EKD-Synode 2007

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Ecce Homo
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EKD-Synode 2007

Beitrag von Ecce Homo »

EKD-Synode mit Gottesdienst in Dresden eröffnet
Dresden (epd). Mit einem Gottesdienst in der Dresdner Kreuzkirche ist am Sonntag die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eröffnet worden. Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl verwies in seiner Predigt auf das gestiegene Interesse an Sinnfragen und Vergewisserung. Nach einer langen Phase geistiger und geistlicher Dürre und angesichts von Zukunftsängsten entdeckten viele, dass der Mensch nicht allein vom Brot lebe. "Der Gedanke an Gott gewinnt eine neue Anziehungskraft", so Bohl.

Neue Hoffnungen richteten sich auch auf die Kirche, sagte der Landesbischof in dem vom ZDF live übertragenen Gottesdienst. Die Kirche müsse einen missionarischen Aufbruch wagen: "Wir sollen uns nicht genügsam in Selbstbezüglichkeit einrichten, sondern neu anfangen." Christen dürften den Glauben nicht diskret als Privatsache behandeln. Vielmehr sollten sie gegenüber den Nächsten Auskunft geben, was sie halte und trage.

Das unverwechselbare Profil der evangelische Kirche bestehe in der Bibellektüre, der Predigt, dem Gebet, der Kirchenmusik und der Bewährung des Glaubens im Alltag: "Das ist das Eigene unserer Konfession, und es ist uns lieb", sagte Bohl.

Das Kirchenparlament berät während seiner bis Mittwochabend dauernden Tagung über den weiteren Reformprozess in der evangelischen Kirche. Das Schwerpunktthema der Tagung lautet "evangelisch Kirche sein". Die Synode ist das höchste Entscheidungsgremium der EKD, die rund 25,4 Millionen Protestanten in Deutschland repräsentiert. An der Spitze des Kirchenparlaments steht seit 2003 Präses Barbara Rinke.

04. November 2007
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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Die Predigt im Eröffnungsgottesdienst:
Predigt im Eröffnungsgottesdienst der Tagung der EKD-Synode in der Kreuzkirche zu Dresden
Jochen Bohl

04. November 2007 (6. Tagung der 10. Synode der EKD, 04. - 07. November 2007)

Es gilt das gesprochene Wort.

"Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihrs denn nicht?"
Jesaja 43,19

Liebe Gemeinde,

vielleicht haben Sie beim Betreten der Kirche schon einen Blick auf die Ausstellung "Der gefährliche Schmied" werfen können, die an die Aktion "Schwerter zu Pflugscharen" erinnert und an das denkwürdige Friedensforum im Februar vor 25 Jahren hier in der Kreuzkirche. Die Zeit war damals bestimmt von dem Geist und der Logik des Wettrüstens, dem Europa sich über Jahrzehnte ausgeliefert hatte. Jugendliche erkannten in dieser Situation die Herausforderung, ihren Glauben an Jesus Christus zu bezeugen, der die Menschen zum Frieden und zur Versöhnung ruft.

Im Rückblick erkennen wir, dass es sich um die allerersten Anfänge vom Ende der Mächtigen handelte – aber damals war es ein mutiger Akt des Bekennens, denn vieles war unklar, die Zeichen der Zeit mehrdeutig, die Zukunft offen, wie sie es immer ist; auch für bösen Ausgang.

Das Geschehen zu verfolgen, die Veränderungen in der Zeit zu erkennen, ihre Bedeutung einzuschätzen, und das zu tun, was die Situation fordert, ist eine ungewöhnlich schwierige Aufgabe. Nichts in dieser Welt ist eindeutig, und jeder Beobachtung steht eine andere gegenüber, die sie in Frage stellt. Was ist wichtig? Was nur bloße Aufgeregtheit? Vollzieht sich in der Tiefe anderes als an der Oberfläche? Wird es gut werden – oder haben wir, ohne dass wir es bemerkt hätten, schon eine abschüssige Bahn zum Schlechten hin betreten?

All das gilt auch für unsere Zeit, vielleicht sogar in besonderem Masse, denn sie trägt so vielfältige, gegensätzliche und unübersichtliche Entwicklungen in sich, sie ist so schnelllebig geworden, dass es ungewiss erscheint, was sie uns aufgibt zu tun.

Viele Menschen sorgen sich – um den Weg, den ihre Kinder gehen; um ihren Arbeitsplatz und vor sozialem Abstieg, dass die Gerechtigkeit unter den Rädern der Globalisierung bleibt.

Aber zugleich sind auch vielfältige Signale der Hoffnung zu sehen. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, endlich findet die Familie wieder Aufmerksamkeit, der Frieden unter den Völkern Europas steht nicht in Frage. Nach einer langen Phase der Genügsamkeit, der geistigen und geistlichen Dürre, entdecken viele, dass der Mensch nicht allein vom Brot lebt. Sie fragen in einer neuen Weise nach dem Woher und Wohin des Lebens, sie suchen in unübersichtlicher Zeit Halt und Vergewisserung über die Grundlagen des Lebens. Der Gedanke an Gott gewinnt eine neue Anziehungskraft, und überall sind Suchbewegungen zu beobachten. Wir haben soeben gehört, wie Menschen die Botschaft von dem liebenden Gott annehmen und sich zu unserer Freude taufen lassen – aber die Suche der meisten ist nicht zielgerichtet, es gibt Scharlatanerie, Wahrsagerei, neues Heidentum, esoterische Verstiegenheiten zu Hauf. Erneuerte Hoffnungen richten sich auch auf die Kirche; aber als sei anderes wichtiger, scheint sie mit sich selbst und ihren Strukturfragen beschäftigt zu sein.

Wohin man sieht: Ungewissheiten, Widersprüchliches, Verwirrung. Viele Menschen reagieren auf die unübersichtliche Lage so, dass sie wenig von der Zukunft erwarten. Stellte man sie vor die Frage, ob die Verhältnisse so bleiben sollten, wie sie sind, würden sie sich wohl ohne großes Zögern gegen das unbekannte Neue entscheiden. Man fürchtet, dass die nächsten Jahre nicht vieles bringen werden, was besser ist als das Bestehende.

Ob es anders ist mit uns, die wir mit und in unserer Kirche leben? Welche Erwartungen haben wir an ihre Zukunft? Wagen wir mehr und anderes zu hoffen, als dass es nicht schlechter werden möchte? Worauf kommt es jetzt an, wozu sind wir herausgefordert?

Der Predigttext ist die Jahreslosung für dieses Jahr,
"Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihrs denn nicht?" Jesaja 43

Gott spricht durch den Propheten zu seinem Volk Israel in schwerer Zeit, er redet die Verbannten im babylonischen Exil an. Drückende Jahre und Jahrzehnte hatten wenig Hoffnung gelassen, dass es jemals würde besser werden können, es lag ein Schleier der Depression über den Deportierten, und es gab keine Vorstellung von einer Wende, einer segensreichen Veränderung. An Befreiung aus der Knechtschaft wagte niemand zu denken.

In dem Prophetenwort klingt so etwas an wie Ungeduld, oder gar Verzweiflung angesichts der Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen, zu gemeinsamer Erkenntnis zu finden. Ihr müsstet den Aufbruch Gottes doch eigentlich sehen – warum nur fällt es euch so schwer, das Heraufziehen des Neuen zu erkennen? Ist da ein blinder Fleck auf euren Augen?

Seht doch auf, vertraut eurem Gott – und ihr werdet den Aufbruch, den Beginn der Veränderung erkennen. Gott ist treu, und jetzt, mitten in dunkler Not schafft er ein Neues.
Hier wirbt Gott um Glauben, er müht sich um das Vertrauen des Gottesvolkes, er ist ein liebender Gott, der Hoffnung stiften und Glauben wecken will. Tatsächlich endete der Weg Israels nicht in Babylon; ein Neues begann, das klein angefangen hatte, so klein, dass sein Aufwachsen kaum zu erkennen war. Tatsächlich: das Volk kehrte heim nach Israel.

Ob heute, unter uns etwas wächst? In dieser unübersichtlichen Zeit, die gekennzeichnet ist von Sehschwächen, von Unentschiedenheit, von der Erwartungshaltung der Menschen, die Gott nicht kennen - und doch auf der Suche sind nach Ihm?

Liebe Gemeinde,
zuversichtlich dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott in diesen Tagen um unseren Glauben wirbt, dass er sich um uns müht – uns evangelische Christen in Deutschland redet er an:
"Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihrs denn nicht?"

Hier und jetzt sind wir von unserem Herrn aufgefordert, die Möglichkeiten zu ergreifen, die sich für unsere Kirche und ihren Auftrag ergeben und zu tun, was unsere Sache ist: das Evangelium von Kreuz und Auferstehung Jesu Christi in Wort und Tat zu bezeugen. Wir stehen vor der Notwendigkeit, unsere Mission zu den Menschen zu tragen, einen Aufbruch zu wagen. Wir sollen uns nicht genügsam in Selbstbezüglichkeit einrichten, sondern neu anfangen.

Das Prophetenwort ist ein Werben Gottes; um unser Vertrauen, dass wir uns auf die neuen Wege trauen, die er uns zeigt. Es erinnert uns, dass die Blickrichtung entscheidend ist, worauf wir sehen, welches Ziel im Blick ist. Wir Christen nehmen den Kopf hoch, wir sehen auf unseren Herrn Jesus Christus und richten unseren Blick auf das Kreuz. So werden wir die Herausforderung, die vor uns liegt, annehmen; ihr in fester Glaubenshaltung begegnen. Die Blickrichtung bestimmt auch die Haltung. Wer nach unten sieht, lässt die Schultern hängen. Wer aufsieht, strafft die Muskeln und spannt die Kräfte an.

Wir werden uns also nicht an das Vergangene klammern, sondern Gott danken für seinen Segen in der Vergangenheit – und zugleich auf das Neue sehen, das aufwächst und darin Gottes Anrede an uns erkennen! Wir wollen unseren Glauben nicht diskret für uns behalten, als sei er etwas privates, dass nur uns anginge. Vielmehr wollen wir in Liebe auf unsere Nächsten zugehen und davon sprechen, was uns hält und trägt; wir geben uns als Christenmenschen zu erkennen und finden zu einer offensiven Haltung des Bekennens.

Wir werden von unseren Gaben und Kräften teilen, den Schwachen Teilhabe ermöglichen, und insbesondere denen, die niemand mit liebendem Blick ansieht.
Wir vertrauen auf die geistlichen Kräfte, die unsere Evangelische Kirche bis heute geprägt haben und freuen uns an dem unverwechselbaren Profil der Kirche der Freiheit – das Lesen der Schrift in der zuversichtlichen Erwartung, in ihr Gott zu begegnen, die Predigt im Mittelpunkt des Gottesdienstes, das persönliche Gebet, der wunderbare Reichtum der Musik, die Bewährung des Geglaubten im Alltag des Lebens. Das ist das Eigene unserer Konfession, und es ist uns lieb.

In all dem, liebe Schwestern und Brüder, liegt eine Herausforderung, die nicht klein ist, der wir aber nicht ausweichen werden – und das brauchen wir auch nicht, denn es ist ja der barmherzige Gott, der zu uns spricht. Er wirbt um uns.

Wir vertrauen unserem Herrn. So hat es auch mit den Schwertern zu Pflugscharen begonnen. Christen ließen sich auf die Friedensbotschaft der Heiligen Schrift ein im Vertrauen auf die Gott. Von ihm empfangen auch wir die Kräfte, die wir brauchen. Er ist gegenwärtig in den Herausforderungen, die uns gestellt sind. Seine Gnade ist nicht am Ende. Sie ist alle Tage neu.
Amen.
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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

51 Frauen und 63 Männer bilden die EKD-Synode

Unverzagt die Stimme erheben - Wolfgang Huber berichtet vor der Synode

Die Tagesordnung: *klick'*

Es gibt inhaltlich auch eine schriftliche Vorbereitung auf das Schwerpunktthema: "evangelisch Kirche sein"
Ich würde wetten, das Thema ist nicht zufällig nach einer gewissen Erklärung von katholischer Seite so gewählt worden... :roll:
Es heißt da auch in der Hinführung:
Die 6. Tagung der 10. Synode der EKD in Dresden wird sich intensiv mit der Frage
beschäftigen, was es heißt, in evangelischer Art und Weise Kirche zu sein. Dies ist ein
aktuelles Thema nicht nur im Blick auf den Reformprozess und die oft gestellte Frage,
welches Kirchenverständnis hinter diesem Reformimpuls stehe, sondern auch im Blick auf
die ökumenische Dialogsituation, in der nicht selten in den verschiedenen
Kirchenverständnissen „das Herzstück der Unterschiedlichkeit“ gesehen wird.
Es könnte diskussionsmäßig echt interessant werden, wenn man da wirklich tiefer reinliest, in dieses Dokument...
Die Kennzeichen der wahren Kirche
Die Unterscheidung zwischen geglaubter und sichtbarer Kirche ist nicht identisch mit der
Unterscheidung zwischen wahrer und falscher Kirche. Doch ist auch diese Unterscheidung
wichtig und wurde in der Theologie der Reformatoren stets unterstrichen.
Diese Unterscheidung bezieht sich auf die sichtbare Kirche. Denn nicht jede Gestalt der
Kirche ist tatsächlich wahrer Ausdruck der einen, heiligen, katholischen und apostolischen
Kirche. Die Kirche kann in ihrer konkreten Gestalt durchaus, wenn das ihr aufgetragene
Zeugnis durch Wort und Tat verfälscht wird, falsche Kirche werden. Es ist Aufgabe
der kirchlichen Gemeinschaft, ihre Gestalt stets zu prüfen und sie so zu reformieren
(ecclesia semper reformanda), daß sie ihren in ihrem Ursprung gegebenen Wesenseigenschaften
entspricht.

2.4.1 Die klassischen Kennzeichen der KircheDiese Aufgabe kann keine Kirche abschließend und alleingültig erfüllen. Außerdem entzieht
sich die Erfüllung letztlich menschlichem Urteil. Folglich kann es strittig werden, wo
die una sancta catholica et apostolica ecclesia konkret existiert. Darum haben die Reformatoren
"notae" (Kennzeichen) oder, wie Luther sagt, "Wahrzeichen" (Erkennungszeichen)
hervorgehoben, die es ermöglichen zu erkennen, ob eine konkrete erfahrbare
Kirche als Glied der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche anzuerkennen
ist. Das sind nach reformatorischer Überzeugung die reine Predigt des Evangeliums und
die einsetzungsgemäße Feier der Sakramente. Damit haben die Reformatoren diejenigen
elementaren Züge des sichtbaren Lebens der Kirche in Anspruch genommen, durch die sich der Ursprung der Kirche vergegenwärtigt und durch die eine Kirche sich an ihren
Ursprung hält. Durch ihn ist sie wahre Kirche.
2.4.2. Weitere Kennzeichen
Über diese klassischen Kennzeichen hinaus haben die Reformatoren weitere
"Kennzeichen" genannt. Auch durch sie vergegenwärtigt sich Gottes Gnade. Dazu gehören
für Luther (vgl. Von Konziliis und Kirchen) über Gottes Wort, Taufe und Abendmahl
hinaus das Schlüsselamt (Beichte und Absolution), die Ordnung des Predigtamtes
(Bischöfe, Pfarrer etc.), das Gebet, das Leiden um des Evangeliums willen und auch die
Befolgung der zweiten Tafel des Dekalogs. Ähnlich spricht die Confessio Bohemica von
1575 von fünf "sicheren und unfehlbaren Merkmalen" der wahren Kirche. Zu den klassischen
beiden treten hinzu: Kirchenzucht, Kreuz, Bedrängnis um der Wahrheit willen,
Gehorsam des Evangeliums und Gesetzes Christi, inbesondere die Bruderliebe. In der
reformierten Tradition wurden die Kennzeichen der Kirchenzucht (disciplina) und des
Glaubensgehorsams hinzugefügt (vgl. Leidener Synopse XL,45). [...]
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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Ecce Homo hat geschrieben: Ich würde wetten, das Thema ist nicht zufällig nach einer gewissen Erklärung von katholischer Seite so gewählt worden... :roll:
Das ist auch längst überfällig. Vermutlich glaubt die Mehrheit der Protestanten und auch der Katholiken, dass nach evang. Verständnis mehr oder weniger alles Kirche ist, was sich auch so nennt - hier muß man den Gläubigen wieder die Kirchendefinition der CA nahebringen und besser erläutern.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Ecce Homo hat geschrieben:Es gibt inhaltlich auch eine schriftliche Vorbereitung auf das Schwerpunktthema: "evangelisch Kirche sein"
Ich würde wetten, das Thema ist nicht zufällig nach einer gewissen Erklärung von katholischer Seite so gewählt worden... :roll:
Auch wenn man der EKD gerne vorwirft, sie würde dem Zeitgeist hinterherrennen: So schnell mahlen auch dort die Mühlen nicht. Das Thema der Synode dürfte lange vor der letzten vatikanischen Verlautbarung zum Thema des Kirchenverständnisses festgelegt worden sein...

Im übrigen finde ich es ganz passend. Wenn die RKK den Evangelischen abspricht, Kirche zu sein, dürfen diese gerne zurückfragen, ob denn die RKK (noch) Kirche des Evangeliums ist. :mrgreen:
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oblatum
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Beitrag von oblatum »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Im übrigen finde ich es ganz passend. Wenn die RKK den Evangelischen abspricht, Kirche zu sein, dürfen diese gerne zurückfragen, ob denn die RKK (noch) Kirche des Evangeliums ist. :mrgreen:
Stephen, warum sollte es die RKK nicht sein?
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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Ecce Homo hat geschrieben:Es gibt inhaltlich auch eine schriftliche Vorbereitung auf das Schwerpunktthema: "evangelisch Kirche sein"
Ich würde wetten, das Thema ist nicht zufällig nach einer gewissen Erklärung von katholischer Seite so gewählt worden... :roll:
Auch wenn man der EKD gerne vorwirft, sie würde dem Zeitgeist hinterherrennen: So schnell mahlen auch dort die Mühlen nicht. Das Thema der Synode dürfte lange vor der letzten vatikanischen Verlautbarung zum Thema des Kirchenverständnisses festgelegt worden sein...

Im übrigen finde ich es ganz passend. Wenn die RKK den Evangelischen abspricht, Kirche zu sein, dürfen diese gerne zurückfragen, ob denn die RKK (noch) Kirche des Evangeliums ist. :mrgreen:
So pauschal war das nicht, es wurde bestritten, dass die Evangelischen eine Kirche im eigentlich Sinn sind, eine Einschätzung, die sich natürlich von dem katholischen Kirchenbegriff ableitet. Diesen aber teilen die Protestanten ja überhaupt nicht, weswegen sie mit dem römischen Dokument eigentlich gar kein Problem haben dürften. Aber für ein bißchen Druck ausüben war es halt doch ganz praktisch, sich zu echauffieren. Anschließend brüstete sich Herr Huber zum wiederholten Male mit seiner Idee von einer "Ökumene der Profile". Dazu fällt einem dann wirklich nichts mehr ein.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Im übrigen finde ich es ganz passend. Wenn die RKK den Evangelischen abspricht, Kirche zu sein, dürfen diese gerne zurückfragen, ob denn die RKK (noch) Kirche des Evangeliums ist. :mrgreen:
wieso noch? Es müsste doch eher schon heißen.

Meines Wissens hat die EKD noch nie behauptet, dass die RKK eine Kirche ist. Nicht einmal der LWB hat das klar getan, obwohl man die GER natürlich in der Richtung auslegen kann.

Andererseits wird die EKD sich natürlich hüten der RKK das Kirche sein offen abzusprechen um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Nach CA 7 ist es allerdings schwierig die RKK als Kirche zu bezeichnen:
Das Evangelium ist in der Kirchendefinition in CA 7 nicht schwammig als Bibelbezug zu verstehen, wie oft angenommen wird, sondern die Botschaft, dass die Rechtfertigung allein aus Gnade Gottes durch den Glauben erfolgt. Nur wo dies klar gelehrt wird ist die Kirche.

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Und sie hängen in der Haushaltsdebatte....
Positive Entwicklung der Kirchensteuern

Dresden (epd). Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat am Dienstag in Dresden mit der Beratung über den EKD-Haushalt 2008 begonnen. Das EKD-Ratsmitglied Klaus Winterhoff brachte den Etatentwurf in Höhe von 171 Millionen Euro in das Kirchenparlament ein. Für das laufende Jahr rechnet die evangelische Kirche laut Winterhoff infolge der guten Konjunktur mit einem Plus von acht Prozent bei den Kirchensteuern.

Im vergangenen Jahr nahmen die 23 evangelischen Landeskirchen fast vier Milliarden Euro Kirchensteuern ein, im Jahr davor waren es 3,6 Milliarden Euro. Trotz der erfreulichen Entwicklung werde die Kirche an ihrem Konsolidierungskurs festhalten, betonte Winterhoff. Die Mehreinnahmen seien keine Veranlassung zur Kurskorrektur. Der Finanzexperte verwies darauf, dass das Kirchensteueraufkommen 2006 um 13 Prozent unter dem Niveau von 1992 liege.

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Synode, Rainer Meusel, sagte. der Etatentwurf sei von Kontinuität und Wandel gekennzeichnet. Ausdruck von Kontinuität sei die Umsetzung und Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung. Durch eine Bündelung und engere Zusammenarbeit einzelner Arbeitsfelder könnten die angestrebten Einsparungen erzielt werden.

Der EKD-Haushalt 2008 sieht Einnahmen und Ausgaben von rund 171 Millionen Euro vor, fünf Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr. Aus dem EKD-Haushalt werden übergreifende kirchliche Aufgaben finanziert. Die Mittel stammen aus Umlagen und Zuweisungen der Landeskirchen. Da die Umlage auf der Basis der Kirchensteuerentwicklung der letzten drei Jahre berechnet wird, liegt der EKD-Etat 2008 trotz derzeit steigender Kirchensteuern unter dem Vorjahresniveau.

In der Aussprache mahnte der rheinische Präses Nikolaus Schneider die EKD-Mitgliedskirchen, ihre finanzielle Selbstverpflichtung für die Entwicklungszusammenarbeit zu erfüllen. Für die entwicklungspolitische Arbeit sind im EKD-Haushaltsentwurf für das kommende Jahr 44,9 Millionen Euro vorgesehen.

Die EKD-Synode, die seit Sonntag in Dresden tagt, beschäftigt sich bis Mittwochabend unter dem Motto "evangelisch Kirche sein" mit dem weiteren Reformprozess in der evangelischen Kirche.

06. November 2007
Evangelische Kirche verzeichnet deutliche Mehreinnahmen

Dresden (epd). Trotz deutlicher Mehreinnahmen bei den Kirchensteuern will die evangelische Kirche an ihrem Konsolidierungskurs festhalten. Das für 2007 erwartete Plus um acht Prozent als Folge der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung sei erfreulich und verschaffe eine "Atempause", sagte EKD-Ratsmitglied Klaus Winterhoff am Dienstag in Dresden vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Eine Veranlassung zur Kurskorrektur ist das aber nicht", unterstrich der Finanzexperte.

Im vergangenen Jahr nahmen die 23 evangelischen Landeskirchen fast vier Milliarden Euro Kirchensteuern ein, im Jahr davor waren es 3,6 Milliarden Euro. Winterhoff mahnte zur Nüchternheit. Das Kirchensteueraufkommen von 2006 liege noch 13 Prozent unter den Einnahmen des Jahres 1992. In diesem Zeitraum seien aber Preise und Gehälter um mehr als 23 Prozent gestiegen.

Für die Fortsetzung des Sparkurses spreche auch die langfristige Mitgliederentwicklung und die Einführung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge ab 2009 im Zuge der Unternehmenssteuerreform. Diese Neuregelung könnte die Kirche durchaus belasten. Nähere Angaben über die Größenordnung möglicher Einbußen machte Winterhoff nicht.

Der Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen brachte in der Synode den Entwurf des EKD-Haushaltes 2008 und den Haushalt für die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr ein. Mit Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 171 Millionen Euro liegt das Volumen fünf Millionen Euro unter dem laufenden Etat. Aus dem EKD-Etat werden übergreifende Koordinierungsaufgaben der evangelischen Kirche finanziert.

Die angestoßenen Reformen in der EKD seien nicht zum Nulltarif zu haben, stellte das Ratsmitglied klar. Der Haushalt 2008 schaffe die Voraussetzungen für zeitlich begrenzte Investitionen und stärke so die Reformfähigkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland. Als Beispiele nannte er die stärkere Präsenz in der Lutherstadt Wittenberg, den Reformprozess "Kirche der Freiheit" sowie die Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum 2017.

06. November 2007
Das aktuelle Stichwort: EKD-Haushalt

Dresden (epd). Aus dem Haushalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der am Dienstag auf der EKD-Synode in Dresden eingebracht wurde, werden übergreifende kirchliche Aufgaben finanziert. Die Mittel stammen aus Umlagen und Zuweisungen der 23 Landeskirchen. Die Höhe der von den einzelnen Landeskirchen aufzubringenden Beträge richtet sich nach der jeweiligen Leistungsfähigkeit.

Der EKD-Haushalt macht nur einen Bruchteil der Gesamtausgaben aller Landeskirchen aus. Der EKD-Haushaltsplan 2008 sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 171 Millionen Euro vor, rund fünf Millionen Euro weniger als im laufenden Jahr. Darin enthalten ist der Haushalt für die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr. Die Gesamtausgaben von EKD und Landeskirchen mit rund 16.000 Kirchengemeinden liegen bei knapp zehn Milliarden Euro jährlich.

Zu den Schwerpunkten des EKD-Haushalts gehört die entwicklungspolitische Arbeit mit 44,9 Millionen Euro. Für die kirchliche Auslandsarbeit stehen 12,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit und publizistische Tätigkeit der EKD belaufen sich auf 13,2 Millionen Euro.

Obwohl die Kirchensteuereinnahmen derzeit steigen, liegt das Volumen des EKD-Etats 2008 unter dem Niveau des laufenden Jahres. Der Grund dafür ist, dass die Umlage der Landeskirchen für die EKD auf der Basis der Entwicklung der Kirchensteuern der letzten drei Jahre berechnet wird. 2004 und 2005 waren die Kirchensteuereinnahmen noch rückläufig, seit 2006 steigen sie wieder.

06. November 2007
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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Lutheraner hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: Im übrigen finde ich es ganz passend. Wenn die RKK den Evangelischen abspricht, Kirche zu sein, dürfen diese gerne zurückfragen, ob denn die RKK (noch) Kirche des Evangeliums ist. :mrgreen:
wieso noch? Es müsste doch eher schon heißen.

Meines Wissens hat die EKD noch nie behauptet, dass die RKK eine Kirche ist. Nicht einmal der LWB hat das klar getan, obwohl man die GER natürlich in der Richtung auslegen kann.

Andererseits wird die EKD sich natürlich hüten der RKK das Kirche sein offen abzusprechen um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Nach CA 7 ist es allerdings schwierig die RKK als Kirche zu bezeichnen:
Das Evangelium ist in der Kirchendefinition in CA 7 nicht schwammig als Bibelbezug zu verstehen, wie oft angenommen wird, sondern die Botschaft, dass die Rechtfertigung allein aus Gnade Gottes durch den Glauben erfolgt. Nur wo dies klar gelehrt wird ist die Kirche.
Mit anderen Worten: Die Protestanten haben eine ähnliche Ansicht vom Kirchenstatus der Katholiken und kritisieren die Katholiken jetzt dafür, eine von beiden vertretene Meinung klar geäußert zu haben.

Ecce Homo
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Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Zum Schwerpunktthema evangelisch Kirche sein:
Kundgebung zum Schwerpunktthema "evangelisch Kirche sein"
Beschluss

der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland

auf ihrer 6. Tagung



Kundgebung

der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland

auf ihrer 6. Tagung

zum Schwerpunktthema



"evangelisch Kirche sein"


A.

Jesus Christus spricht: "Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende" (Matthäus 28,20).
Die Kirche ist eine Gemeinschaft von Menschen, die sich der Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus und dem Wirken seines Geistes verdankt. Sie begründet und erhält sich nicht selbst.

Die Kirche ist von Jesus Christus in die Welt gesandt, um die Botschaft von Gottes Liebe zu den Menschen zu bringen und Gottvertrauen, Lebensgewissheit und Nächstenliebe in ihnen zu wecken. In der Bindung an den Auftrag Jesu Christi gründet die Freiheit der Kirche. So wird sie frei, mit Mut und Phantasie ihr Leben evangeliumsgemäß zu gestalten und die vor ihr liegenden Aufgaben befreit zu bewältigen.

"evangelisch Kirche sein" heißt: im Wandel der Zeit und unter sich ändernden Bedingungen beim Auftrag Jesu Christi zu bleiben, seiner Berufung zu folgen und die in ihm geschenkte Freiheit zu leben.


B.

Im Hören auf das Evangelium und in der Feier der Sakramente wird die Kirche ihres Grundes neu gewiss. Hiermit werden die Maßstäbe für das kirchliche Leben als "vernünftiger Gottesdienst" (Römer 12,1) gesetzt und zugleich öffentlich kenntlich gemacht, was Menschen auch in Zukunft von der Kirche erwarten können. Im Gottesdienst - in seinen vielfältigen Formen im Alltag der Welt - kommen in Wort und Tat die wesentlichen Dimensionen des kirchlichen Auftrags Gottesbegegnung, Lebenserneuerung und Gemeinschaft zur Geltung.


1. Gottesbegegnung

Christinnen und Christen vertrauen darauf, dass in ihrem Zusammenkommen, im Reden und Hören, im Singen und Beten, im Handeln und Entscheiden Gott selbst gegenwärtig ist. Im Gottesdienst, in der Verkündigung des Wortes, in Taufe und Abendmahl feiert die Gemeinde in besonderer Weise die Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Christus und begegnet so dem lebendigen Gott, dem Schöpfer der Welt, dem Grund und Horizont menschlichen Lebens. Aus den Worten und Geschichten der Bibel erfahren Menschen, wie Gott es mit ihnen meint: Gott ist auf ihre Würde bedacht, er gibt niemanden verloren und schenkt Hoffnung über das Sichtbare und Endliche hinaus. In der Begegnung mit dem biblisch bezeugten Gott wächst Vertrauen im Leben und im Sterben; hier hat auch das Ringen um den Glauben seinen Ort.

Gottesbegegnung ist das Grundmotiv aller kirchlichen Lebensäußerungen und entscheidendes Kriterium kirchlicher Gestaltungs- und Strukturaufgaben. Durch die Begegnung mit dem lebendigen Gott erfährt der Mensch die rechtfertigende und heilende Gnade Gottes. Alles ist zu fördern, was dieser Begegnung dient; alles ist zu verändern, was sie behindert.

Christinnen und Christen treten deshalb gegenüber anderen für ihren Glauben ein und wissen sich dabei gehalten von der Zusage Jesu Christi: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." (Johannes 14,6) So eröffnen sie Gelegenheiten, dass sich andere Menschen mit diesem Glauben auseinandersetzen.

"evangelisch Kirche sein" heißt: mitzunehmen in die Begegnung mit dem lebendigen Gott.


2. Lebenserneuerung

Die Gottesbegegnung verändert den Menschen. Im Gottesdienst werden Lebensfragen aufgegriffen und vor Gott in ein neues Licht gerückt. So werden die Menschen von Gottes Güte erreicht und erfahren auf unterschiedliche Weise Lebenserneuerung:

Vergewisserung:
Worte und Taten, Lieder und Gebete, Rituale und Gesten geben Vergewisserung, Trost, neuen Halt und Mut, auch zum Widerstehen. Der Zuspruch der Vergebung ermöglicht neu anzufangen und richtet auf, wen die Last seiner Schuld niederdrückt. Gottes Segen stärkt den Lebensmut und hilft, Zeiten der Krise durchzustehen.
Erkenntnis:
Die Auslegung der biblischen Botschaft lässt deutlich werden, dass Glaube und Vernunft nicht im Widerspruch stehen. Christuserkenntnis lässt das Licht von Gottes Wahrheit im menschlichen Alltag aufscheinen und setzt neues Erkennen frei. Sie fördert die Einsicht in die Bedingungen geschöpflichen Lebens. Sie beantwortet vom Glauben her menschliche Fragen nach dem Woher und Wohin. Sie schenkt Freiheit zum Denken und Handeln und erinnert daran, dass es heilsam sein kann, manche Fragen nicht beantworten zu müssen und nicht alles zu tun, was getan werden könnte. Christinnen und Christen suchen und pflegen selbstbewusst das offene Gespräch über die Fragen der Erkenntnis und der Weltdeutung der Gegenwart.
Orientierung:
Gottes Weisung gibt evangelischem Handeln Orientierung. Im Bedenken seiner Gebote werden menschliche Gefährdungen und Abgründe offensichtlich und zugleich Wege zum Leben gewiesen. Keine Rezepte liefert die Bibel, doch lassen sich durch sorgfältige und reflektierte Auslegung Maximen und Kriterien finden, die helfen, menschliches Zusammenleben gedeihen zu lassen, Gerechtigkeit und Frieden zu fördern und zur Bewahrung der natürlichen Mitwelt beizutragen.
Lebenserneuerung ist die Frucht der Gottesbegegnung. Als Vergewisserung, als Erkenntnis und als Orientierung hat sie den ganzen Menschen im Blick, indem sie sein Gefühl, seinen Verstand und seinen Willen anspricht und berührt. Alle kirchlichen Arbeitsfelder sind darauf ausgerichtet, an ihrem Ort und im Rahmen ihrer Möglichkeiten einer biblisch profilierten, ganzheitlichen Lebenserneuerung zu dienen.

"evangelisch Kirche sein" heißt: eine biblisch profilierte Zeitgenossenschaft jenseits von Selbstsäkularisierung und Fundamentalismus zu leben. Im engagierten und offenen Gespräch mit Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft, Bildung, Politik nimmt evangelische Kirche in den verschiedenen Feldern zivilgesellschaftlichen Lebens ihre Verantwortung wahr.




3. Gemeinschaft

Im Gottesdienst erfahren Menschen eine Gemeinschaft, in der sich die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes widerspiegelt. Erlebte Gemeinschaft in der Gemeinde verstärkt die christliche Botschaft. Sie "freut sich mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden" (Römer 12,15). Menschen mit ihren unterschiedlichen Gaben und Begabungen werden wahrgenommen und gefördert. Deshalb ringt die Kirche von ihren ersten Tagen an darum, dass die Art des Beisammenseins der Botschaft nicht Hohn spricht, sondern einladend und nicht ausgrenzend, integrierend und nicht marginalisierend ist.

Die Gemeinde ist nicht zuletzt eine Schule der Nächstenliebe über soziale, kulturelle und nationale Grenzen hinweg. Das biblische Bild des Leibes mit seinen vielen Gliedern macht deutlich: Die Gemeinschaft in Christus bedarf der Unterschiedlichkeit, sie fördert die Vielfalt und öffnet sich zugleich für die Gemeinschaft der ganzen Christenheit auf Erden. Sie erträgt die Auseinandersetzung, aber sie erlaubt weder Spaltung noch Zertrennung, weil dies die Beziehung zu dem einen, alle verbindenden Christus und den gemeinsamen Glauben aufs Spiel setzt.

In der Gemeinschaft kommen zusammen: Gemeinsame Teilnahme und gegenseitige Teilgabe an Lebensmöglichkeiten und Glaubenserfahrungen, das heilsame Wort und die helfende Tat, die Zuwendung zum Einzelnen und das Ringen um gerechtere wirtschaftliche und politische Verhältnisse, nachbarschaftliches Engagement und der Blick für die fernen Nächsten. So wie die Güte Gottes allen Menschen gilt bleibt auch der kirchliche Liebesdienst nicht auf den Binnenraum beschränkt, sondern wendet sich an alle, die seiner bedürfen und ihn sich gefallen lassen.

"evangelisch Kirche sein" heißt: als Gemeinschaft die eigene Lehre zu leben, solidarisch zu sein, nach Kräften zu helfen, sich für Menschen einzusetzen und für sie zu beten.


C.

Die Besinnung auf Wesen und Auftrag der Kirche führt in der gegenwärtigen Umbruchzeit zur Konzentration und zur inhaltlichen Profilierung kirchlichen Handelns. Auf der Suche nach geeigneten Strategien und Strukturen gewinnt die Kirche die Freiheit alles zu prüfen, das Gute zu behalten und ihre Gestalt neu zu bestimmen.
Dazu gehören Reformanstrengungen, die

die theologische Kompetenz und die geistliche Qualität kirchlichen Handelns schärfen;

die Konzentration auf erkennbar geistliche und theologische Handlungsfelder unterstützen;

die Offenheit und Vielfalt gemeindlicher Angebotsformen erweitern;

die Kompetenz in situativen Begegnungsformen mit Glaube und Kirche fördern;

die religiöse Bildung in allen Lebensphasen stärken;

das diakonische Engagement evangelisch und das evangelische Profil diakonisch schärfen;

das Gespräch mit der Christenheit vor Ort und weltweit intensivieren und gemeinsam den konziliaren Prozess beherzt vorantreiben;

die Begegnung und die Auseinandersetzung mit anderen Religionen wahrnehmen;

den einladenden Charakter der evangelischen Arbeit unterstreichen;

die Mitarbeitenden in der Kirche neugierig machen auf die "Fernstehenden" und "Distanzierten";

den beteiligungsoffenen Charakter der evangelischen Kirche und ihrer Handlungen fördern.
Diese Reformanstrengungen sind in den Landeskirchen, Kirchenkreisen, Gemeinden sowie Werken und Einrichtungen zahlreich zu finden und ein deutlicher Beleg für die Aufbruchsbereitschaft in der evangelischen Kirche.

Niemand wird jene Reformen für sich allein umsetzen können. Kein Christenmensch, keine Gemeinde, kein Arbeitsbereich, keine Landeskirche lebt isoliert von den anderen und jede Aktivität im Raum der evangelischen Kirche wird dieser insgesamt und allen ihren Teilen zugerechnet. Die Synode der EKD erinnert daran, dass zur geistlichen Verantwortung aller auch die Stärkung der Gemeinsamkeit gehört und warnt vor Selbstgenügsamkeit, die jedes Kirchesein gefährdet. Sie ermutigt dazu, aufeinander zu hören, miteinander zu handeln und füreinander einzustehen. Sie betont die Notwendigkeit, geeignete Wege für ein verbindlicheres Miteinander zu fördern und auszubauen; sie wird sich im Rahmen ihres Auftrages daran engagiert beteiligen.

In der Wahrnehmung ihres Auftrags weiß sich die Kirche durch das Wort des auferstandenen Christus geleitet. Im Vertrauen auf ihn begegnen evangelische Christinnen und Christen einander in Freiheit und gewähren einander Freiheit. Auch bestes menschliches Bemühen ist anfällig für Versagen und Schuld, deshalb bleibt die Kirche der ständigen Erneuerung bedürftig. Sie vertraut auf die Zusage des Auferstandenen: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein." (Apostelgeschichte 1,8)


Dresden, 07. November 2007

Die Präses der Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland
Barbara Rinke
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Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Maurus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: Im übrigen finde ich es ganz passend. Wenn die RKK den Evangelischen abspricht, Kirche zu sein, dürfen diese gerne zurückfragen, ob denn die RKK (noch) Kirche des Evangeliums ist. :mrgreen:
wieso noch? Es müsste doch eher schon heißen.

Meines Wissens hat die EKD noch nie behauptet, dass die RKK eine Kirche ist. Nicht einmal der LWB hat das klar getan, obwohl man die GER natürlich in der Richtung auslegen kann.

Andererseits wird die EKD sich natürlich hüten der RKK das Kirche sein offen abzusprechen um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Nach CA 7 ist es allerdings schwierig die RKK als Kirche zu bezeichnen:
Das Evangelium ist in der Kirchendefinition in CA 7 nicht schwammig als Bibelbezug zu verstehen, wie oft angenommen wird, sondern die Botschaft, dass die Rechtfertigung allein aus Gnade Gottes durch den Glauben erfolgt. Nur wo dies klar gelehrt wird ist die Kirche.
Mit anderen Worten: Die Protestanten haben eine ähnliche Ansicht vom Kirchenstatus der Katholiken und kritisieren die Katholiken jetzt dafür, eine von beiden vertretene Meinung klar geäußert zu haben.
So einfach ist das nicht. Es gibt sicherlich auch Gemeinden der Kath. Kirche, die nach Evang. Verständnis Teil der Kirche sind. Das ist von Lehre und Glauben dieser Gemeinden abhängig.
Nach kath. Verständnis kann es jedoch keine evangelischen Gemeinden geben, die Teil der Kirche sind.

Ob eine Kircheninstitution Teil der Kirche ist, spielt aber nur dann eine Rolle, wenn man darüber nachdenkt miteinander Kirchengemeinschaft einzugehen. Eine abstufende Wertung wie in der Kath. Kirche gibt es nicht. Entweder eine Kircheninstitution oder zumindest eine Gemeinde wird als Teil der Kirche erkannt - oder eben nicht.

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