Das würde ich schon glauben – jedoch nicht, dass ihm allzu viele Katholiken folgen würden. Du unterschätzt den Einfluss des Papstes selbst auf die römische Kirche. Auch er kann z.B. Dogmen nicht einfach zurücknehmen.Sebastian hat geschrieben:Walter hat geschrieben:Es kann nur, wie Robert das auch schreibt, auf eine gegenseitige Versöhnung zwischen Ost und West hinauslaufen.
Und wie sollte deiner Meinung nach diese Versöhnug von statten gehen? Glaubst du nicht, dass wenn der Bischof von Rom von heute auf morgen ankündigen würde alle römischen "Sonderbetrachtungen" aufzugeben und eine Rückkehr zur Orthodoxie einleiten zu wollen, die orthodoxen Hirarchen ihn mit offenen Armen empfangen würden?
Ich habe das anders gelesen: Keine Forderung nach unbedingter Übernahme „römischer Lehren“ ...Sebastian hat geschrieben:Er tut es aber leider nicht! Stattdessen soll die E I N H E I T auf mittlerweile diese Lesart zustande kommen:
Ebenso offen wollte ich das Postulat des Irenæus verstanden wissen, daß »mit dem römischen Stuhl alle übereinstimmen müssen«. Keine Forderung nach unbedingter Übernahme „römischer Lehren“, sondern Ermahnung, sich dessen bewußt zu werden, daß die Verletzung besteht, solange die Übereinstimmung nicht wiederhergestellt ist, unabhängig davon, wer sich zur Erreichung dieses Ziels wie weit bewegen muß.
Genau dazu hat sich der jetzige Papst übrigens schon vor über dreißig Jahren Gedanken gemacht, die auch in der orthodoxen Welt hohe Beachtung gefunden haben:Sebastian hat geschrieben:Sollte ich dies recht verstehen, bedeutet dies Kircheneinheit mit Rom bei gleichzeitider Duldung abweichender Lehren seitens Rom. Man erspart uns, in ach so großzügiger Manier, "röm. Kröten" zu schlucken (Ihr braucht euch ja dem Filioque nicht zu unterwerfen), behält sich selber aber vor, solche Lehren weiter zu verbreiten. Der Bischof von Rom wäre wieder "Erster unter Gleichen" und doch nicht Gleich sondern Gleicher. Diese Einheit in Verschiedenheit ist klar abzuweisen, da wir Geschwister eines Geistes sein sollen.
Du stellt hier genau die erwähnten Maximalforderungen des Ostens, Athanasius und Co. haben die westlichen Maximalforderungen hier eingebracht. Es ist natürlich ganz klar, dass beide wohl kaum zu erfüllen sind. Wenn es also jemals eine Kircheneinigung geben wird (Einigung heißt ja nicht, dass die eine Seite wegstirbt), so müssen beide von den Maximalforderungen abrücken und zwar in einem Maße, wie es mit dem Glauben noch vereinbar ist.Joseph Ratzinger hat geschrieben:Es werden zunächst die Maximalforderungen deutlich, an denen die Suche nach Einheit sicher scheitern müsste. Die westliche Maximalforderung an den Osten wäre es, eine Anerkennung für den Primat des römischen Bischofs in dem vollen Umfang zu verlangen, wie er 1870 definiert wurde, und sich damit auch einer Primatspraxis einzuordnen, wie sie von den Unierten angenommen worden ist. Die östliche Maximalforderung wäre es, die Primatslehre von 1870 als völligen Irrtum zu erklären und damit auch alle darauf beruhenden verbindlichen Aussagen aufzulösen, von der Streichung des Filioque im Credo angefangen bis hin zu den marianischen Dogmen des 19. und 20. Jahrhunderts.
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Wie aber stellen sich dann die Maximalforderungen von vorhin dar? Wer auf dem Boden der katholischen Theologie steht, kann gewiss nicht einfach die Primatslehre als null und nicht erklären, gerade auch dann nicht, wenn er die Einwendungen zu verstehen versucht und offenen Blicks die wechselnden Gewichte des geschichtlich Feststellbaren würdigt. Aber er kann andererseits unmöglich die Primatsgestalt des 19. und 20. Jahrhunderts für die einzig mögliche und allen Christen notwendige ansehen.
Obgleich uns nicht gegeben ist, die Geschichte stillzustellen, den Weg von Jahrhunderten zurückzunehmen, darf man doch sagen, dass nicht heute christlich unmöglich sein kann, was ein Jahrtausend lang möglich war. Immerhin hat doch im Jahr 1054 Humbert von Silva Candida in derselben Bulle, in der er den Patriarchen Kerularios exkommunizierte und damit das Schisma zwischen Ost und West einleitete, Kaiser und Bürger von Konstantinopel als „sehr christlich und rechtgläubig“ bezeichnet, obgleich deren Vorstellung vom römischen Primat sicher von der des Kerularios weit weniger unterschieden war, als etwa von der des I. Vaticanum. Anders gesagt: Rom muss vom Osten nicht mehr an Primatslehre fordern, als auch im ersten Jahrtausend formuliert und gelebt wurde. Wenn Patriarch Athenagoras am 25. Juli 1967 beim Besuch des Papstes im Phanar diesen als Nachfolger Petri, als den ersten an Ehre unter uns, den Vorsitzer der Liebe, benannte, findet sich im Mund dieses großen Kirchenführers der wesentliche Gehalt der Primatsaussagen des ersten Jahrtausends und mehr muss Rom nicht verlangen. Die Einigung könnte hier auf der Basis geschehen, dass einerseits der Osten darauf verzichtet, die westliche Entwicklung des zweiten Jahrtausends als häretisch zu bekämpfen und die katholische Kirche in der Gestalt als rechtmäßig und rechtgläubig akzeptiert, die sie in dieser Entwicklung gefunden hat, während umgekehrt der Westen die Kirche des Ostens in der Gestalt, die sie sich bewahrt hat, als rechtgläubig und rechtmäßig anerkennt.
Natürlich ist ein solcher gegenseitiger Akt des Sich-Annehmes, des Sich-Wiedererkennens in der gemeinsamen unverlorenen Katholizität keine leichte Sache. Es ist ein Akt der Selbstüberwindung, des Selbstverzichts und so freilich gerade der Selbstfindung. Es ist ein Akt, der nicht diplomatisch verfügt werden kann, sondern geistlich vom Ganzen der Kirche in Ost und West bestanden werden muss. Damit das theologisch Mögliche auch kirchlich-tatsächlich möglich wird, muss dies Theologische in der Kirche geistlich vorbereitet und geistlich angenommen werden. Meine Diagnose über das Ost-West-Verhältnis in der Kirche lautet daher: Eine Kircheneinheit zwischen Ost und West ist theologisch grundsätzlich möglich, aber spirituell noch nicht genügend vorbereitet und daher praktisch noch nicht reif.(Quelle)
Das ist sicher nicht leicht, weil das Bestehen auf die Maximalforderungen ja immer noch auf beiden Seiten dem Kirchenvolk versprochen wird, obwohl eigentlich jedem klar sein müsste, dass diese auch vor der Trennung nicht erfüllt gewesen waren. Hier ist wie oben beschrieben mit Diplomatie nicht allzu viel zu erreichen, vielleicht ein orthodoxer Verzicht auf Polemik, wenn im Gegenzug Rom die orthodoxen Bedenken gegen den römischen Unitarismus wirklich ernst nehmen würde. Solange aber beides nicht abzusehen ist, würde Patriarch Alexij II. vor allem bei einem zwangsläufig ergebnislosen Treffen mit dem Papst nur das Gesicht verlieren. Kein Wunder also, dass er bislang recht zögerlich ist.
Benedikt XVI. hat vor über dreißig Jahren schon erkannt, dass es nicht nur um die theologische Möglichkeit einer Einigung ankommt, sondern besonders auch auf die geistliche Annahme durch die Gläubigen. In den dreißig Jahren ist in beiden Punkten wenig geschehen. Der theologische Dialog hat nach jahrzehntelanger Unterbrechung erst letzes Jahr wieder begonnen, eine rasche Einigung ist auch nicht zu erwarten, zumal allein schon die Schlüsselfrage nach der Stellung des römischen Bischofs innerhalb der Kirche, auch wenn man sich auf die von Ratzinger damals vorgeschlagenen Kompromissformel einigen könnte, bei weitem nicht gelöst ist. Denn allein aus Roberts Beitrag wird ja schon sehr klar, dass es momentan auch über die Stellung des Papsttums im geeinten ersten Jahrhundert kaum zu vereinbarende Auffassungen gibt.