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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:09
von Johaennschen
Moser hat geschrieben:"Russisch-Orthodoxe: dänisch-protestantische Taufen ungültig"

http://www.kath.net/detail.php?id=38156
Die russisch-orthodoxe Kirche will von der protestantischen dänischen Staatskirche vorgenommene Taufen nicht mehr anerkennen. Man reagiere damit auf die im Juni in Dänemark beschlossene Möglichkeit, gleichgeschlechtliche Trauungen in der Kirche durchzuführen, teilte das Moskauer Patriarchat zur Begründung mit.
[...]
Die Religionswissenschaftlerin Annika Hvithamar bezeichnete die symbolischen Folgen des Schrittes als ernst: «Früher bestand zumindest Einigkeit darin, dass es eine einzige Taufe gibt, die den Zugang zur christlichen Kirche eröffnet.» Verabschiede man sich von dieser Einigkeit, «bleibt von der ökumenischen Zusammenarbeit nicht viel übrig», sagte sie.
Warum nicht so:
"Die Religionswissenschaftlerin Annika Hvithamar bezeichnete die symbolischen Folgen des Schrittes als ernst: «Früher bestand zumindest Einigkeit darin, dass es eine einzige Form des christlichen Zusammenlebens gibt, die Ehe.» Verabschiede man sich von dieser Einigkeit, «bleibt von der ökumenischen Zusammenarbeit nicht viel übrig», sagte sie."? :hmm:

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:13
von Stephen Dedalus
Nun gut, dass die russisch-orthodoxe Kirche sich auf dem Weg der Selbstisolierung befindet, ist ja bekannt. Die Begründung dieses Schrittes ist mir aber ein Rätsel.

Seit den Tagen der Alten Kirche besteht Einigkeit darin, dass das Sakrament der Taufe weder abhängig ist von der moralischen Reinheit des Spenders noch von dessen Rechtgläubigkeit. Sofern die Taufe rite gespendet wird, ist sie auch gültig.

Warum weichen die Russen von diesem altkirchlichen Konsens nun ab?

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:33
von Florianklaus
Stephen Dedalus hat geschrieben:Nun gut, dass die russisch-orthodoxe Kirche sich auf dem Weg der Selbstisolierung befindet, ist ja bekannt. Die Begründung dieses Schrittes ist mir aber ein Rätsel.

Seit den Tagen der Alten Kirche besteht Einigkeit darin, dass das Sakrament der Taufe weder abhängig ist von der moralischen Reinheit des Spenders noch von dessen Rechtgläubigkeit. Sofern die Taufe rite gespendet wird, ist sie auch gültig.

Warum weichen die Russen von diesem altkirchlichen Konsens nun ab?
Von diesem Konsens, so es ihn denn tatsächlich schon immer gab, weichen einzelne orthodoxe Kirchen und Klöster doch schon länger ab. Man hört immer wieder von erneuten Taufen von Konvertiten in der griechischen Kirche und auf dem Athos. Mein Eindruck ist, daß die Tendenz, Sakramente anderer Denominationen anzuerkennen, in der ROK eher stärker ist als in anderen orthodoxen Kirchen.

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:41
von Johaennschen
Stephen Dedalus hat geschrieben:Seit den Tagen der Alten Kirche besteht Einigkeit darin, dass das Sakrament der Taufe weder abhängig ist von der moralischen Reinheit des Spenders noch von dessen Rechtgläubigkeit. Sofern die Taufe rite gespendet wird, ist sie auch gültig.
Naja, ganz so ist deren Sicht wohl nicht. Gibt es hier irgendwo einen seitenlangen Strang drüber.
Die theologische Begründung dürfte Pi*Daumen so aussehen, daß der Hl. Geist eigentlicher Sakramentspender sei, sich aber aus der dänisch-protestantischen Gemeinschaft zurückgezogen hätte, wie nun durch diese Entscheidung sichtbar geworden wäre.
Aus Sicht der Orthodoxen kann auch kein Ungetaufter taufen, wie das aus westlicher Sicht ja prinzipiell möglich wäre, sofern die Form eingehalten würde.

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:43
von Stephen Dedalus
OK, dann ist die Sicht des Westens hier doch von der Sicht des Ostens zu unterscheiden. Der 'altkirchliche Konsens' ist dann wohl eher einer der westlichen Tradition.

Danke für die Antworten.

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:51
von Johaennschen
Stephen Dedalus hat geschrieben:OK, dann ist die Sicht des Westens hier doch von der Sicht des Ostens zu unterscheiden. Der 'altkirchliche Konsens' ist dann wohl eher einer der westlichen Tradition.
In der Tat. Das mußte ich auch erstmal lernen, als es damals diese gegenseitige Anerkennung der Taufen fast aller Konfessionen in Deutschland gab. Da wurde hier im Forum von orthodoxer Seite heftig Einspruch erhoben.

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Donnerstag 20. September 2012, 12:51
von Haiduk
Florianklaus hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Nun gut, dass die russisch-orthodoxe Kirche sich auf dem Weg der Selbstisolierung befindet, ist ja bekannt. Die Begründung dieses Schrittes ist mir aber ein Rätsel.

Seit den Tagen der Alten Kirche besteht Einigkeit darin, dass das Sakrament der Taufe weder abhängig ist von der moralischen Reinheit des Spenders noch von dessen Rechtgläubigkeit. Sofern die Taufe rite gespendet wird, ist sie auch gültig.

Warum weichen die Russen von diesem altkirchlichen Konsens nun ab?
Von diesem Konsens, so es ihn denn tatsächlich schon immer gab, weichen einzelne orthodoxe Kirchen und Klöster doch schon länger ab. Man hört immer wieder von erneuten Taufen von Konvertiten in der griechischen Kirche und auf dem Athos. Mein Eindruck ist, daß die Tendenz, Sakramente anderer Denominationen anzuerkennen, in der ROK eher stärker ist als in anderen orthodoxen Kirchen.
Als ich 2010 zur russischen Orthodoxie konvertierte wurde meine evangelische Taufe als Säugling anerkannt. Davor wurde ich aber gefragt, ob ich neu getauft werden möchte. Ich sah dafür keinen Bedarf.

Das Anathema der ROK-A von 1983:
Diejenigen, die die Kirche Christi angreifen indem sie lehren, daß die Kirche Christi in sogenannte "Zweige" aufgetrennt ist, die sich in Doktrin und Lebensart unterscheiden, oder daß die Kirche nicht sichtbar existiert, sondern erst in der Zukunft, wenn alle "Zeige" oder Sekten oder Bekenntnisse, und sogar Religionen in einem Körper vereint sind; und die die Priesterschaft und die Mysterien der Kirche nicht von denen der Häretiker unterscheiden, sondern sagen, daß die Taufe und Eucharistie der Häretiker heilswirksam ist; deswegen, für die, die wissentlich in Kommunion mit diesen vorgenannten Häretikern stehen oder deren neue Häresie des Ökumenismus befürworten, verbreiten oder verteidigen, unter dem Vorwand brüderlicher Liebe oder einer angeblichen Vereinigung der geteilten Christen, Anathema!

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Freitag 21. September 2012, 00:40
von Haiduk
Pilgerer hat die Frage nach "Parallelen zwischen orthodoxem und klassischem protestantischem Denken" aufgeworfen:

http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=633988#p633988

In der Sakristei ist man der Meinung, daß das in der Klausnerei diskutiert werden sollte.

Wäre die hiesige Moderation bereit, die seitdem geschriebenen Beiträge zu übernehmen?

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Freitag 21. September 2012, 10:44
von Nassos
Interessant, dass dieser Thread gerade aufkommt. Ich habe ihn nicht gelesen, aber just das Buch von Jan Günter Jackisch “Der Geist, Christus und die Kirche“ (John Zizoulias, Georges Florovsky, Martin Luther und Johannes Calvin im Dialog) gekauft (aber noch nicht gelesen).
Kennt jemand das Buch?

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Samstag 22. September 2012, 10:01
von Pilgerer
Haiduk hat geschrieben:Pilgerer hat die Frage nach "Parallelen zwischen orthodoxem und klassischem protestantischem Denken" aufgeworfen:

http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=633988#p633988

In der Sakristei ist man der Meinung, daß das in der Klausnerei diskutiert werden sollte.

Wäre die hiesige Moderation bereit, die seitdem geschriebenen Beiträge zu übernehmen?
Es geht um folgende Parallele:
- Die orthodoxe Theologie ist aus orthodoxer Sicht nur für "Orthodoxe" zu verstehen, weil andere nicht am orthodoxen Leben teilnehmen. Insofern ist die Fähigkeit, sie zu betreiben, ein "Gnadengeschenk Gottes".
- Der christliche Glaube ist aus der Sicht der Reformation ein Geschenk Gottes. Um glauben zu können, brauchst du die Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Ohne Gott kann niemand zum lebendigen christlichen Glauben kommen.

Was in der Orthodoxie die orthodoxe Gemeinschaft, ist hier in der Reformation die göttliche Gemeinschaft. Mit Gott (oder der Kirche) leben, führt zum Verständnis des christlichen Glaubens.

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Samstag 22. September 2012, 12:07
von San Marco
Man lese sich in die Thematik des Taufens mal bei OrthodoxInfo.de ein...

http://www.orthodoxes-forum.de/viewtopi ... &start=21

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Samstag 22. September 2012, 12:15
von San Marco
Nassos hat geschrieben:Interessant, dass dieser Thread gerade aufkommt. Ich habe ihn nicht gelesen, aber just das Buch von Jan Günter Jackisch “Der Geist, Christus und die Kirche“ (John Zizoulias, Georges Florovsky, Martin Luther und Johannes Calvin im Dialog) gekauft (aber noch nicht gelesen).
Kennt jemand das Buch?
Das ist eine Dissertation, die er an der Universität Tübingen vorgelegt hat.

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Freitag 15. Februar 2013, 18:55
von Nassos
Johaennschen hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Seit den Tagen der Alten Kirche besteht Einigkeit darin, dass das Sakrament der Taufe weder abhängig ist von der moralischen Reinheit des Spenders noch von dessen Rechtgläubigkeit. Sofern die Taufe rite gespendet wird, ist sie auch gültig.
Naja, ganz so ist deren Sicht wohl nicht. Gibt es hier irgendwo einen seitenlangen Strang drüber.
Die theologische Begründung dürfte Pi*Daumen so aussehen, daß der Hl. Geist eigentlicher Sakramentspender sei, sich aber aus der dänisch-protestantischen Gemeinschaft zurückgezogen hätte, wie nun durch diese Entscheidung sichtbar geworden wäre.
Aus Sicht der Orthodoxen kann auch kein Ungetaufter taufen, wie das aus westlicher Sicht ja prinzipiell möglich wäre, sofern die Form eingehalten würde.
Wenn die Dänen die Homoehe integriert haben, dann haben sie sich noch weiter vom aufrechtem Glauben entfernt. Dies ist der Grund warum die Russen nicht mehr ... "so lieb sind"...

Und selbstverständlich kann nur ein Orthodoxer taufen. Wer sonst, wenn er sich aus dem aufrechten Glauben entfernt hat; oder etwas einfacher gesagt nicht ein gemeinsames Glaubensbekenntnis spricht ("filioque"/"Gemeinschaft der Heiligen")?

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Freitag 15. Februar 2013, 22:44
von Protasius
Ich dachte, der Ketzertaufstreit wäre im 4. Jahrhundert beigelegt worden?

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Verfasst: Samstag 16. Februar 2013, 10:25
von ad-fontes
Protasius hat geschrieben:Ich dachte, der Ketzertaufstreit wäre im 4. Jahrhundert beigelegt worden?
Nur im Abendland..wobei sich einwenden ließe, daß Nizäa I die römische Auffassung rezipiert habe (nur Versiegelung [= Chrisamsalbung] bei Konversionen von Schismatikern).