Anglikaner für Euthanasie?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
diluculum
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Beitrag von diluculum »

John Grantham hat geschrieben:
HeGe hat geschrieben:Keine Angst. Ich habe den Text schon gelesen. Sogar mehrfach. Entgegen der Behauptungen von euch Protestanten, die ihr lange Zeit verbreitet habt, sind auch katholische Laien durchaus in der Lage zu lesen.
:roll: Erstens bin ich bin kein "Protestant"...zweitens habe ich noch nie gesagt, Römisch-Katholiken können nicht lesen.

Der Klarheit halber: Bist Du anderer Meinung, was Deine Kirche meint (d.h. meinst Du, ich habe die Stellung Deiner Kirche falsch dargestellt), oder bist Du anderer Meinung, was der Frage von schwerkranken Kindern angeht?

Cheers,

John
Wann endlich begreift ein Anglikaner, dass er die eigene Meinung nicht als die anderer verkaufen kann? Es ist schon fast bedenklich.

diluculum
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Beitrag von diluculum »

Fingalo hat geschrieben:Habe jetzt mal die 10 Seiten des threads gelesen. Also, von christlicher Haltung war bei den Statements sehr wenig bis gar nichts zu spüren. Diese würde nämlich damit beginnen, dem anderen zunächst mal keine böse Gesinnung zu unterstellen.

Außerdem: Da kommt hin und wieder die NS-Keule aus dem Sack. Ist heute etwas verwerflich, was 1900 nicht verwerflich war? Wenn in der NS-Zeit das Mitleid pervertiert wurde, gibt es dann dieses nicht mehr?

Im norwegischen Christenrecht des 13. Jahrhunderts war vorgesehen, dass missgebildete Kinder an der Kirchentür abzulegen waren, man taufte es, sprach Gebete darüber und ließ es dort sterben. Später kam ein Zusatz, dass man das Kind dem Bischof zu bringen habe, der über das Weiterleben entschied.
Die Menschen waren damals moralisch nicht minderwertiger als heute.

Das mit der Vernichtung von 90 % Kindern mit Down-Syndom hat ja wohl auch Gründe bei denen, die Vernichtung verurteilen: Eine Familie mit einem Kind mit Downsyndrom oder anderen Behinderungen ist ausgestoßen. Sie wird nirgends eingeladen, gesellschaftlich isoliert und zwar auch von denen, die sich vehement gegen deren Abtreibung einsetzen. Das ist wie Lepra bei den alten Juden.
Man muss ja bei der Kirche unterscheiden: Die offizielle Verlautbarung aus Rom oder einer Synode. Die Personen haben mit dem Problem nichts zu tun und vertreten die reine Lehre. Dann die Ortskirche (Pfarrer und drumrum). Die sagen: Wie schrecklich - da müssen wir was machen (Wenn's hoch kommt). Und das war's dann. Dann sind da unsere lieben, lieben Mitchristen, die gerade im Gottesdienst gehört haben: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder tut ..." Wenn sie rausgehen, machen sie einen Bogen. Was kommt? Eine Selbsthilfegruppe, der der Pfarrer seinen Gemeindesaal zur Verfügung stellt, und wo die Ausgestoßenen dann zusammenhocken und sich gegenseitig ihr Leid klagen. Was eine erhebende Ermunterung zum Durchhalten.
Da muss die Gnade Gottes schon ordentlich draufpacken, sowas Jahr für Jahr durchzustehen.
Bist Du ein Troll?

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

diluculum hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:(@HeGe)
Der Klarheit halber: Bist Du anderer Meinung, was Deine Kirche meint (d.h. meinst Du, ich habe die Stellung Deiner Kirche falsch dargestellt), oder bist Du anderer Meinung, was der Frage von schwerkranken Kindern angeht?
Wann endlich begreift ein Anglikaner, dass er die eigene Meinung nicht als die anderer verkaufen kann? Es ist schon fast bedenklich.
Ich habe in diesem Thread nie meine "Meinung als die anderer verkauft". Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass unsere beiden Kirchen die gleiche Stellung in einer Frage vertreten. Mehr nicht.

Es stellte sich heraus, dass HeGe in dieser Frage nicht einer Meinung mit der rkK ist (anfangs dachte ich, er meinte, die rkK vertritt eine andere Stellung). Das haben wir aber schon unter uns geklärt.

Übrigens -- Du bist weiterhin in Unrecht mit Deinen Behauptungen. Du könntest zumindest zugeben, dass die rkK eigentlich die gleiche Stellung vertritt und mit Deiner Polemik gegen Anglikaner aufhören.

Cheers,

John
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diluculum
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Beitrag von diluculum »

Ich betreibe keine Polemik, sondern stelle lediglich klar, was Du nicht wahrhaben kannst, dass die Kirche nicht Mitleid noch finanzielle Gründe für ein Todesurteil akzeptieren kann.

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

diluculum hat geschrieben:Ich betreibe keine Polemik, sondern stelle lediglich klar, was Du nicht wahrhaben kannst, dass die Kirche nicht Mitleid noch finanzielle Gründe für ein Todesurteil akzeptieren kann.
Oh goody, I get to say it again: Dummerweise paßt das nicht zur Lehre Deiner eigenen Kirche.
Kongregation für die Glaubenslehre hat geschrieben:Ebenso darf man die Anwendung dieser Mittel abbrechen (also den Patienten sterben lassen), wenn das Ergebnis die auf sie gesetzte Hoffnung nicht rechtfertigt. Bei dieser Entscheidung sind aber der berechtigte Wunsch des Kranken und seiner Angehörigen sowie das Urteil kompetenter Fachärzte zu berücksichtigen. Diese können mehr als andere eine vernünftige Abwägung vornehmen, ob dem Einsatz an Instrumenten und Personal (also Kosten) die erwarteten Erfolge entsprechen und ob die angewandte Therapie dem Kranken nicht Schmerzen oder Beschwerden bringt (also unnötiges Leiden), die in keinem Verhältnis stehen zu den Vorteilen, die sie ihm verschaffen kann.
Wie das mißverstanden werden kann, ist mir ein Rätsel. Steht doch Schwarz auf Weiß, mit Unterschrift von einem Herrn Ratzinger.

Cheers,

John
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diluculum
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Beitrag von diluculum »

Deine roten Mitdenksel sind nicht schwarz...

Aber ich glaube, mir wird die Zeit zu schade. Die Kirche KENNT kein "nicht um jeden Preis leben lassen" aus finanziellen Gründen oder Mitleid oder statistischen Erwartungshaltungen. Auch wenn Du das als Anglikaner NICHT verstehen kannst.

Ich ziehe mich, wohlwissend um das nächste Posting (zu feige), von dieser Bildfläche zurück - es bringt nichts.

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

diluculum hat geschrieben:Deine roten Mitdenksel sind nicht schwarz...
Wie eine intelligente Person annehmen kann, waren das Lesehilfen für Dich, damit Du endlich sehen kannst, welche Stellen ich gemeint habe, und was sie im Klartext bedeuten. Da gibt es kein Drumherum-Interpretieren.

Was soll denn "man darf die Anwendung dieser Mittel abbrechen" sonst bedeuten, als "den Patienten sterben lassen"?

Was soll denn "Einsatz an Instrumenten und Personal" sonst bedeuten, außer Kosten?

Was soll denn "nicht Schmerzen oder Beschwerden bringt, die in keinem Verhältnis stehen zu den Vorteilen, die sie ihm verschaffen kann" bedeuten, außer "unnötiges Leiden"?
diluculum hat geschrieben:Aber ich glaube, mir wird die Zeit zu schade. Die Kirche KENNT kein "nicht um jeden Preis leben lassen" aus finanziellen Gründen oder Mitleid oder statistischen Erwartungshaltungen.
Dann leugnest Du das, was Deine Kirche sagt, wie man oben mehrfach lesen kann. *schulterzuck*
diluculum hat geschrieben:Ich ziehe mich, wohlwissend um das nächste Posting (zu feige), von dieser Bildfläche zurück - es bringt nichts.
Tja, schonmal versprochen.

Cheers,

John
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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

John Grantham hat geschrieben:mit Unterschrift von einem Herrn Ratzinger
Nee, das war vor seiner Zeit.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

John Grantham hat geschrieben:Erstens bin ich bin kein "Protestant"...zweitens habe ich noch
nie gesagt, Römisch-Katholiken können nicht lesen.

Der Klarheit halber: Bist Du anderer Meinung, was Deine
Kirche meint (d.h. meinst Du, ich habe die Stellung Deiner
Kirche falsch dargestellt) …?
Ich denke, die Kommunikation krankt vor allem am differenten Be-
griffsverständnis. Der traditionelle, apostolische („katholische“ und
„orthodoxe“) Kirchenbegriff ist mit den protestantischen Kirchenbe-
griffen (sei es ein spiritueller, ein eschatologischer oder auch, wie heu-
te meist, ein rein soziologischer) schlechterdings nicht vereinbar.

Du redest in Begriffen wie »deine Kirche – meine Kirche«. Das ist für
die Gläubigen der Kirche (siehste: so reden wir, das kannst du aber
nicht ab!) absolut inakzeptabel.

Es gibt nach unserem Verständnis nur die eine Kirche, die in den ver-
schiedenen Ortskirchen gegenwärtig ist. Die Ortskirche (oder ein Orts-
kirchenverband) aber liegt nur da vor, wo die apostolische Sukzession
gewahrt ist.

Darum tragen nach unserem Glauben – das heißt für uns: dem Glau-
ben der Kirche – wohl die getrennten Ostkirchen Kirchencharakter,
nicht aber die protestantischen Gemeinschaften, zu denen wir, wie du
weißt, leider auch euch Anglikaner zählen müssen.

Bei allem „ökumenischen“ Bemühen muß klar sein, daß es hinsicht-
lich der Grundfesten der Ekklesiologie auch keinerlei „Wandel durch
Annäherung“ geben kann. Das apostolische Fundament ist unaufgeb-
bar. Anders wäre die Kirche nicht mehr Kirche, sondern eine weitere
protestantische Gemeinschaft.

Wir kennen auch die abweichenden Standpunkte der Anglikaner,
der Lutheraner und der Reformierten und sonstigen Protestanten.
Wir machen die Akzeptanz unseres Kirchenbegriffs nicht zur Vor-
aussetzung von Gesprächen. Wohl aber ist Voraussetzung für irgend-
wie sinnvolle Gespräche, daß wir uns beiderseits über die abweichen-
den Begrifflichkeiten im klaren sind.

Idealerweise (was nicht immer gelingt, mir auch nicht) sollten wir
so reden, daß nicht bei jeder Replik die jeweils andere Seite sich ge-
nötigt sieht, ab ovo die eigene Ekklesiologie klarzustellen.

Das kann mühsam sein, aber wir sollten uns bemühen, dem Rech-
nung zu tragen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

(Anglican) Bishop of Southwark and the (Roman Catholic) Archbishop of Cardiff hat geschrieben:We warmly welcome the clear recommendation from the Nuffield Council today that “the active ending of life of newborn babies should not be allowed, no matter how serious their condition.” This reaffirms the validity of existing law prohibiting euthanasia, and upholds the vital and fundamental moral principle that the deliberate taking of innocent human life is always gravely wrong.

There is a clear distinction between interventions which are deliberately aimed at killing, and decisions to withhold or withdraw medical treatment when it is judged to be futile or unduly burdensome.
Eine sicher gut gemeinte Stellungnahme. Jedoch kann „gut gemeint“ mitunter mörderisch sein. Wenn man weiß, was heute in manchen Ländern fast flächendeckend in den Neonatologien üblich ist, dann graust es einen beim zweiten Absatz. Diese Praxis besteht nämlich darin, behindert geborene Kinder (also versehentlich nicht abgetriebene) nach ihrer Geburt schlicht nicht zu versorgen, mit andern Worten: elend verrecken zu lassen. Das ist grausamer Mord.

Möchten die beiden unterzeichnenden Bischöfe aus Dummheit die Tragweite ihrer Äußerung nicht begriffen haben. Obgleich ich nicht verschweigen kann, daß es auch eine strafwürdige Dummheit gibt.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

HeGe hat geschrieben:Niemand darf über das Leben eines anderen Menschen entscheiden dürfen.
Du meinst sicher: „über die Beendigung des Lebens“. Ferner: „nicht über die Beendigung des Lebens überhaupt eines Menschen (auch des eigenen)“. Und schließlich noch eine einschränkende Bedingung: „sofern er nicht in Ausübung der rechten staatlichen Gewalt oder in unmittelbarer Abwehr eines unrechten Angriffs handelt“. – Dann erst stimmt der Satz.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

John Grantham hat geschrieben:
Kongregation für die Glaubenslehre hat geschrieben:Ebenso darf man die Anwendung dieser Mittel abbrechen (also den Patienten sterben lassen), wenn das Ergebnis die auf sie gesetzte Hoffnung nicht rechtfertigt. Bei dieser Entscheidung sind aber der berechtigte Wunsch des Kranken und seiner Angehörigen sowie das Urteil kompetenter Fachärzte zu berücksichtigen. Diese können mehr als andere eine vernünftige Abwägung vornehmen, ob dem Einsatz an Instrumenten und Personal (also Kosten) die erwarteten Erfolge entsprechen und ob die angewandte Therapie dem Kranken nicht Schmerzen oder Beschwerden bringt (also unnötiges Leiden), die in keinem Verhältnis stehen zu den Vorteilen, die sie ihm verschaffen kann.
Deine roten Kommentare – besonders der erste, teils auch der zweite – gehen leider an der Sache vorbei. – Hast du absichtlich so aus dem Zusammenhang gerissen zitiert? – Dein Zitat geht los mit der »Anwendung dieser Mittel«. Dein Kommentar suggeriert dann ein bestimmtes – dein – Verständnis »dieser Mittel«. Aber lesen wir lieber im Original nach, um was für Mittel es geht:
Kongregation für die Glaubenslehre ([url=http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19800505_euthanasia_ge.html]Erklärung zur Euthanasie[/url]) hat geschrieben:Sind andere Heilmittel nicht verfügbar, darf man mit Zustimmung des Kranken Mittel anwenden, die der neueste medizinische Fortschritt zur Verfügung gestellt hat, auch wenn sie noch nicht genügend im Experiment erprobt und nicht ungefährlich sind. Der Kranke, der darauf eingeht, kann dadurch sogar ein Beispiel der Hochherzigkeit zum Wohl der Menschheit geben. – Ebenso darf man die Anwendung dieser Mittel abbrechen, wenn das Ergebnis die auf sie gesetzte Hoffnung nicht rechtfertigt. Bei dieser Entscheidung sind aber der berechtigte Wunsch des Kranken und seiner Angehörigen sowie das Urteil kompetenter Fachärzte zu berücksichtigen. Diese können mehr als andere eine vernünftige Abwägung vornehmen, ob dem Einsatz an Instrumenten und Personal die erwarteten Erfolge entsprechen und ob die angewandte Therapie dem Kranken nicht Schmerzen oder Beschwerden bringt, die in keinem Verhältnis stehen zu den Vorteilen, die sie ihm verschaffen kann. – Es ist immer erlaubt, sich mit den Mitteln zu begnügen, welche die Medizin allgemein zur Verfügung stellt. Niemand kann daher verpflichtet werden, eine Therapie anzuwenden, die zwar schon im Gebrauch, aber noch mit Risiken versehen oder zu aufwendig ist. Ein Verzicht darauf darf nicht mit Selbstmord gleichgesetzt werden: es handelt sich vielmehr um ein schlichtes Hinnehmen menschlicher Gegebenheiten; oder man möchte einen aufwendigen Einsatz medizinischer Technik vermeiden, dem kein entsprechender zu erhoffender Nutzen gegenübersteht; oder man wünscht, der Familie beziehungsweise der Gemeinschaft keine allzu große Belastung aufzuerlegen. – Wenn der Tod näher kommt und durch keine Therapie mehr verhindert werden kann, darf man sich im Gewissen entschließen, auf weitere Heilversuche zu verzichten, die nur eine schwache oder schmerzvolle Verlängerung des Lebens bewirken könnten, ohne daß man jedoch die normalen Hilfen unterläßt, die man in solchen Fällen einem Kranken schuldet. Dann liegt kein Grund vor, daß der Arzt Bedenken haben müßte, als habe er einem Gefährdeten die Hilfe verweigert.
Es geht also um „außerordentliche“, noch nicht genügend erprobte und möglicherweise sogar gefährliche (also potentiell selber lebensbedrohliche) Mittel. Das können neuartige Pharmaka sein, aber auch neue Operations- oder sonstige Behandlungsmethoden, zum Beispiel radiologischer oder optischer Art.

Eindeutig ausgeschlossen ist genau das, was du suggerierst: nämlich der Abbruch erprobter, unmittelbar lebenserhaltender Maßnahmen. Deren Beendigung kommt einer direkten Tötung gleich. Konkret gesagt: Das Abschalten der künstlichen Beatmung trotz fehlender oder unzureichender spontaner Lungenfunktion ist Tötung durch Ersticken. Das Abschalten der künstlichen Stimulation des spontan nicht hinreichend schlagenden Herzens ist wie Mord durch Manipulation des Herzschrittmachers, oder auch durch eine Lähmungsspritze mitten ins Herz. Das Abstellen künstlicher Ernährung bedeutet, den Patienten durch grausames Verhungern- und Verdurstenlassen direkt zu töten. Und Nichtversorgung eines hilflosen Neugeborenen ist immer grausamer Mord.

Das Dokument der Glaubenskongregation sagt auch nicht in der kleinsten Andeutung anderes. (Darum, HeGe, sehe ich auch überhaupt keinen Grund zu einer abweichenden Meinung. Kann es sein, daß du deine Lektüre des Dokuments von Johns doch recht manipulativer Interpretation hast bestimmen lassen?)
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Fingalo hat geschrieben:Das mit dem Geld, auf das die Erben lauern, ist ja wohl eine Ausrede. Normalerweise ist es eher eine seelische Überforderung der nächsten Angehörigen.
Um diese Frage ging es nicht. Es ging darum, dass John gerne Babies sterben lassen möchte, weil deren Behandlung für die Gesellschaft zu teuer sei. Und dagegen habe ich gesagt, dass die Gesellschaft an anderer Stelle schon noch genug Geld zum Fenster rauswirft, dass man erstmal dafür einsetzen könnte und sollte.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Fingalo hat geschrieben:Das mit der Vernichtung von 90 % Kindern mit Down-Syndom hat ja wohl auch Gründe bei denen, die Vernichtung verurteilen: Eine Familie mit einem Kind mit Downsyndrom oder anderen Behinderungen ist ausgestoßen. Sie wird nirgends eingeladen, gesellschaftlich isoliert und zwar auch von denen, die sich vehement gegen deren Abtreibung einsetzen. Das ist wie Lepra bei den alten Juden.
Aha. Siehst du, da nähern wir uns doch des Pudels Kern. Es ist nämlich keineswegs immer der Wunsch, dem Kind das Leiden zu ersparen, sondern manchmal/oft der Wunsch, sich selbst Unannehmlichkeiten und Arbeit zu ersparen.

Und das kann ich nicht akzeptieren. Und deswegen sollte auch kein Mensch diese Entscheidung treffen dürfen.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

John Grantham hat geschrieben:Es stellte sich heraus, dass HeGe in dieser Frage nicht einer Meinung mit der rkK ist (anfangs dachte ich, er meinte, die rkK vertritt eine andere Stellung). Das haben wir aber schon unter uns geklärt.
Nicht einer Meinung würde ich nicht sagen. Ich habe den Text übrigens auch so verstanden, wie Robert es schon geschildert hat, nämlich dass es mehr um exzessive, riskante und unerprobte Maßnahmen geht. Deswegen fand ich deine Argumentation auch so verwirrend und für mich unverständlich und ich habe mich vielleicht zu sehr auf deine Argumentation eingelassen, so dass meine Ansicht nicht ganz rüberkam. Nicht umsonst hatte ich aber nochmal die grundsätzliche Meinung des Dokumentes genannt, dass ein Abbruch von Maßnahmen niemandem erlaubt sei. Denn diesen Satz hast du bisher geflissentlich unterschlagen.
Zuletzt geändert von HeGe am Sonntag 19. November 2006, 17:45, insgesamt 1-mal geändert.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
HeGe hat geschrieben:Niemand darf über das Leben eines anderen Menschen entscheiden dürfen.
Du meinst sicher: „über die Beendigung des Lebens“. Ferner: „nicht über die Beendigung des Lebens überhaupt eines Menschen (auch des eigenen)“. Und schließlich noch eine einschränkende Bedingung: „sofern er nicht in Ausübung der rechten staatlichen Gewalt oder in unmittelbarer Abwehr eines unrechten Angriffs handelt“. – Dann erst stimmt der Satz.
Ich meinte das jetzt im Zusammenhang mit dieser Diskussion, deshalb hatte ich jetzt die Notwehreinschränkung unterschlagen. :) Dass auch das eigene Leben nicht verfügbar ist, geht daraus tatsächlich nicht hervor, daher Danke für den richtigen Hinweis.
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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Es geht also um „außerordentliche“, noch nicht genügend erprobte und möglicherweise sogar gefährliche (also potentiell selber lebensbedrohliche) Mittel. Das können neuartige Pharmaka sein, aber auch neue Operations- oder sonstige Behandlungsmethoden, zum Beispiel radiologischer oder optischer Art.
Das auf jeden Fall. Aber die Kategorie ist nach der klassischen Moraltheologie noch wesentlich weiter gefaßt, als du hier darstellst. Eine Amputation zum Beispiel galt schon immer als außerordentliches Mittel, allein schon wegen der Entstellung und der daraus resultierenden psychologischen Belastung. Diese Bürde ist nicht geringer geworden, nur weil die medizinische Technik mittlerweile routinierter angewandt werden kann. Man kann also die Betrachtung der Bürde nicht allein auf die Erfolgswahrscheinlichkeit reduzieren.
Konkret gesagt: Das Abschalten der künstlichen Beatmung trotz fehlender oder unzureichender spontaner Lungenfunktion ist Tötung durch Ersticken.
Nein, dafür gibt es keinen Rückhalt in der Tradition. Vor gar nicht langer Zeit hat Papst Pius XII. zu genau dieser Frage gelehrt.
Pius XII. hat geschrieben:Does the anesthesiologist have the right, or is he bound, in all cases of deep unconsciousness, even in those that are considered to be completely hopeless in the opinion of the competent doctor, to use modern artificial respiration apparatus, even against the will of the family?

In ordinary cases one will grant that the anesthesiologist has the right to act in this manner, but he is not bound to do so, unless this becomes the only way of fulfilling another certain moral duty.

The rights and duties of the doctor are correlative to those of the patient. The doctor, in fact, has no separate or independent right where the patient is concerned. In general he can take action only if the patient explicitly or implicitly, directly or indirectly, gives him permission. The technique of resuscitation which concerns us here does not contain anything immoral in itself. Therefore the patient, if he were capable of making a personal decision, could lawfully use it and, consequently, give the doctor permission to use it. On the other hand, since these forms of treatment go beyond the ordinary means to which one is bound, it cannot be held that there is an obligation to use them nor, consequently, that one is bound to give the doctor permission to use them.

The rights and duties of the family depend in general upon the presumed will of the unconscious patient if he is of age and sui jurist. Where the proper and independent duty of the family is concerned, they are usually bound only to the use of ordinary means.

Consequently, if it appears that the attempt at resuscitation constitutes in reality such a burden for the family that one cannot in all conscience impose it upon them, they can lawfully insist that the doctor should discontinue these attempts, and the doctor can lawfully comply.There is not involved here a case of direct disposal of the life of the patient, nor of euthanasia in any way: this would never be licit. Even when it causes the arrest of circulation, the interruption of attempts at resuscitation is never more than an indirect cause of the cessation of life, and one must apply in this case the principle of double effect and of "voluntarium in cause."
Unter anderem im bekannten Fall von Karen Ann Quinlan sind diese Prinzipien zur Anwendung gekommen, praktisch ausgelegt von Bischof Lawrence Casey: Die Kirche erlaubte den Eltern die Abschaltung der Beatmungsmaschine der komatösen Quinlan. Entgegen der Prognose hat sie dann noch neun Jahre überlebt, was zeigt, daß die Unwägbarkeiten der Medizin es gar nicht möglich machen, den Abbruch einer bestimmten Behandlung leichtfertig mit Tötung gleichzusetzen.
Das Abschalten der künstlichen Stimulation des spontan nicht hinreichend schlagenden Herzens ist wie Mord durch Manipulation des Herzschrittmachers, oder auch durch eine Lähmungsspritze mitten ins Herz.
Zweifelhaft. Man müßte Kriterien finden, um diese Maßnahme von der künstlichen Beatmung zu unterscheiden, die ja keinesfalls obligatorisch ist.
Das Abstellen künstlicher Ernährung bedeutet, den Patienten durch grausames Verhungern- und Verdurstenlassen direkt zu töten.
Das ist allerdings zutreffend. Versorgung mit Essen und Trinken ist keine medizinische Behandlung, sondern einfach eine Grundpflicht der Mitmenschlichkeit. Auf die Intubation wiederum kann dies nicht anwendbar sein, denn die ist ein medizinischer Eingriff, der den entsprechenden Erwägungen unterliegt. Sicherlich ist die erstmalige Einleitung einer Intubation eine größere Beeinträchtigung als ihr Fortbestand, wenn sie bereits vorgenommen worden ist.
Und Nichtversorgung eines hilflosen Neugeborenen ist immer grausamer Mord.
Warum hier eine gesonderte Kategorie für Neugeborene? Sie sind üblicherweise nicht hilfloser als Bewußtlose oder andere Schwerkranke, warum kann das Gesagte also nicht auch für sie gelten?
Zuletzt geändert von Pelikan am Sonntag 19. November 2006, 18:01, insgesamt 1-mal geändert.

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Pelikan hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Es geht also um „außerordentliche“, noch nicht genügend erprobte und möglicherweise sogar gefährliche (also potentiell selber lebensbedrohliche) Mittel. Das können neuartige Pharmaka sein, aber auch neue Operations- oder sonstige Behandlungsmethoden, zum Beispiel radiologischer oder optischer Art.
Das auf jeden Fall. Aber die Kategorie ist nach der klassischen Moraltheologie noch wesentlich weiter gefaßt, als du hier darstellst. Eine Amputation zum Beispiel galt schon immer als außerordentliches Mittel, allein schon wegen der Entstellung und der daraus resultierenden psychologischen Belastung. Diese Bürde ist nicht geringer geworden, nur weil die medizinische Technik mittlerweile routinierter angewandt werden kann. Man kann also die Betrachtung der Bürde nicht allein auf die Erfolgswahrscheinlichkeit reduzieren.
Das heißt, die Angehörigen sollen deiner Ansicht nach rechtmäßig entscheiden dürfen, ob jemand einen Arm abgenommen bekommt oder stirbt?

Das Dokument spricht aber eindeutig von neuen Fortschritten und nicht erprobten Mitteln. Da wird mit der Zeit schon eine Anpassung erfolgen, denke ich.
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HeGe
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Beitrag von HeGe »

Wusste ich doch, dass ich dazu auch was gelesen hatte:

Jeder ist verpflichtet, für seine Gesundheit zu sorgen und sicherzustellen, daß ihm geholfen wird. Jene aber, denen die Sorge für die Kranken anvertraut ist, müssen ihren Dienst mit aller Sorgfalt verrichten und die Therapien anwenden, die nötig oder nützlich scheinen. Muß man nun unter allen Umständen alle verfügbaren Mittel anwenden? Bis vor kurzem antworteten die Moraltheologen, die Anwendung „außerordentlicher“ Mittel könne man keinesfalls verpflichtend vorschreiben. Diese Antwort, die als Grundsatz weiter gilt, erscheint heute vielleicht weniger einsichtig, sei es wegen der Unbestimmtheit des Ausdrucks oder wegen der schnellen Fortschritte in der Heilkunst. Daher ziehen es manche vor, von „verhältnismäßigen“ und „unverhältnismäßigen“ Mitteln zu sprechen. Auf jeden Fall kann eine richtige Abwägung der Mittel nur gelingen, wenn die Art der Therapie, der Grad ihrer Schwierigkeiten und Gefahren, der benötigte Aufwand sowie die Möglichkeiten ihrer Anwendung mit den Resultaten verglichen werden, die man unter Berücksichtigung des Zustandes des Kranken sowie seiner körperlichen und seelischen Kräfte erwarten kann.
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Beitrag von Pelikan »

HeGe hat geschrieben:Das heißt, die Angehörigen sollen deiner Ansicht nach rechtmäßig entscheiden dürfen, ob jemand einen Arm abgenommen bekommt oder stirbt?
Wenn der Kranke nicht bei Sinnen ist, wer soll denn sonst entscheiden? Man muß dann seinen wahrscheinlichen Willen erforschen. Wer eine bestimmte, für ihn inakzeptable medizinische Maßnahme ablehnt, entscheidet sich nicht zwangsläufig für das Sterben, sondern er hofft vielleicht, auf anderem Weg zu gesunden. Immerhin irren sich Ärzte auch regelmäßig.

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Pelikan hat geschrieben:
Pius XII. hat geschrieben:Consequently, if it appears that the attempt at resuscitation constitutes in reality such a burden for the family that one cannot in all conscience impose it upon them, they can lawfully insist that the doctor should discontinue these attempts, and the doctor can lawfully comply.There is not involved here a case of direct disposal of the life of the patient, nor of euthanasia in any way: this would never be licit. Even when it causes the arrest of circulation, the interruption of attempts at resuscitation is never more than an indirect cause of the cessation of life, and one must apply in this case the principle of double effect and of "voluntarium in cause."
Bist du sicher, dass es da nicht mehr um Wiederbelebungsmaßnahmen geht? "Attemps of resuscitation" heißt für mich eher Wiederbelebungsversuche. Ich weiß, dass die Überschrift den Einsatz von Maschinen impliziert, aber ich glaube da geht es eher darum, jemanden überhaupt erst an eine Herz-Lungen-Maschine anzuschließen, nicht eine laufende abzuschalten.
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Beitrag von Pelikan »

HeGe hat geschrieben:Bist du sicher, dass es da nicht mehr um Wiederbelebungsmaßnahmen geht? "Attemps of resuscitation" heißt für mich eher Wiederbelebungsversuche. Ich weiß, dass die Überschrift den Einsatz von Maschinen impliziert, aber ich glaube da geht es eher darum, jemanden überhaupt erst an eine Herz-Lungen-Maschine anzuschließen, nicht eine laufende abzuschalten.
Am Anfang seiner Ansprache erläutert der Papst ausführlich den Kontext der Fragen, die an ihn gerichtet wurden.
Pius XII. hat geschrieben:If the lesion of the brain is so serious that the patient will very probably, and even most certainly, not survive, the anesthesiologist is then led to ask himself the distressing question as to the value and meaning of the resuscitation processes. As an immediate measure he will apply artificial respiration by intubation and by aspiration of the respiratory tract; he is then in a safer position and has more time to decide what further must be done. But he can find himself in a delicate position if the family considers that the efforts he has taken are improper and opposes them. In most cases this situation arises, not at the beginning of resuscitation attempts, but when the patient's condition, after a slight improvement at first, remains stationary and it becomes clear that only automatic, artificial respiration is keeping him alive. The question then arises if one must, or if one can, continue the resuscitation process despite the fact that the soul may already have left the body.

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

HeGe hat geschrieben:Es ging darum, dass John gerne Babies sterben lassen möchte, weil deren Behandlung für die Gesellschaft zu teuer sei.
*seufz* Man könnte Deine Stellung genau so umformulieren wie "HeGe quält Menschen gerne, nur damit sein Gewissen von deren Tod frei ist". Dass ich Dir dabei Worte in den Mund legen würde, ist klar. Dass Du mir das nun antust, ist ebenso klar -- obwohl ich mich fürs vorhergehende Mißverständnis bereits entschuldigt habe. Was soll denn der Quatsch?

Cheers,

John
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Beitrag von John Grantham »

Hi Robert,
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich denke, die Kommunikation krankt vor allem am differenten Be-
griffsverständnis. Der traditionelle, apostolische („katholische“ und
„orthodoxe“) Kirchenbegriff ist mit den protestantischen Kirchenbe-
griffen (sei es ein spiritueller, ein eschatologischer oder auch, wie heu-
te meist, ein rein soziologischer) schlechterdings nicht vereinbar.

Du redest in Begriffen wie »deine Kirche – meine Kirche«. Das ist für
die Gläubigen der Kirche (siehste: so reden wir, das kannst du aber
nicht ab!) absolut inakzeptabel.

Es gibt nach unserem Verständnis nur die eine Kirche, die in den ver-
schiedenen Ortskirchen gegenwärtig ist. Die Ortskirche (oder ein Orts-
kirchenverband) aber liegt nur da vor, wo die apostolische Sukzession
gewahrt ist.
Ut Unum Sint hat geschrieben:Das mutige Zeugnis so vieler Märtyrer unseres Jahrhunderts, die auch anderen nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche befindlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften angehören, verleiht dem Konzilsaufruf neue Kraft und erinnert uns an die Verpflichtung, seine Aufforderung anzunehmen und in die Tat umzusetzen. Vereint in der hochherzigen Hingabe ihres Lebens für das Reich Gottes sind diese unsere Brüder und Schwestern der bedeutendste Beweis dafür, daß in der Ganzhingabe seiner selbst an die Sache des Evangeliums jedes Element der Spaltung bewältigt und überwunden werden kann.
Wie gesagt, wenn sogar Rom so von "anderen Kirchen" spricht, sehe ich keinen Grund, wieso ich -- als nicht-römischer Katholik -- nicht genau so von anderen Kirchen sprechen darf. Ich stelle aber fest, dass die römisch-katholische Kirche nicht gleich mit der Kirche Christi (oder wie ich öfter sage, "Gesamtkirche") ist.

Ich finde es auch indiskutabel, anderen Kirchen wegen Alleinansprüche Roms ihre Katholizität abzusprechen, sei es z.B. Anglikaner, Orthodoxen, oder Alt-Katholiken. Nicht umsonst beten wir ebenso für die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche -- nur wir meinen dabei nicht Rom allein.
Wir kennen auch die abweichenden Standpunkte der Anglikaner,
der Lutheraner und der Reformierten und sonstigen Protestanten.
:roll:

OK, was ist "protestant" aus Deiner Sicht?

Anglikaner haben die Siebenzahl der Sakramente (zugegeben in "notwendige" bzw. von Christus verordnete und nicht verodrnete aufgeteilt), die ap. Sukzession (ob wg. Edward VI. unterbrochen oder dank Alt-Katholiken und Porvoo-Lutheraner wieder eingeführt ist letztendlich nebensächlich -- die Alt-Katholiken und zumindest manche Orthodoxen erkennen sie an), die dreifachen Ämter und so weiter. Wir bekennen uns zur Einheit der Kirche Christi und bemühen uns darum, diese Einheit wiederherzustellen. Sola scriptura und sola fidei sind bei uns nicht verankert, obwohl sie historisch Einfluß auf das Kirchenverständnis hatten (solche Einflüße habt Ihr aber letztendlich auch -- II. Vatikanum). Die Tatsache, dass wir nicht in voller Kommunion mit Rom stehen, spricht das uns wie den Orthodoxen unsere Katholizität nicht ab.
Idealerweise (was nicht immer gelingt, mir auch nicht) sollten wir
so reden, daß nicht bei jeder Replik die jeweils andere Seite sich ge-
nötigt sieht, ab ovo die eigene Ekklesiologie klarzustellen.

Das kann mühsam sein, aber wir sollten uns bemühen, dem Rech-
nung zu tragen.
Dann wieso versuchst Du mich nun zum dritten Mal in meiner Anwendung des Begriffs "Kirche" zu korregieren? Ich bin Anglikaner und Mitglied einer alt-katholischen Gemeinde. Das ist kein Geheimnis. Dass ich so spreche, und Worte wie "Kirche" so verwende, dürfte keine große Überraschung sein, und ich habe schon darauf hingewiesen, dass solche Korrekturen nur unnötige Irritationen sind. Ich verwende solche Begriffe auch nicht unüberlegt, weil ich nicht damit einverstanden bin, wie Du das tust -- weil das die Gültigkeit -- das Kirche-sein -- anderer Kirchen abzusprechen versucht. Ich mache da nicht mit.

Natürlich kannst Du weiterhin von Ortskirchen, Teilkirchen und sonstwas sprechen. Ich weiß schon, was gemeint ist. Aber ich lasse mich nicht dazu nötigen, das ebenso zu tun.

Cheers,

John
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:
Kongregation für die Glaubenslehre hat geschrieben:Ebenso darf man die Anwendung dieser Mittel abbrechen (also den Patienten sterben lassen), wenn das Ergebnis die auf sie gesetzte Hoffnung nicht rechtfertigt. Bei dieser Entscheidung sind aber der berechtigte Wunsch des Kranken und seiner Angehörigen sowie das Urteil kompetenter Fachärzte zu berücksichtigen. Diese können mehr als andere eine vernünftige Abwägung vornehmen, ob dem Einsatz an Instrumenten und Personal (also Kosten) die erwarteten Erfolge entsprechen und ob die angewandte Therapie dem Kranken nicht Schmerzen oder Beschwerden bringt (also unnötiges Leiden), die in keinem Verhältnis stehen zu den Vorteilen, die sie ihm verschaffen kann.
Deine roten Kommentare – besonders der erste, teils auch der zweite – gehen leider an der Sache vorbei. – Hast du absichtlich so aus dem Zusammenhang gerissen zitiert? – Dein Zitat geht los mit der »Anwendung dieser Mittel«. Dein Kommentar suggeriert dann ein bestimmtes – dein – Verständnis »dieser Mittel«. Aber lesen wir lieber im Original nach, um was für Mittel es geht:
Erstens -- die drei roten Kommentare sind zusammen zu verstehen.

Zweitens -- früher haben SD und ich den Text ausführlicher zitiert, aber durch die Wiederholung hatte ich immer weniger Lust, den vollständigen Text zu ziteren (weil es schon um den oben zitierten Teil ging), sondern kam zu dem Schluß, dass es notwendig war, ein paar Sätze hervorzuheben.

Drittens -- was der Text nicht sagt, ist "am Leben halten um jeden Preis". Darum ging es mir. Es ging auch darum, Gemeinsamkeiten mit der Stellungnahme von +Southwark klar zu stellen.

Jedes Mal habe ich den vollen Text auch verlinkt und darum gebeten, ihn durchzulesen. Hätte man die Diskussion mitverfolgt, sieht man oben die ausführlicheren Zitate.

In so fern ist der angedeutete Manipulationsvorwurf seltsam (geschweige von falsch).

Cheers,

John
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ich denke, die Kommunikation krankt vor allem am differenten Be-
griffsverständnis. Der traditionelle, apostolische („katholische“ und
„orthodoxe“) Kirchenbegriff ist mit den protestantischen Kirchenbe-
griffen (sei es ein spiritueller, ein eschatologischer oder auch, wie heu-
te meist, ein rein soziologischer) schlechterdings nicht vereinbar.

Du redest in Begriffen wie »deine Kirche – meine Kirche«. Das ist für
die Gläubigen der Kirche (siehste: so reden wir, das kannst du aber
nicht ab!) absolut inakzeptabel.

Es gibt nach unserem Verständnis nur die eine Kirche, die in den ver-
schiedenen Ortskirchen gegenwärtig ist. Die Ortskirche (oder ein Orts-
kirchenverband) aber liegt nur da vor, wo die apostolische Sukzession
gewahrt ist.

Darum tragen nach unserem Glauben – das heißt für uns: dem Glau-
ben der Kirche – wohl die getrennten Ostkirchen Kirchencharakter,
nicht aber die protestantischen Gemeinschaften, zu denen wir, wie du
weißt, leider auch euch Anglikaner zählen müssen.

Bei allem „ökumenischen“ Bemühen muß klar sein, daß es hinsicht-
lich der Grundfesten der Ekklesiologie auch keinerlei „Wandel durch
Annäherung“ geben kann. Das apostolische Fundament ist unaufgeb-
bar. Anders wäre die Kirche nicht mehr Kirche, sondern eine weitere
protestantische Gemeinschaft.

Wir kennen auch die abweichenden Standpunkte der Anglikaner,
der Lutheraner und der Reformierten und sonstigen Protestanten.



Moin Robert,

Dir ist aber schon klar, daß Du hier keineswegs korrekt das anglikanische Verständnis von "Kirche" wiedergibst? Es ist schlechterdings unmöglich, die anglikanische Ekklesiologie mit der der Lutheraner und Reformierten gleichzusetzen, sie hat zwar in einigen Punkten ihr eigenes Gepräge, ist aber grundsätzlich wesentlich näher am römisch-katholischen resp. orthodoxen Verständnis als an dem der Protestanten.

Es ist klar, daß Rom uns unter die Protestanten subsummiert (wobei es in einigen päpstlichen Verlautbarungen erfreuliche Differenzierungen gibt), allerdings wäre um der Sachlichkeit willen angemessen, hier wenigstens das anglikanische Kirchenverständnis korrekt wiederzugeben.

Das genuin anglikanische Verständnis geht ebenso von legitimen Ortskirchen als Teilen der "einen" apostolischen Kirche in der Nachfolge der Apostel aus. Die Kirche von England ist daher die legitime Ortskirche auf dieser gesegneten Insel. Die römisch-katholische Kirche hier ist in den Augen der Anglikaner nichts anderes als eine illegitime Mission eines italienischen Bischofs. So jedenfalls die politisch heute nicht mehr korrekte Sichtweise. Da es de facto nun einmal keine Kirchengemeinschaft zwischen Rom und Canterbury gibt, wird sich an dieser Existenz mehrerer Jurisdiktionen so schnell nichts ändern. Wenn wir - wie John das getan hat - von "mehreren Kirchen" sprechen, ist dies der Realität dieser Spaltungen geschuldet, eine sprachliche Ungenauigkeit, aber keinesfalls ein Ausdruck unserer Ekklesiologie. Das muß man bitte differenzieren.
If only closed minds came with closed mouths.

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Moin,
Stephen Dedalus hat geschrieben:Das genuin anglikanische Verständnis geht ebenso von legitimen Ortskirchen als Teilen der "einen" apostolischen Kirche in der Nachfolge der Apostel aus. Die Kirche von England ist daher die legitime Ortskirche auf dieser gesegneten Insel. Die römisch-katholische Kirche hier ist in den Augen der Anglikaner nichts anderes als eine illegitime Mission eines italienischen Bischofs. So jedenfalls die politisch heute nicht mehr korrekte Sichtweise. Da es de facto nun einmal keine Kirchengemeinschaft zwischen Rom und Canterbury gibt, wird sich an dieser Existenz mehrerer Jurisdiktionen so schnell nichts ändern. Wenn wir - wie John das getan hat - von "mehreren Kirchen" sprechen, ist dies der Realität dieser Spaltungen geschuldet, eine sprachliche Ungenauigkeit, aber keinesfalls ein Ausdruck unserer Ekklesiologie. Das muß man bitte differenzieren.
SDs Beitrag möchte ich auch bejahen -- er hat in dieser Frage das, was ich sagen wollte ("...Die Tatsache, dass wir nicht in voller Kommunion mit Rom stehen, spricht das uns wie den Orthodoxen unsere Katholizität nicht ab..."), deutlich klarer und präziser formuliert.

Wenn es uns Anglikanern und den Alt-Katholiken um eine "protestantische" Ekklesiologie ginge, würden wir uns gar nicht um die s.g. "overlapping jurisdictions" kümmern. Das Ortskirchenprinzip ist bei uns noch lange nicht tot. Im Gegenteil, das ist u.a. die Bühne, auf der unsere jetzige interne Kirchenkrise abspielt -- weil andere anglikanische (Orts-)Kirchen (vor allem in Afrika) die Katholizität der US-Episkopalkirche de facto aberkennen und in den USA eigene Jurisdiktionen gründen (wie CANA), nur als Beispiel.

In so fern ist die Zusammenlegung von "Anglikaner" und "Protestant" römischerseits an die Sache vorbei.

SDs Darstellung von der für uns typische Verwendung des Begriffs "mehrere Kirchen" ist auch richtig. Nur als Beispiel, was sind denn nun die Orthodoxen, wenn sie keine Kirchen sind?

Cheers,

John
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Linus
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Beitrag von Linus »

Herzlichen Dank für die Darlegung der anglikanischen Ekklesiologiesichtweise. Gut das Stephen den Warnhinweis "Achtung: Der Verfasser dieser Zeilen ist Anglikaner. Seine Aussagen enthalten schwerwiegende Irrtümer und sind in jedem Fall als ungültig zu betrachten!" an sein Posting hängt. Ich bitte diesen, in zukunft fürderhin den Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen gleich auch noch schwarz einzurahmen. :kiss:
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Linus hat geschrieben:Herzlichen Dank für die Darlegung der anglikanischen Ekklesiologiesichtweise. Gut das Stephen den Warnhinweis "Achtung: Der Verfasser dieser Zeilen ist Anglikaner. Seine Aussagen enthalten schwerwiegende Irrtümer und sind in jedem Fall als ungültig zu betrachten!" an sein Posting hängt. Ich bitte diesen, in zukunft fürderhin den Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen gleich auch noch schwarz einzurahmen. :kiss:
;)

Ich hoffe, es ist deutlich, daß es mir in meinem Posting nicht darum ging, die römische Kirche zu diffamieren. Leider liegt es hier in der Natur der Sache, daß eine Annäherung in der Ekklesiologie in der Frage der Legitimität der Kirche von England resp. in England umso größere Differenzen schafft. Je katholischer wie in dieser Sache denken, umso mehr fühlt Rom sich davon provoziert, solange wir uns nicht dem römischen Bischof unterwerfen.

Mal sehen. Diese Woche besucht unser Erzbischof ja seine Heiligkeit in Rom. Ich bin gespannt darauf, welche Signale von dort gesendet werden.

Gruß
SD
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Beitrag von HeGe »

Stephen Dedalus hat geschrieben:A very useful well-referenced briefing paper by the Bishop of Southwark Tom Butler is at www.cofe.anglican.org/about/gensynod/agendas/gs1575.rtf
[color=red]Der Spiegel[/color] hat geschrieben: NACH WEIHNACHTSFEIER IN LONDON
Bischof mit blauem Auge gibt Rätsel auf
Handy weg, Brieftasche weg, Brille weg - dafür eine dicke Beule und keine Ahnung, was passiert ist. Vor diesem Rätsel steht Tom Butler, einer der obersten Bischöfe der Church of England. Und er ist in Erklärungsnot: Wurde er Opfer eines Raubüberfalls oder verletzte er sich im Suff selbst?
:hmm:
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

HeGe hat geschrieben:
[color=red]Der Spiegel[/color] hat geschrieben: NACH WEIHNACHTSFEIER IN LONDON
Bischof mit blauem Auge gibt Rätsel auf
Handy weg, Brieftasche weg, Brille weg - dafür eine dicke Beule und keine Ahnung, was passiert ist. Vor diesem Rätsel steht Tom Butler, einer der obersten Bischöfe der Church of England. Und er ist in Erklärungsnot: Wurde er Opfer eines Raubüberfalls oder verletzte er sich im Suff selbst?
:hmm:
Der Bischof kann sich immer noch nicht erinnern...

http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/london/6192265.stm
If only closed minds came with closed mouths.

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Beitrag von HeGe »

Und gerade beim Empfang in der irischen Botschaft. Noch vor 30 Jahren hätte das in Nordirland wieder für einigen Wirbel gesorgt.
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