Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

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ad-fontes
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von ad-fontes »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Es ist bedauerlich, daß niemand hier Calvin verteidigt.
Vgl. z. B. dieses Herrenwort:
Mt 20, 23 hat geschrieben:Er sprach zu ihnen: Meinen Kelch werdet ihr zwar trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben steht mir nicht zu. Das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist von meinem Vater.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Lioba
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lioba »

@ Evagrios- angesprochen ins gemeinsame Gotteslob einzustimmen werden sie, die ganze Schöpfung wird angesprochen. Allerdings stehen sie gerade da nicht zwischen Gott und Mensch sondern klar in der Hierarchie der geschaffenen Wesen. Der Reformation geht es besonders darum, Keinem als Christus eine Mittlerposition zuzusprechen.
Dass sie alle - die Engel, die vollendeten Heiligen und wir gemeinsam ins Lob Gottes einstimmen ist unstreitig.Dass die Heiligen und die selige Gottesmutter für uns bitten ist auch kein Thema. eine Fürbitte der Engel für uns kann ich in der Schrift nicht finden. Korrigiere mich bitte, wenn es falsch ist.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Lutheraner
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lutheraner »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:...Verehrung von Heiligen ist doch für niemanden ein Problem, Anrufung derselben ist für evangelische Christen nicht möglich. Und sowieso unnötig.
Ab wann beginnen für Dich die Probleme:
- Feier eines Heiligengedenktages im Gottesdienst?
- Aufstellen von Heiligenikonen in der Kirche?
- Aufstellen einer Heiligenikone am Gedenktag auf dem Altar?
- Sich vor der Ikone des Heiligen verneigen?
- Die Ikone des Heiligen beräuchern?
- Einen lobpreisenden Hymnus auf einen Heiligen singen oder beten, der diesen als ein Du anredet?
Wenn ich hierauf antworten darf: Für mich beginnen die Probleme dort, wo man nicht anerkennt, dass die Heiligen tot sind und auf die Auferstehung warten und dass ihre Erlösung der Gnade unseres Herrn Jesus Christus zu verdanken ist.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

Evagrios Pontikos hat geschrieben: Aber Du gibst zu, dass in Psalm 148 die Engel als personale Wesen angesprochen - und zwar im Vollsinn des Wortes: angesprochen - werden? Nämlich als Aufforderung, Gott zu loben? Wenn ja, dann müsstest Du auf meine Argumente oben auch noch eingehen (Stichwort: a minore ad maius). Und dann müsstest Du noch sagen, warum dieses Denkmodell bei der Kindertaufe erlaubt ist und bei der Anrufung der Heiligen nicht.
Ich kann nicht nachvollziehen, wie du die biblische Begründung der Kindestaufe mit deiner, an den Haaren herbeigezogenen, reinem Wunschdenken entsprechenden "biblischer" Begründung des Gebets an verstorbene Heilige gleichstellt. Das Denkmodell stimmt überhaupt nicht überein.

Die theologische Begründung der Kindertaufe gibt sich aus dem - in der Schrift klar dargelegten! - Wesen der Taufe. Wo siehst du das Wesen des Anrufens von Heiligen um Fürbitte in der Schrift. Wo siehst du es begründet dass zwischen Christus und uns ein, uns nicht sichtbarer, Fürbitter steht. Das frage ich micht wirklich.

Evagrios Pontikos hat geschrieben: Hinzu kommt noch der zweite Argumentationsstrang mit dem Gewicht der Tradition: Gerade für Luther war bei der Kindertaufe die Tradition ein wichtiges Argument.
Nein, war sie nicht. Luther begründet die Kindertaufe aus der Schrift. Er spielt nur gedanklich durch was es bedeuten würde, wenn eine Taufe von Kindern vor Gott nicht gültig wäre. Dass es nämlich keine Kirche gegeben hätte, sondern nur Heiden. Er zeigt den Wiedertäufern an diesem Beispiel auf, was ihr Denken eigentlich bedeutet und dass sie die biblischen Aussagen zum Wesen der Taufe nicht ernst nehmen.

Die überkommene Praxis der Kindertaufe hat in Luthers Argumentation nur nachgeordnete, stützende Funktion. Im Argument für ein Anrufen der Heiligen um Fürbitte ist der Verweis auf die Tradition das Hauptargument. Dass man dann irgendwie versucht biblisch zu stützen. Das heisst den Karren vor das Pferd spannen.

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anneke6
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von anneke6 »

Wir sind hier in der Klausnerei, deshalb werde ich auch keinen Einspruch zum Thema "Fürbitte der Heiligen" einwerfen. Aber was die Kindertaufe angeht…macht Gott in der Bibel im Bezug auf seine Gnade Unterschiede zwischen Menschen verschiedenen Alters? Der Prophet Jeremia wurde bereits im Mutterleib berufen, und ich denke, dasselbe kann man von Johannes dem Täufer auch sagen. Wieso sollte Gott einem Menschen die Gnade der Taufe verweigern, nur weil er unmündig ist?
???

Evagrios Pontikos
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Wie kommt Ihr alle nur darauf, dass die Heiligen "tot" sind? Das ist eine Leugnung der Heilstat Christi, möchte ich behaupten!

Mt 27,52f: "Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen (sic!) standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen." Die sind nicht mehr tot! Oder handelt es sich um Zombies? Ebenso Hebr 13,23: Die Heiligen sind die "Geister der vollendeten Gerechten". Sie sind, anders als die Toten des Alten Testaments, schon jetzt "vollendet", weil nämlich inzwischen etwas passiert ist. Richtig! Tod und Auferstehung Christi. Ja, mehr noch: Christus wird bei seiner Wiederkunft "von seinen Heiligen begleitet" werden (1 Thess 3,12+13 u.a.) obwohl dieses Geschehen ja erst die Auferstehung einleiten wird. Ebenso wird in Offb 7,9-17 von den Heiligen gesprochen, die aus der großen Trübsal kommen (im Urtext Partizip Präsens, das in der Lutherübersetzung fälschlich als Vergangenheit übersetzt wird), während das endgültige Heil dort ncoch als zukünftig beschrieben wird. Noch weitere Stellen könnten genannt werden.

Zur Fürbitte der Engel: "Herr Zebaoth, wie lange noch willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über die du zornig gewesen bist schon siebzig Jahre?" (Sach 1,12) Dann sei z.B. noch auf Hiob 33,23+26 hingewiesen (wo die Engel sogar als Mittler bezeichnet werden). Die Fürbitte der Engel ist alttestamentlicher Glaube. Und auch Offb 8,3-5 ist wohl von dieser alttestamentlichen Vorstellung her zu verstehen sein.

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Lutheraner
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lutheraner »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:... Und hat auch kein Beispiel in der Schrift. Wie du wohl weisst.
Mit demselben Argument musst Du die Kindertaufe ablehnen. Sie hat kein Beispiel in der Schrift, was uns die Baptisten ja vorwerfen.
Das ist kein Wunder, denn die Baptisten verstehen nicht um was es in der Taufe geht.
Es spielt keine Rolle, ob die Bibel von Kindstaufen berichtet oder nicht, sondern es geht um das was die Hl. Taufe ist: Ein Sakrament, in dem Gottes vorauseilende Gnade wirkt. So steht es in der Schrift. Wenn wir unsere Kinder lieben, dann müssen wir ihnen diese Gnade so früh wie möglich zukommen lassen.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

anneke6 hat geschrieben:Wir sind hier in der Klausnerei, deshalb werde ich auch keinen Einspruch zum Thema "Fürbitte der Heiligen" einwerfen. Aber was die Kindertaufe angeht…macht Gott in der Bibel im Bezug auf seine Gnade Unterschiede zwischen Menschen verschiedenen Alters? Der Prophet Jeremia wurde bereits im Mutterleib berufen, und ich denke, dasselbe kann man von Johannes dem Täufer auch sagen. Wieso sollte Gott einem Menschen die Gnade der Taufe verweigern, nur weil er unmündig ist?
:hae?:

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Allons
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Allons »

Sorry, dieser Trööt verlangt langsam mehr Aufmerksamkeit als unter der Woche um diese Zeit gegeben werden kann. Darum will ich das Thema Heiligenverehrung für mich lieber mit einem Statement abschließen: Mir hat noch kein Mensch klar machen können warum man für die Vermittlung der Gnade Heilige braucht wenn wir Christus als Mittler haben. Psychologisch gesehen halte ich die Heiligenanrufung für eine Kompensation für diejenigen, die tief drinnen leise Zweifel an der umfassenden Liebe Gottes, der Göttlichkeit Christi und der eigenen Erlösung haben. Jedes Gebet zu Hl. ist für mich bestenfalls Zeitverschwendung mit trivialfolkloristischem Beigeschmack. Immerhin sehr beschaulich und auch schön. Da gibt es endlich alles das was das Herz begehrt: handfeste Reliquien, Privatoffenbarungen, ungebremstes Wunschdenken, keine biblischen Stellen, die einen an der eigenverantwortlichen Fortentwicklung des Christentums begrenzen sowie eine lange Tradition von Menschen, die das genauso gesehen haben.

Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Das bedeutet für mich nicht, dass ich nicht große Verehrung für Menschen wie P. Alfred Delp oder Bonhöffer empfinde und auch der Meinung bin, dass man solcher Menschen auch in Gottesdiensten vermehrt gedenken sollte und sie den Gläubigen als Vorbild empfehlen kann.

trotz allem Negativen mit umso herzlicheren Grüßen, Allons!

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Wie kommt Ihr alle nur darauf, dass die Heiligen "tot" sind? Das ist eine Leugnung der Heilstat Christi, möchte ich behaupten!

Mt 27,52f: "Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen (sic!) standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen." Die sind nicht mehr tot! Oder handelt es sich um Zombies? Ebenso Hebr 13,23: Die Heiligen sind die "Geister der vollendeten Gerechten". Sie sind, anders als die Toten des Alten Testaments, schon jetzt "vollendet", weil nämlich inzwischen etwas passiert ist. Richtig! Tod und Auferstehung Christi. Ja, mehr noch: Christus wird bei seiner Wiederkunft "von seinen Heiligen begleitet" werden (1 Thess 3,12+13 u.a.) obwohl dieses Geschehen ja erst die Auferstehung einleiten wird. Ebenso wird in Offb 7,9-17 von den Heiligen gesprochen, die aus der großen Trübsal kommen (im Urtext Partizip Präsens, das in der Lutherübersetzung fälschlich als Vergangenheit übersetzt wird), während das endgültige Heil dort ncoch als zukünftig beschrieben wird. Noch weitere Stellen könnten genannt werden.

Zur Fürbitte der Engel: "Herr Zebaoth, wie lange noch willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über die du zornig gewesen bist schon siebzig Jahre?" (Sach 1,12) Dann sei z.B. noch auf Hiob 33,23+26 hingewiesen (wo die Engel sogar als Mittler bezeichnet werden). Die Fürbitte der Engel ist alttestamentlicher Glaube. Und auch Offb 8,3-5 ist wohl von dieser alttestamentlichen Vorstellung her zu verstehen sein.
Da hast du schon Recht. Trotzdem sind sie unserer Sicht entzogen. Oder warst du dabei als Johannes den Himmel sah?

Sehen sie uns? Hören sie uns? Die Schrift offenbart uns das nicht. Sie fordert uns nicht auf sie um Fürbitte anzusprechen und sie gibt uns keinen, aber auch wirklich keinen Hinweis, dass diese Anrufung Gottes Wille oder gar Gott wohlgefällig wäre. Das einzige Argument für diese Anrufung ist die Tradition. Zugegeben ein starkes Argument. Aber man kann sich halt auch 1000 Jahre lang irren. Hälst du das nicht für möglich?

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Florianklaus
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Florianklaus »

TillSchilling hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:Wie kommt Ihr alle nur darauf, dass die Heiligen "tot" sind? Das ist eine Leugnung der Heilstat Christi, möchte ich behaupten!

Mt 27,52f: "Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen (sic!) standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen." Die sind nicht mehr tot! Oder handelt es sich um Zombies? Ebenso Hebr 13,23: Die Heiligen sind die "Geister der vollendeten Gerechten". Sie sind, anders als die Toten des Alten Testaments, schon jetzt "vollendet", weil nämlich inzwischen etwas passiert ist. Richtig! Tod und Auferstehung Christi. Ja, mehr noch: Christus wird bei seiner Wiederkunft "von seinen Heiligen begleitet" werden (1 Thess 3,12+13 u.a.) obwohl dieses Geschehen ja erst die Auferstehung einleiten wird. Ebenso wird in Offb 7,9-17 von den Heiligen gesprochen, die aus der großen Trübsal kommen (im Urtext Partizip Präsens, das in der Lutherübersetzung fälschlich als Vergangenheit übersetzt wird), während das endgültige Heil dort ncoch als zukünftig beschrieben wird. Noch weitere Stellen könnten genannt werden.

Zur Fürbitte der Engel: "Herr Zebaoth, wie lange noch willst du dich nicht erbarmen über Jerusalem und über die Städte Judas, über die du zornig gewesen bist schon siebzig Jahre?" (Sach 1,12) Dann sei z.B. noch auf Hiob 33,23+26 hingewiesen (wo die Engel sogar als Mittler bezeichnet werden). Die Fürbitte der Engel ist alttestamentlicher Glaube. Und auch Offb 8,3-5 ist wohl von dieser alttestamentlichen Vorstellung her zu verstehen sein.
Da hast du schon Recht. Trotzdem sind sie unserer Sicht entzogen. Oder warst du dabei als Johannes den Himmel sah?

Sehen sie uns? Hören sie uns? Die Schrift offenbart uns das nicht. Sie fordert uns nicht auf sie um Fürbitte anzusprechen und sie gibt uns keinen, aber auch wirklich keinen Hinweis, dass diese Anrufung Gottes Wille oder gar Gott wohlgefällig wäre. Das einzige Argument für diese Anrufung ist die Tradition. Zugegeben ein starkes Argument. Aber man kann sich halt auch 1000 Jahre lang irren. Hälst du das nicht für möglich?

Daß sich die gesamte Kirche des Ostens und des Westens in so einer wichtigen Frage über 1000 Jahre lang geirrt hat, halte ich in der Tat für unmöglich. Oder glaubst Du, daß der hl. Geist die Kirche 1000 Jahre in die Irre gehen läßt?
Zuletzt geändert von Florianklaus am Donnerstag 4. März 2010, 09:52, insgesamt 1-mal geändert.

Evagrios Pontikos
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Lutheraner hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:... Und hat auch kein Beispiel in der Schrift. Wie du wohl weisst.
Mit demselben Argument musst Du die Kindertaufe ablehnen. Sie hat kein Beispiel in der Schrift, was uns die Baptisten ja vorwerfen.
Das ist kein Wunder, denn die Baptisten verstehen nicht um was es in der Taufe geht.
Es spielt keine Rolle, ob die Bibel von Kindstaufen berichtet oder nicht, sondern es geht um das was die Hl. Taufe ist: Ein Sakrament, in dem Gottes vorauseilende Gnade wirkt. So steht es in der Schrift. Wenn wir unsere Kinder lieben, dann müssen wir ihnen diese Gnade so früh wie möglich zukommen lassen.
Merkt Ihr denn nicht, dass Ihr bei der Taufe (zurecht) das tut, was ich in meiner Argumentation in bezug auf die Anrufung der Heiligen tue?

Ich sehe folgende Parallelität:

I. Ihr stellt das Wesen der Taufe fest. II. Aus diesem folgert Ihr, dass es deshalb richtig ist, Kinder zu taufen. Dieser Argumentation stimme ich zu. III. Wesentlicher Teil dieser Argumentation ist im Luthertum die Heranziehung des Kinderevangeliums in Mt 19,13-15 mit Parallelen (wobei noch weitere Texte genannt werden könten). Dort geht es aber gar nicht um die Taufe. Vielmehr ist der Gedankengang, dass, wenn Jesus den Kindern das Reich Gottes zuspricht, diese getauft werden dürfen. Die Argumentationsfigur ist hierbei die Form des a minore ad maius. IV. Die Bekräftigung durch die Tradition, nämlich der Erfahrung der Kirche: Im Großen Katechismus weist Luther darauf hin, dass viele, die als Kinder getauft wurden, den Hl. Geist empfangen haben ("Sankt Bernhard, Gerson Johannes Hus und andere"), wodurch Gott die Kindertaufe bestätigt habe. Denn er hätte den Geist nicht gegeben, wenn die Kindertaufe falsch wäre. Die Kindertaufe ist also für die Reformatoren Teil dessen, was CA I als magnus consensus ecclesiae bezeichnet.

Entsprechend die Argumentation bei der Heiligenanrufung:

I. Ich stelle das Wesen des Leibes Christi fest: Die irdischen und die himmlischen Glieder des Leibes leben. Sie dienen einander, nehmen Anteil aneinander, stehen in Kommunikation (communio!) etc. II. Ich folgere aus diesem, dass es deshalb legitim ist, die Heiligen anzurufen. III. Hier erfolgt ein Unterschied zur Argumentation bei der Kindertaufe: Ich bekräftige diese Argumentation lediglich durch eine Schlussfolgerung a minore ad maius, nämlich damit, dass die Schrift die Anrufung der Engel bezeugt. Um wieviel mehr ist es dann legitim, die Heiligen anzurufen, die erstens uns näher stehen als die Engel und zweitens Gott näherstehen als die Engel. Notwendig wäre diese Argumentation nicht unbedingt. Das war bei der Kindertaufe anders. Denn dort ist das Kinderevangelium ein wesentlicher Teil der Argumentation. Aber sei's drum. IV. Bekräftigung durch die Tradition, nämlich durch die Erfahrung der Kirche: Die Anrufung der Heiligen ist seit Hippolyt bezeugt, auch durch viele Kirchenväter. Sie ist Teil des magnus consensus ecclesiae. Wenn sie falsch wäre, dann hätte Gott den Kirchenvätern, ja der Kirche seit dem 2. Jahrhundert den Hl. Geist genommen. Das hat er aber nicht getan.

Dieser Hinweis auf die Erfahrung der Kirche hat übrigens im Blick auf die Lutherischen Bekenntnisschriften doppeltes Gewicht: Melanchthon setzt sich in der Apologie zur CA (Apol. CA XXI, 3, lat. Text) näher mit dem Traditionsargument auseinander. Er ist dort der Auffassung, dass die Anrufung der Heiligen erst nach Gregor dem Großen (+ 604) belegt sei. Die Reformatoren waren nämlich der Ansicht, dass die Alte Kirche bis Gregor noch im Wesentlichen rechtgläubig war und dass sich der Abfall dort ereignet habe. Melanchthon hat sich hier aber offensichtlich schwer geirrt, wie ich weiter oben belegt habe. Peinlich für den Praeceptor Germaniae, schmerzlich für die Kirche Christi! Die Heiligenanrufung lässt sich bis Hippolyt gut belegen. Dadurch wird die Tradition aber zu einem äußerst gewichtigen Argument für die Legitimität der Anrufung der Heiligen.

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

Evagrios Pontikos hat geschrieben: I. Ich stelle das Wesen des Leibes Christi fest: Die irdischen und die himmlischen Glieder des Leibes leben. Sie dienen einander, nehmen Anteil aneinander, stehen in Kommunikation (communio!) etc.
Der Leib Christi, Communio sanctorum ist die Gemeinschaft der Heiligen, die geschaffen wird durch die Anteilnahme am Heiligen. Im heiligen Abendmahl. Innerhalb dieses Leibes findet natürlich Kommunikation statt und ein Glied dient dem anderen. Aber diese Kommunikation ist nicht der Kern. Das ist vom Menschen her gedacht.

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

Florianklaus hat geschrieben: Daß sich die gesamte Kirche des Ostens und des Westens in so einer wichtigen Frage über 1000 Jahre lang geirrt hat, halte ich in der Tat für unmöglich. Oder glaubst Du, daß der hl. Geist die Kirche 1000 Jahre in die Irre gehen läßt?
Schau dir mal die Geschichte Israels im AT und auch im NT an. Beantwortet das nicht deine Frage? Gottes Wort ist klar. Ob die Mehrheit von uns sich dran hält oder nicht.

Besides: ich finde die Frage gar nicht so wichtig.

Evagrios Pontikos
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Florianklaus hat geschrieben:...Daß sich die gesamte Kirche des Ostens und des Westens in so einer wichtigen Frage über 1000 Jahre lang geirrt hat, halte ich in der Tat für unmöglich...
Das möchte ich ausdrücklich bekräftigen! Schließlich hat der Herr seiner Kirche verheißen, sie durch den Heiligen Geist in alle Wahrheit zu leiten. Und genau hier scheiden sich innerlutherisch die Geister:

Nach meinem Verständnis der CA geht diese davon aus, dass der magnus consensus ecclesiae (CA I) verbindlich ist und zwar als die authentische und legitime Schriftauslegung. Nur diese Schriftauslegung steht jenseits der Subjektivität des einzelnen die Schrift auslegenden Theologen. Das ist äußerst wichtig im Blick zu behalten! Ich sehe mich als Kind der Kirche, die meine Mutter ist, als Schüler der Kirche, die die wahre Lehrerin und Auslegerin der Schrift ist.

Demgegenüber argumentiert Ihr eben nicht vom magnus consensus ecclesiae her: Ihr stellt in subjektivistischer Weise Behauptungen gegen die Heiligenanrufung auf, die Ihr als Deduktionen aus der Schrift behauptet. "Die Schrift sagt..." Und genau das tut sie eben nicht! Sondern Ihr sagt, dass die Schrift sagt! Das ist der feine, aber gewichtige Unterschied. Ich behaupte: Die Kirche (magnus consensus) sagt, dass die Schrift sagt, dass es legitim und angemessen ist, die Heiligen anzurufen. Letztlich ist es ein hermeneutisches Problem und nicht ein Problem der Exegese. Aber da kann man sich den Mund fusslig reden. Deshalb jetzt Schluss damit.

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Florianklaus
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Florianklaus »

TillSchilling hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben: Daß sich die gesamte Kirche des Ostens und des Westens in so einer wichtigen Frage über 1000 Jahre lang geirrt hat, halte ich in der Tat für unmöglich. Oder glaubst Du, daß der hl. Geist die Kirche 1000 Jahre in die Irre gehen läßt?
Schau dir mal die Geschichte Israels im AT und auch im NT an. Beantwortet das nicht deine Frage? Gottes Wort ist klar. Ob die Mehrheit von uns sich dran hält oder nicht.

Besides: ich finde die Frage gar nicht so wichtig.

Nein, das beantwortet meine Frage nicht.

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anneke6
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von anneke6 »

TillSchilling hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Wir sind hier in der Klausnerei, deshalb werde ich auch keinen Einspruch zum Thema "Fürbitte der Heiligen" einwerfen. Aber was die Kindertaufe angeht…macht Gott in der Bibel im Bezug auf seine Gnade Unterschiede zwischen Menschen verschiedenen Alters? Der Prophet Jeremia wurde bereits im Mutterleib berufen, und ich denke, dasselbe kann man von Johannes dem Täufer auch sagen. Wieso sollte Gott einem Menschen die Gnade der Taufe verweigern, nur weil er unmündig ist?
:hae?:

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Doch, einen gibt es hier, aber der macht sich zur Zeit rar.
???

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Lutheraner
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lutheraner »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:Mt 27,52f: "Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen (sic!) standen auf und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen." Die sind nicht mehr tot! Oder handelt es sich um Zombies? Ebenso Hebr 13,23: Die Heiligen sind die "Geister der vollendeten Gerechten". Sie sind, anders als die Toten des Alten Testaments, schon jetzt "vollendet", weil nämlich inzwischen etwas passiert ist. Richtig! Tod und Auferstehung Christi. Ja, mehr noch: Christus wird bei seiner Wiederkunft "von seinen Heiligen begleitet" werden (1 Thess 3,12+13 u.a.) obwohl dieses Geschehen ja erst die Auferstehung einleiten wird. Ebenso wird in Offb 7,9-17 von den Heiligen gesprochen, die aus der großen Trübsal kommen (im Urtext Partizip Präsens, das in der Lutherübersetzung fälschlich als Vergangenheit übersetzt wird), während das endgültige Heil dort ncoch als zukünftig beschrieben wird. Noch weitere Stellen könnten genannt werden.
Warum heißt es dann im Glaubensbekenntnis, dass Jesus kommen wird um die Lebenden und die Toten zu richten? Warum hat die Urkirche auf die Gräber Ihrer Toten so viel Wert gelegt (Katakomben in Rom)?

(Der Herr auf meinem Avatar hatte meines Wissens übrigens eine ähnliche Auffassung wie Du)
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lioba
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lioba »

@ Evagrius - auch die Patriarchen und Frommen des AT sind nicht einfach "tot". Mal abgesehen von Henoch und Elia als Sonderfällen sagt Jesus selbst, dass der Gott Abrahams , Isaaks und Jakobs kein Gott der Toten ist.
Was die Engel angeht, hat die Sacharja- Stelle eine gewisse Relevanz, sagt aber nicht Neues. Natürlich sind die Engel stark involviert und interessiert- siehe 1 Petrus 1, 11f. Sie tuen dies von sich aus, und kein Frommer des AT kam deshalb auf die Idee, sie um Fürsprache anzugehen, auch Jesus und die Apostel fordern uns nicht dazu auf.
Die Stelle in der Offb., die du zitierst, sehe ich nicht als sehr ergiebig. Es steht nirgends , dass er etwas auf Aufforderung der Gläubigen tat.
Die Stelle bei Hiob empfinde ich als schwierig, sie scheint mir vor allem als prophetisches Wort auf Jesus hin wichtig, den wer sonst könnte ein Lösegeld geben. Ich werde mich aber noch mal in ruhe dran setzen.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Lutheraner hat geschrieben:...Der Herr auf meinem Avatar hatte meines Wissens übrigens eine ähnliche Auffassung wie Du...
Deshalb, und wegen manch anderer seiner Anschauungen, ist mir Herr Löhe auch sehr sympathisch :schmatz: Er hat etwas davon verstanden, dass wir "Miterben der Heiligen und Gottes Hausgenossen" (nämlich mit den Heiligen zusammen) sind. Wir wohnen im selben Haus, der Kirche. Und seit Christus gekommen ist, gilt dies für die Heiligen des Alten Bundes in derselben Weise wie für die des Neuen Bundes. Aber jetzt Schluss mit dem Thema. Bitte! :roll:

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

Lutheraner hat geschrieben: (Der Herr auf meinem Avatar hatte meines Wissens übrigens eine ähnliche Auffassung wie Du)
Von der Heiligenfürbitte?
Zuletzt geändert von TillSchilling am Donnerstag 4. März 2010, 23:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Lioba
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lioba »

Evagrius hat uns gebeten, da jetzt erst mal Pause zu machen.
Aber jetzt Schluss mit dem Thema. Bitte!
Das heisst nicht , dass wir es nicht fröhlich weiter diskutieren sollen, nur halt nicht direkt an ihn gerichtet.
Um dann mal ein hoffentlich weniger verfängliches Thema zu wählen-
die Orden. Die Reformation hat da ja gründlichst aufgeräumt. Es gibt seitdem weder die Notwendigkeit des Zölibats noch die Vorstellung, es könne in irgendeiner Weise verdienstlich sein.
Und doch hat sich nach und nach ein evangelisches Ordensleben entwickelt. Wie seht ihr das?
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Nassos
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Nassos »

Ist es dann auch unnötig die Allheilige Gottesgebärerin um Fürbitte anzuflehen? Oder hat Sie eine andere Stellung in der ... "klausnerischen" Sicht?
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Joseph
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Joseph »

Nassos hat geschrieben:Ist es dann auch unnötig die Allheilige Gottesgebärerin um Fürbitte anzuflehen? Oder hat Sie eine andere Stellung in der ... "klausnerischen" Sicht?
Nassos....! :pfeif:
We are drowning in information and starving for knowledge.

TillSchilling

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von TillSchilling »

Nassos hat geschrieben:Ist es dann auch unnötig die Allheilige Gottesgebärerin um Fürbitte anzuflehen? Oder hat Sie eine andere Stellung in der ... "klausnerischen" Sicht?
Ernstgemeinte Frage?

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Lioba
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lioba »

" Nötig" , wirklich unabdingbar nötig ist für uns nur das Sühneopfer Jesu. Er ist der Mittler und wir kennen auch nicht die Vorstellung, dass wir uns nicht direkt an ihn wenden dürften- praktisch zusätzliche Mittler zwischen ihn und uns schieben. Die verschiedenen Standpunkte zur Herrenmutter findest du in diesem Strang.Da ist eine gute Buchempfehlung dabei.
viewtopic.php?f=22&t=9497&hilit=Maria+i ... eformation
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M. v. Ebner- Eschenbach

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Lioba
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lioba »

Empfehlenswert :
Luthers Vorrede zum Magnifikat - ich finde es leider nicht auf deutsch im Net und habe zu Hause keinen Scanner

und hier noch was von unserem geliebten dicken Doktor Martinus.

Maria, du bist die Mutter Gottes geworden.
Daraus kommt alle Ehre und Seligkeit.
Daraus kommt es,
dass du innerhalb des ganzen Menschengeschlechtes
eine einzigartige Person bist über alle.
Niemand ist dir gleich,
denn du hast vom himmlischen Vater
ein Kind empfangen.
Es ist unser Herr Jesus Christus.
Alle Ehre gebührt dir,
denn du bist wahrhaft die Mutter Gottes.
Niemand kann Grösseres von dir sagen
und wenn er auch so viele Zungen hätte,
als es Laub gibt und Gras,
Sterne am Himmel und Sand am Meere.
Maria, lass uns stets bedacht sein,
was es heisst, Mutter Gottes zu sein.

Martin Luther
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Florianklaus
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Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Florianklaus »

Lioba hat geschrieben:Empfehlenswert :
Luthers Vorrede zum Magnifikat - ich finde es leider nicht auf deutsch im Net und habe zu Hause keinen Scanner

und hier noch was von unserem geliebten dicken Doktor Martinus.

Maria, du bist die Mutter Gottes geworden.
Daraus kommt alle Ehre und Seligkeit.
Daraus kommt es,
dass du innerhalb des ganzen Menschengeschlechtes
eine einzigartige Person bist über alle.
Niemand ist dir gleich,
denn du hast vom himmlischen Vater
ein Kind empfangen.
Es ist unser Herr Jesus Christus.
Alle Ehre gebührt dir,
denn du bist wahrhaft die Mutter Gottes.
Niemand kann Grösseres von dir sagen
und wenn er auch so viele Zungen hätte,
als es Laub gibt und Gras,
Sterne am Himmel und Sand am Meere.
Maria, lass uns stets bedacht sein,
was es heisst, Mutter Gottes zu sein.

Martin Luther

Wenn man als Lutheraner also Maria ansprechen darf, warum soll man sie dann nicht auch um Ihre Fürbitte anrufen? Man bittet doch auch sonst andere Menschen um ihr Gebet.

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anneke6
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von anneke6 »

Das habe ich T.S. schon vor gefühlten zwei Jahren gefragt. Er hat geantwortet: "Weil sie tot ist."
:hae?: :hae?: :hmm: :hmm:
???

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Lioba
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Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Lioba »

Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

Bischof
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Registriert: Mittwoch 28. Februar 2007, 18:06

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Bischof »

Ich hatte schon mal im Forum hierüber folgendes geschrieben:

Maria in den Kirchen der Reformation - also ich vermag nur für die Lutherische Kirche zu schreiben - hier für die konfessionell gebundene lutherische Kirche:

Verbindliche Lehrgrundlage ist die Hl. Schrift und dann dieser nachgeordnet die Lutherischen Bekenntnisschriften.
Lehrgrundlage der Lutherischen Kirche zum Thema Marienfrömmigkeit ist folgendes:

- Siehe hierzu die altkirchlichen Bekenntnisse Apostolicum, Nicänum-Constantinoplitanum, Athanasianum
- Maria wird als "reine Jungfrau" bekannt. (Augsburger Bekenntnis Artikel 3)
- Maria wird als "die hochgelobte Jungfrau" angesehen ... "dass er (Christus) von einer Jungfrau unverletzt ihrer Jungfrauschaft geboren; darum sie wahrhaftig Gottes Mutter und gleichwohl eine Jungfrau geblieben ist." (Konkordienformel VIII, S.1024)
- Maria bittet für die Kirche (Apologie des Augsburger Bekenntnisses Aritkel 21)
- Maria ist Vorbild im Glauben und in der Demut

Folglich können 3 Marienfeste - die ja eigentlich Christusfeste sind, gefeiert werden:
- 2. Februar: Lichtmess
- 25. März: Mariae Verkündigung
- 2. Juli: Mariae Heimsuchung

In der Evangelisch-Lutherischen Kirchenagende der Altlutheraner heißt es im Präfationsgebet:

Wahrhaft würdig und recht ist es... Ihn hast der Welt zum Erlöser gegeben durch die Jungfrau Maria denn sie hat ihn, deinen eingeborenen Sohn, vom Heiligen Geiste empfangen und als das ewige Licht der Weltgeboren. Durch ihn loben...

Mehr können und werden Lutheraner auch nicht zu Maria sagen können.

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Monergist
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Registriert: Dienstag 6. März 2007, 18:00

Re: Dialog zwischen den Reformatoren und der Orthodoxie

Beitrag von Monergist »

Florianklaus hat geschrieben:

Wenn man als Lutheraner also Maria ansprechen darf, warum soll man sie dann nicht auch um Ihre Fürbitte anrufen? Man bittet doch auch sonst andere Menschen um ihr Gebet.
Letztlich geschieht das in der lutherischen Religion alles bestenfalls aus folkloristischen Erwägungen heraus und außer ein paar sentimentalen Hochkirchlern kann auch keiner etwas mit Maria anfangen und auch nicht mit der Bitte an andere um deren Gebet. Das ist aber nur stringent, wenn man bedenkt, dass sich in diesem Konzept Errettung allein dadurch vollzieht, dass man durch den Glauben (nicht als Werk, sondern wie der Ertrinkende, der eine rettende Hand ergreift) sich die Gerechtigkeit Christi als eigene aneignet und damit die eigenen Sünden im forensischen Sinn hinfällig werden lässt. Da zudem der Heilige Geist nach dem lutherischen Verständnis nicht freischwebend, sondern nur durch die so genannten Gnadenmittel wirkt, braucht man letztlich nicht das Gebet von irgendjemandem. Noch viel weniger benötigt man die Fürsprache von Heiligen oder der allheiligen Gottesgebärerin und da die Erlösung allein auf die beschriebene Gerechterklärung des Sünders aufgrund des Opfers Christi zurückzuführen ist, hat man außer ein paar warmen Worten für die Gottesgebärerin wenig übrig. Jedenfalls wird man nicht anerkennen, dass sie durch ihr (für die gesamte Menschheit) stellvertretendes, uneingeschränktes "Ja" zu dem Heilsplan Gottes den Erlösunsgprozess erst möglich gemacht hat.

Viele Grüße
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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