Gemeinsam beten

Ostkirchliche Themen.
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Alexander hat geschrieben:Tja, Petra, das Leben, die Kirche und sogar Gott sind nicht so, wie wir uns es und sie und ihn gerne zusammenbasteln würden.
Genau das aber will der moderne, der demokratisch durchsäuerte Mensch: Gott soll sich nach ihm, nach Wunsch & Willen und Mode des Zeitgeistes richten. Die Kirche ist weitgehend Wachs in den Händen des Demos.

Daher das infantile Gejammer & Wimmern bei Tsunamis und dergleichen: "Wie konnte das Gatt zulassen?"

Die ausgeblasenen Gutmenschen können auch kaum noch den Anblick des Kreuzes ertragen.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Heute ist es weder Recht noch Praxis der „orthodoxen“ noch der „katholischen“ Kirchen, daß Orthodoxe und Katholiken miteinander nicht beten könnten.
In der Orthodoxie gibt es verschiedene Parteien, auch innerhalb der Diözese von Berlin und Deutschland der russischen Orthodoxen Kirche, der Nietenolaf und ich angehören. Leute haben eben verschiedene Meinungen. Geh mal auf Athos und Du wirst kaum einen finden, der ein gemeinsames Gebet akzeptierte, in manchen Klöstern dort würde man Dich nicht einmal in die Kirche lassen (doch das ist schon eher eine Ausnahme).

Zur Bedeutung der Canones Apostolorum hat Nietenolaf ja genug gesagt.
Zuletzt geändert von Alexander am Donnerstag 18. August 2005, 21:58, insgesamt 1-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Nietenolaf hat geschrieben:
Das Verbot gibt es also nicht wegen der Furcht, ein Pfingstkirchler könnte mit "Vater unser" jemand anderen meinen, sondern deshalb, weil die Mitglieder der Kirche davor bewahrt werden sollten, sich eine heterodoxe Form der Gottesbeziehung anzueignen.
Ich würde zwischen Theologie und Seelsorge unterscheiden.
Aus theologischer Sicht ist schon zu fragen, weshalb ein Mensch, dessen Taufe man anerkennt, nun plötzlich im Vollzug des Gebetes zu meiden sei. Herr, ich danke dir, dass ich nicht so bin wie diese.
Aus seelsorgerlicher Sicht ist eine solche Trennung jedoch nachvollziehbar. Sie nimmt einfach Rücksicht auf die "Schwachen", die eine - aus der eigenen Perspektive - "ungesunde, ungenügende, falsche" Art des Lobpreises verwirren würde. Ich erinnere mich an die Mahnungen meiner tiefgläubigen evangelischen Eltern, die mich vor katholischen Gottesdiensten mit den Worten warnten: "Kind, sei vorsichtig, da ist viel heidnisches Zeugs dabei!"

Auf Deine Idee, lieber Nietenolaf, Bildchen nebeneinander zu legen und daraus irgendetwas abzulesen, wären aber nicht mal meine Eltern gekommen.

Übrigens: Das Gesicht, das Du als Avatar ausgesucht hast und einen erst erschreckt und dann aggressiv macht, spiegelt nicht unbedingt eine im Gebet sich geöffnet habende Seele dieser Person. :mrgreen:

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Tacitus hat geschrieben:Ich würde zwischen Theologie und Seelsorge unterscheiden.
Aus theologischer Sicht ist schon zu fragen, weshalb ein Mensch, dessen Taufe man anerkennt, nun plötzlich im Vollzug des Gebetes zu meiden sei.
Ich halte das Verbot für seelsorgerisch. Freilich geht's nicht nur um die "Verwirrung" der Schwachen. "Gebet" meint in dem Verbot "Gottesdienst": ginge ich also in eine Synagoge und beteilige mich aktiv am dortigen Gottesdienst, so wäre ich anathema. Gleiches gilt für die Gottesdienste der Arianer, Monophysiten, usw. usf.; praktisch bedeutet das aber ein Verbot der Teilnahme an den Sakramenten der Häretiker. Verboten wird aber auch das Gebet, "und sei es nur zu Hause". Ergo habe ich mich nicht an den häuslichen Gesängen der Häretiker zu beteiligen. Die Häresie ist zwar ein theologisch begründetes Phänomen, sie äußert sich aber in der Praxis: sie ist eine Heterodoxie. Nun stelle ich mir vor, ich würde mit einer Stearinkerze in der Hand zum Klampfen einer schlecht gestimmten Gitarre irgendein zeitgenössisches, mehr oder weniger christliches Ding mitsingen. Das ist die Häresie. Und das bedeutet nicht, daß ich nicht für mich beten könnte: "Herr, erbarme Dich."

Wie gesagt ist dieses Verbot tatsächlich seelsorgerisch. Es wird z.B. keinem Priester verwehrt, die Tafel bei Nichtchristen mit einem Gebet zu segnen.

Die Taufe z.B. der Protestanten wird auch erst in dem Moment anerkannt, wenn es darum geht, daß eine konkrete Person sich der Kirche anschließt. Vorher stellt sich diese Frage gar nicht. "Extra ecclesiam nullam salus."

Tacitus hat geschrieben:Auf Deine Idee, lieber Nietenolaf, Bildchen nebeneinander zu legen und daraus irgendetwas abzulesen, wären aber nicht mal meine Eltern gekommen.
Das macht nichts. Sie hatten eben keine Erfahrung oder kein Interesse an christlicher Antropologie, oder keinen Blick dafür.
Tacitus hat geschrieben:Übrigens: Das Gesicht, das Du als Avatar ausgesucht hast und einen erst erschreckt und dann aggressiv macht, spiegelt nicht unbedingt eine im Gebet sich geöffnet habende Seele dieser Person. :mrgreen:
Nein, ich sagte ja auch nicht, daß es sich so verhält. Das ist eher als eine Steilvorlage gedacht und sozusagen Kanonenfutter, an dem ihr euch erst einmal abreagieren könnt.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Nietenolaf hat geschrieben:Anwendungsbeispiel: die Orthodoxe Kirche erkennt die Taufe der Protestanten an, die "Taufe" der Wachtturm-Gesellschaft lehnt sie jedoch komplett ab.
:hmm:

Und wie ist die Erklärung der Patriarchen von Konstantinopel, Alexandrien und Jerusalem vom Juli 1755 zu werten, in der sie eben die in der lat. Kirche gespendeten Sakramente nicht anerkennen?

Oder wurde das mal zurückgenommen? Wann?
Zuletzt geändert von Juergen am Donnerstag 18. August 2005, 15:06, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

@Tacitus, grüße Deine Eltern herzlich. Hier ist etwas für euch:
Hl. Ignatios Theophoros, [i]pros Trallianois, 3,[/i] hat geschrieben:"Ein Beispiel für eure Liebe bekam und habe ich in eurem Bischof, dessen Äußeres allein sehr gelehrsam ist."

Es ist klar, daß es nicht um die liturgische Kleidung oder die Länge der Haare des Bischofs geht, sondern um das seines inwendigen Menschen, das man in seinen Augen zu erblicken vermag.

Denke auch an den Spaziergang des Hl. Franziskus von Assisi, den er als Predigt bezeichnete, ohne daß er irgendwem gepredigt hätte.

...zumal die Sache mit dem "verklärten Antlitz" zum Fest der Verklärung des Herrn (heute/morgen) aktueller gar nicht sein kann. :)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Juergen hat geschrieben:
Nietenolaf hat geschrieben:Anwendungsbeispiel: die Orthodoxe Kirche erkennt die Taufe der Protestanten an, die "Taufe" der Wachtturm-Gesellschaft lehnt sie jedoch komplett ab.
:hmm:

Und wie ist die Erklärung der Patriarchen von Konstantinopel, Alexandrien und Jerusalem vom Juli 1755 zu werten, in der sie eben die in der lat. Kirche gespendeten Sakramente nicht anerkennen?

Oder wurde das mal zurückgenommen? Wann?
Die Erklärung der Patriarchen ist kein ökumenisches Konzil, nicht einmal ein Lokalkonzil.
Was heißt aber anerkennen? Das ist eine eigene Diskussion wert. Wie es Augustinus gesehen hat, weißt Du wahrscheinlich.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Alexander hat geschrieben:Was heißt aber anerkennen?
Ganz einfach:
Erkenne ich die Taufe an, dann wird jemand, der danach zur Kirche findet, nicht mehr getauft;
erkenne ich die Taufe nicht an, dann wird jemand, der danach zur Kirche findet, getauft.
Gruß Jürgen

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Die Patriarchen wiederholen ja auch den alten Fehler des hl. Cyprian von Karthago. Und gegen seine Fehler gibt es Konzilbeschlüsse. Die Worte der Patriarchen sind also schon vor ihrer Verkündigung "zurückgenommen" worden.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Juergen hat geschrieben: Ganz einfach:
Erkenne ich die Taufe an, dann wird jemand, der danach zur Kirche findet, nicht mehr getauft;
erkenne ich die Taufe nicht an, dann wird jemand, der danach zur Kirche findet, getauft.
Ja, aber hl. Augustinus z.B. nennt die Taufe der Herätiker eine leere Form, die dann durch die Aufnahme in die Kirche gefüllt wird. Also: keine Wiedertaufe, aber auchg keinerlei Gnade vor der Aufnahme.

(ich unterschreibe seine Meinung nicht unbedingt)
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Hast Du mal die Quelle für die Augustinusmeinung?

Nachtrag:
Ach, ich glaube ich finde es auch so. Das muß irgendein Brief aus dem Jahre 408 sein.

*such*wühl*

-> ep. 98
Zuletzt geändert von Juergen am Donnerstag 18. August 2005, 15:58, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Juergen hat geschrieben:Hast Du mal die Quelle für die Augustinusmeinung?
Ich kenne sie aus >>>diesem Buch
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Alexander hat geschrieben:Geh mal auf Athos und Du wirst kaum einen finden, der ein gemeinsames Gebet akzeptierte, in manchen Klöstern dort würde man Dich nicht einmal in die Kirche lassen
Ist mir schon klar, Alexander. Und das muß und werde ich ggf. selbstverständlich respektieren, wie andere, niedere Schranken andernorts auch. Aber es ging mir ja vor allem darum, den Eindruck etwas aufzuweichen, der bei einigen wohl entstanden war, es handele sich um ein allgemein gültiges, strenges Gesetz der orthodoxen Kirchen. Der weitere Verlauf des Gesprächs, der sich nun auf den seelsorglichen Zweck konzentriert, unterstützt diese meine Absicht ja auch.
Nietenolaf hat geschrieben:Robert, das Konzil zu Trullo (691 a.D.) hat in seinem zweiten Kanon die Verbindlichkeit der "uns im Namen der heiligen und ruhmreichen Apostel überlieferten 85 Kanones" festgelegt. Diese 85 Canones Apostolorum findet man in jedem orthodoxen Konzilskompendium an erster Stelle.
Ein interessanter Hinweis, Roman. Das war mir nicht bekannt. Der römische Bischof hat das sogar bestätigt, wenn auch erst achtzig Jahre später und nach widerwilligem Zögern. Freilich auch nur für den constantinopolitaner Patriarchat, aber darüber hinaus hatte das Trullanum ja auch keine Gültigkeit, selbst wenn es von Justinian II. ursprünglich anders konzipiert war.

Daraus ergibt sich dann freilich auch, daß sowohl formaler Rang und regionale Gültigkeit wie auch der Inhalt selbst interpretationsfähig und bedürftig sind und in der Praxis, wie ihr selbst sagt, auch innerorthodox unterschiedlich interpretiert werden.
Nietenolaf hat geschrieben:Mit Kanon 46 hast Du recht, allerdings steht in den Kommentaren dazu immer, daß diese Ablehnung der Häretikertaufe jene Häresien betrifft, die zu Zeiten der Apostel und kurz darauf auftraten, in welchen die wichtigsten Glaubenswahrheiten über die Trinität und die Inkarnation des Sohnes Gottes verzerrt waren.
Ja, das hatte ich oben selbst ansprechen wollen, dann aber wieder vergessen: die Frage, wer hier eigentlich mit den „Häretikern“ gemeint sei. Da gibt es dann, besonders aus seelsorglichen Gründen, die mit den doktrinären natürlich auch zusammenhängen, vielfältige Abstufungen. Aber was rede ich, ihr habt das ja bereits dargelegt.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:Und wie ist die Erklärung der Patriarchen von Konstantinopel, Alexandrien und Jerusalem vom Juli 1755 zu werten, in der sie eben die in der lat. Kirche gespendeten Sakramente nicht anerkennen?
Die wurde von den übrigen Patriarchaten nie mitvollzogen. Auch in den genannten ist sie offiziell längst gegenstandslos (seit wann eigentlich? seit Athenagoras? da bin ich nicht ganz sicher), wenn auch einige, wie vor allem auf dem Athos und in Teilen des georgischen Mönchtums, daran festhalten.

Übrigens ist diese Erklärung der drei Patriarchen (oder vier? hat Antiochien sich nicht angeschlossen – der zu Constantinopel haltende Teil, meine ich, nach dem nicht von ungefähr gerade eingetretenen Schisma innerhalb der Melchiten?) auch als Reaktion auf das Verbot jeder Sakramentengemeinschaft mit den getrennten Ostkirchen des byzantischen Ritus durch die Ritenkongregation im Jahre 1729 zu verstehen.

Die russische Kirche dagegen hat auf die Erklärung von 1755 reagiert, indem sie zwei Jahre später ausdrücklich auch die katholische Firmung anerkannt hat.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Nur zur Information: das Konzil von Trullo (das "Penthekton") wird in der orthodoxen Kirche ganz offiziell als ein ökumenisches Konzil (und zwar als ein Teil des Sechsten bzw. Fortführung des Fünften und des Sechten) gewertet. Seine Kanones sind für uns genauso verbindlich, wie auch die der anderen Konzilien. Rom akzeptierte dann seine Beschlüsse, "soweit sie dem wahren Glauben und den römischen Dekreten nicht widersprächen." Der Vorbehalt kam deshalb, weil das Konzil von Trullo einen großen Mißstand in der römischen Kirche gegeißelt hat, eine Neuerung, die die alte Kirche nicht kannte, und die später auch schwerwiegende Folgen brachte: den Pflichtzölibat für den gesamten Klerus. Der Widerstand des Papstes ist ein Zeichen großen Ungehorsams der Gesamtkirche gegenüber. Der Stolz, immer wieder dieser Stolz.

Aus diesem Vorbehalt zu schließen, daß die römische Kirche etwas gegen die Canones Apostolorum gehabt hätte, wäre meines Erachtens nicht unbedingt gerechtfertigt. Die Konzilsbeschlüsse wurden angenommen, und in der Praxis bezüglich der Häretiker war man sich damals so ziemlich einig, denke ich mal. Der hl. Augustinus ist ja auch nicht allzu liberal in diesen Sachen, nicht wahr?
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Alexander hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Heute ist es weder Recht noch Praxis der „orthodoxen“ noch der „katholischen“ Kirchen, daß Orthodoxe und Katholiken miteinander nicht beten könnten.
In der Orthodoxie gibt es verschiedene Parteien, auch innerhalb der Diözese von Berlin und Deutschland der russischen Orthodoxen Kirche, der ich und Nietenolaf angehören. Leute haben eben verschiedene Meinungen. Geh mal auf Athos und Du wirst kaum einen finden, der ein gemeinsames Gebet akzeptierte, in manchen Klöstern dort würde man Dich nicht einmal in die Kirche lassen (doch das ist schon eher eine Ausnahme).

Zur Bedeutung der Canones Apostolorum hat Nietenolaf ja genug gesagt.
Ich kann das bestätigen. Vor ein paar Jahren war ich auf dem Athos. Es verhält sich so, wie du sagst.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Mit Verlaub, Alexander, das Trullanum ist niemals von der Gesamtkirche als ökumenisch anerkannt worden. Der Versuch der Kaisers, den Papst gewaltsam nach Byzanz schaffen und zur Unterschrift zwingen zu lassen, ist bekanntlich auch gescheitert.

Inhaltlich ging es um Vorschriften der Kirchendisziplin, die zum großen Teil einzig die lokalen Verhältnisse des Constantinopolitaner Patriarchats betrafen. Auch von daher wäre es Unsinn, ihnen allgemeinkirchliche, katholische Geltung zumessen zu wollen. Gewiß war dies die Absicht der Kaisers, der die Synode einberufen hatte. Dahinter stand jedoch eine grobe Mißachtung westlicher Bräuche, die ebenso ihr eigenes Recht hatten.

Daß westlicherseits die Beschlüsse schließlich als für den Osten legitim und gültig anerkannt worden sind, war der Punkt, an dem man sich wieder einigen konnte. Daß sie im Westen nicht galten, oder wenigstens nur zu einem geringeren Teil und nicht aufgrund der in trullo gefaßten Beschlüsse, das wußte auch der Osten, und das anerkannte auch der Osten, denn er hat keineswegs dessenthalben die Gemeinschaft aufgekündigt, im Gegenteil, man hat ein weiteres gemeinsames, allseits als ökumenisch anerkanntes Konzil abgehalten, was nicht möglich gewesen wäre mit solchen, die Beschlüsse eines Ökumenischen Konzils ablehnen.

Ferner sind die Beschlüsse des Trullanum auch ihrer Natur nach – als rein disziplinarisch nämlich – gar nicht Gegenstand dessen, was nach gemeinsamer Meinung einem Ökumenischen Konzil als für die gesamte Katholizität verbindlich vorzuschreiben zukommt.
Alexander hat geschrieben:Der Widerstand des Papstes ist ein Zeichen großen Ungehorsams der Gesamtkirche gegenüber. Der Stolz, immer wieder dieser Stolz.
Das, mein Lieber, ist nun wirklich eine reichlich dumme und wirklich schon ärgerliche Aussage: einem abendländischen Patriarchen Hochmut vorzuwerfen, weil er sich weigert, sich aufgrund der Beschlüsse einer byzantinischen Lokalsynode dem ganzen Abendland die eigene Tradition ausreißen und ihm byzantinische Lokalgewohnheiten überstülpen zu lassen.

Ich spare ja, wie du wohl weißt, auch mit Kritik am Westen nicht, wo sie berechtigt ist. Und ich werbe um Verständnis für die eigenen, gleichberechtigten Traditionen des Ostens. Ich verstehe auch noch, wenn ein Mönch auf dem Athos oder im Kaukasus keine Kenntnis westlicher Traditionen hat und sie bloß als fremdartig abzulehnen imstande ist. In Erfurt oder Dresden erwarte ich schon einen etwas weiteren Blick.
Alexander hat geschrieben:Aus diesem Vorbehalt zu schließen, daß die römische Kirche etwas gegen die Canones Apostolorum gehabt hätte, wäre meines Erachtens nicht unbedingt gerechtfertigt. Die Konzilsbeschlüsse wurden angenommen, und in der Praxis bezüglich der Häretiker war man sich damals so ziemlich einig, denke ich mal. Der hl. Augustinus ist ja auch nicht allzu liberal in diesen Sachen, nicht wahr?
Beim eben Gesagten ging es mir um die eigenen Beschlüsse des Trullanum, nicht um die Canones Apostolorum selbst. Diese wurde aber, anders als du behauptest, nicht „angenommen“, sondern lediglich – einige Abstriche mal außen vor – gebilligt, und zwar für den Osten.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das, mein Lieber, ist nun wirklich eine reichlich dumme und wirklich schon ärgerliche Aussage: einem abendländischen Patriarchen Hochmut vorzuwerfen, weil er sich weigert, sich aufgrund der Beschlüsse einer byzantinischen Lokalsynode dem ganzen Abendland die eigene Tradition ausreißen und ihm byzantinische Lokalgewohnheiten überstülpen zu lassen.

Ich spare ja, wie du wohl weißt, auch mit Kritik am Westen nicht, wo sie berechtigt ist. Und ich werbe um Verständnis für die eigenen, gleichberechtigten Traditionen des Ostens. Ich verstehe auch noch, wenn ein Mönch auf dem Athos oder im Kaukasus keine Kenntnis westlicher Traditionen hat und sie bloß als fremdartig abzulehnen imstande ist. In Erfurt oder Dresden erwarte ich schon einen etwas weiteren Blick.
Also, Robert, es ging nicht um byzantinische Lokalgewohnheiten. Apostel Paulus erlaubte sogar den Bischöfen, in der Ehe zu leben, von den anderen ganz zu schweigen.

Ich bin weder ein Populist noch lasse ich mich durch zu viel political correctness befangen.

So mancher Mönch von Athos und Kaukasus ist übrigens viel kompetenter als "Erfurt oder Dresden" zusammengenommen. Wenn wir alle Traditionen des Westens als gleichberechtigt betrachteten, dann stünden wir mit ihm in der eucharistischen Gemeinschaft. Der Punkt ist eben der, das wir manche der Entwicklungen der Lateiner als Fehlentwicklungen erkennen. Als Fehlentwicklungen, die überwunden werden müssen, damit eine Einheit möglich wird. Was natürlich nicht bedeutet, daß die lateinische Kirche den byzantinischen Ritus annehmen müßte. Wenn aber alles so bleibt, wie es ist, dann ist keine Einheit möglich, und das zu "vergessen" frommt keinem. Das gilt nicht nur für die Dogmatik. Die Dogmatik existiert auch nicht alleine für sich.
Und dabei haben wir doch so Vieles gemeinsam, so Vieles...
Nun gut, zu den anderen von Dir angesprochenen Sachen morgen, ich muß leider offline gehen.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Canones apostolorum hat übrigens die Kölner Dombibliothek im Internet. :ikb_angel_not:
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ach, eins noch zur guten Nacht, Alexander: Deute mir doch mal den dritten Canon des Nicænum.
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ach, eins noch zur guten Nacht, Alexander: Deute mir doch mal den dritten Canon des Nicænum.
Robert, diesen Kanon zu deuten ist theoretisch kein Problem,
allerdings bedarf es dazu einer Masse an Text, Quellen und
Hintergrundwissen. Ich habe alles nötige da, bis auf eines: die
Zeit dazu. Ich hoffe, es heute abend bringen zu können. Falls
solange Muße herrscht, hier ein Lesetip: Socrat, Hist. eccl. I, 11
[Migne, s. g., t. 67, col 101-104].

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ja, Roman, du meinst die Wortmeldung des heiligen Bischofs und Bekenners Paphnutius. Ein wichtiges Zeugnis. Wir lernen daraus, daß es auf dem Nicænum mindestens eine starke Partei unter den Vätern gab, welche verheirateten Männern, die zu Klerikern geweiht werden sollten, durch ein neues Kirchengesetz auferlegen wollte, sich zuvor von ihren Frauen zu trennen.

Die Gegenrede des Paphnutius überzeugte die Versammlung, den Antrag fallen zu lassen. Der Bekennerbischof hatte es für unzumutbar und gefährlich erklärt, allen ein so hartes Gesetz aufzuerlegen, auch mit Blick auf die Ehefrauen übrigens. Man kam also überein, die mögliche Trennung eines Weihekandidaten von seiner Gattin um eines künftig enthaltsamen Lebens willen jedem einzelnen anheimzustellen.

Socrates Scholasticus, der Kirchenhistoriker, der uns dies überliefert hat, berichtet allerdings nicht – wenn ich nicht etwas übersehen habe –, was das Konzil in dieser Materie gleichwohl beschlossen hat, nämlich den oben von mir erwähnten Canon 3. Diese Vorschrift verbietet es den Klerikern, eine Miteingebrachte zu haben, sie sei denn die Mutter, Schwester oder Tante oder eine über jeden Verdacht erhabene Person.

Der Canon läßt sich sehr wohl auch auf Ehefrauen interpretieren. Das war wenigstens von einem Teil der Väter auch so beabsichtigt, wie wir aus dem von Socrates berichteten Vorhaben schließen können, gegebenenfalls die Trennung von der Ehefrau zu fordern. Dies wurde nun aufgrund des Einspruchs des Paphnutius nicht beschlossen. Zugleich haben wir aus besagtem Bericht gelernt, daß man sich geeinigt hatte, solche Trennung der Entscheidung des einzelnen zu überlassen, also eine Fortführung bereits bestehender Ehen zu erlauben.

In den Canones des Konzils schlägt sich das allerdings nicht nieder. Um so naheliegender ist, daß diejenigen, welche generell ein zölibatäres Leben des Klerus für angemessen hielten, in ihren eigenen Jurisdiktionen sich bemühten, entweder die freiwillige Trennung verheirateter Weihekandidaten von den Ehegatten zu fördern, oder aber von vornherein Verheiratete nicht zu weihen, was das Konzil ja keineswegs verbot, sondern – zumindest ist dies eine mögliche und legitime Interpretation – sogar empfahl.

Diese Variante setzte sich im Westen durch, wenn auch nicht sofort und lange nicht vollständig; jene dagegen gewann im Osten die Vorherrschaft. Mir scheint, daß die Väter des Nicænum sich über diese unterschiedlichen Wege durchaus im klaren waren.

Ganz gewiß kann in keinem der beiden so skizzierten Wege in Grund zur Verweigerung der communicatio in sacris liegen – was im Ernst wohl auch niemand behaupten wird.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Gut, dann halte ich den Dampf in meiner Brust zurück und warte auf Nietenolafs Beitrag. *händereib*
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Robert hat geschrieben:Der Canon läßt sich sehr wohl auch auf Ehefrauen interpretieren.
Angesichts von z.B. 1 Tim 3:2 halte ich diese Interpretation des konkreten Kanons für mehr oder weniger bemüht. Hier erstmal dessen Wortlaut:
[i]Nicænum[/i], Kanon 3, hat geschrieben:"Das große Konzil hat ohne Ausnahme bestimmt, daß es weder einem Bischof, noch einem Presbyter, noch einem Diakon, noch überhaupt jemandem von denen, die sich im Klerus befinden, gestattet sei, eine bei ihnen im Hause mitlebende Frau zu haben, es sei denn [es ist] die Mutter, oder Schwester, oder Tante, oder nur solche Personen, welche keinerlei Verdacht trifft."
Kanon 1 des gleichen Konzils behandelt aus scheinbar unerfindlichen Gründen Selbstverstümmelungen: dort heißt es, grob gesagt, daß jemand, der von Krankheit oder Barbaren oder den Herrschern verstümmelt wurde, im Klerus bleiben bzw. in den Klerus aufgenommen werden kann. Jene aber, die sich selbst verstümmeln, sollen aus dem Klerus ausgeschlossen bzw. nicht in ihn aufgenommen werden.

Anlaß für diese Bestimmung war ein gewisser antiochischer Presbyter Leontios, der mit einer Frau namens Eustolia zusammenlebte [Quellen reiche ich auf Anfrage gern nach]; dieser Leontios wollte einerseits nicht in Hurerei verfallen, andererseits Eustolia nicht aus seinem Hause entlassen. Also tat er was? Er kastrierte sich. Dafür wurde er noch vor dem Konzil seines Standes enthoben, und der antiochische Bischof Eustathios (Vorsitzer des Konzils!) sorgte dafür, daß solches allgemeingültig wurde.

Warum bringe ich das? Einfach, um auf eine zur damaligen Zeit gängige Praxis unter vielen Klerikern hinzuweisen, und hier kommt das, was ich vorhin mit «Hintergrundwissen» meinte: in den ersten Jahrhunderten gab es bei Klerikern, manchmal auch Laien, die ehelos bleiben wollten, die Sitte der sogenannten «geistlichen Ehen», das heißt, sie suchten sich eine Frau, mit der sie zusammen unter einem Dach lebten, aber (nach ihren Worten) keine Beziehung zu ihr eingingen; diese Beziehungen sollten rein geistlich sein, man sollte sich gegenseitig im Gebet und den Tugenden vorantreiben usw.. Die Rolle der Frauen war also nicht hundertprozentig deckungsgleich mit einer "Haushälterin" gewesen: diese Frauen nannte man «geistliche Schwestern» (άδελφαί), «Geliebte» (άγαπηταί) (ja!) und «zusammenlebende» (συνείσακτοι). Soweit die Theorie. Sicherlich gab es tugendhafte Beispiele für solch eine Praxis, aber man braucht nicht groß zu rätseln, um darauf zu kommen, was das in vielen Fällen in Wahrheit war: Hurerei.

Der Hl. Gregor von Nazianz meint genau das (Gregor. Nazianz., carm. III (Migne, s, g., t. 37, col. 632f.), wenn er sagt, daß “inzwischen mit diesen schönen Bezeichnungen eine höchst üble Sache benannt wird”. Und hier Hieronymos zum gleichen Thema:

Hieron., Epist. 22, ad Eustoch. de custod. virginitatis hat geschrieben:”Unde in ecclesias agapetarum pestis introiit? unde sine nuptiis aliud nomen uxorum? Plus inferam: unde meretrices univirae? Eadem domo, uno cubiculo saepe tenentur et lectulo; et suspiciosos nos vocant, si aliquid existimamus...”
Eine Partei des Konzils wollte nun ein generelles Verbot von Ehen für Männer im geistlichen Stand, ab dem Range eines Hypodiakons aufwärts, um so jedwede üble Nachrede über die Reinheit der Geistlichkeit von selbiger fernzuhalten. Hier kommt der Hl. Paphnutios, Bischof von Thebais, ins Spiel, welchen Robert erwähnte: er stellte sich genau hier dagegen; er argumentierte, daß man diese Bürde nicht allen auferlegen könne, und die Ehe sei keine gottwidrige Sache, sondern daß dagegen eine ungebührliche Strenge der Kirche großen Schaden bringen kann. Also, die Meinung der Mehrheit ausdrückend, befand man es für genügend, gemäß der alten Überlieferung der Kirche (κατά τήν τής έκκλησίας άρχαίαν παράδοσιν) nur denen, die bereits Kleriker waren, eine Eheschließung zu verbieten.

Der Standpunkt des Hl. Paphnutios war um so gewichtiger, da er selbst ein Mönch und Asket war und nie mit Frauen zu tun hatte. Seinen Standpunkt teilte das Konzil, und es überließ es dem Willen jedes einzelnen Klerikers, in einer Ehe zu leben oder ehelos zu verbleiben [Socrat., Hist. eccles. I, 11!; dazu Hefele «Conciliengeschichte» Bd. I]. Das entsprach durchaus der Praxis der Kirche bis dahin: siehe Can. Apost., Kanon 5 (wo es Klerikern verboten wird, ihre Frauen zu verjagen) und Kanon 26 (wo die Eheschließung ausdrücklich für Lektoren und Sänger erlaubt und gleichzeitig auf diese Weihegrade beschränkt wird).

Das Nicænum hat also in Wahrheit erst die Legitimität eines verheirateten Priesterstandes anerkannt, bevor es Kanon 3 formulierte, der für die ehelosen Kleriker gilt. Es meint mit Kanon 3 Frauen, die anstelle von Ehefrauen mit Klerikern zusammenleben. Solches wird mit diesem Kanon verboten.

Genau diese Interpretation wird fortgeführt im “Nomokanon” (Sammlung von Kanones der Orth. Kirche) (slaw. Äquivalent ist das “Steuerbuch”, dort Kap. 42 und 44), oder in einer vom Imperator Justinian daraufhin herausgegebenen Novelle:

Justinian, Νον. СХХIII, с. 29, hat geschrieben:”Presbyteris et diaconis, et subdiaconis, et omnibus in clero conscriptis, non habentibus uxores secundum sacros canones, interdicimus etiam nos secundum sanctarum regularum virtutem, mulierem aliquam in propria domo superintroductam habere: tamen citra matrem, aut sororem, aut filiam, aut alias personas, quae suspicionem effugiunt. Si quis autem absque hac observatione mulierem in sua domo habet, quae potest ei suspicionem inferre, et semel et secundo a suo episcopo, aut a suis clericis admonitus, ne cum tali muliere habitaret, ejicere eam de suo domo noluerit: aut accusatore apparente approbetur inlioneste cum muliere conversari: tunc episcopus ejus secundum ecclesiasticos canones de clero eum amoveat, curiae civitatis, cujus clericus erat, tradendo. Episcopum vero nulla penitus mulierem habere, aut cum ea habitare permittimus. Si autem probetur nequaquam hoc custodiens, episcopatu projiciatur, ipse enim se ostendit indignum sacerdotio.”
Soviel zur Auslegung von Kanon 3 des Nicænum. Es kann sein, daß es genau das ist, was im Westen als generelles Verbot für die Ehe von Klerikern interpretiert wurde, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich, daß die Konzilsväter das meinten; letzten Endes hätten sie die Sache beim Namen nennen können: nämlich daß einem Kleriker die Ehe verboten ist oder je nach Gepflogenheit verboten werden könne.

(Ich paraphrasiere streckenweise aus den "Kanones des Heiligen Orthodoxen Kirche mit den Auslegungen des Bischofs Nikodim (Miloš)", Ausgabe der Russ. Auslandskirche. Die Auslegungen von Vladyka Nikodim haben es ausdrücklich nicht zum Ziele, gegen den Pflichtzölibat zu polemisieren, sondern er merkt nur an, wer zu diesem Behufe eine kompetente Meinung haben will, der besorge sich Hefeles "Conciliengeschichte", Bd. 1, 2. Aufl. und lese dort die Seiten 433 bis 435; mir liegt dieses Werk aber nicht vor.)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Eine Partei des Konzils wollte nun ein generelles Verbot von Ehen für Männer im geistlichen Stand, ab dem Range eines Hypodiakons aufwärts, um so jedwede üble Nachrede über die Reinheit der Geistlichkeit von selbiger fernzuhalten. Hier kommt der Hl. Paphnutios, Bischof von Thebais, ins Spiel, welchen Robert erwähnte: er stellte sich genau hier dagegen; er argumentierte, daß man diese Bürde nicht allen auferlegen könne, und die Ehe sei keine gottwidrige Sache, sondern daß dagegen eine ungebührliche Strenge der Kirche großen Schaden bringen kann.
Das ist nicht korrekt, Roman. Wie ich oben dargelegt habe, war es nicht eine Verpflichtung zur Ehelosigkeit, wogegen Paphnutius Widerrede erhob, sondern ganz spezifisch das von einem Teil der Väter eingebrachte Verlangen, daß Kleriker bzw. Weihekandidaten im Falle bereits bestehender Ehe sich von ihren Frauen trennen müßten.

Also keineswegs generelle Ehelosigkeit charakterisiert er als zu harte Forderung, sondern die Forderung nach Trennung bei bereits bestehender Ehe.

Der westliche Weg ist bekanntlich – insoweit ganz im Sinne des Paphnutius –, von Verheirateten die Trennung nicht zu fordern. Statt dessen weiht man sie gar nicht erst, sondern läßt (die Ausnahmen mal außer acht gelassen) nur Unverheiratete zu, die sich zugleich zur Ehelosigkeit verpflichten.
Nietenolaf hat geschrieben:Das Nicænum hat also in Wahrheit erst die Legitimität eines verheirateten Priesterstandes anerkannt, bevor es Kanon 3 formulierte…
Dies war, wie wir erst aus den Berichten des Historikers schließen können – denn die offiziellen Akten schweigen dazu – in der Tat die Übereinkunft der Väter. Wenn man aber unter Zuhilfenahme zusätzlicher Quellen erkennen kann, daß das Konzil Priesterehen nicht generell verbieten oder, soweit bestehend, faktisch trennen wollte, so wäre der weitergehende Schluß dagegen völlig verfehlt, es habe für die gesamte Ökumene die Priesterehe als legitim und unbedingt von allen Bischöfen zu erlauben vorschreiben wollen.

Die Möglichkeit, daß der Bischof nur solche weiht, die zölibatär leben, wird in keiner Weise beschränkt, im Gegenteil, der ganze Tenor scheint mir diese Richtung sogar eher zu begünstigen. Verbindlich vorgeschrieben wird nun aber auch solches natürlich nicht.

Mit andern Worten, die Konzilsväter ließen unterschiedliche Wege offen. Und ich behaupte (um mich zu wiederholen), sie wußten das auch.
Nietenolaf hat geschrieben:… der für die ehelosen Kleriker gilt. Es meint mit Kanon 3 Frauen, die anstelle von Ehefrauen mit Klerikern zusammenleben. Solches wird mit diesem Kanon verboten.
Das ist eine mögliche und legitime, aber nicht die einzig mögliche und legitime Interpretation.

Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an. Denn die Möglichkeit, überhaupt bloß Zölibatäre zu Klerikern zu weihen, bestand und besteht ja – gerade angesichts der allgemeinen Tendenz, die in der Ehelosigkeit gerade des Priesters jedenfalls die bessere Wahl sah – ganz unabhängig vom Canon 3 des Nicænum.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ja, Roman, du meinst die Wortmeldung des heiligen Bischofs und Bekenners Paphnutius....
Dazu erstmal:
Friedhelm Winkelmann: Paphnutios, der Bekenner und Bischof. In: P. Nagel (Hg.): Probleme der koptischen Literatur. Halle 1968, S. 145-153.
Friedhelm Winkelmann: Die Problematik der Entstehung der Paphnutioslegende. In: J. Herrmann: Griechenland - Byzanz - Europa. Berlin 1985, S. 32-42.

Winkelmann vertritt mit guten Argumenten die These, daß es einen solchen Bischof nie gegeben hat.


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Diese Geschichte galt lange als "Bollwerk", zumindest Zweifel an der Richtigkeit des Zölibats der westlichen Kirche aufkommen zu lassen.

Wenn Winkelman Recht hat, und es sich um eine Legende aus dem Ende des 4. Jh. handelt, dann sieht freilich die Frage nach dem Zölibat ganz anders aus.

Dann nämlich kann man annehmen, daß das Entstehen der Legende einem gewissen Interesse folgte: nämlich dem, eine Stellungnahme gegen den Zölibat in der Hand zu haben.

Wenn also die Verneinung des Zölibats durch Paphnutius ein interessengeleitete Legende ist, dann kann u.U. das Gegenteil davon als die apostolische Regel zur damaligen Zeit angesehen werden.
Diese Regel lautet dann: "daß die Kleriker, nämlich die Bischöfe, Presbyter und Diakone, nicht mehr ihren Frauen, die sie noch als Laien geheiratet hatten, beiwohnen."

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Ebenso sei empfohlen:
Stefan Heid: Zölibat in der frühen Kirche. Die Anfänge einer Enthaltsamkeitspflicht für Kleriker in Ost und West. Paderborn 1997.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ach Jürgen, solcherlei negative Heurekitis ist ja sehr beliebt heutzutage. In der Regel steht das auf sehr dünnem Eis.

Ich finde hier durchaus keine fadenscheinige Legende aus späterer Zeit, sondern Berichte seriöser und zuverlässiger Historiker (neben Socrates ist auch Sozomenus zu nennen [hist. eccl. I,23,1-4]), die nicht viel mehr als ein Jahrhundert später schrieben.

Was gibt denn Winkelmann, von dem ich hier leider nur das Buch über Euseb habe, als Begründung seiner Hypothese an?
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert hat geschrieben:Also keineswegs generelle Ehelosigkeit charakterisiert er [der Hl. Bischof Paphnutios - N.] als zu harte Forderung, sondern die Forderung nach Trennung bei bereits bestehender Ehe.
Ich bin nicht einverstanden, Robert. Hier bitte ein Auszug aus des Sokrates Scholastikos Kirchengeschichte an der fraglichen Stelle:
Socrates Scholasticus: Hist. eccl. I, 11 hat geschrieben:"I shall now explain another thing which came to pass in consequence of his advice, both for the good of the Church and the honor of the clergy. It seemed fit to the bishops to introduce a new law into the Church, that those who were in holy orders, I speak of bishops, presbyters, and deacons, should have no conjugal intercourse with the wives whom they had married while still hymen. Now when discussion on this matter was impending, Paphnutius having arisen in the midst of the assembly of bishops, earnestly entreated them not to impose so heavy a yoke on the ministers of religion: asserting that `marriage itself is honorable, and the bed undefiled'; urging before God that they ought not to injure the Church by too stringent restrictions. `For all men,' said he, `cannot bear the practice of rigid continence; neither perhaps would the chastity of the wife of each be preserved': and he termed the intercourse of a man with his lawful wife chastity. It would be sufficient, he thought, that such as had previously entered on their sacred calling should abjure matrimony, according to the ancient tradition of the Church: but that none should be separated from her to whom, while yet unordained, he had been united. And these sentiments he expressed, although himself without experience of marriage, and, to speak plainly, without ever having known a woman: for from a boy he had been brought up in a monastery, and was specially renowned above all men for his chastity. The whole assembly of the clergy assented to the reasoning of Paphnutius: wherefore they silenced all further debate on this point, leaving it to the discretion of those who were husbands to exercise abstinence if they so wished in reference to their wives."
(Ich hatte zur Nacht keine Muße, es extra zu übersetzen; aber worauf ich euer Augenmerk lenken will, habe ich in dem Zitat hervorgehoben; ich hatte letztens den griechischen Wortlaut der Passage gebracht; die "alte Praxis der Kirche" ist es, einzig schon im Klerus befindlichen eine Heirat zu untersagen, und Paphnutios sagt, niemand solle durch die Aufnahme in den Klerus von der ihm vor der Weihe angetrauten Frau getrennt werden. Wenn Du daraus ableitest, daß kein verheirateter geweiht werden darf, dann scheint mir das etwas unlauter: "Alle Nichtmörder verhaften, dann ist der, welcher dann noch frei herumläuft, automatisch der Mörder." Wie kann man das angesichts z.B. der von mir erwähnten Canones Apostolorum, mehr noch angesichts von 1 Tim. 3:2 schließen, bzw. meinen, daß die Väter des Konzils eigentlich genau darauf hinauswollten? Ging es ihnen nur darum, daß der zu ihrer Zeit noch verheiratete Klerus sich nicht zu trennen brauchte, die künftigen Kleriker-Generationen dieses "Problem" aber gar nicht erst aufwerfen? Nee, das halte ich für reine Vergewaltigung. Ich habe nichts gegen die Tradition der lateinischen Kirche, aber der Pflichtzölibat läßt sich nicht sicher aus diesem Kanon ableiten. Da gehören noch ein paar Jahrhunderte Entwicklung drauf. Kanon 3 verbietet eindeutig die Art Frauen, die er auch exakt benennt - συνείσακτον, "introductam mulierem"; und das sind keine Ehefrauen.)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Mein teurer Jürgen, die Sache mit den verheirateten Geistlichen steht und fällt nicht mit dem Hl. Paphnutios; das ist hier nicht wie beim Hl. Augustinus und dem Filioque. Bei der von Dir vorgeschlagenen Variante des Kanons Nr. 3 wäre nun nicht mehr nur die von Robert vorgestellte Interpretation, sondern gar dessen Wortlaut ein krasser Widerspruch nicht nur zur τής έκκλησίας άρχαίαν παράδοσιν, sondern zur Hl. Schrift selbst - 1 Tim. 3:2, Apg. 21:8f. usw.; ich nehme an, die von Dir formulierte Regel war das, wogegen der Hl. Paphnutios aufstand, indem er die Ehe als etwas Heiliges bezeichnet, sie also auch durch "Beiwohnen" nicht imstande ist, irgend etwas "zu beschmutzen". Gegen die Ansicht, die Ehe sei etwas unreines, gab es ja schon die Canones Apostolorum, Nr. 5 zum Beispiel.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Mangels der Zeit wieder mal ein paar Bildchen:

Bild

Hl. Neumartyrer Priester Nikolaj (Dmitrov) mit Ehefrau Ekaterina und Tochter Elena.

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Hl. Neumartyrer Erzpriester Konstantin (Golubev) mit Ehefrau Maria und Tochter.

Bild

Hl. Neumartyrer Priester Dimitrij Milovidov mit Gattin Antonina Alekseevna und Kindern.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert hat geschrieben:Also keineswegs generelle Ehelosigkeit charakterisiert er [der Hl. Bischof Paphnutios - N.] als zu harte Forderung, sondern die Forderung nach Trennung bei bereits bestehender Ehe.
Auch bei nochmaligem Lesen des Sokrates-Zeugnisses habe ich den Eindruck, als spreche Paphnutios gegen die irrige Annahme, die eheliche Beziehung zu einer Frau sei etwas "schmutziges" und könne die Weihe irgendwie negativ beeinflussen. Verstehen wir ein und dasselbe so verschieden? Es ist schon möglich, daß man mit einem Zwangszölibat Wankelmütige aussondern wollte; die Entscheidung, vor einer Weihe zu heiraten oder es für den Rest des Lebens bleiben zu lassen, ist aber durchaus nicht leichter oder weniger ernst.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich finde hier durchaus keine fadenscheinige Legende aus späterer Zeit, sondern Berichte seriöser und zuverlässiger Historiker (neben Socrates ist auch Sozomenus zu nennen [hist. eccl. I,23,1-4]), die nicht viel mehr als ein Jahrhundert später schrieben.
Gewährsmann ist (neben anderen Dingen) für Winkelmann der Hl Athanasius, der eben keinen Paphutios zu kennen scheint. Er erwähnt ihn nicht, was schon verwunderlich ist, wo er doch sonst jeden seiner Mitstreiter im arianischen Kampf erwähnt.
Ich müßte den Text aber nochmals lesen, um genaueres zu sagen. Ich habe die beiden Bücher nicht hier.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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