Empfang der hl. Eucharistie in der Orthodoxen Kirche

Ostkirchliche Themen.
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Robert Ketelhohn
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Empfang der hl. Eucharistie in der Orthodoxen Kirche

Beitrag von Robert Ketelhohn »

[Anm. d. Mod.: Die 2005'er-Beiträge, welche in diesem Thema den Anfang bilden, stammen ursprünglich aus dem Thema "Mund- und Handkommunion" im Refektorium und wurden, da hier ganz angebracht, von der dortigen Moderatorin freundlicherweise zur Verfügung gestellt. - N.]
Juergen hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:...eine ältere Quelle zur Mundkommunion als mW wars Hyppolit,...
Joh. Chrysostomus war's.
Nee, das war nur unbelegte Behauptung der Orthodoxen …
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nee, das war nur unbelegte Behauptung der Orthodoxen …
Nikephoros Kallistos, Hist. Eccl. - aber die genaue Stelle kann ich leider nicht angeben. Das ist eine Stimme aus dem 14. Jahrhundert.

Freilich ist auch das eine Behauptung, und es gibt recht überzeugende Argumente gegen die Annahme, der Osten kenne seit dem 4. Jh. nur die Mundkommunion: das Trullanum (691/692 a.D.) erwähnt in seinen Kanones, daß die Handkommunion der Laien (und der einfachen Mönche) scheinbar in manchen Fällen noch praktiziert wurde (Kanon 58 verbietet die Handkommunion der Laien de facto, Kanon 101 schreibt die rechte Weise des Kommunionsempfangs für Laien vor. Hat jemand Interesse daran, daß ich diese Kanones übersetze?) s.a. Archimandrit Kiprian (Kern), "Eucharistie".

Chrysostomos ist möglicherweise aber der Initiator gewesen (im Sinne dessen, daß der Labis auf ihn zurückgeht); zum Zeitpunkt des Trullanums scheint die Handkommunion der Laien schon eine recht marginale Erscheinung gewesen zu sein.

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spectator
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Beitrag von spectator »

Nietenolaf hat geschrieben:Freilich ist auch das eine Behauptung, und es gibt recht überzeugende Argumente gegen die Annahme, der Osten kenne seit dem 4. Jh. nur die Mundkommunion: das Trullanum (691/692 a.D.) erwähnt in seinen Kanones, daß die Handkommunion der Laien (und der einfachen Mönche) scheinbar in manchen Fällen noch praktiziert wurde (Kanon 58 verbietet die Handkommunion der Laien de facto, Kanon 101 schreibt die rechte Weise des Kommunionsempfangs für Laien vor. Hat jemand Interesse daran, daß ich diese Kanones übersetze?
Ja! ich! Bitte!

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

spectator hat geschrieben:Ja! ich! Bitte!
Aber ich höre doch allenthalben, daß Trullanum gelte für die Lateiner nicht oder nur selektiv... :)
Trullanum, Kanon 58, hat geschrieben:Niemand von denen, die zu den Laien gehören, darf sich die Göttlichen Mysterien selbst verabreichen, wenn ein Bischof, oder ein Presbyter, oder ein Diakon [zugegen] ist. Wer etwas dieser Art zu tun wagt, der wird als jemand, der die Befugnisse seines Standes übertritt, für eine Woche von der Kirchengemeinschaft getrennt, wobei er lernen möge, nicht mehr zu klügeln, als es sich zu klügeln gebührt.
Verweis auf Röm. 12:8.
Trullanum, Kanon 101, hat geschrieben:Den Menschen, welcher nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, bezeichnet der Apostel mit großen Worten als Leib Christi und [Dessen] Tempel. Indem er über alle irdische [wörtl. "sinnliche"] Kreatur gesetzt und durch die erlösenden Leiden himmlischer Würde für wert befunden wurde, und [dadurch, daß er] Christus ißt und trinkt, verklärt er sich fortwährend zum ewigen Leben hin, sowohl Leib als auch Seele durch die Teilnahme [Kommunion] an der Göttlichen Gnade erleuchtend. Deshalb möge jeder, der während der Liturgie den allreinen Leib zu empfangen und durch die Kommunion eins mit Ihm zu werden wünscht: die Hände kreuzartig zusammenlegen und auf diese Weise hinzutreten, und die Kommunion der Gnade empfangen.
Der Kanon geht noch ein kleines Stück weiter, dort wird es verboten, die Hl. Gaben in ein Gefäß zu empfangen, aus dem sie dann in den Mund wandern.

Das sind Kanones vom Ende des siebten Jahrhunderts (zur Erinnerung!).


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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lieber Roman, ich will jetzt nicht klügeln, aber beide Canones können auch im Sinne einer Handkommunion verstanden werden. Hast du noch weiteren Kontext? »Die Hände kreuzartig zusammenlegen« – das paßte auch exakt auf die Beschreibung, die der heilige Cyrill von Jerusalem im fünften Jahrhundert für die Handkommunion gibt. Denn du kannst die Hände senkrecht vor der Brust zusammenlegen, aber auch waagerecht: geöffnet zum Empfang der Hostie. Zur rechten Interpretation wäre hier überaus hilfreich, zum Beispiel noch etwas über den Empfang des Kelches zu finden. Und wie ist die Fortsetzung des Canons, die Sache mit dem Gefäß, genau formuliert?
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Und wie ist die Fortsetzung des Canons, die Sache mit dem Gefäß, genau formuliert?
Erwischt! Ich hätte ihn zuende übersetzen sollen; man verzweifelt nur bei der Übertragung ins Deutsche an der Vielzahl der verschiedensten Partizipien... Also, hier die Fortsetzung, in der eindeutig von einem Empfang der Gaben mit der Hand die Rede ist:
Trullanum, cn. 101 (Teil 2), hat geschrieben:Denn wir heißen jene überhaupt nicht gut, welche statt der Hände aus Gold oder irgend einem anderen Material gefertigte Gefäße (δοχεία) zum Empfang der Göttlichen Gaben [benutzen] und durch diese die allreine Kommunion eingehen, denn sie ziehen dem Bild Gottes seelenlose und den menschlichen Händen unterworfene Materie vor. Wenn jemand dabei gesehen wird, wie er solchen, die derartige Gefäße anbringen, die heilige Kommunion spendet: so sei dieser, als auch jener, der solche anbringt, verstoßen.
Das "statt der Hände" steht unscheinbar zwischen mehreren Monsterschichten aus Partizipien, wo auch noch einmal von "Händen" in einem anderen Zusammenhang die Rede ist, deshalb habe ich das übersehen.

Allerdings ist mir nicht geheuer bei dieser Art Beweisführung. Das hat etwas sehr, sehr protestantisches. Man könnte ja Kommentare zu den Konzilien lesen, z.B. die des Balsamon. Ich meine, Robert, gilt es Dir gar nichts, daß die Kirche es nun einmal so macht? Ob's nun Chrysostomos war oder nicht... das alles sieht irgendwie nach "Rechtsbeugung" aus, genau wie das Herauslesen des Pflichtzölibats aus Nikaia, Kanon 3.

Und ich muß noch einmal erwähnen: der Osten hat nach wie vor die Handkommunion, so wie Robert (bzw. der hl. Kyrill) sie beschreibt: allerdings ist diese den Geistlichen vorbehalten, während die Laien mittels Labis (nach dem Vorbild der Vision in Jes. 6:6) am Kelch die Gaben empfangen. Die Geistlichen stehen in der Liturgie für die Apostel (siehe beim Hl. Ignatios v. Antiochia, den ich > hier zitiere) und empfangen den Leib des Herrn aus Seinen Händen, noch bevor Er gelitten hat und am Kreuz starb, während die Laien - die Welt - den Herrn erst wieder gesehen haben, nachdem Er sein Erlösungswerk vollbracht hatte; entsprechend ist die Art des Gabenempfangs eine andere. Das ist nicht so ganz "schnuppe", Pit. Die auf der Brust gekreuzten Arme sind ein Zeichen völliger Ergebenheit. Das sieht man noch in den alten Technicolor-Historienschinken. :)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Ich will nur noch etwas nachreichen:
Nietenolaf hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:Joh. Chrysostomus war's.
Nikephoros Kallistos, Hist. Eccl. - aber die genaue Stelle kann ich leider nicht angeben.
Nikephoros Kallistos Xanthopulos, "Hist. eccl." I, XIII p. 7.

Nicht, daß ich diese Wälzer vorliegen hätte (ich berufe mich nur auf des Archimandriten Kiprians Werk "Eucharistie"). Aber Du wolltest die Überlieferung "belegt" haben, Robert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich fasse mal zusammen, Roman. Johannes Chrysostomus, denke
ich, können wir in diesem Zusammenhang ganz außen vor lassen.
Du hast ja nun richtiggestellt, daß die Angabe jenes Nicephorus
noch nicht einmal aus dem neunten Jahrhundert stammt, wie ur-
sprünglich vermutet – schon das war viel zu spät –, sondern erst
aus dem vierzehnten. Da die wichtigste Liturgie der Ostkirche den
Namen des Johannes Chrysostomus trägt, kann auch nicht ver-
wundern, wenn ihm Spätere anachronistisch auch jüngere Teile
dieses Ritus, wie er zu ihrer Zeit beobachtet wurde, zuschreiben.
Halbwegs zeitnahe Zeugnisse, welche die Mundkommunion mit
der Labis in Verbindung brächten, gibt es nicht.

Daß die neulich von dir angeführte Ikone, welche die Kommunion
der heiligen Maria Ægyptiaca eben mittels der Labis zeigt, mir et-
was verdächtig ist, hatte ich bereits angedeutet. Die Urversion soll
aus dem Jahre 521 stammen. Es wäre der Nachweis zu erbringen,
daß tatsächlich das sicher datierte, unbezweifelbar echte Original
aus jenem Jahre erhalten ist.

Nun führtest du aber noch ein Werk des heiligen Patriarchen So-
phronius von Jerusalem an († 638, kurz nachdem er seine Stadt den
Omars Arabern hatte übergeben müssen). Sophronius beschreibe
dort die Labis, teiltest du mit, und deute sie unter Rückgriff auf Is
6,6 allegorisch aus. Ich gestand dir zu, der Sophronius sei ein »kräftiges
Argument«.

Nun haben wir aber in Gestalt der von dir selber dankenswerterweise
übersetzten Canones des Trullanum den sicheren Nachweis der Hand-
kommunion als selbstverständlicher Form auch in der Ostkirche noch
am Ende des siebenten Jahrhunderts. Damit wird auch der frühere
Zeuge Sophronius wieder verdächtig.

Ich habe mich noch einmal sachkundig zu machen versucht – leider
steht mir hierzu nur dürftige Litteratur zur Verfügung – und habe ein
Werk Commentarius liturgicus oder Excursus de liturgia gefunden, das
Sophronius zugeschrieben wurde. Diese Zuschreibung ist jedoch
längst aufgegeben. Die Forschung datiert die Schrift heute ins 12.
Jahrhundert.

Wenn es sich um dasjenige Werk handelt, welches du meintest, dann
rundet sich das Bild, und meine ursprüngliche Behauptung, daß die
allgemeine Einführung der Kommunion des Volks auf die noch heute
übliche Weise, also vermittels der Labiden und durch direkte Aufnahme
mit dem Mund, sich im Osten erst im zehnten Jahrhundert vollzogen
habe, scheint doch wieder die größere Wahrscheinlichkeit für sich zu
haben.
Nietenolaf hat geschrieben:Allerdings ist mir nicht geheuer bei dieser Art Beweisführung. Das hat etwas sehr, sehr protestantisches. Man könnte ja Kommentare zu den Konzilien lesen, z.B. die des Balsamon. Ich meine, Robert, gilt es Dir gar nichts, daß die Kirche es nun einmal so macht?
Protestantisch ist daran gar nichts. Das ist ganz einfach historische
Forschung (mit den bescheidenen Hilfsmitteln, die uns außerhalb der
Universitätsbibliotheken zur Verfügung stehen).

Übrigens mache ich doch gar keinen Hehl daraus, daß ich eure Weise
des Kommunionempfangs für die angemessenste halte, zumindest in
„normalen“ Messen. Man muß aber auch die Geschichte kennen und
verstehen, wie es dazu gekommen ist. Das bewahrt vor Absolutierun-
gen und vorschnellen Urteilen, so als sei anderes gar nicht möglich und
verwerflich.

In der Debatte um Mund- oder Handkommunion geht es mir auch
vorwiegend darum, jene in den „eigenen Reihen“, die allzu scharf die
Handkommunion verwerfen, ein wenig zum Nachdenken und zur Mä-
ßigung zu bewegen. Unbeschadet meiner Auffassung, daß die bei uns
hier fast allgemein üblich Praxis der Handkommunion im Ergebnis
doch recht schädlich ist.

Aber auch an eure orthodoxe Adresse richte ich eine Erkenntnis aus
unserer Diskussion. Auch euer Ritus ist nämlich nicht frei von Neue-
rungen. Die Kommunion empfangt ihr tatsächlich nicht mehr so, wie
die Kirchenväter sie ihrem Volk gespendet haben. Das sei bloß ein Bei-
spiel, man könnte zahlreiche weitere anführen. Das sage ich als War-
nung davor, jegliche Neuerung bei „den andern“ gleich zu verdammen,
nur weil sie euch fremd ist. Besonders dir sage ich das, lieber Alexander!

Ich bin ja selber den Neuerungen gegenüber überaus kritisch und halte
nicht selten meinen katholischen Brüdern das orthodoxe Beispiel vor
Augen. Aber hütet euch, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Nicht
alles Fremde ist schlecht.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Nun, Robert, mir geht es eigentlich um nichts als um eine gewisse Apologie der Zuordnung Labis --> Johannes Chrysostomos.

Wir wissen beide, daß die "Handkommunion" die ursprüngliche Form der Kommunion ist; das bestreitet niemand, sicher auch nicht Alexander. Es gibt keine Agapen mehr, die Eucharistie findet (im Gegensatz zu den Evangelienberichten) in der ersten Tageshälfte statt, und wir wissen, daß es auch in der Ostkirche viele Änderungen am Ablauf der Liturgie gegeben hat. Ich kann Dir solche Änderungen an ihrem Herzstück, dem eucharistischen Kanon bzw. der Epiklese, zeigen, die nicht vor dem 15. Jahrhundert dahinein aufgenommen wurden. Ich neige aber dazu, die Frage organisch (und nicht scholastisch) anzugehen.

Ich hatte schon mehrmals angemerkt, daß die "Handkommunion" in der Form, wie Du Kanon 101 des Trullanums interpretierst (also rechte Handfläche auf linker zum Empfang des Leibes Christi) heute nach wie vor in der Ostkirche existiert. So empfangen die Geistlichen den allreinen Leib. Warum nicht die Laien? Ich denke, zur Beantwortung dieser Frage muß man den einen wesentlichen Einschnitt in Betracht ziehen, der die Kirche und speziell die Liturgie betraf: das ist zweifellos die "Legalisierung" der Kirche im Jahr 313 und die damit wachsenden Probleme, als wichtigstes der Ansturm der halb- oder kleingläubigen Massen, die im Verlauf der Zeit aus Eigennutz, Karrieregründen oder Gewohnheit in die Kirchen Gottes kamen. Als Reaktion bildete sich auf der einen Seite das Mönchtum, auf der anderen Seite wurde aber auch das Sakrament aus der Masse herausgenommen: die Eucharistie fand nicht mehr im Anschluß an die Agapen statt (bei diesen scheint es ja noch zu Zeiten des Apostels Probleme gegeben zu haben, siehe > Jud. 12), und allgemein wanderte sie "hinter verschlossene Türen": allmählich wurde der Altarbereich vom Kirchenraum abgetrennt, und darin findet nun tatsächlich das Abendmahl statt, verschlossen vor den Augen der Welt, wie an jenem Tag, als der Herr den Aposteln Seinen Leib und Sein Blut gab. Die Geistlichen empfangen den Leib also wie damals die Apostel in Abgeschiedenheit, während die Laien erst etwas später dran sind: die Altarpforten werden dazu geöffnet, der Herr zeigt sich nach Seinen Leiden der Menschheit.

Deswegen ist es, so gedacht, nicht verkehrt, wenigstens den Ursprung (die "Erfindung") des Labis in die Zeit zu verlegen, in der dieser deutliche Einschnitt in die Geschichte der Kirche stattfand. Ich bezeuge Dir, daß an jedem orthodoxen Seminar, in jeder geistlichen Lehranstalt gesagt wird, der Labis gehe auf den hl. Johannes Chrysostomos zurück. Das wird nicht belegt, und natürlich von namhaften Liturgikern und Historikern bestritten; ich erwähnte ja schon > Archimandrit Kiprian (Kern), einen namhaften orthodoxen Theologen des 20. Jahrhunderts, "Pariser Schule" (falls Dir das ein Begriff ist). Letzten Endes tut es aber nichts zur Sache, aber es wäre in meinem Empfinden trotzdem protestantisch, wollte man nun diesen frommen Glauben mittels historischer Forschung demontieren.

Man kann sich fragen, ob es heutzutage sinnvoll ist, auf "Handkommunion" zu bestehen. Sind heute wieder weniger halb- und kleingläubige Menschen in der Kirche? Vielleicht ja! Aber wissen sie in jedem Fall, was sie da in die Hand bekommen? Hier stört sich einer am anderen: der ist nicht ehrfürchtig genug, jener geht Damit um wie mit einem Stück Gebäck. Ich bin zwar nicht der Meinung, daß eine "Mundkommunion" automatisch würdiger macht, aber sie schränkt Mißbrauch ein, sie ist aus rein praktischen Gründen angemessen und verhindert Zwischenfälle wie den einen, der hier von irgendwem mal verlinkt wurde: eine geweihte Hostie fiel irgendeiner Schnalle in den Ausschnitt, und der Priester bemühte sich verzweifelt, sie dort herauszuholen. Wofür er natürlich eine gewischt bekam. Genau auf diese (und ähnliche) Art wird's nämlich zum Spott, und ich schätze auch, daß die Mehrzahl jener, die hier für eine Mundkommunion der Laien eintreten, das aus vernünftigen Gründen tun.

Ich denke also, daß wir alle uns der Neuerungen bewußt sind und keine Neuerung bei den anderen pauschal verdammen; allerdings betrachte ich "unsere" Neuerungen eben als "organisch". Sie entspringen dem Wesen der Liturgie. (Obwohl mir auf Anhieb eine Neuerung einfältt, die nicht so ganz organisch ist. 8) )

viv
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Empfang der hl. Eucharistie in der Orthodoxen Kirche

Beitrag von viv »

[Anm. d. Mod.: Dieses war der ursprüngliche erste Beitrag in diesem Thema; dieser seinerseits ist eine Auskopplung aus dem Strang "Orthodoxe Gottesdienste". - N.]

ich löchere euch mit fragen, ihr müsst einhalt gebieten, wenn's zuviel wird - ich hoffe auch die frage ist hier am rechten platz:

orthodoxe christen kreuzen wenn sie zum kommunionempfang nach vorne gehen und auch beim zurückgehen an den platz die hände vor dem herzen -
für mich bedeutet diese gebärde ganzes gesammelt sein , innige liebe... und was das bloße beobachten mit mir gemacht hat: dass mir "das herz aufgegangen" ist. aber das verbinde ich damit...

könnt ihr mir diese gebetsgebärde von eurer tradition her näher erläutern? gibt es die gebärde auch noch sonst im gottesdienst, im gebet? übrigens, beim priester hab ich sie noch nie so gesehen...

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Walter
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Beitrag von Walter »

Hallo viv,

die von Dir beschriebene Handhaltung (auch nur) beim Kommunionsempfang wurde schon beim Konzil in Trullo 692 empfohlen:
"Die Hände in Kreuzesform haltend lasst uns den Leib des Gekreuzigten empfangen!"

Leider ist diese Tradition in der westlichen Kirche verloren gegangen, bzw. wurde durch die (heidnisch) germanische Unterwürfigkeitsgeste, mit der Leibeigene und Vasallen vor ihren Gutsherren treten mussten, ersetzt. :roll:

Bischöfe, Priester, und Diakone kommunizieren vorab im Altarraum (auch nicht mit dem Löffel wie die Laien), deshalb konntest Du die Gebärde bei ihnen auch nicht sehen.

"Moderne" Theologen wie A. Kallis regen sich darüber auf, weil zu große (Ehr)furcht vor Leib und Blut Christ den Mahlcharakter der Eucharistie verdränge. Zudem findet er es "diskriminierend" und nicht "zeitgemäß", wenn mündige Erwachsene beim Kommunionsempfang wie Kinder behandelt werden. Ich finde die Tradition jedoch sehr schön (und eine Aufwertung der Kinder)! :)

Bild

Auf dem Foto ist die Eucharistiefeier einer orthodoxen Gemeinde in Alaska zu sehen. Das rote Tuch, das der Diakon unter den Mund hält, soll verhindern, dass etwas von Leib und Blut Christi dabei verloren gehen kann.

LG
Walter

PS:
viv hat geschrieben:für mich bedeutet diese gebärde ganzes gesammelt sein , innige liebe... und was das bloße beobachten mit mir gemacht hat: dass mir "das herz aufgegangen" ist. aber das verbinde ich damit...
Das geht mir auch immer so! :ja:
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Walter hat geschrieben:"Moderne" Theologen wie A. Kallis regen sich darüber auf
Niemand außer Prof. Kallis regt sich drüber auf. Walter, er ist einfach ein alter Spinner, der es ausnützt, daß er sich in der Diaspora aufhält. Weder in Griechenland noch in einem anderen Land mit einer mehrheitlich orthodoxen Bevölkerung würde er es wagen, sochle Bücher, wie er sie schreibt, drucken zu lassen.
In Deutschland würde es ihm wohl auch durchgehen, wenn er Vielweiberei lehren würde.
Zuletzt geändert von Alexander am Mittwoch 10. Mai 2006, 10:49, insgesamt 1-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

viv hat geschrieben:orthodoxe christen kreuzen wenn sie zum kommunionempfang nach vorne gehen und auch beim zurückgehen an den platz die hände vor dem herzen
Walter verweist zurecht auf das Konzil von Trullo, welches diese Haltung beim Kommunionsempfang vorschreibt. Wir hatten das hier schon einmal detaillierter diskutiert, und uns an der lateinischen Interpretation des Kanons mit den "gekreuzten Händen" erfreut. ;)
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

viv
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Beitrag von viv »

ob's gleich die einzig mögliche haltung ist, der besonderen begegnung mit dem herrn gerecht zu werden? vielleicht liegt es mir mehr einschließlich zu denken als vom ausschließen her. aber das tut nicht wirklich was zur sache.
was ich schade finde ist, wenn gebetsgebärden ganz verkümmern, eingefordert werden müssen, weil sie nicht angefüllt sind mit der erfahrung von menschen.
schwierig auch, wenn wir nicht mehr mit dem leib beten. mir scheint das tut dem menschen nicht gut. und da hat uns die orthodoxie und auch andere religionen etwas bewahrt, was bei uns im westen in vergessenheit geraten ist oder zugunsten anderem (unheimliche kopflastigkeit und noch unheimlichere hohe theologie vielleicht?) zu wenig beachtung fand ...
ich bin dankbar für das beispiel unserer brüder und schwestern im glauben!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:
viv hat geschrieben:orthodoxe christen kreuzen wenn sie zum kommunionempfang nach vorne gehen und auch beim zurückgehen an den platz die hände vor dem herzen
Walter verweist zurecht auf das Konzil von Trullo, welches diese Haltung beim Kommunionsempfang vorschreibt. Wir hatten das hier schon einmal detaillierter diskutiert, und uns an der lateinischen Interpretation des Kanons mit den "gekreuzten Händen" erfreut. ;)
Dort hattest du allerdings schon eingestanden, daß es um den Emp-
fang der Kommunion mit der Hand ging, demzufolge auch um ge-
kreuzte Hände, nicht Arme.

Dies Zeichen beim Wechsel zum Kommunionempfang mit dem
Mund entsprechend abgewandelt fortzuführen, ist aber natürlich
nicht bloß legitim, sondern sehr schön.
[/color]
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Dort hattest du allerdings schon eingestanden, daß es um den Emp-
fang der Kommunion mit der Hand ging, demzufolge auch um ge-
kreuzte Hände, nicht Arme.
[/color]
Ja und nein. Es ging um den Empfang der Kommunion mit der Hand anstelle von irgendwelchen Gefäßen, die scheinbar manche anstatt der Hände gebrauchten. Deine Schlußfolgerung, es seien folglich gekreuzte Hände gemeint, ist nicht selbstverständlich. Ich habe immer noch Probleme mit Deiner Interpretation: "gekreuzte Hände". Mir scheint es schwierig, Hände zu "kreuzen" oder das so zu formulieren; man würde m.E. eher vom Ineinanderlegen der Hände sprechen. Ich habe auch den entsprechenden Kanon nur in Kirchenslawisch vorliegen; das Slawische hat (wie das Russische) für "Hand" dieselbe Vokabel wie für "Arm". Vielleicht findet ja mal irgendwer die lateinische oder griechische Version: sind's gekreuzte manūs oder brachia?
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:das Slawische hat (wie das Russische) für "Hand" dieselbe Vokabel wie für "Arm"
Ein echtes Problem für zweisprachig aufwachsende Kinder … ;D
Nietenolaf hat geschrieben:Vielleicht findet ja mal irgendwer die lateinische oder griechische Version: sind's gekreuzte manus oder brachia?
Ich habe schnell den Mansi gegriffen, weil ich meinte, das da schon mal gelesen zu haben. Leider finde ich zum Quinisextum bloß eine Handvoll überaus polemischer Kommentare, jedoch keinen einzigen Originaltext. Wer weiß, wo ich das neulich gesehen hatte! Aber kein Wunder, die Polemik bei Mansi: der Band ist 1766 erschienen. Schärfer als da war die Konfrontation nie.
Nietenolaf hat geschrieben:Deine Schlußfolgerung, es seien folglich gekreuzte Hände gemeint, ist nicht selbstverständlich. Ich habe immer noch Probleme mit Deiner Interpretation: "gekreuzte Hände". Mir scheint es schwierig, Hände zu "kreuzen" oder das so zu formulieren; man würde m. E. eher vom Ineinanderlegen der Hände sprechen
Es ist keine Schlußfolgerung, sondern spontanes Verständnis, welches sich einstellt, wenn man’s liest, ohne durch die heutige ostkirchliche Praxis bereits ein bestimmtes Bild in der Erinnerung zu tragen, welches von der Lektüre sogleich evoziert wird.

Wobei mein »spontanes Verständnis«, das gebe ich zu, im Hintergrund die Lektüre Cyrills von Jerusalem hatte: ganz frei von Voraussetzungen ist ja keiner. Allerdings geht Cyrill dem Trullanum ein wenig voraus, während eure heutige Praxis ihm mit weitem Abstand nachfolgt. Mit Cyrill im Kopf den fraglichen Canon zu lesen, bringt einen darum wohl doch eher in die rechte interpretative Spur.
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Beitrag von Nietenolaf »

newadvent.org hat geschrieben:
CANON 101
Ancient Epitome: Whoever comes to receive the Eucharist holds his hands in the form of a cross, and takes it with his mouth; whoever shall prepare a receptacle of gold or of any other material instead of his hand, shall be cut off.

The great and divine Apostle Paul with loud voice calls man created in the image of God, the body and temple of Christ. Excelling, therefore, every sensible creature, he who by the saving Passion has attained to the celestial dignity, eating and drinking Christ, is fitted in all respects for eternal life, sanctifying his soul and body by the participation of divine grace. Wherefore, if any one wishes to be a participator of the immaculate Body in the time of the Synaxis, and to offer himself for the communion, let him draw near, arranging his hands in the form of a cross, and so let him receive the communion of grace. But such as, instead of their hands, make vessels of gold or other materials for the reception of the divine gift, and by these receive the immaculate communion, we by no means allow to come, as preferring inanimate and inferior matter to the image of God. But if any one shall be found imparting the immaculate Communion to those who bring vessels of this kind, let him be cut off as well as the one who brings them.
Ich weiß nicht, was "newadvent.org" mit "Ancient Epitome" meint. Diese kursive Passage fehlt in meiner Ausgabe der Kanones ("Kanones der Heiligen Orthodoxen Kirche mit Kommentaren des Bischofs Nikodim (Milosch)") komplett, freilich ist da eindeutig von Mundkommunion die Rede; dort und weiter unten allerdings tatsächlich auch von gekreuzten Händen. Versteh' einer die Lateiner :)
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Ich weiß nicht, was "newadvent.org" mit "Ancient Epitome" meint
Eine kurze Zusammenfassung, wie man es von Regesten etc. kennt.
Da als ancient bezeichnet, noch aus „antiken“ Zeiten.
Nietenolaf hat geschrieben:Diese kursive Passage fehlt in meiner Ausgabe der Kanones ("Kanones der Heiligen Orthodoxen Kirche mit Kommentaren des Bischofs Nikodim (Milosch)") komplett, freilich ist da eindeutig von Mundkommunion die Rede; dort und weiter unten allerdings tatsächlich auch von gekreuzten Händen. Versteh' einer die Lateiner
Na, dieser Nicodemus ist wohl eher Byzantiner … Aber ich versteh’
ihn schon. Er projiziert sein in der (seiner) Gegenwart gewonnenes
Bild in eine ferne Vergangenheit. – Vielleicht findet ja einer noch mal
jenen Canon 101 im Original. Jede Wette, daß da cheîres steht. Der
Kontext läßt für anderes keinen Raum.
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Beitrag von Nietenolaf »

Hier noch ein kleiner Nachtrag zur Diskussion über Kanon 101 des Trullanums.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Nietenolaf hat geschrieben:Ich weiß nicht, was "newadvent.org" mit "Ancient Epitome" meint
Eine kurze Zusammenfassung, wie man es von Regesten etc. kennt.
Da als ancient bezeichnet, noch aus „antiken“ Zeiten.
Ich zitiere diese "Epitome" nochmal:
''Ancient Epitome'' zu cn. 101, Trullanum, hat geschrieben:Whoever comes to receive the Eucharist holds his hands in the form of a cross, and takes it with his mouth; whoever shall prepare a receptacle of gold or of any other material instead of his hand, shall be cut off.
Die Quelle ist wie gesagt lateinisch: www.newadvent.org. Kursiv von mir.

Desweiteren noch die Übersetzung des Kommentars zu Kanon 101 von Bischof Nikodim (Milosch), welche ihn vom Vorwurf der Projektion der eigenen Tradition freisprechen dürfte. Er zitiert damit fast komplett Balsamon:
Bischof Nikodim (Milosch) zu Kanon 101 des Trullanums hat geschrieben:"In jenen Zeiten," - sagt Balsamon in seiner Auslegung dieses Kanons, "be-
nutzten manche der Reichen, wie es scheint, aus Verachtung der Armen aus
Gold oder irgendeinem anderen Material hergestellte Gefäße (δοχεία) unter
dem Vorwand der andachtsvollen Gottesfurcht anstelle der Hände, und em-
pfingen in diese während der Kommunion den allreinen Leib unseres Herrn
und Gottes und Heilandes Jesus Christus. Anfangs war das möglicherweise
von manchen aus Ehrfurcht erdacht worden, denn man kann annehmen, daß
die Hand, die einige unanständige und unwürdige Gegenstände berührt, nicht
würdig ist, den Leib des Herrn zu empfangen. Aber im Verlauf der Zeit wurde
diese Ehrfurcht zu einem Unheil für die Seele, denn jene, die so verfuhren, such-
ten einen Vorzug vor den Ärmsten, und verfielen anderweitig in Eitelkeit. Und
so, da es den Vätern schien, daß darin der Grund für viele Versuchungen liegt,"
haben sie diesen Kanon erlassen. "Ich denke," - sagt Balsamon weiter, - "daß
mit diesem Kanon jene angeprangert werden, die während der heiligen Kom-
munion ihre Würde und Herkunft zur Schau stellen und Bevorzugung zu er-
langen suchen." Was aber die zu Zeiten Balsamons (also im 12. Jahrhundert),
wie auch heutzutage übliche Art betrifft, den Laien die Kommunion von den
Priestern direkt in den Mund verabreichen zu lassen, und nicht so, wie es in die-
sem Kanon beschrieben wird, so bemerkt Balsamon dazu, daß dies nicht deswe-
gen so geschieht, weil die Laien unwürdig seien, sondern weil dies der wahre
Glaube, die Gottesfurcht und echte Ehrfurcht so überliefert haben.
Kursiv wieder von mir. Fazit: wahrscheinlich steht im griechischen Original des Kanon 101 wirklich "cheîres", aber so eindeutig ist das nicht. Möglicherweise ist das Trullanum letzten Endes der erste Schritt zur nicht lange danach allgemein verbreiteten Mundkommunion gewesen. Bleibt die Frage nach der "Ancient Epitome". Wie "ancient" ist das wirklich, wo findet man das belegt?
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

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Fingalo
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Beitrag von Fingalo »

Habe gerade den griechischen Text bekommen (Fontes Christiani).
Kann hier aber keine griechischen Buchstaben eingeben.
Drum Umschrift: "... tàs cheîras schämatízoon eis týpon stauroû, ..." :ikb_smartass:

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Walter
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Beitrag von Walter »

Hallo Fingalo,

sei willkommen hier im Forum! :)
Fingalo hat geschrieben:Kann hier aber keine griechischen Buchstaben eingeben.
Drum Umschrift: "... tàs cheîras schämatízoon eis týpon stauroû, ..." :ikb_smartass:
Doch, hier kann man alle Unicode-Zeichen eingeben, auch (zumindest neu)griechische. Das geht am einfachsten durch Umstellung des Tastaturschemas von [DE] auf [EL]:
"... τάς χείρας σχηματίζων εις τύπον σταυρού, ..."
Gruß
Walter
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Fingalo
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Beitrag von Fingalo »

Danke, das muss man aber erst in Windows installieren (im System auswählen). Das habe ich nur für die skandinavischen Tastaturen gemacht.
Und die Zirkumflexe hat Du auch nicht übernommen.
Und dann weiß ich ja noch lange nicht, wo auf der Tastur was liegt. Ich glaube, da gibt's dann bei den Eingabehilfen eine Bildschirmtastatur.
Aber für den kurzen Text war mir das alles zu mühsam. Aber wenn ich öfter mal griechische Texte eingeben muss, dann werde ich's wohl machen.

Musste gerade eine griechische Stelle des NT im Geschichtsforum eingeben, weil da jemand behauptete, Jesus habe in Kapharnaum ein Haus besessen. War einer falschen Übersetzung aufgesessen. War immer noch zu faul. Hab's in WordPerfect geschrieben und reinkopiert.

P.S.: Bin über eine Google-Suche hier plötzlich drauf gestoßen. Bin solchen Foren immer skeptisch gegenüber eingestellt - schlechte Erfahrungen auf dem Gegenpol: "www.Freigeisterhaus.de". Aber scheint hier sehr vernünftig zuzugehen, was ich so lese.
Ich denke, ich kann mich hier sogar als katholischer Agnostiker (oder agnostischer Katholik?) wohlfühlen.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Fingalo hat geschrieben:Danke, das muss man aber erst in Windows installieren (im System auswählen). Das habe ich nur für die skandinavischen Tastaturen gemacht.
Und die Zirkumflexe hat Du auch nicht übernommen.
Der Zirkumflex wurde im Neugriechischen auch abgeschafft, ebenso Gravis, die Spiritus, Iota subscriptum, etc. Einzig der Akut [dt. Tastatur: ö] ist als Diakritikum übrig geblieben.
Fingalo hat geschrieben:Und dann weiß ich ja noch lange nicht, wo auf der Tastur was liegt. Ich glaube, da gibt's dann bei den Eingabehilfen eine Bildschirmtastatur.
Aber für den kurzen Text war mir das alles zu mühsam. Aber wenn ich öfter mal griechische Texte eingeben muss, dann werde ich's wohl machen.
Im Gegensatz zur russischen Tastaturbelegung, wo eigentlich nichts übereinstimmt :sauer:, ist die griechische recht einfach zu behalten :ja:, nur Buchstaben, die es im jeweils anderen Alphabet nicht gibt, wurden irgendwie verteilt (und wie auf US-Tastaturen sind y und z vertauscht):

Code: Alles auswählen

q w e r t z u i o p
; ς ε ρ τ υ θ ι ο π

a s d f g h j k l ö
α σ δ φ γ η ξ κ λ Akut

y x c v b n m
ζ χ ψ ω β ν μ
Fingalo hat geschrieben:... War immer noch zu faul. Hab's in WordPerfect geschrieben und reinkopiert.
Das geht hier natürlich auch. ;)
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Fingalo
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Beitrag von Fingalo »

Walter hat geschrieben:
Fingalo hat geschrieben:Danke, das muss man aber erst in Windows installieren (im System auswählen). Das habe ich nur für die skandinavischen Tastaturen gemacht.
Und die Zirkumflexe hat Du auch nicht übernommen.
Der Zirkumflex wurde im Neugriechischen auch abgeschafft, ebenso Gravis, die Spiriti, Iota subscriptum, etc. Einzig der Akut [dt. Tastatur: ö] ist als Diakritikum übrig geblieben.
Und das ist bei altgriechischen Texten ein Problem.

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Irenaeus
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Registriert: Donnerstag 7. Dezember 2006, 09:59

Beitrag von Irenaeus »

Hi,
mir fällt dazu ein, dass man doch auch bei uns die Hände kreuzt, wenn man die Handkommunion empfängt.... ich glaube jedenfalls, das mal so gelernt zu haben.... oder mache ich da wieder etwas falsch?

Ich finde diese Geste der Orthodoxen auch wunderschön (ich kannte sie gar nicht, habe auch zu wenig Gelegenheit mich mit den Traditionen der zu beschäftigen - leider) und die Diskussion,ob es nun manus (ich weiß, mit langen u, aber ich weiß nicht, wie ich das eingeben soll ) oder brachia sind, die da gekreuzt werden sollen, sei den Spezialisten vorbehalten :) [hr]. Und ob man einen erwachsenen Menschen damit entmündigt, wie der Herr Kallis behauptet, sei dahingestellt (der Mensch ist sowieso in der Kirche zu sehr entmündigt worden, zumindest bei uns - sorry - anderes Thema :mrgreen: ).

viv schrieb dazu:

" ob's gleich die einzig mögliche haltung ist, der besonderen begegnung mit dem herrn gerecht zu werden? vielleicht liegt es mir mehr einschließlich zu denken als vom ausschließen her. aber das tut nicht wirklich was zur sache.
was ich schade finde ist, wenn gebetsgebärden ganz verkümmern, eingefordert werden müssen, weil sie nicht angefüllt sind mit der erfahrung von menschen.
schwierig auch, wenn wir nicht mehr mit dem leib beten. mir scheint das tut dem menschen nicht gut. und da hat uns die orthodoxie und auch andere religionen etwas bewahrt, was bei uns im westen in vergessenheit geraten ist oder zugunsten anderem (unheimliche kopflastigkeit und noch unheimlichere hohe theologie vielleicht?) zu wenig beachtung fand ...
ich bin dankbar für das beispiel unserer brüder und schwestern im glauben! "
(Sorry, ich komme mit diesem Quote-Kram nicht klar, deshalb in Anführungszeichen)

.... und da muss ich zustimmen. Man hat das Gebet m. E. viel zu sehr "verkopft". Welcher Mensch ist heute noch in der Lage - oder wagt es noch - ein selbst formuliertes Gebet zu sprechen? Das sind nur noch wenige. Ich arbeite viel mit Kindern, die trauen sich das noch, aber es gibt auch Kinder, die sich nicht mehr in den Gottesdienst wagen, weil sie das Vater Unser nicht sprechen können (dann stehen aber auch meistens die Eltern nicht mehr hinter der Sache....). Oder wer macht noch eine Kniebeuge, wenn er am Tabernakel vorbei geht (wer weiß überhaupt noch, was der Tabernakel ist, und wo man ihn findet?), wer kniet noch bei der Wandlung nieder? ich kenne leider sehr wenige Menschen, die das tun. Das zum Thema "mit dem Leib beten", was ich sehr sehr wichtig und heilsam finde.

Dafür machen die Menschen dann Tai Chi und Chi Gung oder wie das alles heißt, und erfahren so, dass man auch mit dem Leib beten kann, was sie dann aber auf den sportlichen Effekt reduzieren.... ("Da bin ich nachher immer so schön entspannt!") .....Schade, schade, schade.

Ich könnte heulen, wenn ich so etwas höre. Dabei kommt es aber doch gar nicht auf ein perfekt dahergesagtes Gebet an, diese Menschen können aber oft nicht einmal mehr im Angesicht Gottes von ihrem Funktionalismus ablassen.

Und da tut es mir gut, dass es noch andere Menschen gibt, für die eine solche Haltung noch selbstverständlich ist. Das sind einfache, kleine Gesten mit einer so tiefen Bedeutung, dass sie den Menschen immer erreichen, wenn er sie einfach nur tut... und sich nicht fragt, ob die Hände jetzt korrekt gekreuzt sind oder falsch rum... (ich hab von meiner Großmutter mal eine Ohrfeige bekommen, weil ich das Kreuzzeichen falsch herum und mit links gemacht habe - da war ich fünf, mir war das sowas von egal - die Richtung, nicht die Ohrfeige ;) )

Danke den Brüdern und Schwestern, die sich solche Dinge bewahrt haben! Irenaeus
Per Deum omnia fieri possunt.
Benedicamus Domino!
PAX

Petra
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Beitrag von Petra »

Irenaeus hat geschrieben:wer kniet noch bei der Wandlung nieder? ich kenne leider sehr wenige Menschen, die das tun.
Die allermeisten in den Messen.

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Chrysostomos
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Beitrag von Chrysostomos »

Ich möchte Prof. Kallis nicht als alten Spinner bezeichnen, das ist schon sehr beleidigend! Ich kenne seine Bücher und Artikel gut - sicherlich ist vieles diskussionswürdig. Und er stellt auch nur Probleme und Fragen zur Diskussion, was ja an und für sich nichts Schlechtes ist! Die Handkommunion wie sie in der katholischen Kirche üblich geworden ist, hat ja auch viele Nachteile, wie mittlerweile allseits bekannt sein düfte. Dennoch ist auch übertriebene Skrupel vor den Heiligen Gestalten sicherlich nicht im Sinne des Gottmenschen Jesus Christus. Aber die Ehrfurchtslosigkeit, wie sie manchmal in katholischen Gottesdiensten zu beobachten ist, lässt die ostkirchliche Form der Kommunion wieder sehr sinnvoll erscheinen. Außerdem muss man wissen, dass der Löffel die alttestamentliche Zange symbolisiert, die verwendet wurde, um die glühende Kohle zur Reinigung in den Mund Jesjas zu legen. Analog also: der Leib und das Blut Christi reinigen - zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben!

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Pit
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Beitrag von Pit »

Stimmt, zum Beispiel die etwa 2-300 Gläubigen, die sonntags 11.30 Uhr in der Messe im Münsteraner Dom sind.
Manchmal knie ich allerdings auch nicht, da ich - "dank" der Schmerzen im Bein - nur schwer wieder hochkomme.

Gruß, Pit
Petra hat geschrieben:
Irenaeus hat geschrieben:wer kniet noch bei der Wandlung nieder? ich kenne leider sehr wenige Menschen, die das tun.
Die allermeisten in den Messen.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Chrysostomos hat geschrieben:Ich möchte Prof. Kallis nicht als alten Spinner bezeichnen, das ist schon sehr beleidigend!
In der Tat, ich habe mich einer beleidigender Formel bedient und das ist schlecht. Jedoch wollte ich damit (auf eine unpassende Weise) vermeiden, ihn so zu bezeichnen, wie ich ihn sehe: als einen Feind der Kirche Christi. Jemand, der unter Deckung eines einflußreichen Amtes, und, durch das Leben in der Diaspora der Kontrolle durch das gläubige Volk entzogen, für die Akzeptanz vorehelicher und, schlimmer noch, homosexueller Beziehungen in der Kirche Christi Partei ergreift, ist ein Werkzeug des Teufels.

Ansonsten gebe ich Ihnen recht --- seine Schriften sind in anderem oft recht erbaulich und gaben auch mir nützliche Denkanstöße.
Zuletzt geändert von Alexander am Montag 29. Januar 2007, 09:54, insgesamt 1-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Mal ein Bildchen zum Threadthema -- ich war mit meinem letzten Beitrag nämlich schrecklich :ikb_offtopic:


Bild
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Chrysostomos
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Beitrag von Chrysostomos »

Lieber Alexander, es ist durchaus menschlich und verständlich, wenn man sich manchmal aus Eifer und innerer Überzeugung zu schärferen Bezeichnungen hinreissen läßt. Es geht mir ja oft genauso! Und übrigens schätze ich Ihre Postings in diesem Forum sehr! Gott segne Sie!
LG Chrysostomos

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