Palamismus

Ostkirchliche Themen.
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Hallo Pilgerer,

kein Problem, immerhin sind Deine Fragen ja für mich auch eine gute Möglichkeit mich selber wieder damit auseinander zu setzen.

Die Tradition.
Es gibt da zwei Seiten. Wir sehen in der Bibel wie Jesus ganz klar Position dagegen bezieht (Mt 15, 3-9) und auch Paulus in seiner Warnung an die Kolosser (2, 8 ).
Wiederum lesen wir bei Paulus, wie er die Thessaloniker aufruft zu den Traditionen zu stehen (2. Th 2, 15 und 2. Th 3, 6).

Hä??? Ist hier ein Widerspruch?

Es geht wie gesagt um zwei Arten von Tradition. In den ersten Stellen geht es um die Tradition der Menschen, Traditionen die von ihnen eingeführt werden und sie denken sie seien von Gott. Diese jedoch verursacht Hypokrisie und falsche Anbetung.
Wie können wir uns davor schützen? Unglaublich, aber mit der anderen Art der Tradition, der göttlichen. Es ist jene Tradition, die der Apostel in der o.g. Stelle erwähnt.
"... jene durch das Wort oder durch unsere Schreiben". Er bezieht sich also auf die Tradition, die durch ihn oder die anderen Apostel gereicht wird, die Aposteldoktrin (Apg 2, 42). Es ist christzentrierte Wahrheit, die Paulus und die Apostel predigen.

Jetzt achten wir darauf, wie diese Tradition weitergereicht wird: durch das Wort und durch die Schreiben, also was sie sagten und was sie schrieben. Gemäß der Bibel ist also die Schrift selber heilige Tradition, der inspirierte, geschrieben Teil.
Der Heilige Geist ist der, der der Kirche die Wahrheit bringt, "Geist der Wahrheit" beten wir. Die zwölf wurden von Jesus auserwählt die Grundfesten der Kirche zu sein im Heiligen Geist, den Er ihnen versprach.

Wie ist es nun möglich, dass wir das tun, was diese Männer taten und lehrten, wenn wir nicht dort waren um das selber zu hören? Na, duch die heilige Tradition. Das, was die Apostel und ihre auserwählten Nachfolger in die Kirchen gepflanzt haben und seitdem weitergegeben wurde.

Wie kann man dem trauen? Es gibt hierfür zwei Gründe. Erstens, der Herr hat selber gesagt, der Heilige Geist würde die Kirche in alle Wahrheit führen. Das stimmt so oder auch nicht. Aber Er hat es versprochen. Das heißt nicht, dass jeder Glaubende immer die Wahrheit gesprochen hat (siehe Paulus korrigiert Petrus). Deshalb haben wir übrigens die Konzilien, die unter dem Heiligen Geist genau das erreichen, auch wenn es manchmal sehr, sehr knapp war. Das Versprechen ist bis heute gehalten.
Der zweite Grund ist, wie uns die Schrift gegeben wurde. Sie ist nicht nur unter der Inspiration durch den Heiligen Geist geschrieben worden (die Evangelien wurden ja quasi parallel zu den Reden und Schreiben verfasst - und sie sind alle in sich stimmig), sondern die Bücher wurden auch genau unter dieser Inspiration zusammengestellt. Obwohl der Konsens schon lange vorher existiert hat, war es die Synode von Karthago 397, wo dann die Liste zusammengestellt wurde.

Wenn wir also dem Heiligen Geist vertrauen, dass Er das Verfassen und Zusammenstellen der Bücher "begleitet" hat, dann vertraeun wir auch darauf, dass Er die Entscheidungen der Kirche genau so inspiriert. In anderen Worten: eben durch die göttliche Tradition.
Für uns gibt es keine Weg die Schrift zu nehmen und die Tradition runterzuspülen, das kommt in einem Paket, sozusagen. Das auseinanderzuhalten würde für uns bedeuten, dass wir das Werk des Heiligen Geistes in anerkannte und nicht anerkannte Kategorien aufteilen. Das ist schwerste Sünde.

Was ist nun mit späteren Traditionen? Als sich die römische Kirche abspaltete, führte sie neue Traditionen ein, die aus unserer Sicht zur ersten Kategorie gehören (von Menschen eingeführt, die glauben, dass sie von Gott sind). Sie haben jedoch keine Begründung in der apostolischen Tradition. Die oben genannten Beispiele wie die unbefleckte Empfängnis oder die Infallibilität waren "echte Hämmer", und so verwundert es nicht, dass die Protestanten dermaßen heftig darauf reagieren. Wo Rom hinzuaddiert hat, da hat der Protestantismus subtrahiert (als Folge darauf). Maria ist ein no-name, die Heilige Kommunion ein Gedenken, Doktrin, als persönliche Interpretationsmöglichkeit, unterliegt Wiederverhandlungen.

Die Schrift mag so etwas wie ein Regelwerk sein, doch die liturgische Kirche ist ihr Wächter und Interpret. Aber auch die Kirche hat die Tradition nicht erfunden. Die Tradition hat nur eine Quelle: Gott Selber. Die Apostel erhielten sie durch Jesus und gaben sie weiter, unverändert, an die Kirchen, die sie gründeten - stets unter dem Wirken des Heiligen Geistes (wie eben versprochen). Wie sich die Kirche entwickelte, brachten die Menschen ihre Anbetung mit rein, wie es hunderte von Jahren früher gemacht wurde, nach dem himmlischen Muster, nun aber in Christus zentriert. Die Tradition des Christentums wurde geboren so wie die alte ihr den Weg freimachte. Und durch den Heiligen Geist wird garantiert, dass die Kirche sich stets korrigieren kann, wenn sich Fehler, Häresien einschleichen. Wenn Fehler sich einschlichen, dann gingen die Apostel hinaus, um "die Sache wieder in Ordnung zu bringen", machmal durch Besuche, manchmal durch Briefe, machmal durch beides. Dies selber wurde zur Tradition, und die Briefe, vom Heiligen Geist inspiriert, wurden gelesen, wiedergelesen, abgeschrieben und weitergeleitet. Wir kennen sie heute als die Briefe des NT.

Um etwas klarer zu machen, warum die Kirche die Wahrerin der Tradition ist: die Zeugen Jehovas trägt auch eine Bibel und sagt, dass er daran glaubt. Die Tradition ist es aber die die Schrift interpretiert. Ohne sie stehen wir neben den Zeugen zusammen in einer Sackgasse: ihr Wort gegen meins. Die Kirche ist hier die Säule und die Grundfeste der Wahrheit (1. Tim 3, 15)

Somit kam unter der Aufsicht des Heiligen Geistes aus der Kirche die Bibel, auf die sie sorgsam achtet, interpretiert, verteidigt und predigt - genauso wie die apostolische Tradition aus ihr kommt, die nicht in der Schrift vermerkt ist aber mit ihr konsistent, und zu der, wie sie sagt, wir halten sollen.

(ich habe mich hierbei auf das Buch von am 1. Juli entschlafenen Priester Peter Gullquist bezogen "Becoming Orthodox" - ein ehemaliger Evangelikaler, der die Denkweisen und Auffassungen der evangelikalen und protestantischen Christen sehr gut gekannt hat)
Zuletzt geändert von Nassos am Freitag 27. Juli 2012, 19:53, insgesamt 2-mal geändert.
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Zu den Ikonen.

Wie gesagt, schlichen sich immer Fehler und falsche Ansichten in die Kirche ein. Doch bis heute wurde der wahre Glaube in der orthodoxen Kirche bewahrt und der beinhaltet auch die Ikonen.
Schon in der alten Zeit belieferte die Kirche den Gläubigen visuelle Hilfe um den Herrn zu sehen (denn was mehr wünschte sich ein Christ, als den Herrn vor sich zu sehen?).
Diese Bilder, Fenster zum Himmel, bietet denen die glauben die Möglichkeit, mit den Augen des Glaubens zu sehen, durch das Medium Ikone auf das Urbild zurück.

Das zweite Gebot sagt nicht, dass Abbildung als solches verboten sei, sondern Idole zu machen. Vor der Fleischwerdung Gottes war es absolut unmöglich irgendwas dahingehend zu machen. Mit der Fleischwerdung aber tritt Er in den "menschlichen Rahmen" ein, und genau das ist es, was wir abbilden (Abbild des Urbilds).
In Exodus 26, 1 beauftragt Gott, das Tabernakel zu erstellen mit artistischen Darstellungen der Cherubim.

Hervorzuheben ist, dass nicht das Holz, die Abbildung oder der Rahmen angebetet oder verehrt wird, sondern durch die Ikone geht die Verehrung (Heilige) bzw. Anbetung (Gott) auf sie selber zurück. Die Ikone ist also eine Visualisierung, nicht mehr.

Dadurch bedient die Ikone in der Liturgie einen unserer fünf Sinne, die - zusammen mit dem Sinn des Glaubens sozusagen - alle bedient werden (sehen, hören, berühren, schmecken, riechen) - genau wie Isaias in seiner Vision der himmlischen Liturgie. (Is 6).

Das in Kürze.
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

lifestylekatholik hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Wetzer und Welte …
… ist ja auch katholisch. Dafür ist’s hier das falsche Unterforum.
Nein, das ist es nicht, ich dachte wir seien hier im Gespräch. Ich weiß nicht, was Wetzer und Welte genau geschrieben haben. Vielleicht möchte ChrisCross das etwas näher ausführen, dann kann man auch aufhören Spekulationen über die Bedeutung und Verständnis der "unbefleckten Emfpängnis" zu betreiben.
Ich glaube immer noch, dass das unterschiedlich gemeint ist.

Aber ich weiß es halt nicht. :)
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Re: Palamismus

Beitrag von Nietenolaf »

ChrisCross hat geschrieben:
Nietenolaf hat geschrieben:Kann schon sein. Dann unterschlagen die Autoren aber, dass es z.B. auch ein Fest der unbefleckten Empfängnis Johannes des Täufers gab/gibt.
Nein, das tun sie nicht. Nur stellen sie duetlich die Unterschiede zwischen den Fetsen heraus.
Wie bitte? Falls Du "deutlich" und "Feste" meinst, so bringe doch bitte einmal Inhalte und laß sie Dir nicht aus der Nase ziehen.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

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ChrisCross
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Re: Palamismus

Beitrag von ChrisCross »

Hoppla, ich sollte öfters nochmal vor dem Abschicken meine Beiträge zur Korrektur lesen. Bitte um Verzeihung deswegen. Die betreffenden Quellen habe ich persönlich nicht vorliegen, bereits zuvor aber erwähnt, dass ich in der Sache dem Kirchenlexikon vertraue.
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Augustinus Conf. I. 1

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lifestylekatholik
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Re: Palamismus

Beitrag von lifestylekatholik »

ChrisCross hat geschrieben:dass ich in der Sache dem Kirchenlexikon vertraue.
Dafür ist’s hier das falsche Unterforum. Ein häretisches Propagandainstrument zählt hier nichts. Du müsstest schon Belege bringen, die hier akzeptabel wären.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Nassos, ich bekomme schon ein schlechtes Gewissen, dass ich dir mit wenigen Fragen so viel Arbeit gemacht habe. Umso dankbarer bin ich dir, dass du sie sehr ernst nimmst.
Nassos hat geschrieben:Wie ist es nun möglich, dass wir das tun, was diese Männer taten und lehrten, wenn wir nicht dort waren um das selber zu hören? Na, duch die heilige Tradition. Das, was die Apostel und ihre auserwählten Nachfolger in die Kirchen gepflanzt haben und seitdem weitergegeben wurde.
Enthält die "heilige Tradition" alles, was die Apostel mündlich oder schriftlich lehrten - oder haben die Kirchenväter die Tradition erweitert? Könnte jemand, der sich nur an die Tradition der Apostel des 1. Jahrhunderts hält, noch orthodox sein?
Nassos hat geschrieben:Sie haben jedoch keine Begründung in der apostolischen Tradition. Die oben genannten Beispiele wie die unbefleckte Empfängnis oder die Infallibilität waren "echte Hämmer", und so verwundert es nicht, dass die Protestanten dermaßen heftig darauf reagieren.
Aus protestantischer Sicht sind bestimmte Traditionen und Strukturen mit der Zeit immer wichtiger geworden und haben den Blick auf die schlichten, aber "effektiven" Teile des Evangeliums versperrt. Die Machtfrage war wichtiger als die Botschaft von der rettenden Hand des guten Hirten.
Nassos hat geschrieben:Die Tradition hat nur eine Quelle: Gott Selber. Die Apostel erhielten sie durch Jesus und gaben sie weiter, unverändert, an die Kirchen, die sie gründeten - stets unter dem Wirken des Heiligen Geistes (wie eben versprochen).
Wenn wir das mit den Gleichnissen vom Sämann und Samenkorn verknüpfen, passt das gut. Jesus ist der Logos (=Gottes Hand und Mund), der Sich säte, um in der Gestalt der Kirche mit einer Vielzahl von Zellen aufzugehen. Das bedeutet dann auch, dass die Kirche zum Arm Gottes wird, durch den er handeln und schreiben (z.B. bei Konzilien) kann. Ich selbst glaube auch, dass jeder Christ die Anbindung an die "alte" Kirche der Väter notwendig hat. Für Protestanten im weiteren Sinn ist das eine große Herausforderung, aber das können sie besser in der Klausnerei diskutieren.
Nassos hat geschrieben:Um etwas klarer zu machen, warum die Kirche die Wahrerin der Tradition ist: die Zeugen Jehovas trägt auch eine Bibel und sagt, dass er daran glaubt. Die Tradition ist es aber die die Schrift interpretiert. Ohne sie stehen wir neben den Zeugen zusammen in einer Sackgasse: ihr Wort gegen meins. Die Kirche ist hier die Säule und die Grundfeste der Wahrheit (1. Tim 3, 15)
Das stimmt. Ich habe schon im Internet mit Zeugen Jehovas und anderen Antitrinitariern diskutiert und erfahren, wie schnell man da in einer Sackgasse ankommt. Schon die frühen ökumenischen Bekenntnisse zeigen, wie die Bibel zu interpretieren ist. Mir widerstrebt es allerdings, in zu vielen Bereichen die Vielfalt der christlichen Interpretation zu beschränken, weil sonst die Gefahr besteht, dass die Kirche Gott Vorschriften machen will.
Nassos hat geschrieben:Wie gesagt, schlichen sich immer Fehler und falsche Ansichten in die Kirche ein. Doch bis heute wurde der wahre Glaube in der orthodoxen Kirche bewahrt und der beinhaltet auch die Ikonen.
Muss denn jede orthodoxe Ortskirche Ikonen haben oder könnte sie auch frei davon sein?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Pilgerer hat geschrieben:Nassos, ich bekomme schon ein schlechtes Gewissen, dass ich dir mit wenigen Fragen so viel Arbeit gemacht habe. Umso dankbarer bin ich dir, dass du sie sehr ernst nimmst.
Oh, das ist nicht nötig, Pilgerer. Ich habe das gerne getan. Die Fragen nehme ich ernst, weil sie mich auch zum Nachdenken anregen. Und ich muss sagen, dass sind keine einfache aber gute Fragen.
Pilgerer hat geschrieben: oder haben die Kirchenväter die Tradition erweitert?
Ich würde nicht von erweitern sprechen. Wie soll ich etwas erweitern, dass von Gott kommt? Nein, sie haben nicht erweiteren, sondern versucht, im Sinne dieser Tradition zu interpretieren. Die Kirche hat in einer Synode dann die Interpretation als orthodoxe Lehre anerkannt oder eben nicht.

Und genau in diesem Sinne hat der Hl. Gregor Palamas nicht eine neue Theologie erschaffen und nicht erweitert, sondern den Glauben wahrend in Worte gefasst. Hätte die Synode entschieden, dass er einem Irrtum unterläge, dann wäre es das gewesen. Im schlimmsten Falle hätte die Irrlehre Anhänger gefunden - ähnlich wie bei den Arianern. Dann hätten wir tatsächlich von Palamismus reden können.
Genau darauf haben wir gerade den Blick: welche Väter sind dem vorgegangen, die wiederum selber die Tradition wahrend (oder um das nicht ständig zu sagen: den Glauben wahrend) die Glaubenssätze festigten (wie der Hl. Gregor der Theologe)? Ich hoffe, Hausammanns Buch hilft, diese Frage zu beantworten.
Pilgerer hat geschrieben: Das bedeutet dann auch, dass die Kirche zum Arm Gottes wird, durch den er handeln und schreiben (z.B. bei Konzilien) kann.
Sie ist nicht "nur der Arm" Gottes, sondern Leib Christi, in der der Heilige Geist wirkt und die Wahrheit schützt und erhält.
Pilgerer hat geschrieben:Muss denn jede orthodoxe Ortskirche Ikonen haben oder könnte sie auch frei davon sein?
Die Liturgie der Kirche bedient alle Sinne. Von Ikonen kann man nicht "frei sein". Es sei mir folgender Vergleich erlaubt: eine Kirche ohne Ikonen wäre genauso nackt wie meine Wohnung ohne die Fotos meiner Liebsten, die ich auch manchmal küssen, wenn sie mir fehlen und ich Sehnsucht nach ihnen habe. Die Ikonen sind das Fenster zum Himmel (richtig sieht man mit dem "geistlichen Auge") so wie das Foto gewissermaßen auch ein Fenster zu der abgebildeten Person ist (der ich - das Foto betrachtend - mich näher fühle).
So kann ich auch von den Fotos nicht frei sein, wenn ich die Leute nicht gerade unsympathisch finde, sie verachte oder sie mir egal sind.

Lieben Gruß,
Nassos

Nachtrag: hier etwas über Ikonen (englisch)
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Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Einen schönen Sonntag wünsche ich euch!
Nassos hat geschrieben:Die Fragen nehme ich ernst, weil sie mich auch zum Nachdenken anregen. Und ich muss sagen, dass sind keine einfache aber gute Fragen.
Herzlichen Dank für das Kompliment! :)
Nassos hat geschrieben:Ich würde nicht von erweitern sprechen. Wie soll ich etwas erweitern, dass von Gott kommt? Nein, sie haben nicht erweiteren, sondern versucht, im Sinne dieser Tradition zu interpretieren. Die Kirche hat in einer Synode dann die Interpretation als orthodoxe Lehre anerkannt oder eben nicht.
Gibt es denn bestimmte Überlieferungen, die sich den Aposteln klar zuweisen lassen? Was hatten sie nach ihrem Ableben der Kirche hinterlassen, sei es mündliche oder schriftliche Lehre? Ein Beispiel für eine schriftliche Überlieferung wären die Didache: http://www.unifr.ch/bkv/buch1.htm
Doch besteht die Tradition in den Bräuchen und verbalen Lehren der Apostel oder ist sie mehr?
Nassos hat geschrieben:Sie ist nicht "nur der Arm" Gottes, sondern Leib Christi, in der der Heilige Geist wirkt und die Wahrheit schützt und erhält.
Ich wollte die Kirche nicht klein reden, sondern das sollte eine Anspielung auf den Logos sein (z.B. Jesaja 51,9). Gottes Arm ist der Sohn, der Jesus wurde.
Nassos hat geschrieben:Die Liturgie der Kirche bedient alle Sinne. Von Ikonen kann man nicht "frei sein".
Ist das ein strenges Muss für jede Kirche? Ich habe sowohl bilderlose Freikirchen als auch prunkvolle katholische Barockkirchen gesehen. Beide haben auf ihre Weise gute christliche Argumente. Warum sollte diese Freiheit eingeschränkt werden?
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Was die Tradition ist, habe ich oben beschrieben, lieber Pilgerer. Deine Fragen verstehe ich nun wiederum so, was der Mensch daran festgelegt oder erweitert hat. Nichts. Die Kirche ist es, die in der Tradition der Wahrheit getreu sagt, was in die Hl. Schrift gehört, welche Väterwerke orthodoxe und katholische Lehre sind.
Pilgerer hat geschrieben:Ich wollte die Kirche nicht klein reden, sondern das sollte eine Anspielung auf den Logos sein (z.B. Jesaja 51,9). Gottes Arm ist der Sohn, der Jesus wurde.
Um Gottes Willen, das wollte ich hiermit nicht aussagen! Der Logos selber ist Arm Gottes (ich kannte diese Stelle nicht, vielen Dank hierfür!) und die Kirche ist Sein Leib, mit Ihm als Haupt.
Pilgerer hat geschrieben:Ist das ein strenges Muss für jede Kirche?
Aber ich habe doch erklärt, dass das niemand als "Muss" betrachtet. Wenn ich ein Haus baue, dann möchte ich auch Fenster darin haben. Also, einigen wir uns auf ein "strenges Will" :)
Obwohl Ikonen "Schmuck" der Kirche heißen, haben sie nicht den Sinn der hübschen Ausstattung, sondern der geistlichen Ausstattung und sind somit geistlicher Schmuck. Wenn ich nicht falsch liege, haben sogar die ersten Christen in ihren Katakomben derart in die Wände geritzt oder gar gemalt.
Warum nun Christus dargestellt wird: es ist die menschliche Natur, die wir darstellen, denn durch die Inkarnation hat Er das für uns möglich gemacht. Es geht hierbei nie um die Darstellung Seines göttlichen Wesens.
Die Allheilige, die den Unfassbaren in Ihren Schoß fasste und den Schöpfer der Welt stillte, wird in den Kirchen in der Apsis dargestellt! Dies, weil Sie den Logos als Erste "akzeptierte" und aufnahm, uns somit Vorbild wurde (darum geht es uns im Endeffekt in der Vergöttlichung) und uns nun einlädt, auch daran teilzuhaben.
Die Heiligen, die wir darstellen, sind keine Seitengötter, sondern es sind der Kirche Liebsten (siehe Vergleich mit den Fotos der Liebsten), die im geistlichen Leben weit gekommen sind (teleiounte = perfekt wurden) durch die Gnade und/oder das Martyrium. Vor ihnen haben wir Respekt, wir verehren sie, und hoffen auf sie als starke Fürbitter für uns vor dem Thron Gottes (das Gebet des Gerechten ist stark).
Und natürlich die biblischen Szenen, die uns auch an wichtige bzw. lehrreiche Ereignisse erinnern und sie uns vergegenwärtigen.
Warum also sollten wir diese visuelle Hilfe, uns in der Kirche auf Gott auszurichten (zusätzlich zum "inneren" Glauben) als ein Muss empfinden?

Selbstverständlich habe ich mir über die Nacktheit einer Kirche auch Gedanken gemacht (um die Schlichtheit zu betonen), aber nochmal: die Ikone soll geistlicher Schmuck sein, der unsere Gedanken ausrichten aber nicht ablenken soll (deshalb verzichten wir auf dreidimensionale Darstellungen). Die Ikonen soll nicht im Gegensatz zur Schlichtheit Christi auf Erden stehen, sondern Seinen "Göttlichen Reichtum", seine Basileia uns näherbringen.
Vergessen wir auch nicht, dass die Ikonen als Fenster zum Himmel nicht nur uns zum Betrachten dienen, sondern dass wir durch dieses Fenster auch betrachtet werden (schau Dir mal die Proportionen und Fluchtpunkte auf Ikonen an, bzw. die Helligkeitsgestaltung).

Ich hoffe, Du verstehst, dass die Frage nach einem "Muss" nicht treffend ist. Sicherlich wird es auch Kirchen geben, die keine Ikonen haben (können) oder wo eine Decke, die über ein Seil geworfen wird, als Ikonostase herhalten muss. Aber die Gläubigen in dieser Kirche werden das nicht als "schlicht" empfinden, sondern ihnen wird etwas wesentliches fehlen.
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songul
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Re: Palamismus

Beitrag von songul »

Toller Beitrag, Nassos! :klatsch:

Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Nassos hat geschrieben:Aber ich habe doch erklärt, dass das niemand als "Muss" betrachtet. Wenn ich ein Haus baue, dann möchte ich auch Fenster darin haben. Also, einigen wir uns auf ein "strenges Will"
Also hat es nicht den Rang eines harten Dogmas, sondern ist eher eine Orientierungshilfe?

Welche Rolle spielt die Freiheit in der orthodoxen Theologie? Wie hat sich die Freiheit des Christen und der Ortsgemeinde im Verlauf der Geschichte entwickelt?
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Lieber Pilgerer,

wie schön, dass es noch mehr gibt als den pussystrang, vielen Dank!

Ich bin gerade etwas knapp in der Zeit, daher nur soviel:

Ich weiß nicht, ob es Dogmen zur Anbringung von Ikonen in Kirchen gibt. Und ja, Orientierungshilfe ist sehr gut.

Der freie Wille des Menschen ist dessen höchstes Gut. Hierbei geht es um die Freiheit, sich für oder nicht für Gott zu entscheiden (oder gegen). Zwangsmission darf nicht sein.
Heilig ist auch die anzustrebende Freiheit des Menschen von der Sünde. Das, was wir oft als Beschränkung unseres eigenen Willens, das “Abstreifen des weltlichen Menschen“ sehen. Anders: die Vergöttlichung.
Der Weg dorthin, zur Freiheit, ist eng und hart.

Du hast sicher gemerkt, dass das nicht voneinander zu trennen ist: der freie Wille, die Freiheit in Gott von der Sünde zu erlangen. Und das sowohl für freie Menschen wie auch für unfreie.

Freiheit ist uns also das wichtigste Geschenk Gottes an den Menschen (mit aller Verantwortung, die sie mit sich bringt) und heilig.

Lieben Gruß,
Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von cantus planus »

Nassos hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob es Dogmen zur Anbringung von Ikonen in Kirchen gibt. Und ja, Orientierungshilfe ist sehr gut.
Das Pedalion erwähnt jedenfalls nicht, dass Bilder vorhanden sein müssten (sofern ich da nichts überlesen habe). Allerdings gibt es detaillierte Hinweise auf die Art der Gestaltung und die rechte Verehrung. Dadurch, dass diese Punkte auch bei anderen Vätern immer wieder betont und hervorgehoben wurden, ebenso wie an der Tatsache, dass noch nie jemand auf die Idee gekommen ist, Ikonen vorzuschreiben, kann man sicher ableiten, dass das Vorhandensein von Ikonen für die Kirche so selbstverständlich ist, wie die Existenz der Eingangstür oder der Fenster, die du schon erwähntest - und anderes nie vorkam, so dass es keinen Grund für nähere Vorschriften und Erklärungen gab (im Gegensatz zum Beispiel zu Fragen der Darstellung, bis hin zu detaillierten Verboten, welche im Umkehrschluss die Art der unerwünschten Abweichung belegen).

Dies kann man auch daran ablesen, dass selbst unter schwierigsten Zeiten in der Sowjetunion auch kleine und arme Gemeinden alles taten, um würdige Ikonen für ihre Gottesdiensträume zu beschaffen. (Dass sie auch bereits vorhandene Ikonen vor Beschlagnahme und Zerstörung zu retten versuchten, hat andere, tiefergehende Gründe, die jetzt hier nicht hergehören und mit der orthodoxen Sichtweise auf die Bilder zusammenhängen. Das wurde sicherlich schon irgendwo geklärt.)

Zur Dogmatisierung: man muss ja immer betonen, dass die Ostkirche grundsätzlich nur dann Dogmen verkündete und verkünden will, wenn ein Glaubensgut oder eine rechte Glaubenspraxis angegriffen wurde oder wird (so zuletzt in Sachen Bilder auf dem 7. Ökumenischen Konzil).

Insofern würde ich schliessen: eine orthodoxe Kirche ohne Ikonen wäre denkbar, aber widerspräche der üblichen Praxis. Sie stellte auch eine empfindliche Verarmung des gottesdienstlichen Lebens und der Frömmigkeit der Gläubigen dar. Ob man diesen Zustand schon als unkanonisch bezeichnen könnte, müssten kompetentere Leute als ich erklären.
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Ich bezog mich nicht auf Väterschriften, um die Fenster daraus abzuleiten. ebenso wenig, wie dass Fenster und Türen für ein Haus vorgeschrieben sind (sondern selbstverständlich). Wenn durch die Menschwerdung Gottes Seine Darstellung (der menschlichen Natur) möglich wird, dann ist es naheliegend, mir diese Ikone in die Kirche reinzustellen.

Das Konzil anathematisierte die Ikonomachie. Ich glaube auf freiwilligen Verzicht hat kein Mensch gedacht.
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Re: Palamismus

Beitrag von cantus planus »

Nassos hat geschrieben:Ich bezog mich nicht auf Väterschriften, um die Fenster daraus abzuleiten.
Ich bezog mich da auf dein Fensterbeispiel, nicht auf die Väter. Pardon!
Nassos hat geschrieben:Das Konzil anathematisierte die Ikonomachie. Ich glaube auf freiwilligen Verzicht hat kein Mensch gedacht.
Was wiederum für die Selbstverständlichkeit spricht, dass in eine Kirche auch die entsprechenden Bilder gehören.
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Yep.
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Nassos hat geschrieben:Heilig ist auch die anzustrebende Freiheit des Menschen von der Sünde. Das, was wir oft als Beschränkung unseres eigenen Willens, das “Abstreifen des weltlichen Menschen“ sehen.
Das ist eine wunderbare Freiheit, Nassos! Schwer, aber jede Investition wert.
Es gibt in den Weisheitsschriften des Alten Testamentes (Sirach oder Weisheit Salomos) das Bild, sich von der Weisheit fesseln und ein Joch auflegen zu lassen. Doch werden mit der Zeit diese Fesseln zu goldenen Ringen und das Joch zur goldenen Krone, d.h. das, was jetzt finster und hart scheint, gibt zu einem späteren Zeitpunkt viel inneren Reichtum und auch Freiheit zurück.

Beim Thema Freiheit geht es mir in diesem Zusammenhang im Kern darum, welche theologischen, liturgischen und spirituellen Freiräume die frommen Christen innerhalb der Kirche haben. Hier denke ich an das Wort des Paulus: "Röm 7,6 Nun aber sind wir vom Gesetz frei geworden und ihm abgestorben, das uns gefangen hielt, sodass wir dienen im neuen Wesen des Geistes und nicht im alten Wesen des Buchstabens." Welche Freiheiten hat der Geist in der Kirche, die Glieder zu treiben?
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Sowohl das, was im AT gesagt wird wie auch die Paulusworte laufen auf die Freiheit hinaus. Das AT als Typos für Christus, die Paulusworte als Bestätigung.
Die Gesetze waren gegeben bis zum Kommen des Herrn. Durch Ihn erfüllt, vervollkommnet, denn das Gesetz kann nicht retten, sondern Er und nur Er. Ich möchte hierbei auch auf Galater 3, 13 hinweisen.
Und wiederum geht es hier nicht um Freiräume, sondern um die Befreiung vom Joch der Sünde durch Ihn.

Wenn Du meinst, welche Freiräume ich bsp in der Liturgie habe, so muss der erste Gedanke sein, dass ich eine Liturgie haben will, in der ich mich in Gemeinschaft mit Gott begebe und ihren Höhepunkt in der heiligen Eucharistie erreicht. Natürlich gibt es.gewisse Ordnungen, was Liturgie angeht (Chrysostomus-, Basiliusliturgie etc) und auch no gos (kein Traubensaft anstatt Wein). Aber wiederum ist die Denkweise die selbe wie bei den Ikonen.
Sachen mögen sich entwickeln (wie sich auch die Liturgie entwickelt hat), aber die Frage nach Freiräumen war nicht die Motivation hierfür.

@Moderation: ich bitte - weil das von Palamas etwas weggekommen ist - die Beiträge hier zu lassen. Ich werde das wieder da hinbringen. Danke
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Reinequelle
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Re: Palamismus

Beitrag von Reinequelle »

Habe etwas sehr interessantes zum Thema gefunden:
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/45/1/K ... ikolai.pdf
Ludwig-Maximilians-Universität München
Ekklesiologie und Palamismus
Der verborgene Stolperstein der katholisch-orthodoxen Ökumene
DOKTORARBEIT
ZUR ERLANGUNG DES DOKTORATS DER THEOLOGIE DER KATHOLISCH-THEOLOGISCHEN FAKULTÄT DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN
DEZEMBER 24
GUTACHTER: PROF. DR. GERHARD LUDWIG MÜLLER, BISCHOF VON REGENSBURG
ZWEITGUTACHTER: PROF. DR. ATHANASIOS VLETSIS

gruß
Die Wahrheit eines Individuums ist die Lüge die ihm hilft mit der Realität fertig zu werden. Reinequelle
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Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Nassos hat geschrieben:Sowohl das, was im AT gesagt wird wie auch die Paulusworte laufen auf die Freiheit hinaus. Das AT als Typos für Christus, die Paulusworte als Bestätigung.
Die Gesetze waren gegeben bis zum Kommen des Herrn. Durch Ihn erfüllt, vervollkommnet, denn das Gesetz kann nicht retten, sondern Er und nur Er. Ich möchte hierbei auch auf Galater 3, 13 hinweisen.
Und wiederum geht es hier nicht um Freiräume, sondern um die Befreiung vom Joch der Sünde durch Ihn.

Wenn Du meinst, welche Freiräume ich bsp in der Liturgie habe, so muss der erste Gedanke sein, dass ich eine Liturgie haben will, in der ich mich in Gemeinschaft mit Gott begebe und ihren Höhepunkt in der heiligen Eucharistie erreicht. Natürlich gibt es.gewisse Ordnungen, was Liturgie angeht (Chrysostomus-, Basiliusliturgie etc) und auch no gos (kein Traubensaft anstatt Wein). Aber wiederum ist die Denkweise die selbe wie bei den Ikonen.
Sachen mögen sich entwickeln (wie sich auch die Liturgie entwickelt hat), aber die Frage nach Freiräumen war nicht die Motivation hierfür.
Danke, langsam verstehe ich. Der Weg des Gehorsams in den wichtigen Dingen führt zur orthodoxen oder evangeliumsgemäßen Freiheit. Es ist nötig, sich an bestimmte Glaubensinhalte und liturgische Formen zu halten, um Gott richtig zu begegnen und die Freiheit zu erlangen. Lässt sich so die orthodoxe Theologie der Freiheit zusammenfassen?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Reinequelle
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Re: Palamismus

Beitrag von Reinequelle »

Pilgerer hat geschrieben:
Nassos hat geschrieben:Sowohl das, was im AT gesagt wird wie auch die Paulusworte laufen auf die Freiheit hinaus. Das AT als Typos für Christus, die Paulusworte als Bestätigung.
Die Gesetze waren gegeben bis zum Kommen des Herrn. Durch Ihn erfüllt, vervollkommnet, denn das Gesetz kann nicht retten, sondern Er und nur Er. Ich möchte hierbei auch auf Galater 3, 13 hinweisen.
Und wiederum geht es hier nicht um Freiräume, sondern um die Befreiung vom Joch der Sünde durch Ihn.

Wenn Du meinst, welche Freiräume ich bsp in der Liturgie habe, so muss der erste Gedanke sein, dass ich eine Liturgie haben will, in der ich mich in Gemeinschaft mit Gott begebe und ihren Höhepunkt in der heiligen Eucharistie erreicht. Natürlich gibt es.gewisse Ordnungen, was Liturgie angeht (Chrysostomus-, Basiliusliturgie etc) und auch no gos (kein Traubensaft anstatt Wein). Aber wiederum ist die Denkweise die selbe wie bei den Ikonen.
Sachen mögen sich entwickeln (wie sich auch die Liturgie entwickelt hat), aber die Frage nach Freiräumen war nicht die Motivation hierfür.
Danke, langsam verstehe ich. Der Weg des Gehorsams in den wichtigen Dingen führt zur orthodoxen oder evangeliumsgemäßen Freiheit. Es ist nötig, sich an bestimmte Glaubensinhalte und liturgische Formen zu halten, um Gott richtig zu begegnen und die Freiheit zu erlangen. Lässt sich so die orthodoxe Theologie der Freiheit zusammenfassen?
Deine frage wird in dem PDF, siehe ein Post über deinem, ausführlich beantwortet. :)
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/45/1/K ... ikolai.pdf
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Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Danke, in dem PDF-Dokument werden unzählige denkbare Fragen zur orthodoxen Kirche gelöst. Es zeigt aber auch, dass die orthodoxe Theologie leichter zu verstehen ist als die katholische oder evangelische Theologie. Der Zugang zu den Fachbegriffen ist für den theologischen Laien einfacher.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Ich kann mich nicht daran erinnern, in der Doktorarbeit von Nikolai Krokoch etwas in der Richtung gelesen zu haben. Es bezieht sich auch nicht so sehr auf die Frage, auf welche Väter sich Palamas bezieht und was die Frage der Freiheit angeht, hat das nicht direkt mit Palamas zu tun...

@Pilgerer: noch ein Wort zur Freiheit. Wenn wir sterben, dann sterben wir in dem Zustand, in dem uns unser Wille gebracht hat (für, nicht für, gegen). Es ist dann dieser unser Wille, der sich nicht mehr ändern lässt und in dem wir dann Gott erfahren. Die, die Ihn lieben werden Ihn als Liebe empfinden (Paradies), die die Ihn nicht lieben als verzehrendes Feuer ("Hölle"). Somit sind diese Sachen für uns keine Orte, sondern das Resultat unseres eigenen Willens auf Erden. Wir erfahren dann das, was wir auf Erden wollten. Nur sehr viel intensiver und in unendlicher Zeit.

Die Gebet für unsere Toten mögen bis zum Jüngsten Gericht, den Seelen Erleichterung bescheren. Aber es ist das Ergebnis vor dem fürchterlichen Richtstuhl Christi, das die Seele in die oben beschriebenen Zustände bringen wird - endgültig.
Im Endeffekt geht nicht "noch mehr Freiheit" (und Verantwortung).
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Ist es in der orthodoxen Praxis möglich, mit Gott zu kommunizieren, d.h. von ihm Worte oder Weisungen irgendeiner Art zu empfangen?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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songul
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Re: Palamismus

Beitrag von songul »

Pilgerer hat geschrieben:Ist es in der orthodoxen Praxis möglich, mit Gott zu kommunizieren, d.h. von ihm Worte oder Weisungen irgendeiner Art zu empfangen?
Viele Altväter und -Mütter, Mönche, Nonnen und Heilige haben Worte und Weisungen von Gott, der Gottesmutter, den Engeln oder von Heiligen empfangen.
Allerdings ist man sehr verhalten damit umgegangen und Dauerbotschaften nach dem Muster Medjurgorje oder Garabandal und Stigmatisierungen gibt es nicht.

Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Ich meine nicht derartige spektakuläre Worte, sondern etwas, was eher im Stillen erfahren wird und Fragen oder Zweifel beantwortet.
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songul
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Re: Palamismus

Beitrag von songul »

Pilgerer hat geschrieben:Ich meine nicht derartige spektakuläre Worte, sondern etwas, was eher im Stillen erfahren wird und Fragen oder Zweifel beantwortet.
Drück dich genauer aus oder bring ein paar Beispiele.

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lifestylekatholik
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Re: Palamismus

Beitrag von lifestylekatholik »

songul hat geschrieben:Dauerbotschaften nach dem Muster Medjurgorje
gibt’s auch bei Katholen nicht. :aergerlich:
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

songul hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Ich meine nicht derartige spektakuläre Worte, sondern etwas, was eher im Stillen erfahren wird und Fragen oder Zweifel beantwortet.
Drück dich genauer aus oder bring ein paar Beispiele.
Ich denke zum Beispiel an Gebete, die offen für den "Gegenverkehr" sind. Ein anderes Beispiel wäre evtl. die Gotteserfahrung in der Liturgie, die alltägliche Glaubenszweifel stillt.
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Nassos
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Re: Palamismus

Beitrag von Nassos »

Eigentlich ist die orthodoxe Theologie eine von oben nach unten Offenbarung, im Gegensatz der von unten nach oben suchenden Philosophie. Empfänger sind die reinen Herzen ("die Gott schauen werden"). Daher gibt es zu vielen Fragen Schweigen seitens der orthodoxen Kirche.
Die Kunst hierbei war dann stets, das im Herzen empfangene durch den nous und die richtige Wortwahl in Worte umzusetzen, siehe auch hier.
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Pilgerer
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Re: Palamismus

Beitrag von Pilgerer »

Hallo Nassos, ich zitiere mal etwas aus dem Link zu deinem Beitrag:
Nassos hat geschrieben:Erst reinigten sie ihr Herz von den Leidenschaften und so erstrahlte ihr nous durch die Gnade Gottes in ihrem Herzen, so dass sich Gott ihnen offenbaren konnte.
Sie versuchten nicht, sich Gott durch Logik zu nähern, aber durch die Reinheit, die sie gotttragend machte, und ihnen Gotteserfahrung schenkte.
Die orthodoxe Theologie ist, wenn ich das richtig verstehe, etwas Geheimnisvolles, was nur den "Reinen" erschlossen wird. Wie weit käme ein Ungläubiger (Atheist, Muslim, ...), der die orthodoxe Theologie nachvollziehen will?
Wie können überhaupt die normalen Orthodoxen die orthodoxe Theologie verstehen, wenn die Kirchenväter geistlich viel fortgeschrittener waren?
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