeiten. Ausserdem erhalten evangelikale Gruppen viel Anregung und Unterstützung aus dem amerikanischen Großraum- sowohl durch theologiche Anstöße als auch durch praktische Unterstützung. Und die USA waren schon immer stark reformiert geprägt.
Bekenntnislutheraner in Deutschland haben das Problem, dass sie erst mal einen geeignten Pfarrer finden müssen. Da die lutherischen Theologen aber oft liberal geprägt sind, viele Kirchengemeinden eher uniert sind und es bei den vielen Zusammenschlüssen und Streichungen der letzten Jahrzehnte immer mehr unierte Gemeinden geben wird sehen eben viele Bekenntnislutheraner nur noch den Weg in die SELK und ähnlich kleine Grüppchen.
Die meisten Freikirchen waren von Anfang an reformiert geprägt, sogat eher zwinglianisch als calvinistisch vom Gedankengut her.Sich zu wundern, dass da bis jetzt das reformierte Erbe überwiegt muss sich da keiner.
Übrigens gab es bis Mitte des letzten Jahrhunderts durchaus bedeutende lutherische Persönlichkeiten.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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lutherbeck
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von lutherbeck »

Lioba hat Recht!

Ich persönlich sehe jedoch vor allem eine weitere Zersplitterung des Leibes Christie - für mich ein unhaltbarer Zustand!

Da aber ständig aufgrund theologischer Spitzfindigkeiten weitere neue "Kirchen" gegründet werden, entstand und entsteht ein schon heute völlig undurchsichtiges Gemenge - kein Wunder, daß uns ( Protestanten ) die Orthodoxie oder der Katholizismus überhaupt nicht mehr ernst nimmt und die Ökumene ein frommer Wunsch bleibt!

:motz:
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Lioba
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Lioba »

Das mit dem ernst nehmen ist so eine Sache. Ehe wir uns umgucken und fragen, wer uns ernst nimmt, sollten wir uns fragen, was wir ernst nehmen-unsere Macken, Vorurteile und Ressentiments- und was wir ernst nehmen sollten.
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M. v. Ebner- Eschenbach

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lutherbeck
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von lutherbeck »

Lioba hat geschrieben:Das mit dem ernst nehmen ist so eine Sache. Ehe wir uns umgucken und fragen, wer uns ernst nimmt, sollten wir uns fragen, was wir ernst nehmen-unsere Macken, Vorurteile und Ressentiments- und was wir ernst nehmen sollten.
Es war vielleicht der falsche Begriff für das, was ich meinte:

wenn nicht einmal die alten Lutherischen Bekentnisschriften von allen verbindlich anerkannt werden und deshalb jeder sein ganz eigenes, angeblich einzig gottgefälliges Süppchen kocht - wie sollen die Lutheraner da etwa eine tragfähige Ökumene mit der kath. Kirche entwickeln können oder gar Nichtgläubige zum Glauben bringen?

All dies Gezerre "um Kaisers Bart" trägt in unserer Welt doch nur zur allgemeinen Konfusion des Glaubens bei - und macht so auch den Katholiken schließlich schwer zu schaffen...

:kotz:
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Dieter
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Dieter »

Lioba hat geschrieben:Zum letzten Punkt- der Calvinist hat ja schon einen gnädigen Gott, sonst wäre er ja nicht zum Calvinismus erwählt worden. :blinker: Also muss er sich darum schon mal keine Gedanken machen.
Wo siehst du eine Zurückdrängung des reformierten Erbes in der EKD? Dort sehe ich eher eine Zurückdrängung grundsätzlich aller konservativen Kräfte. Der Vorteil der refomiert geprägten Gläubigen ist es, dass sie eher zu einem Nischendasein fähig sind. Das liegt u.A. daran, dass sie nicht so sehr auf den Priesterdienst angewiesen sind durch ihr Sakramentenverständnis. Sie können aus ebendiesem Grund auch besser mit den meisten Freikirchen zusammenarbeiten. Ausserdem erhalten evangelikale Gruppen viel Anregung und Unterstützung aus dem amerikanischen Großraum- sowohl durch theologiche Anstöße als auch durch praktische Unterstützung. Und die USA waren schon immer stark reformiert geprägt.
Bekenntnislutheraner in Deutschland haben das Problem, dass sie erst mal einen geeignten Pfarrer finden müssen. Da die lutherischen Theologen aber oft liberal geprägt sind, viele Kirchengemeinden eher uniert sind und es bei den vielen Zusammenschlüssen und Streichungen der letzten Jahrzehnte immer mehr unierte Gemeinden geben wird sehen eben viele Bekenntnislutheraner nur noch den Weg in die SELK und ähnlich kleine Grüppchen.
Die meisten Freikirchen waren von Anfang an reformiert geprägt, sogat eher zwinglianisch als calvinistisch vom Gedankengut her.Sich zu wundern, dass da bis jetzt das reformierte Erbe überwiegt muss sich da keiner.
Übrigens gab es bis Mitte des letzten Jahrhunderts durchaus bedeutende lutherische Persönlichkeiten.



"Die meisten Freikirchen waren von Anfang an reformiert geprägt, sogar eher zwinglianisch als calvinistisch vom Gedankengut her"

Welche Freikirchen sind eher zwinglianisch als calvinistisch geprägt?

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Marcus
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Marcus »

Die meisten Evangelikalen, die man in Freikirchen antrifft, können mit der Doppelten Prädestinationslehre (Vorherbestimmung zum Heil oder zur Verdammnis) von Calvin wenig anfangen. Auch das calvinistische Abendmahlsverständnis, wonach die Gläubigen mit dem Brot und Wein Jesus Christus geistig und in Fülle seiner Gnade empfangen, wird abgelehnt. Vielmehr sehen sie in der Feier des Abendmahls ein reines Gedächtnismahl. Bei den Baptisten gibt es aber Gemeinde, in denen man sich am Calvinismus orientiert, m.W. vor allem, aber nicht nur im angelsächsischen Bereich.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

Pilgerer
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Pilgerer »

Der ganze Kommunions-Gedanke verschiebt sich seit der Reformation vom Abendmahl/Eucharistie immer mehr in Richtung Glauben/Gemeinschaft. Das muss man, denke ich, bei den Reformierten bedenken. Darum hat das Abendmahl dort nicht mehr die Funktion, den Gläubigen mit dem lebendigen Christus zu verbinden, sondern es ist eine Erinnerung an jenes historische Ereignis kurz vor der Kreuzigung. Die Eucharistie wird im Reformiertentum im Wesentlichen "verinnerlicht", d.h. auf die Ebene des innerlichen Wirkens Gottes verschoben. Die Baptisten glauben bezüglich des Abendmahls:

Jesus Christus hat als der Herr seiner Gemeinde das Abendmahl eingesetzt als die Handlung,
in der die Seinen sich mit Freuden an seinem Tisch versammeln, um in seinem Namen
untereinander Brot und Kelch zu teilen, und als Zeichen dafür, dass er sich selbst seinen
Jüngern schenkt.

http://www.baptisten.de/fileadmin/user_ ... lauben.pdf

Der reformierte Heidelberger Katechismus sagt zum Abendmahl:
Christus hat verheißen, dass er selbst meine Seele mit seinem gekreuzigten Leib und vergossenen Blut so gewiß zum ewigen Leben speist und tränkt, wie ich aus der Hand des Dieners empfange und leiblich genieße das Brot und den Kelch des Herrn, welche mir als gewisse Wahrzeichen des Leibes und Blutes Christi gegeben werden.
Das Abendmahl bezeugt uns,
daß wir vollkommene Vergebung
aller unserer Sünden haben
durch das einmalige Opfer Jesu Christi,
das er selbst einmal am Kreuz
vollbracht hat, und daß wir durch den Heiligen Geist
Christus werden eingeleibt,
der jetzt mit seinem wahren Leib
im Himmel zur Rechten des Vaters ist
und daselbst will angebetet werden.

http://www.ekd.de/glauben/bekenntnisse/ ... smus3.html

Die Calvinisten sehen im Abendmahl also ein leibliches Gleichnis für einen seelischen Vorgang. Das eigentliche Geschehen wird in das Unsichtbare verbannt. Für sie geschieht die Kommunion (in Christus eingeleibt zu werden) durch den Heiligen Geist unabhängig vom sichtbaren Geschehen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Marcus
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Marcus »

Der Heidelberger Katechismus ist zwar die bedeutendste reformierte Bekenntnisschrift, stammt aber nicht aus der Feder von Calvin. Die Verfassen waren auf Initiative von Kurfürst Friedrich III von der Pfalz Caspar Olevian und Zacharias Ursinus (ein Schüler von Calvin). Das Thema „Abendmahl“ war nicht nur unter Lutheranern, sondern auch unter Reformierten durchaus streitlastig. Die zwinglische Abendmahlsauffassung wurde jedenfalls noch in den 3er Jahren des 16. Jahrhunderts von Calvin abgelehnt. Allerdings näherte sich Calvin später der Abendmahlslehre von Zwingli an. Dem waren Gespräche zwischen ihm und Bullinger, der damals als Nachfolger von Zwingli das reformierte Lager in Zürich anführte, vorausgegangen („Zürcher Übereinkunft von 1549“). Jedenfalls stammt von Calvin die Ansicht, dass die Gläubigen Leib und Blut Christi im Abendmahl dargeboten bekommen würden, allerdings durch den Heiligen Geist vermittelt. Eine Realpräsenz wurde natürlich abgelehnt, da Jesus Christus (bezogen auf die menschliche Natur) im Himmel sei und zur Rechten Gottes sitze und daher nicht in den Elementen mit seinem Leibe und Blute wahrhaftig gegenwärtig sein könne. Gnesio-Lutheraner setzten dieser Auffassung wiederum die Ubiquitätslehre entgegen.

Ich empfehle zum Thema „Abendmahl“ das Glaubensbekenntnis der Hugenotten zu lesen, die stark von Calvin beeinflusst wurden sowie den Genfer Katechismus von Calvin zu lesen:

http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... ion_de_foi
http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... ismus_1545
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

pneumatikos
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

Lioba hat geschrieben:Wo siehst du eine Zurückdrängung des reformierten Erbes in der EKD?
Naja, beispielsweise hat sich das Gebiet der VELKD vergrößert: so gehört jetzt das Gebiet der Landeskirche der Kirchenprovinz Sachsen, die vorher nur zur UEK gehörte (umfasst hauptsächlich Sachsen-Anhalt, nicht zu verwechseln mit der ev.-luth. LAndeskirche Sachsens) zur "Evangelischen kirche in Mitteldeutschland" zur VELKD; gleiches gilt für die Pommersche Landeskirche, wenn sie der neuen "Nordkirche" beitreten wird. Und man weiß ja nicht, was für Zusammenschlüsse von Landeskirchen noch folgen werden... Dann gibt es seit einigen Jahren eine Diskussion, ob die CA Grundbekenntnis der EKD werden solle. ( http://www.ekd.de/download/ekd_texte_13.pdf ).
Weiterhin wird beispielsweise von der 28 gegründeten Calvin-Stiftung als ein Ziel genannt "(...)dem schleichenden Rückgang reformierten Gedankenguts in den unierten, aber auch reformierten Gemeinden entgegenzuwirken(...)" ( http://www.calvin-stiftung.de/6599--56-6.html ).
Ausserdem erhalten evangelikale Gruppen viel Anregung und Unterstützung aus dem amerikanischen Großraum- sowohl durch theologiche Anstöße als auch durch praktische Unterstützung. Und die USA waren schon immer stark reformiert geprägt.
Richtig, und hier liegt meiner Meinung nach auch eine Schwäche deutschen Bekenntnisluthertums: zu wenig internationale Vernetzung. Wenn sich das nicht ändert , dann wird es mMn eng in den nächsten Jahrzehnten für das deutsche Bekenntnisluthertum...
lutherbeck hat geschrieben:
Ich persönlich sehe jedoch vor allem eine weitere Zersplitterung des Leibes Christie - für mich ein unhaltbarer Zustand!
Da gebe ich dir vollkommen Recht, aber ich sehe dass in diesem Fall nicht ganz so eng, denn mir ist eine Gemeinde die sich "reformiert" nennt (und die SERK bezeichnet sich ja sogar als Kirche !) lieber als der 1. Schwärmer, der meint aufgrund von persönlichen "Erkenntnissen" eine neue Gemeinde, Gemeinschaft, Missionswerk oder Dienst ("Ministries") zu gründen !
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ziphen
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von ziphen »

pneumatikos hat geschrieben:Naja, beispielsweise hat sich das Gebiet der VELKD vergrößert: so gehört jetzt das Gebiet der Landeskirche der Kirchenprovinz Sachsen, die vorher nur zur UEK gehörte (umfasst hauptsächlich Sachsen-Anhalt, nicht zu verwechseln mit der ev.-luth. LAndeskirche Sachsens) zur "Evangelischen kirche in Mitteldeutschland" zur VELKD; gleiches gilt für die Pommersche Landeskirche, wenn sie der neuen "Nordkirche" beitreten wird.
Die Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ist aber sowohl Vollmitglied der VELKD als auch der UEK.

Bzgl. Pommern steht im Fusionsvertrag:
I.4.1 Die gemeinsame Kirche ist Mitglied der EKD, der VELKD, des
Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), des Lutherischen Weltbundes (LWB),
der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Gemeinschaft Evangelischer
Kirchen in Europa (GEKE). Die Mitgliedschaft der bisherigen Pommerschen
Evangelischen Kirche in der UEK bleibt davon unberührt.
Unbeschadet einer
weiteren Mitgliedschaft der bisherigen Pommerschen Evangelischen Kirche in der
UEK gilt das Recht der VELKD in der gemeinsamen Kirche. Die Bewahrung
regionaler liturgischer Traditionen im Rahmen des Gottesdienstbuches bleibt
möglich.
Die Velkd bekommt ein paar Mitglieder zusätzlich. Die Pommerer sind also in beiden Zusammenschlüssen oder werden es sein. Und Pommern ist mit seinen ca. 100.000 Gliedern nicht gerade die Menge.
Wenn böse Zungen stechen, / mir Glimpf und Namen brechen, / so will ich zähmen mich; /
das Unrecht will ich dulden, / dem Nächsten seine Schulden / verzeihen gern und williglich.

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Pilgerer
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Pilgerer »

Wo ist eurer Meinung nach die Befreiungstheologie stärker: im Reformiertentum oder im Luthertum? Schließlich bedeutet diese sozialpolitische Umdeutung des christlichen Evangeliums eine erhebliche Distanzierung von den klassischen Bekenntnissen.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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ziphen
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von ziphen »

Übrigens haben die (Voll-)Mitgliedskirchen der UEK über 12 Mio Mitglieder und die der VELKD unter 10 Mio (EKM ist in beiden; einige Landeskirchen in keiner).
Wenn böse Zungen stechen, / mir Glimpf und Namen brechen, / so will ich zähmen mich; /
das Unrecht will ich dulden, / dem Nächsten seine Schulden / verzeihen gern und williglich.

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pneumatikos
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

ziphen hat geschrieben:Übrigens haben die (Voll-)Mitgliedskirchen der UEK über 12 Mio Mitglieder und die der VELKD unter 10 Mio (EKM ist in beiden; einige Landeskirchen in keiner).
Das hätte ich jetzt nicht gedacht....,

liegt wahrscheinlich an demographischen Faktoren wie dem bevölkerungsreichen Rheinland und die dadurch nominell starke "ev. Kirche im Rheinland" ....
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pneumatikos
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

Pilgerer hat geschrieben:Wo ist eurer Meinung nach die Befreiungstheologie stärker: im Reformiertentum oder im Luthertum?
Spielt die klassische Befreiungstheologie denn überhaupt noch eine Rolle?

Man könnte mutmaßen, dass dem Calvinismus zugeschrieben wird dass er "kapitalistischer" sei (wobei ich nicht behaupten würde, dass Calvin den Kapitalismus erfunden hätte), das spräche dafür dass er weniger "anfällig" für Befreiungstheologie wäre. Anderseits wird vom Calvinismus gesagt, dass er demokratischer sei als das Luthertum...

ich halte die Befreungstheologie übrigens -obgleich ich mich mit ihr kaum befasst habe- nicht grundsätzlich für falsch, Ausbeutung kann nicht im Sinne eines Christen sein; (Politisierung zentraler biblischer Aussagen allerdings auch nicht!)
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Lioba
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Lioba »

Die Befreiungstheologie sollte im politischen Zusammenhang gesehen werden. Sie hat ihre Wurzeln in Südamerika, das nun mal vorwiegend katholisch geprägt ist. Die calvinistisch geprägten USA waren die "Gegner".
Grob gesagt ergab sich Folgendes für den evangelischen Bereich:
Die Freikirchen galten in Südamerika nicht nur von vornherein als konfessionelles Ärgernis sondern auch als Maulwürfe der Amis, unabhängig von der eigentlichen Motivation des einzelnen Predigers/Missionars.
Lutherische und methodistische Gruppen waren nicht so vorbelastet und konnten freier agieren. Ihr Standpunkt ergab sich eher aus dem theologischen Zusammenhang. Konservative Gruppen setzten sich durchaus für eine Verbesserung der wirtschaftlichen und politischen Situaion ein, lehnten aber die weitgehende Umdeutung der christlichen Botschaft sowie ein Einsatz von Gewalt ab. Liberale Lutheraner dagegen stellten sich hinter die Befreiuungstheologie. Typischerweise waren sie weniger direkt Betroffene wie Romero, sondern eher Befreiungstheoretiker, die sicher und warm in deutschen Unis saßen und den Konflikt zur Abrechnung mit der eigenen Theologie nutzten- Sölle z. B.

So waren die Weichen schon von den politischen Tatsachen gestellt.
Natürlich gab es auch einen Einfluß auf viele Bürgerrechtsgruppen, aber das ginge hier zu weit und betrifft mehr Asien/Afrika und die USA.
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M. v. Ebner- Eschenbach

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Lutheraner
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Lutheraner »

pneumatikos hat geschrieben:Wann gab es in Deutschland zuletzt eine internationale Konferenz für lutherische (Bekenntnis-)theologie ?
25:
http://www.ilc-online.org/conferences/25-berlin/
pneumatikos hat geschrieben: Und wieso nimmt die Anzahl von Bekenntnis-Lutheranern in Deutschland ab, während eine neuere Begeisterung für reformierte Theologie zu beobachten ist ?
Die reformierte Theologie entspricht mehr unserem individualistischen Zeitgeist. Es gibt Richtlinien an die man sich orientieren kann, aber keine starre Bekenntnisbindung.
Allerdings fühlen sich die konservativen Reformierten, die ein ähnlich starres Glaubensverständnis wie die konfessionellen Lutheraner haben, genauso wie diese als kleine, bedrängte Randgruppe.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Marcus
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Marcus »

Hallo Lutheraner, :huhu:

es ist schön, mal wieder einen Beitrag von Dir in der Klausnerei lesen zu dürfen. :)

Ich habe mich darüber sehr gefreut.

LG Marcus
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Lioba
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Lioba »

Willkommen zurück, Lutti! :huhu:
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pneumatikos
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Re: Liberal und konservativ....

Beitrag von pneumatikos »

Dort sehe ich eher eine Zurückdrängung grundsätzlich aller konservativen Kräfte.
"Liberal" und "konservativ" sind doch irgendwie relativ, obwohl ich ungefähr weiß was du meinst.
Aber es ist dennoch teilweise schwierig, diese Begriffe anzuwenden.
Ein (mehr oder weniger konstruiertes) Beispiel: Ist jemand, der Gott als "Daddy" bezeichnet, zu "Jesus-Abhäng-Abenden" geht, aber mit dem Sex bis zur Ehe wartet liberaler oder konservativer als jemand der in einer bisexuellen Dreiecksbeziehung ist, aber an die Realpräsenz Christi im Abendmahl glaubt und höchst liturgische Gottesdienste für Lesben, Schwule und "Transgender" zelebriert?

Sind Evangelikale konservativ?
Täufer und Pietisten, die man als Vorgänger eines großen Teils heutiger Evangelikaler bezeichnen könnte, waren zu ihrer Zeit höchst liberal/linksliberal, äußere Formen spielten keine Rolle oder wurden ganz abgelehnt, soziales Engagement war wichtig...


Viele Evangelikale, die ich kenne, würden sich überhaupt nicht als "konservativ" (oder evangelikal) bezeichnen.

Im Protestantismus gibt es diesbezüglich meiner Meinung nach auch eine Divergenz zwischen Form und Inhalt welche diesen markant vom Katholizismus (u. orthodoxie) unterscheidet (was ich im Beispiel oben zu zeigen versuchte), ein Katholik, der in der Liturgie "konservativ" ist, wird i.d.R. auch in seiner ganzen Theologie "konservativ" sein..
Die reformierte Theologie entspricht mehr unserem individualistischen Zeitgeist. Es gibt Richtlinien an die man sich orientieren kann, aber keine starre Bekenntnisbindung.
Ja, das mag in gewisser Hinsicht stimmen. Denn Reformierte/CAlvinisten umfassen ein breiteres Spektrum sind sie doch bei Anglikanern, Presbyterianern, explizit "Reformierten, Baptisten und so weiter zu finden.
Sogar reformierte Pfingstler scheint es zu geben! (oder mit anderen Worten: Pfingstler, die zwar den Heidelberger Katechismus anerkennen, aber das was ihnen nicht passt, wie die kindertaufe, wird halt nicht anerkannt)
http://www.lukas-gemeinde.de/erstinfo/theologie

Dass das Reformiertentum dem Evangelikalismus/historischen Fundamentalismus näher steht als das Luthertum, dürfte in Anbetracht der Ausbreitung des Evangelikalismus auch mit ein Grund für dessen "Erfolg" sein.

So wurde beispielsweise in Österreich und in der Schweiz eine evangelisch-reformierte Kirche Westminster Bekenntnisses gegründet (die gemeinden wurden, wie ich nachgelesen habe alle ca. innerhalb der letzten 20-10 Jahre gegründet oder , die Hälfte der gemeinden ist sogar noch jünger

http://erkwb.ch/
http://www.reformiert.at/

wann wurde eigtl. im deutschsprachigen Raum zuletzt eine (konfesionelle) lutherische gemeinde gegründet?
Bis auf die eine Missionsgemeinde in Berlin der SELK fällt mir jetzt keine ein.
In CH und A gibt es beispielsweise gar keine.
Missioniert die SELK dort ?
Gründet sie überhaupt noch neue Gemeinden?

Ich fürchte, wenn die demographische Entwicklung so weiter geht, dann könnte das Bekenntnisluthertum in Deutschland resp. deutschsprachigen Raum in 2-3 Generationen nicht mehr vorhanden sein (Vielleicht noch schneller wenn es zu Spaltungen z.B. in punkto FO).

Gerade bei der Debatte um Homos im Pfarrhaus hätte die SELK doch mit einem klaren biblischen Standpunkt auftreten können und Landeskirchlern den Übertritt anbieten können.
Überhaupt ist das Bekenntnisluthertum in der Öffentlichkeit kaum vertreten, wie ich schon in anderen Threads erwähnte.
Auch in den deutschsprachigen Medien nicht.
Wenn man z.B. junge Leute gewinnen wöllte, wäre das doch wichtig.
Auf reformierte Seite gibt es da vz.B. viele Blogs z.B. hier http://www.gnadenbund.org/
Bei Blogs von Bekenntnislutheranern sieht es mau aus. Ganz anders als übrigens im englischsprachigen Bereich.
Ich bin kein Gnostiker, auch wenn dies mein Username suggeriert.

Pilgerer
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Pilgerer »

pneumatikos hat geschrieben:Sind Evangelikale konservativ?
Idealtypische Evangelikale (es gibt immer Mischtypen) sind weder konservativ noch liberal. Sie sind eine dritte Gruppe. Kennzeichnend für Evangelikale ist die Ablehnung der Tradition (=Konservatismus) und der Moderne (=Liberalismus). Sie akzeptieren am liebsten "nur die Bibel" und mit Zähneknirschen ein paar Schnipsel der frühkirchlichen Glaubensbekenntnisse. Die klassischen Täuferkirchen des 16. Jahrhunderts sind vielfach pazifistisch, d.h. politisch liberal, aufgrund ihres Alters (fast 500 Jahre) im Rahmen ihrer eigenen Tradition mittlerweile konservativ, aber hinsichtlich ihres Bekehrungsverständnisses und der Bibel-Fixierung auch teils evangelikal.

Die evangelikale Bewegung hat zwar ihre Wurzeln im calvinistischen Reformiertentum, aber sie hat sich davon gelöst zu einer eigenständigen Theologie, z.B. bezüglich der Willensfreiheit, der Sakramente oder der Askese.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Bischof
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Bischof »

pneumatikos hat geschrieben:Gerade bei der Debatte um Homos im Pfarrhaus hätte die SELK doch mit einem klaren biblischen Standpunkt auftreten können und Landeskirchlern den Übertritt anbieten können.
Überhaupt ist das Bekenntnisluthertum in der Öffentlichkeit kaum vertreten, wie ich schon in anderen Threads erwähnte.
Auch in den deutschsprachigen Medien nicht.
Wenn man z.B. junge Leute gewinnen wöllte, wäre das doch wichtig.
Auf reformierte Seite gibt es da vz.B. viele Blogs z.B. hier http://www.gnadenbund.org/
Bei Blogs von Bekenntnislutheranern sieht es mau aus. Ganz anders als übrigens im englischsprachigen Bereich.
Nun, die SELK bietet grundsätzlich den Übertritt an. Aber, und da gebe ich Ihnen völlig recht, fehlt dem Bekenntnisluthertum Öffentlichkeitsarbeit. Die SELK ist zwar im Internet vertreten, auch zahlreiche Gemeinden, aber sie sind für außenstehende schwer auffindbar. Auch die verschiedenen anderen Initativen, die die SELK durchführt, werden kaum wahrgenommen. Das liegt halt daran, dass auf der einen Seite sich die SELK nicht offensiv in Öffentlichkeit positioniert (Hintergrund: Ihre Kleinheit, ihre Geschichte, die EKD nicht verägern, etc. pp.) und auf der anderen Seite, dass kaum Geld für Öffentlichkeitsarbeit hat. Ebenso werden die landeskirchlichen Medien wohl kaum positiv über die SELK berichten.

Mal drei Beispiele:
- Wer weiß denn, dass dieses Jahr der Lutherische Kirchentag in Hannover stattfindet - http://www.selk-kirchentag.de/ ?
- Wer weiß denn, dass die SELK die Fasteninitative 7 Wochen mit ins Leben gerufen hat - http://www.7wochen.de/ ?
- Wer weiß denn, dass die SELK die so genannte Lutherdekade anders als die EKD nicht kulturprotestantisch, sondern bibel- und bekenntnisgebundenen begeht, und so völlig andere Akzente setzt - http://www.blickpunkt-217.de/ ?

Ganz deutlich liegt das Problem auf Seiten der SELK und ihrer verhaltenen Öffentlichkeitsarbeit.

Rutchan
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Re: Liberal und konservativ....

Beitrag von Rutchan »

pneumatikos hat geschrieben:wann wurde eigtl. im deutschsprachigen Raum zuletzt eine (konfesionelle) lutherische gemeinde gegründet?
Bis auf die eine Missionsgemeinde in Berlin der SELK fällt mir jetzt keine ein.
In CH und A gibt es beispielsweise gar keine.
Missioniert die SELK dort ?
Soweit ich weiß, will die SELK die spezifisch deutsche Kirchengeschichte nicht in andere Länder exportieren und es daher vermeiden, dass neue lutherische Kirchen in Konkurrenz zu bereits existierenden entstehen. Deutlich wird dies am Beispiel der Gespräche zwischen DNK/LWB und SELK über kirchliche Arbeit in Weißrussland.
Alle Gesprächspartner bekräftigten erneut, mit ihrem Engagement die Einheit der lutherischen Kirche in Weißrussland fördern zu wollen.
Außer in Berlin-Marzahn hat die SELK als Missionsprojekte in Deutschland in den letzten Jahren auch in Gifhorn und Cottbus-Döbbrick Gemeinden neu gegründet bzw. wiederbelebt.

Die Evangelisch-Lutherische Freikirche dagegen hat eine süddeutsche Diasporagemeinde, die regelmäßig auch in Österreich (Ludesch/Vorarlberg) Gottesdienste hält.

pneumatikos
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

die EKD nicht verägern,
Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke schon dass das eine Rolle spielt, weil man z.B. in der Diakonie bei der theologischen Ausbildung ([Punkt]) zusammenarbeitet,
aber vielleicht sollte man auch mal handeln nach dem Motto "wer nicht wagt, der nicht gewinnt"

man sollte mal darüber nachdenken, die Zusammenarbeit mit der EKD zu beenden, oder zumindest stark einzuschränken, da diese in großen Teilen die Grenze zur Apostasie überschritten hat.


Ganz deutlich liegt das Problem auf Seiten der SELK und ihrer verhaltenen Öffentlichkeitsarbeit.
Ja auch, aber nicht nur,....man kann ja nicht 1% beeinflussen, ob die Medien über einen berichten, es scheint eben auch daran zu liegen, dass es einfach zu wenig begeisterte Bekenntnis-lutheraner gibt, sonst gäbe es ja beispielsweise wahrscheinlich auch ein paar Blogs oder Internetauftritte, die es ja im reformierten Bereich gibt, die aber nichts mit der offiziellen Arbeit einer kirche zu tun haben, sondern privat sind.
Wer weiß denn, dass dieses Jahr der Lutherische Kirchentag in Hannover stattfindet - http://www.selk-kirchentag.de/
Wahrscheinlich hauptsächlich nur die Mitglieder der SELK selbst. wenn überhaupt. Ich finde es ja gut, einen solchen Kirchentag zu veranstalten, wobei ich bei dem Begriff immer zurückschrecke, da ich das Bild von den Kirchentagen der EKD im Kopf habe. Genauso erschrocken hat mich die veranstaltung eines "Markt der Möglichkeiten". Aber immerhin, was dort angeboten wird, d.h. die Stände sind ganz vernünftig......Was ich aber absolut nicht verstehe ist, dass der "INFO"(Inititative Frauenordination) ein Forum angeboten wird.

Welche Initiative bildet sich als nächstes? "Initiative Homo,Bi,Trans,FetischistInnen ins Pfarramt"?

Man sollte sehr genau überlegen, ob man die FO einführt, denn das wäre nicht rückgängig zu machen (Ausnahmen wie in Lettland bestätigen die Regel) und würde andere Entwicklungen nach sich ziehen.
Soweit ich weiß, will die SELK die spezifisch deutsche Kirchengeschichte nicht in andere Länder exportieren und es daher vermeiden, dass neue lutherische Kirchen in Konkurrenz zu bereits existierenden entstehen. Deutlich wird dies am Beispiel der Gespräche zwischen DNK/LWB und SELK über kirchliche Arbeit in Weißrussland.
ich kenne die Situation in weißrussland nicht, aber meines Wissens nach sind die lutherischen Kirchen in Osteuropa weitaus konservativer....
aber wieso sollte die SELK nicht in der Schweiz oder Österreich missionieren? Die evangelische Kirche A.B. in Ö. ist genauso liberal-unionistisch wie die EKD (ein Blick auf deren HP reicht aus), und die handvoll lutherischen Gemeinden in der Schweiz dürften es auch sein.
Ich bin kein Gnostiker, auch wenn dies mein Username suggeriert.

Stephen Dedalus
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Ist es eigentlich richtig, dass die SELK von 43.000 Mitgliedern in 1998 auf jetzt nur noch ca. 34.000 Mitglieder geschrumpft ist? Das wäre ja ein dramatischer Verlust. Mir scheint, dass der SELK in der Fläche die Zahlen einbrechen. Stimmt das?
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Dieter
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Dieter »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ist es eigentlich richtig, dass die SELK von 43.000 Mitgliedern in 1998 auf jetzt nur noch ca. 34.000 Mitglieder geschrumpft ist? Das wäre ja ein dramatischer Verlust. Mir scheint, dass der SELK in der Fläche die Zahlen einbrechen. Stimmt das?


Noch vor eonigen Jahren war in ideaSpektrum ein Artikel über die Annenkirchen (SELK) in Berlin erschienen. Diese große Kirche war damals jeden Sonntag voll. Der damalige Artikel stellte die SELK als eine gute Alternative zur Landeskirche dar.

Vor einigen Wochen habe ich die Annenkirche besucht, im Hinterkopf noch den Artikel von damals.

Ich war schockiert: Der eigentliche Kirchenraum war abgesperrt, weil er offensichtlich nicht mehr gebraucht wird. Dafür hatte man den Vorraum als schlichten Gottesdienstraum eingerichtet, in dem bei meinem Besuch ca 20 Leute saßen. Die größte Sorge des Pfarrers, der vor dem Gottesdienst auf mich zu kam und mich begrüßte, war es, dass ich zum Abendmahl gehen könnte. Nachdem ich ihm versichert hatte, dass ich als Landeskirchler dies nicht tun werde, war er sichtlich erleichtert.

Der Gottesdienst und die Predigt war alles andere als attraktiv. Ich habe den Eindruck, dass die Zukunft der SELK hinter ihr liegt....

pneumatikos
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ist es eigentlich richtig, dass die SELK von 43.000 Mitgliedern in 1998 auf jetzt nur noch ca. 34.000 Mitglieder geschrumpft ist? Das wäre ja ein dramatischer Verlust. Mir scheint, dass der SELK in der Fläche die Zahlen einbrechen. Stimmt das?
Wo hast du die zahlen her? Das ist nicht ganz richtig. Nicht einmal nach der Wiedervereinigung hatte die SELK soviele Mitglieder. Näheres gibt es hier http://www.selk.de/synode2011/106_Stati ... r-SELK.pdf (Seite 7) Das scheinen die neusten Zahlen zu sein.

Studiert man die Daten zum Jahr 2010 etwas genauer, sieht man dass die Zahl der Austritte -außer im Bezirk Berlin-Brandenburg-niedriger ist als die der Todesfälle, und dass es immerhin auch Eintritte gibt, also ist es wirklich zum großen teil ein demographisches problem ....aber nicht nur

Ich war z.B. schockiert als ich beim Surfen durchs Web sah, wieviele Pfarrstellen vakant sind...
Ich habe den Eindruck, dass die Zukunft der SELK hinter ihr liegt....

mein Vorschlag : Von einen Tag auf den anderen sämtliche Zusammenarbeit mit der EKD beenden und anschließend in einer öffentlichen, medial gut inszenierten Erklärung zusammen mit ausländischen Partnerkirchen die EKD zur apostatischen Kirche erklären....
Ich bin kein Gnostiker, auch wenn dies mein Username suggeriert.

Bischof
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Bischof »

Werter User Dieter: Lassen Sie mich doch bitte etwas klar stellen, da ich diese Gemeinde kenne. Die Zeiten, wo die Kirche voll war, liegen wohl schon einige Jahrzehnte zurück. Sie verwechseln die Gemeinde in der Annenstraße mit der St. Marienkirchengemeinde in Berlin-Zehlendorf (http://www.lutherisch.de). Diese Gemeinde der SELK wächst kontinuierlich. Waren es dort Anfang der 9er Jahre gut 23 Gemeindeglieder sind es heute fasst 9. Tendenz weiter steigend.

Dass die Gemeinde in der Annenstraße ihren Gottesdienst in der so geannten "Winterkirche" hält, ist allein den Temperaturen geschuldet. Das macht die dortige Gemeinde schon seit Jahrzehnten. Die große Kirche wird zu Ostern wieder "in Betrieb" genommen und bis Weihnachten gebraucht. Also, bitte doch erst informieren, dann urteilen.

Bzgl. des Abendmahls ist die Reaktion des Pfarrers verständlich, da keine Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft zwischen der EKD und der SELK besteht. Aber die Union hatte da ja schon immer ihre Schwierigkeiten.

Ob die SELK eine Zukunft hat? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist für Glieder der SELK die EKD sicher keine Alternative. Dass die SELK einen Mitgliederschwund hat, ist unübersehbar. Man müsste mal ausrechnen wie hoch prozentual von 1998 bis 21 die SELK an Mitgliedern abgenommen hat. Ebenso wäre es interessant die EKD mit ihrem Mitgliederschwund prozentual im gleichen Zeitraum zu berechnen. Meine These: Die EKD hat einen höheren Mitgliederschwund als die SELK im gleichen Zeitraum prozentual.

Stephen Dedalus
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Bischof hat geschrieben: Ob die SELK eine Zukunft hat? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist für Glieder der SELK die EKD sicher keine Alternative. Dass die SELK einen Mitgliederschwund hat, ist unübersehbar. Man müsste mal ausrechnen wie hoch prozentual von 1998 bis 2010 die SELK an Mitgliedern abgenommen hat. Ebenso wäre es interessant die EKD mit ihrem Mitgliederschwund prozentual im gleichen Zeitraum zu berechnen. Meine These: Die EKD hat einen höheren Mitgliederschwund als die SELK im gleichen Zeitraum prozentual.
Das mag sein, hilft aber der SELK nicht. Denn mit nur ca. 35.000 Kirchengliedern und (stark?) fallender Tendenz wird man in den ländlichen Gebieten schnell an seine Grenzen stoßen. Eine städtische Gemeinde mit 900 Kirchengliedern kann gut existieren. Eine ländliche Gemeinde, die nur noch 100 Glieder hat und nicht im Verbund mit anderen Gemeinden einen Pfarrer teilen kann, kommt schnell an die Grenze der Belastbarkeit. Das ist bei der Landeskirche anders, weil die in der Fläche ganz anders präsent sein kann, auch bei rückläufigen Zahlen.
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Bischof
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Bischof »

Es sind in der SELK weniger die Landgemeinden - eher die Stadtgemeinden. Dass die SELK finanziell Probleme hat, ist denke ich kein Geheimnis. Die SELK muss sich überlegen, ob sie so noch lange weitermachen kann. Das Problem scheint mir, dass mancher nicht den Kirchenbeitrag zahlt, der zu zahlen ist. Auch wenn die SELK keine Kirchensteuern einzieht, ist ein Kirchenbeitrag in Höhe von 3 % vom Brutto zu zahlen. Das wäre in etwa vergleichbar mit dem Kirchensteuersatz. Die SELK ist sicher kein Kirchensteuersparverein. Von Seiten der SELK müsste halt gegen säumige Nichtzahler vorgegangen werden - im Sinne von Beendigung der Kirchenmitgliedschaft. Auch muss die SELK ihre Strukturen und Einrichtungen überprüfen, ob wirklich das alles noch sein muss. Sollten die Großkirchen nicht mehr von der Kirchensteuer profitieren können, gäbe es dort sicher auch erhebliche finanzielle Schieflagen. Für diesen Fall x sollte sie Plan B in der Tatsche haben. Der politsche Wind kann sich schnell drehen.

pneumatikos
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von pneumatikos »

Die SELK wird sicherlich keine Zukunft haben wenn man die FO einführen wird, und wenn man sich der (V)E(L)KD einerseits oder der RKK (weiterhin) zusehr annähert
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Stephen Dedalus
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Re: Raues Reformiertentum - laues Luthertum ?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Bischof hat geschrieben:Es sind in der SELK weniger die Landgemeinden - eher die Stadtgemeinden.
Der Satz erscheint mir unvollständig. Soll es heißen '... die schrumpfen?'

Mit einer Finanzierung auf Spendenbasis funktioniert es m. E. nur, wenn die Kirchenglieder bereit sind, deutlich mehr zu zahlen als den üblichen Kirchensteuersatz. So funktioniert es ja bei den meisten Freikirchen.
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