Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
pneumatikos
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Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von pneumatikos »

Wie wird eigtl. Ehelosigkeit von protestant(ischen Theolog)en betrachtet?

Luther lehnte ja besipielsweise das klosterwesen und den Zölibat für geistliche ab, und während der Reformation
kam -so glaube ich mich zu entsinnen- sogar die Forderung auf, dass Pfarrer heiraten müssten,

Aber seit dem 20.Jh gibt es ja wieder prot.(meist luth.) Klöster und Kommunitäten...

Was mich wundert ist, dass Evangelikale/Pietisten zwar in der Regel die Ehe hochschätzen, aber Ehelosigkeit in deren Verkündigung fast gar keine Rolle spielt... dennoch gibt es ja in der Bibel klare Stellen zur Ehelosigkeit....

Wie ist also die prot. Sicht bzw. Sichtweisen zur Ehelosigkeit? Kennt ihr protestantische Theologen, welche diese explizit befürworten?
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Clemens
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Clemens »

Als evangelischer Pfarrer, der sehr gerne und glücklich verheiratet ist und es sich für sich selbst kaum vorstellen könnte, ehelos leben zu müssen, ist es natürlich ein wenig schwierig, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Falls ich unglücklich verheiratet wäre, fände ich es erst recht problematisch, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Dennoch sage ich bisweilen mit der gebotenen Zurückhaltung, dass der Zölibat eine segensreiche Sache sein kann und für Christen durchaus eine Alternative. Aber - wie gesagt - ich tät ihn nicht wollen.
Von allen Gottesgaben ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt. Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat und freut sich sogar, dass er mehr hat, als die anderen.

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asderrix
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von asderrix »

pneumatikos hat geschrieben: und während der Reformation
kam -so glaube ich mich zu entsinnen- sogar die Forderung auf, dass Pfarrer heiraten müssten,
Nein, da besann man sich darauf, dass es ein Kriterium ist, das für Älteste in der Gemeinde von Paulus genannt wurde, dass die Forderung der Ehelosigkeit der Bibel widerspricht.

Es gibt einzelne Christen die als Diakon/Diakonisse/Theologe für sich die Ehelosigkeit gewählt haben, was sicher auch seine Vorzüge hat, der Segen einer guten Pfarrfrau ist aber durch die ganzen letzten 500 Jahre des Protestantismus zu erkennen.
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anneke6
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von anneke6 »

Ehrlich gesagt, ich habe Angst vor Pfarrfrauen. Eine gewisse "Frau Pastor" hatte schon fast einen Verfolgungswahn:
Halt Dich fern von meinem Mann!
sonst
:guillotine: oder :galgen:
Deswegen bin ich wahrscheinlich geschädigt. Und als ich das Gefühl hatte, die Matuschka hat mich seltsam angeguckt, fühlte ich mich sehr daran erinnert. Aber vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet. Ich sollte sie vielleicht mal zum Tee einladen… :pfeif:
???

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Sempre
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Sempre »

Und anneke6, hat sie Dich vor Sünde bewahrt?
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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anneke6
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von anneke6 »

Nö. Von ihrem Göttergatten wollte ich sowieso nichts. :blinker:
???

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Christiane
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Christiane »

asderrix hat geschrieben:
pneumatikos hat geschrieben: und während der Reformation
kam -so glaube ich mich zu entsinnen- sogar die Forderung auf, dass Pfarrer heiraten müssten,
Nein, da besann man sich darauf, dass es ein Kriterium ist, das für Älteste in der Gemeinde von Paulus genannt wurde, dass die Forderung der Ehelosigkeit der Bibel widerspricht.
Ich vermute mal, du beziehst dich auf 1.Timotheus 3,2

"Deshalb soll der Bischof [Älteste] ein Mann ohne Tadel sein, nur einmal verheiratet, nüchtern, besonnen, [...]" (aus d. Einheitsübersetzung)

Deine Sichtweise ist aber verkürzt. Man beachte das Wörtchen "nur". Es geht nicht darum, dass der Bischof/Älteste auf jeden Fall verheiratet sein müsste, sondern das wenn, er nur einmal verheiratet sein sollte. Man muss ja auch bedenken, dass es hier um die erste Generation von Christen geht. Wo hätte man da die ganzen zölibatären Kleriker auch von heute auf morgen hernehmen sollen? Aus dieser Äußerung des Paulus ist natürlich so keine Zölibatspflicht herauszulesen, sie ist aber auf eine Entwicklung zum Zölibat hin offen (zumal sie bereits eine Einschränkung der Heiratspraxis beinhaltet).

Christiane
Zuletzt geändert von Christiane am Montag 14. Dezember 2009, 15:30, insgesamt 1-mal geändert.
"Die Demokratie feiert den Kult der Menschheit auf einer Pyramide von Schädeln." - Nicolás Gómez Dávila

"Gott kann machen, dass eine Communio entsteht zwischen dem Idiot und dem Arschloch." (Ausspruch auf einem NK-Gemeinschaftstag)

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Peregrin
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Peregrin »

pneumatikos hat geschrieben: Luther lehnte ja besipielsweise das klosterwesen und den Zölibat für geistliche ab,
Wen wundert's, der war doch hinter einer Nonne her. Über den Zölibat sollte man wohl besser mit einem anderen Körperteil reflektieren.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Clemens
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Clemens »

Peregrin hat geschrieben:
pneumatikos hat geschrieben: Luther lehnte ja besipielsweise das klosterwesen und den Zölibat für geistliche ab,
Wen wundert's, der war doch hinter einer Nonne her. Über den Zölibat sollte man wohl besser mit einem anderen Körperteil reflektieren.
Das ist so nicht wahr.
Er hat den Zölibat kritisiert und es unterstützt, dass seine Reformationskollegen heirateten, mehrere Jahre bevor er das für sich selbst in Betracht zog.
Er selbst hat erst auf Druck hin geheiratet. Besagte Nonne wollte nämlich mehr ihn, als er sie.
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cantus planus
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von cantus planus »

Ach, der arme Kerl.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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Christiane
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Christiane »

Da konnte er aber auch gar nichts machen. 8)
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"Gott kann machen, dass eine Communio entsteht zwischen dem Idiot und dem Arschloch." (Ausspruch auf einem NK-Gemeinschaftstag)

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anneke6
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von anneke6 »

Jürgen Fliege, der einmal eine Kolumne in einer Frauenzeitschrift hatte, schrieb da ein kleines Machwerk drüber mit dem Titel "Mönch heiratet Nonne". Was Herr Fliege von der Ehe hält, wissen wir ja mittlerweile.
???

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asderrix
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von asderrix »

Christiane hat geschrieben:
Ich vermute mal, du beziehst dich auf 1.Timotheus 3,2
Deine Sichtweise ist aber verkürzt. Man beachte das Wörtchen "nur".
-----------das außer in der Einheitsübersetzung nirgends steht(bei den Übersetzungen die ich verglich)

Ich schrieb ja oben schon, dass ich nicht der Meinung bin, das Ehelosigkeit falsch ist, falsch ist geforderte Ehelosigkeit, auch wenn deine Meinung richtig wäre, würde sie der Praxis in der rkK widersprechen.
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Mellon
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Mellon »

Christiane hat geschrieben:
asderrix hat geschrieben:
pneumatikos hat geschrieben: und während der Reformation
kam -so glaube ich mich zu entsinnen- sogar die Forderung auf, dass Pfarrer heiraten müssten,
Nein, da besann man sich darauf, dass es ein Kriterium ist, das für Älteste in der Gemeinde von Paulus genannt wurde, dass die Forderung der Ehelosigkeit der Bibel widerspricht.
Ich vermute mal, du beziehst dich auf 1.Timotheus 3,2

"Deshalb soll der Bischof [Älteste] ein Mann ohne Tadel sein, nur einmal verheiratet, nüchtern, besonnen, [...]" (aus d. Einheitsübersetzung)

Deine Sichtweise ist aber verkürzt. Man beachte das Wörtchen "nur". Es geht nicht darum, dass der Bischof/Älteste auf jeden Fall verheiratet sein müsste, sondern das wenn, er nur einmal verheiratet sein sollte. Man muss ja auch bedenken, dass es hier um die erste Generation von Christen geht. Wo hätte man da die ganzen zölibatären Kleriker auch von heute auf morgen hernehmen sollen? Aus dieser Äußerung des Paulus ist natürlich so keine Zölibatspflicht herauszulesen, sie ist aber auf eine Entwicklung zum Zölibat hin offen.
Christiane
Das Wort "nur" wurde in der Einheitsübersetzung von den Übersetzern hinzugefügt, so wie etwa Luther in Röm 3,28 das Wort "allein" zu "durch Glauben" dazusetzte.
Wortwörtlich schrieb Paulus lediglich, daß der "episkopos" "einer Frau Mann" sein solle, (wobei hier im Griechischen ein Zahlwort steht).
Die Übersetzung der Einheitsübersetzung ("nur einmal verheiratet") ist schon mehr als eine Übersetzung. Sie ist schon Deutung und Auslegung. "einer Frau Mann" könnte natürlich bedeuten, daß ein Bischof nur ein einziges Mal mit einer Frau verheiratet sein darf und er nicht ein geschiedener oder verwitweter Wiederverheirateter sein dürfe. Andere Ausleger sehen darin ein Verbot der Vielehe (Polygamie). Wieder andere deuten diese Formuliereung einfach auch nur so, daß der Bischof seiner Frau treu bleiben solle.
Das alles gilt auch von Tit 1,6.

Vielleicht hat man in der Reformationszeit die einschränkende Wendung aus 1 Tim 3,2 ("einer Frau Mann") zu einem Gebot gemacht, weil man 1 Tim 3,2 im Licht von 1 Tim 4,3 las und verstand und auf den Zölibat bezog. In 1 Tim 4,1-3 ist ja von solchen die Rede, in künftigen Zeiten vom Glauben abfallen werden, indem sie zum Beispiel "verbieten zu heiraten".
Und so wurde vielleicht während der Reformationszeit aus einer Einschränkung und der Abwehr eines Eheverbotes ein Ehegebot für Pastoren.
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

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Marion
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Marion »

Clemens hat geschrieben:Als evangelischer Pfarrer, der sehr gerne und glücklich verheiratet ist und es sich für sich selbst kaum vorstellen könnte, ehelos leben zu müssen, ist es natürlich ein wenig schwierig, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Falls ich unglücklich verheiratet wäre, fände ich es erst recht problematisch, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Dennoch sage ich bisweilen mit der gebotenen Zurückhaltung, dass der Zölibat eine segensreiche Sache sein kann und für Christen durchaus eine Alternative. Aber - wie gesagt - ich tät ihn nicht wollen.
Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
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asderrix
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von asderrix »

Marion hat geschrieben: Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Wichtig ist ein ganzheitlicher Dienst und der kann von einem verheirateten und einem ledigen Hirten getan werden, für Beides gibt es genügend Beispiele wo es gelungen ist und wo es an den Baum ging.
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Clemens
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Clemens »

Marion hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Als evangelischer Pfarrer, der sehr gerne und glücklich verheiratet ist und es sich für sich selbst kaum vorstellen könnte, ehelos leben zu müssen, ist es natürlich ein wenig schwierig, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Falls ich unglücklich verheiratet wäre, fände ich es erst recht problematisch, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Dennoch sage ich bisweilen mit der gebotenen Zurückhaltung, dass der Zölibat eine segensreiche Sache sein kann und für Christen durchaus eine Alternative. Aber - wie gesagt - ich tät ihn nicht wollen.
Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Und was willst du mir jetzt damit sagen?
Dass ich öffentlich die Vorzüge des Zölibats preisen soll??? :hae?:
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pneumatikos
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von pneumatikos »

anneke6 hat geschrieben:Jürgen Fliege, der einmal eine Kolumne in einer Frauenzeitschrift hatte, schrieb da ein kleines Machwerk drüber mit dem Titel "Mönch heiratet Nonne". Was Herr Fliege von der Ehe hält, wissen wir ja mittlerweile.
Wenn ich den Namen dieses "Theologen" schon lese/höre, wird mir übel....,

bei meiner Frage dachte ich eher an ernstzunehmend protestant. nicht-liberale Theologen, seien es evangelikale, pietistische, bekenntnistreue oder hochkirchliche etc.....- moderne progressistische halten wohl eher wenig - sowohl von Ehe als auch Ehelosigkeit
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Lutheraner
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Lutheraner »

Christiane hat geschrieben:Man muss ja auch bedenken, dass es hier um die erste Generation von Christen geht. Wo hätte man da die ganzen zölibatären Kleriker auch von heute auf morgen hernehmen sollen?
Das Zölibat hat sich erst viel, viel später durchgesetzt, weder in der zweiten, 10., noch 20. Generation von Christen.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lutheraner
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Lutheraner »

Marion hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Als evangelischer Pfarrer, der sehr gerne und glücklich verheiratet ist und es sich für sich selbst kaum vorstellen könnte, ehelos leben zu müssen, ist es natürlich ein wenig schwierig, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Falls ich unglücklich verheiratet wäre, fände ich es erst recht problematisch, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Dennoch sage ich bisweilen mit der gebotenen Zurückhaltung, dass der Zölibat eine segensreiche Sache sein kann und für Christen durchaus eine Alternative. Aber - wie gesagt - ich tät ihn nicht wollen.
Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Als Seelsorger kann Lebenserfahrung sehr wichtig sein. Ein Single ist nicht unbedingt der beste Ratgeber bei Eheproblemen oder wenn die Kinder Sorgen machen.
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Christ86
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Christ86 »

Lutheraner hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:Man muss ja auch bedenken, dass es hier um die erste Generation von Christen geht. Wo hätte man da die ganzen zölibatären Kleriker auch von heute auf morgen hernehmen sollen?
Das Zölibat hat sich erst viel, viel später durchgesetzt, weder in der zweiten, 10., noch 20. Generation von Christen.
Ganz recht und das Priesterzölibat nur einseitig im Westen.
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Clemens
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Clemens »

Arrrgh!
Immer wenn ich "das Zölibat" höre, kräuseln sich mir die Fußnägel hoch!

[Punkt]

DER [Punkt]
Von allen Gottesgaben ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt. Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat und freut sich sogar, dass er mehr hat, als die anderen.

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Christ86
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Christ86 »

Clemens hat geschrieben:Arrrgh!
Immer wenn ich "das Zölibat" höre, kräuseln sich mir die Fußnägel hoch!

[Punkt]

DER [Punkt]
Das chunt dänk vom Schwiizertütsch: s'Zölibat :P
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

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anneke6
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von anneke6 »

Lutheraner hat geschrieben:

Als Seelsorger kann Lebenserfahrung sehr wichtig sein. Ein Single ist nicht unbedingt der beste Ratgeber bei Eheproblemen oder wenn die Kinder Sorgen machen.
Kann, in der Tat. Aber wenn ich an die Mütter denke, die andere Mütter gerne kritisieren ("Nicht liebevoll", "Affenliebe", "lieblose Strenge", "läßt den Kindern alles durchgehen", "das darf man einem Teenager auf keinen Fall erlauben", "wenn man den Teenagern etwas verbietet, wird es erst recht reizvoll") dann zweifle ich manchmal auch an der Allgemeingültigkeit dieser Ratschläge. Und was ist mit den Unverheirateten? Verheiratete Menschen mit Kindern neigen oft zu Arroganz gegenüber Singles und sprechen ihnen auch schon mal das Erwachsensein ab. Habe ich gerade heute wieder erfahren.
???

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Marion
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Marion »

Lutheraner hat geschrieben:
Marion hat geschrieben: Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Als Seelsorger kann Lebenserfahrung sehr wichtig sein. Ein Single ist nicht unbedingt der beste Ratgeber bei Eheproblemen oder wenn die Kinder Sorgen machen.
Bei Psychiatern ist das nicht der Fall. Das reicht wenn die das studieren. Die müssen nicht selber in der Haut des Patienten gesteckt haben oder sogar noch stecken.
Clemens hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Als evangelischer Pfarrer, der sehr gerne und glücklich verheiratet ist und es sich für sich selbst kaum vorstellen könnte, ehelos leben zu müssen, ist es natürlich ein wenig schwierig, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Falls ich unglücklich verheiratet wäre, fände ich es erst recht problematisch, öffentlich die Vorzüge des Zölibats zu preisen.

Dennoch sage ich bisweilen mit der gebotenen Zurückhaltung, dass der Zölibat eine segensreiche Sache sein kann und für Christen durchaus eine Alternative. Aber - wie gesagt - ich tät ihn nicht wollen.
Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Und was willst du mir jetzt damit sagen?
Dass ich öffentlich die Vorzüge des Zölibats preisen soll??? :hae?:
Ich erwarte von einem Priester, daß er mein Gewissen schult. Das bedeutet nicht, daß er mir sagt wie sein Gewissen und sein Leben aussieht und ich somit den Priester als mein Vorbild nehme und alles daran anpasse. Das würde nur richtig funktionieren und nicht in die Hose gehen wenn mein Priester Jesus Christus wäre.
Es geht glaub in der Kirche auch nicht darum, das Priester einen lehren wie man sein Leben am glücklichsten gestalten kann, sondern darum auf den rechten Weg zu kommen und auch dort zu bleiben. Das dürfte unabhängig davon sein, wie der Priester sein Leben gestaltet und was er schon in verschiedensten Situationen empfunden hat.
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Lutheraner »

Marion hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Marion hat geschrieben: Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Als Seelsorger kann Lebenserfahrung sehr wichtig sein. Ein Single ist nicht unbedingt der beste Ratgeber bei Eheproblemen oder wenn die Kinder Sorgen machen.
Bei Psychiatern ist das nicht der Fall. Das reicht wenn die das studieren. Die müssen nicht selber in der Haut des Patienten gesteckt haben oder sogar noch stecken.
Christen brauchen keine Psychiater. Über Probleme sollten wir mit dem Pfarrer oder einem Glaubensbruder sprechen.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von obsculta »

Lutheraner hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Marion hat geschrieben: Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Als Seelsorger kann Lebenserfahrung sehr wichtig sein. Ein Single ist nicht unbedingt der beste Ratgeber bei Eheproblemen oder wenn die Kinder Sorgen machen.
Bei Psychiatern ist das nicht der Fall. Das reicht wenn die das studieren. Die müssen nicht selber in der Haut des Patienten gesteckt haben oder sogar noch stecken.
Christen brauchen keine Psychiater. Über Probleme sollten wir mit dem Pfarrer oder einem Glaubensbruder sprechen.

Ich hoffe für dich,daß Du niemals psychisch krank wirst.

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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Marion »

Lutheraner hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Marion hat geschrieben: Ich wünsche mir (wenn man das so sagen kann) von einem Priester, daß er mir die Lehre der Kirche näher bringt und nicht seine Lebenserfahrungen oder seine persönlichen Wünsche.
Als Seelsorger kann Lebenserfahrung sehr wichtig sein. Ein Single ist nicht unbedingt der beste Ratgeber bei Eheproblemen oder wenn die Kinder Sorgen machen.
Bei Psychiatern ist das nicht der Fall. Das reicht wenn die das studieren. Die müssen nicht selber in der Haut des Patienten gesteckt haben oder sogar noch stecken.
Christen brauchen keine Psychiater. Über Probleme sollten wir mit dem Pfarrer oder einem Glaubensbruder sprechen.
Und was soll uns der Pfarrer oder Glaubensbruder dann antworten oder machen?
Was richtig ist, oder was er selber fühlt?
Das ist ja oftmals nicht dasselbe ;)
Zuletzt geändert von Marion am Dienstag 15. Dezember 2009, 12:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Marion »

obsculta hat geschrieben:Ich hoffe für dich,daß Du niemals psychisch krank wirst.
Ich hoffe für dich, daß du das auch mir und allen andern wünschst ;)
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obsculta
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von obsculta »

Marion hat geschrieben:
obsculta hat geschrieben:Ich hoffe für dich,daß Du niemals psychisch krank wirst.
Ich hoffe für dich, daß du das auch mir und allen andern wünschst ;)

Davon kannst Du ausgehen. :huhu:

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Mellon
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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von Mellon »

Lutheraner hat geschrieben:Christen brauchen keine Psychiater. Über Probleme sollten wir mit dem Pfarrer oder einem Glaubensbruder sprechen.
Nanu? So einen Spruch hätte ich eher von einem Pfingstler erwartet ... ;)

Nee, Mal im Ernst. Jemand mit Herzrhythmusstörungen wegen fehlerhafter Überleitung chemischer Botenstoffe im Körpergeht ja auch zum Internisten und bekommt Medikamente verschrieben, die das ausgleichen.
Bei Depessionen und Schizophrenie spielen mitunter auch "Stoffewechselprobleme" im Hirn eine Rolle. Da sollte kein Pfarrer ran, um das hinzukriegen, sondern ein Fachmann, der mit den richtigen Medikamenten helfen kann, diese Mängel auszugleichen.
Seelsorge ist immer gut, kann aber m. E. etwa einen Serotoninmangel nicht beheben, der für Depressionen verantwortlich sein kann. Ein Serotoninaufnahmehemmer aber kann das.

Im Buch Jesus Sirach heißt es so schön (in der Lutherübersetzung):
Ehre den Arzt mit gebührender Verehrung, damit du ihn hast, wenn du ihn brauchst;
denn der Herr hat ihn geschaffen, und die Heilung kommt von dem Höchsten, und Könige ehren ihn mit Geschenken.
Die Kunst des Arztes erhöht ihn und macht ihn groß bei Fürsten und Herren.
Der Herr läßt die Arznei aus der Erde wachsen, und ein Vernünftiger verachtet sie nicht.
Wurde nicht das bittere Wasser süß durch Holz, damit man seine Kraft erkennen sollte?
(--> 2 Mose 15,25)
Und er hat solche Kunst den Menschen gegeben, um sich herrlich zu erweisen durch seine wunderbaren Mittel.
Damit heilt er und vertreibt die Schmerzen, und der Apotheker macht Arznei daraus,
damit Gottes Werke kein Ende nehmen und es Heilung durch ihn auf Erden gibt.
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

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Re: Sichtweise(n) von Ehelosigkeit im Protestantismus

Beitrag von NurNochKatholisch »

Luthers Kritik am Zölibat war ja nun keine generelle Kritik an einem ehelosen Leben (ob nun als Priester, Ordensmann/-frau oder auch als geweihte Jungfrau), sondern es ging ihm darum, dass man den Zölibat aus der Schrift heraus nicht einfach zu Pflicht für Geistliche machen könne.
Generell ist die Priesterehe möglich - das sagt auch Rom, wenn dort beispielsweise verheiratete evangelische Geistliche nach der Konversion zum Priester geweiht werden, oder wenn die Ämter bei den Orthodoxen selbstverständlich anerkannt werden.

Als glücklich verheirateter Pfarrer kann ich aus meiner Erfahrung heraus sagen: Die Priesterehe kann ein Segen sein. Aber es kann auch eine sehr große Belastung werden: Verheiratete Pfarrer sind bei weitem nicht so flexibel einsetzbar, wie zölibatäre Priester. Auch bedeutet die Arbeit eines Pfarrers sehr häufig antizyklisch Aufgaben wahr zu nehmen; d.h. wir haben oftmals abends Veranstaltungen, müssen immer am Wochenende arbeiten usw. Dazu kommt noch, dass die Pfarrfamilie teilweise unter erheblicher Beobachtung der Gemeinde steht, weil man beim Pfarrer und seinen Kindern/seiner Frau das erwartet, was man in der eigenen Familie oftmals nicht hinbekommen hat. Schließlich gibt es eben dann auch noch Pfarrfrauen, wie von anneke6 beschrieben... :erschrocken:
Aber gibt es mit dem Zölibat nicht andere, ebenso große Probleme?

Ich persönlich glaube, dass die Orthodoxen (m.W.n. auch bei den unierten Ostkirchen) gar nicht so schlecht fahren mit ihrer Praxis: Zu einem festgelegten Zeitpunkt vor der Priesterweihe muss sich der Kandidat freiwillig für die Ehe bzw. für den Zölibat entscheiden.

Übrigens hatte Wilhelm Löhe bei der Gründung des Diakonissenwesens darauf gedrungen, dass die Diakonissen ledig bleiben müssen. In der evangelischen Tradition gibt es also durchaus so etwas, wie den Zölibat.

Auch wenn die Regelung im römischen Ritus der RKK derzeit so ist, wie sie ist (und ich will das hier gar nicht kritisieren), so muss man m.E. trotzdem festhalten, dass er keine aus der Schrift erhebbare Verpflichtung zum Priesterzölibat gibt und dieser auch im ganzen der Tradition der Kirche unterschiedlich gehandhabt wird.
Ehemals "KatholischAB" ist nun "NurNochKatholisch" und glücklich in die vollen Gemeinschaft der Kirche aufgenommen zu werden

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