Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Ostkirchliche Themen.
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Robert Ketelhohn
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

[Bloß als Zwischenbemerkung am Rande, weil’s hier eigentlichlich nicht das Thema
ist: Christ86, ich schätze, dies Phänomen bei „euch“ liegt zum großen Teil daran, daß
diejenigen, die zu „euch“ „konvertieren“, hauptsächlich Ex-„Katholiken“ sind, die sich
bei „uns“ vom Acker gemacht haben, weil sie generell Probleme mit dem Glauben ha-
ben. Das macht sich primär an den in der Öffentlichkeit ständig durchgekauten Reiz-
themen rund um die Sexualität, an der Frauenfrage und an der Machtfrage (Antipapa-
lismus, aber auch Antiepiskopalismus) fest. Aber auch sonst gibt es da meist wenig
Glaubenssubstanz. Einige, denen nicht ohnehin alles völlig egal ist, sondern die doch
gern eine gewisse religiöse Rückversicherung haben möchten (aber nach eigenem
Gusto), die wechseln dann eben zu „euch“, weil sie meinen, „ihr“ seiet ja auch „gegen
den Papst“ und darum müsse bei „euch“ alles besser (freier, nach ihrem Geschmack)
sein. – Mit manchem, wie z. B. der „Frauenweihe“, stützt ihr freilich auch diese Erwar-
tungen.]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Ilija
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Ilija »

Christ86 hat geschrieben: Ich denke, hier ist mal eine Entschuldigung fällig. Wahrscheinlich bin ich etwas "konvertitenfeindlich", weil mir die Konvertiten in meiner Kirche (die ultra-erz-liberal in Fragen des Glaubens sind) zu schaffen machen. :(

Izvinjavam se! (extra für Ilija auf Serbisch :heiligschein: )

Ich sollte meine Meinung über Konvertiten zu anderen Kirchen wohl revidieren, da diese rechtgläubig zu sein scheinen, im Gegensatz zu manchen (und leider den lautstarken) Konvertiten zu meiner Kirche.
Bruder, ich habe dir schön längst verziehen :huhu: Ich danke dir dafür.... :daumen-rauf:

Ilija

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:[Bloß als Zwischenbemerkung am Rande, weil’s hier eigentlichlich nicht das Thema
ist: Christ86, ich schätze, dies Phänomen bei „euch“ liegt zum großen Teil daran, daß
diejenigen, die zu „euch“ „konvertieren“, hauptsächlich Ex-„Katholiken“ sind, die sich
bei „uns“ vom Acker gemacht haben, weil sie generell Probleme mit dem Glauben ha-
ben. Das macht sich primär an den in der Öffentlichkeit ständig durchgekauten Reiz-
themen rund um die Sexualität, an der Frauenfrage und an der Machtfrage (Antipapa-
lismus, aber auch Antiepiskopalismus) fest. Aber auch sonst gibt es da meist wenig
Glaubenssubstanz. Einige, denen nicht ohnehin alles völlig egal ist, sondern die doch
gern eine gewisse religiöse Rückversicherung haben möchten (aber nach eigenem
Gusto), die wechseln dann eben zu „euch“, weil sie meinen, „ihr“ seiet ja auch „gegen
den Papst“ und darum müsse bei „euch“ alles besser (freier, nach ihrem Geschmack)
sein. – Mit manchem, wie z. B. der „Frauenweihe“, stützt ihr freilich auch diese Erwar-
tungen.]
Mein Reden: das passiert, wenn man "Katholizität" mit "Offenheit" übersetzt.

Das erste, was man in einer fundierten altkath. Katechese, nachzuholen hätte, wäre das Arcanum Gottes zu lehren:
Christus, der eine Grenze gezogen hat
(Eucharistiegebet, "Traditio apostolica").
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Christ86
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Christ86 »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:[Bloß als Zwischenbemerkung am Rande, weil’s hier eigentlichlich nicht das Thema
ist: Christ86, ich schätze, dies Phänomen bei „euch“ liegt zum großen Teil daran, daß
diejenigen, die zu „euch“ „konvertieren“, hauptsächlich Ex-„Katholiken“ sind, die sich
bei „uns“ vom Acker gemacht haben, weil sie generell Probleme mit dem Glauben ha-
ben. Das macht sich primär an den in der Öffentlichkeit ständig durchgekauten Reiz-
themen rund um die Sexualität, an der Frauenfrage und an der Machtfrage (Antipapa-
lismus, aber auch Antiepiskopalismus) fest. Aber auch sonst gibt es da meist wenig
Glaubenssubstanz. Einige, denen nicht ohnehin alles völlig egal ist, sondern die doch
gern eine gewisse religiöse Rückversicherung haben möchten (aber nach eigenem
Gusto), die wechseln dann eben zu „euch“, weil sie meinen, „ihr“ seiet ja auch „gegen
den Papst“ und darum müsse bei „euch“ alles besser (freier, nach ihrem Geschmack)
sein. – Mit manchem, wie z. B. der „Frauenweihe“, stützt ihr freilich auch diese Erwar-
tungen.]
Auch wenn es - wie du richtig sagst OT ist - so kann ich deine Meinung durchaus nachvollziehen. Scheinbar kommen zu uns alle jene, die in der RKK mit ihren den katholischen Glauben pulverisierenden Ansichten angestossen sind. Hoffen wir, dass das ein Ende nimmt.

Nun ja, es scheint wirklich so, dass man versucht, noch liberaler als die Ultraliberalen (eigentlich: Ultrabeliebigen) in der RKK zu sein, so dass man einfach alles zulassen will :traurigtaps: (Ohne Berücksichtigung von Lehre und Dogmen).
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

User hat sich vom KG verabschiedet

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Christ86 hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:[Bloß als Zwischenbemerkung am Rande, weil’s hier eigentlichlich nicht das Thema
ist: Christ86, ich schätze, dies Phänomen bei „euch“ liegt zum großen Teil daran, daß
diejenigen, die zu „euch“ „konvertieren“, hauptsächlich Ex-„Katholiken“ sind, die sich
bei „uns“ vom Acker gemacht haben, weil sie generell Probleme mit dem Glauben ha-
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den Papst“ und darum müsse bei „euch“ alles besser (freier, nach ihrem Geschmack)
sein. – Mit manchem, wie z. B. der „Frauenweihe“, stützt ihr freilich auch diese Erwar-
tungen.]
Auch wenn es - wie du richtig sagst OT ist - so kann ich deine Meinung durchaus nachvollziehen. Scheinbar kommen zu uns alle jene, die in der RKK mit ihren den katholischen Glauben pulverisierenden Ansichten angestossen sind. Hoffen wir, dass das ein Ende nimmt.

Nun ja, es scheint wirklich so, dass man versucht, noch liberaler als die Ultraliberalen (eigentlich: Ultrabeliebigen) in der RKK zu sein, so dass man einfach alles zulassen will :traurigtaps: (Ohne Berücksichtigung von Lehre und Dogmen).
Um das noch einmal etwas ins Lot zu rücken: diejenigen deutschen Alt-Katholiken, die in den letzten 35 Jahren aus der RKK gekommen sind, sind in ganz überwiegendem Maße in keiner Weise "radikaler" oder "ultraliberaler", als der römisch-katholische Mainstream, vor allem der, der von den Universitäten kommt (LehrerInnen, PastoralreferenInnen etc.), in Deutschland! Trotz und Widerwillen gegen alles Überlieferte, findest du also massierter in weiten Teilen der RKK, die die AKK "links" überholt hat, so dass es altkatholischerseits lächerlich ist, sich als "zeitgemäße Alternative" darzustellen (weil nur von peripherem Interesse: Zölibat, Kirchenverfassung). Wenn du wüßtest, wie es in dt rk Pfarreien drunter und drüber geht, da ist eine durschnittliche ak Gemeinde geradezu ein sicherer Hafen, um nicht jeden Sonntag böse überrascht zu werden. Gleiches gilt für einen nicht geringen Teil der Gemeinden der EKD.
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Nassos
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Nassos »

Bitte nicht böse sein - und es ist interessant - aber: was hat das mit dem Threadtitel noch zu tun?
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Teutonius
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Teutonius »

Diese Frage müßtest du als Orthodoxer doch selbst beantworten (können)!?
Anders gefragt: Wie warscheinich ist es, eine Kirchenspaltung durch ketzerische Reformen rückgängig zu machen?
fide & caritate

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Nassos
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Nassos »

Teutonius hat geschrieben:Diese Frage müßtest du als Orthodoxer doch selbst beantworten (können)!?
Anders gefragt: Wie warscheinich ist es, eine Kirchenspaltung durch ketzerische Reformen rückgängig zu machen?
wie meinst Du das?

1.) Wie wahrscheinlich ist es, eine durch ketzerische Reformen verursachte Kirchenspaltung rückgängig zu machen

oder

2.) Wie wahrscheinlich ist es, eine Kirchenspaltung mit Hlfe ketzerischer Reformen rückgängig zu machen (ketzerische Reformen sind das Werkzeug).

Deine Frage kann man sowohl als auch verstehen bzw. ist eh egal.

Im ersten Fall brauche (und kann) ich keine Wahrscheinlichkeit ausrechnen. Die Erfahrung mit der 1000-jährigen Geschichte der römisch-katholischen Kirche zeigt dies sehr gut auf. Ich halte da - und das soll keine Provokation sein - einen 6er im Lotto im Vergleich dazu für ein tagtägliches Ereignis. Hier wären die ketzerischen Reformen: Primat, filioque, ...
Die ohnehin schon kleine Wahrscheinlichkeit sinkt, wenn auf eine ketzerische Reform, eine zweite, dritte, ... folgt.

Im zweiten Fall versuche ich mit dem Teufel den Beelzebub auszutreiben. Ich nenne das Ökumenismus. Liebe Idee, aber das zählt leider nicht. Kein Mischmasch, keine Reformen sondern ein Zurückkehren zur Wahrheit. Einer bewegt sich, der andere bleibt wo er ist.

Aber mit meiner o.g. Frage meinte ich, dass der Disput AK <=> RK hier im Thread dazu führen könnte, vom Thema abzuweichen.

Gruß,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Miserere Nobis Domine
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

In diesem Thread kommt es ja auf die orthodoxe Sicht zur AKK an.

Die AKK ist ja aus einer Gruppe von Menschen entstanden, die bei der Einführung der Unfehlbarkeit des Papstes widersprachen und deshalb aus der RKK rausgeworfen wurden. Die Vordenker des Altkatholizismus waren oftmals Kirchenhistoriker. Sie gründeten dann eine Notkirche, und beschlossen, nur noch die Dogmen der alten Kirche anzuerkennen. Auch das filioque wurde gestrichen.

Trotzdem ist es nicht dazu gekommen, die AKK als kanonische orthodoxe Kirche in Deutschland anerkannt wurde. Das hat sicherlich mit den ökumenistischen Tendenzen in der AKK zu tun, die die orthodoxen Kirchen nicht mittragen können. Nach dem Frust über den Rauswurf aus der RKK hatten die Altkatholiken nämlich den Gedanken, eine Art zweite Weltkirche als Alternative zu Rom aufzubauen, mit Orthodoxen, Nichtchalcedonischen Kirchen und Anglikanern.

1931 kam es dann zur vollen Kirchengemeinschaft zwischen Altkatholiken und Anglikanern. Manche sagen, dass die Anglikaner vor allem Interesse an einer von Rom anerkannten Weihe hatten. Das war nun natürlich aus orthodoxer Sicht ein Problem, denn in der anglikanischen Kirche gibt es ein breites Meinungsspektrum, und die evangelikalen Strömungen im Anglikanismus sind aus orthodoxer Sicht häretisch, wie ++Jonah kürzlich betonte. Deshalb ist eine orthodox-anglikanische Kirchengemeinschaft noch nicht denkbar.

Von orthodoxer Seite gab es später Aussagen, die Aufnahme der Altkatholiken in die Orthodoxie sei möglich, aber eben unter der Bedingung, die Kirchengemeinschaft mit den Anglikanern wieder zu kündigen. War das eine verpasste Chance? Wenn es mit der Aufnahme geklappt hätte, hätten wie ja nicht dieses Jurisdiktionschaos der Orthodoxen heute in Deutschland und der Schweiz.

Naja, die AKK hielt eben zu den Anglikanern. Sie ging sogar noch weiter und führte die offene Kommunion ein, was aus orthodoxer Sicht unmöglich wäre. Ebenso dann in den 1990er-Jahren die Frauenordination.

War das nun eine verpasste Chance oder war es von vornherein unmöglich, dass sich eine Gruppe von Rom trennt und orthodox wird?

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:War das nun eine verpasste Chance oder war es von vornherein unmöglich, dass sich eine Gruppe von Rom trennt und orthodox wird?
Man müßte ergänzen: ohne Wechsel in eine andere, den Altkatholiken fremde Ritusfamilie; d. h. mit der Erlaubnis der Beibehaltung lateinischer Gebräuche (Azymen, (Quatember-)Samstagsfasten, etc.), des Kalenders et et; sprich alles, was zum Erbe des römischen Ritus gehört.
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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Nach dem Frust über den Rauswurf aus der RKK hatten die Altkatholiken nämlich den Gedanken, eine Art zweite Weltkirche als Alternative zu Rom aufzubauen, mit Orthodoxen, Nichtchalcedonischen Kirchen und Anglikanern.
einen Bund autonomer katholischer Kirchen
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Nietenolaf
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Nietenolaf »

ad-fontes hat geschrieben:
Miserere N.D. hat geschrieben:War das nun eine verpasste Chance oder war es von vornherein unmöglich, dass sich eine Gruppe von Rom trennt und orthodox wird?
Man müßte ergänzen: ohne Wechsel in eine andere, den Altkatholiken fremde Ritusfamilie; d. h. mit der Erlaubnis der Beibehaltung lateinischer Gebräuche (Azymen, (Quatember-)Samstagsfasten, etc.), des Kalenders et et; sprich alles, was zum Erbe des römischen Ritus gehört.
Hier ein Auszug aus einem Antwortschreiben der St. Petersburger Gesellschaft der Freunde geistlicher Bildung auf eine Anfrage der Altkatholiken nach den Möglichkeiten und den Bedingungen einer Union mit den Ostkirchen (12. Mai 1872):

"Damit eine autokephale, selbständige Kirche, die nicht direkt mit unserer Kirche verbunden ist, im Westen wiedererstehen kann, ist es notwendig, daß zwischen dieser Kirche und der unsrigen eine vollkommene Einigkeit in den Dogmen besteht. Unsere Kirche kann in dieser Hinsicht keinerlei Kompromisse eingehen. Sie kann sich auch nicht damit einverstanden erklären, daß zu dieser Glaubenslehre etwas hinzugefügt wird. Die Orthodoxe Kirche hat den einzelnen [Orts-]Kirchen, aus denen sie besteht, nie einen bestimmten Ritus vorgeschrieben; sie schätzte und schätzt die jeweils örtliche Überlieferung und die Sitten, welche sich nicht in Diskrepanz zur Lehre der Katholischen [Вселенской] Kirche befinden, und verlangt die Einförmigkeit lediglich der Riten, welche, die Sakramente betreffend, deren ureigenstes Wesen berühren. Was die kirchliche Leitung angeht, so hat die Orthodoxe Kirche immer und überall eine Autonomie der Lokalkirchen zugelassen, soweit diese Autonomie nicht im Widerspruch zur grundlegenden kirchlichen Organisation steht."

Unter diesen Voraussetzungen müßte man noch einmal über's Azymen reden.

Nachdem die Altkatholiken sich 1875 von "Filioque" und der "Unbefleckten Empfängnis" verabschiedet hatten, sah es zwischenzeitlich ja mal ganz gut aus. 1892 wurde bei den Russen eine Kommission aus namhaften Theologen gebildet, die sich mit den Altkatholiken beschäftigen sollte. 1910 empfahl diese St. Petersburger Kommission dem Heilgsten Synod, "soweit möglich, wenigstens einen Schritt in Richtung zur Lösung der nun inzwischen fast 40 Jahre alten Frage der Einheit der Altkatholiken - die nicht Häretiker, sondern ohne eigenes Verschulden und zum eigenen Unglück lediglich Schismatiker sind - mit der Orthodoxen Ostkirche zu gehen". Der Hl. Synod war ganz und gar nicht abgeneigt und äußerte, daß er "alles von ihm abhängende unternehmen wird, um einen erfolgreichen Abschluß der Arbeit der Kommission zu unterstützen" (15. März 1910).

Es stand nur noch eine Erörterung des Verhältnisses der Altkatholiken zur Hl. Eucharistie (Azymen?) und die Frage einer wie auch immer gearteten "Anerkennung" der altkatholischen Hierarchie an. Mehr nicht.

Der erste Weltkrieg, und später vor allem die russische Revolution, machten diesen Bemühungen ein Ende. Heute hat man allerdings, wie hier vielfach bemerkt, mit den Altkatholiken eine vollkommen anders ausgerichtete Gruppierung vor sich, als das noch Anfang des 20. Jahrhunderts war. Deswegen können die Ergebnisse der damaligen Annäherung sicher nicht einfach als Ausgangspunkt neuer Gespräche herangenommen werden.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Miserere Nobis Domine
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

1910 hatten die Altkatholiken das Matthew-Problem. Sonst wäre vielleicht in den vier Jahren bis Kriegsbeginn noch eine Lösung zustandegekommen.

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Erkennt die Orthodoxie den Canon Romanus als legitimen Ausdruck des katholischen Glaubens an, zumindest im Hinblick auf seine Textgestalt?
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Für eine Antwort wäre ich SEHR dankbar!
Zur Verdeutlichung: es geht dabei um die Spezialfragen, ob die Orthodoxie die Vorstellung einer anabtischen Epiklese, und die Deutung der oblatio als einer Darbringung der Antitypa (nicht aber als eine Darbringung des Leibes und Blutes Christi,sozusagen eine Wiederholung des Kreuzesopfers), deren Heiligung im supplices erfleht wird, für rechtgläubig hält, so dass bei der Aufnahme von Lateinern in die orthodoxe Kirchengemeinschaft der Gebrauch des CR (aus Traditionsgründen) konzediert werden kann.
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Nietenolaf
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Nietenolaf »

ad-fontes hat geschrieben:Für eine Antwort wäre ich SEHR dankbar!
Ich kann Dir nur meine persönliche Meinung dazu sagen (und vom zweiten Absatz Deines hierüber stehenden Beitrages habe ich kein Wort verstanden): ich wüßte nicht, was gegen eine Anerkennung des CR als "Ausdruck katholischen Glaubens" sprechen sollte. Dabei habe ich kein anderes Kriterium als das Vorhandensein eines eucharisitischen Kanons samt Epiklese. Das ist genug für eine Gültigkeit des Sakraments und wohl das, was die oben zitierte Kommission unter den "Riten" versteht, welche die Sakramente und "deren ureigenstes Wesen berühren".
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Kilianus
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Kilianus »

Wo ist beim CR eine Epiklese in Deinem Sinn?

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Hier:
Supplices, te rogamus, omnipotens Deus: iube haec perferri per manus sancti Angeli tui in sublime altare tuum, in conspectu divinae maiestatis tuae:
ut, quotquot ex hac altaris participatione sacrosanctum Filii tui Corpus, et Sanguinem sumpserimus, omni benedictione caelesti et gratia repleamur.


anabatisch heißt "nach oben gerichtet", "aufwärts gerichtet" im Gegensatz zur katabatischen Epiklese, bei der Heilige Geist (oder in der alten alexandrinischen Liturgie, der Logos) angerufen wird, herabzukommen bzw. (klassische Form im EG der Traditio Apostolica) der Vater gebeten wird, den Hl. Geist herabzusenden.
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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Folgt man nicht dem römisch-katholischen Verständnis eines Wandlungsmoments während der verba institutionis, so entspricht der CR den Baugesetzen der altkirchlichen Eucharistiegebete, unbeschadet kleinerer struktureller Differenzen zwischen römisch-alexandrinischem und antiochenisch-byzantinischem Modell (Stellung der Interzessionen; Post-Sanctus-Strophe); sowie thematisch Lobopfer vs. Dankgebet, was aber nur einen scheinbaren Gegensatz bildet, der 1. nur partiell hervortritt und 2. komplementär zu sehen ist.
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Kilianus
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Kilianus »

Danke. Aber ich meinte nicht Dich, sondern Nietenolaf - und damit die orthodoxe Sicht.

Ich selbst bin durchaus der Meinung, daß hier zum Ausdruck kommt, was die östliche Tradition mit der Epiklese formuliert. (Und übrigens nicht nur an dieser Stelle des Canon.) Und ich habe hier auch schon mehrfach aufgedröselt, daß ich die Fixierung auf die Herrenworte schon aus dem Text des Canon heraus nicht für sinnvoll halte.

Ich weiße aber doch darauf hin, daß hier der Heilige Geist weder hier noch sonstwo im Canon ausdrücklich erwähnt wird, von der Schlußdoxologie mal abgesehen. Ihn einfach mit dem genannten Engel zu identifzieren, würde mir doch gewisse Bauchschmerzen bereiten. Eben deshalb meine Frage, ob der Text für Orthodoxe akzeptabel wäre.

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Oh, entschuldige, dass ich mir dennoch die Freiheit nahm zu antworten.
Den Engel würde ich ebenfalls nicht mit dem Heiligen Geist identifizieren, was der Plural bei Ambrosius (Petimus et precamur, ut hanc oblationem suscipias in sublimi altari tuo per manus angelorum tuorum) beweist.
Auch sehe ich keinerlei Indizien für eine wie auch immer geartete gespaltene Epiklese, sondern eine in sich durchaus stimmige Abfolge von Aufnahmebitten.
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Kilianus
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Kilianus »

ad-fontes hat geschrieben:Oh, entschuldige, dass ich mir dennoch die Freiheit nahm zu antworten.
Das war doch auch kein Vorwurf an Dich, sondern nur der Hinweis, daß ich - trotz Deines wertvollen Beitrags - mir auch noch eine östliche Reaktion wünsche. :heiligenschein:
Den Engel würde ich ebenfalls nicht mit dem Heiligen Geist identifizieren, was der Plural bei Ambrosius (Petimus et precamur, ut hanc oblationem suscipias in sublimi altari tuo per manus angelorum tuorum) beweist.
Auch sehe ich keinerlei Indizien für eine wie auch immer geartete gespaltene Epiklese, sondern eine in sich durchaus stimmige Abfolge von Aufnahmebitten.
Was meinst Du mit "gespaltene Epiklese"? Die Differenzierung nach Gaben- und Kommunionepiklese? Ist die nicht ohnehin ein Phantom, das die Liturgiereformer in die alten Liturgien hineinprojeziert haben?

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ad-fontes
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Kilianus hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:Oh, entschuldige, dass ich mir dennoch die Freiheit nahm zu antworten.
Das war doch auch kein Vorwurf an Dich, sondern nur der Hinweis, daß ich - trotz Deines wertvollen Beitrags - mir auch noch eine östliche Reaktion wünsche. :heiligenschein:
Darum sind wir ja hier und eine Antwort interessiert mich sehr.
Kilianus hat geschrieben:Was meinst Du mit "gespaltene Epiklese"? Die Differenzierung nach Gaben- und Kommunionepiklese? Ist die nicht ohnehin ein Phantom, das die Liturgiereformer in die alten Liturgien hineinprojeziert haben?
Ja und JA
Letztlich ein Kompromiss, um Dogmatik und "Inspiration", wir brauchen eine (Geist-)Epiklese, weil die Orthodoxen das auch haben, zusammenzuführen. Wie ich finde, eine unredliche Verbindung (Verleugnung/Geringschätzung der eigenen abendländischen Tradition mit dem Wunsch nach Abwechslung beim Eucharistiegebet)

..und was nicht passend ist, wird passend gemacht :fluegelverlier:

Deswegen ja auch meine Frage, ob Orthodoxe erwarten, dass man seine abendländisch-lateinischen Wurzeln aufgeben muss, oder ob es denkbar wäre, eine solche Gruppe (vielleicht nach der jurisdiktionellen Neuordnung) in die orthodoxe Kirchengemeinschaft zu integrieren.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Nietenolaf »

Kilianus hat geschrieben:Ich weise aber doch darauf hin, daß hier der Heilige Geist weder hier noch sonstwo im Canon ausdrücklich erwähnt wird, von der Schlußdoxologie mal abgesehen. Ihn einfach mit dem genannten Engel zu identifzieren, würde mir doch gewisse Bauchschmerzen bereiten. Eben deshalb meine Frage, ob der Text für Orthodoxe akzeptabel wäre.
Ich kenne den CR nicht gut genug. Mir ist insofern nur klar, daß die relativ gestutzte Epiklese ("Quam oblationem...") dort von der Wichtigkeit hinter den Einsetzungsworten zurückzutreten scheint, was ich als eine gewisse Weiterentwicklung verstehe. M.m.n. ist es nicht essentiell, den Hl. Geist explizit anzurufen, zumal das Geheimnis ein Geheimnis der ganzen Hl. Dreifaltigkeit ist. Insofern ist es wesentlich, überhaupt Gott anzurufen und nicht davon auszugehen, der Hl. Geist sei kraft der Weihegnade des Priesters nichts als ein "Mitkonsekrator", den der Priester, welcher "in persona Christi" handelt, genau deswegen nicht erst anzurufen braucht.
Ich wüßte nicht, daß es ein offizielles Statement zu dieser Frage gäbe. Deswegen ist das hier auch nichts weiter als meine (noch recht flüchtig gebildete) Privatmeinung.
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holzi
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von holzi »

Nietenolaf hat geschrieben:Ich wüßte nicht, daß es ein offizielles Statement zu dieser Frage gäbe. Deswegen ist das hier auch nichts weiter als meine (noch recht flüchtig gebildete) Privatmeinung.
Ich hab mal auf einem Vortrag, der auf der Seite der rumänischen Kirche München war, gehört, dass es schon in Mittelalter darüber Gutachten gegeben hätte, die die Rechtgläubigkeit des CR bestätigten. Die Argumentation war, dass die Lateiner die Epiklese nicht explizit ausdrücken würden, sondern nur mittelbar im Kontext der Kanongebete, was aber ebenso eine gültige Liturgie bewirken würde. Mir ist inzwischen auch der Name des Referenten eingefallen: Dr. Karl Christian Felmy.

Kilianus
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Kilianus »

Nietenolaf hat geschrieben: Mir ist insofern nur klar, daß die relativ gestutzte Epiklese ("Quam oblationem...") dort von der Wichtigkeit hinter den Einsetzungsworten zurückzutreten scheint, was ich als eine gewisse Weiterentwicklung verstehe.
Da sitzt Du der sekundären westlichen Deutung auf. Der Text selbst gibt das nicht her: eine einzige große Annahmebitte, gerichtet an den Vater. Die Herrenworte haben nur legitimierenden Charakter: Sie begründen, warum diese Bitte überhaupt ausgesprochen wird.

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Nietenolaf
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Nietenolaf »

Kilianus hat geschrieben:Da sitzt Du der sekundären westlichen Deutung auf. Der Text selbst gibt das nicht her: eine einzige große Annahmebitte, gerichtet an den Vater. Die Herrenworte haben nur legitimierenden Charakter: Sie begründen, warum diese Bitte überhaupt ausgesprochen wird.
Ok; trotzdem ist sie irgendwie zurechtgestutzt & verkürzt. (Diagnose nach dem flüchtigen Überfliegen der historischen Entwicklung.) Aber wir haben ja hier sogar mit Holzi und über diesen mit dem Lektor Wasili Felmy einen Konsens gefunden.
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Nietenolaf hat geschrieben: Ok; trotzdem ist sie irgendwie zurechtgestutzt & verkürzt. (Diagnose nach dem flüchtigen Überfliegen der historischen Entwicklung.) Aber wir haben ja hier sogar mit Holzi und über diesen mit dem Lektor Wasili Felmy einen Konsens gefunden.
Nein, der CR ist nicht zurechtgestutzt & verkürzt, sondern als Ganzes ein Archaismus.

Quam oblationem ist in der Form, wie wir sie aus der römischen Sakramentartradition kennen, bereits eine Weiterentwicklung, so dass man dazu neigte, in dieser Strophe etwas der Epiklese ähnliches zu sehen.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Kilianus hat geschrieben: Da sitzt Du der sekundären westlichen Deutung auf. Der Text selbst gibt das nicht her: eine einzige große Annahmebitte, gerichtet an den Vater. Die Herrenworte haben nur legitimierenden Charakter: Sie begründen, warum diese Bitte überhaupt ausgesprochen wird.
Man könnte es auch so sagen: während die östliche (antiochenisch-byzantinische) Tradition das Gedächtnis der Heilstaten Christi im Einsetzungsbericht kulminieren läßt (somit zum anamnetisch-danksagenden Teil gehört), um dann zur Darbringsaussage und Heiligungsbitte überzugehen, hat die westliche Tradition die Herrenworte in den Bittteil des Hochgebets inseriert.

Thematisch gesehen geht es hier um Aufnahme, nicht um Herabkunft. Beide Sichtweisen, wenn sie jeweils nicht exklusiv verstanden werden, haben mMn ihre Berechtigung, der CR nicht zuletzt auch aufgrund seines hohen Alters, der vor der Entfaltung der Lehre vom Heiligen Geist und fernab der Zentren der damaligen Theologie entstanden ist.
Zuletzt geändert von ad-fontes am Dienstag 7. Juli 2009, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Kilianus
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von Kilianus »

Nietenolaf hat geschrieben: Ok; trotzdem ist sie irgendwie zurechtgestutzt & verkürzt. (Diagnose nach dem flüchtigen Überfliegen der historischen Entwicklung.) Aber wir haben ja hier sogar mit Holzi und über diesen mit dem Lektor Wasili Felmy einen Konsens gefunden.
Ich frage mich, ob das im historischen Sinn zutrifft. Anders herum gesagt: Ich bin mir nicht sicher, ob die frühe westliche Tradition eine explizite Epiklese als verbindliches Element des Canon gekannt hat. Aber das wäre ja aus orthodoxer Sicht erst recht ein Argument für den Canon.

[Wie ich sehe, hat ad-fontes die Frage soeben beantwortet.]

Nur zur Ergänzung: Sprechen die warmen Worte des Moskauer Patriachen zu Summorum pontificum nicht auch dafür, daß die westliche Liturgie-Tradition (und mit ihr insbesondere der Canon) für die Orthodoxie durchaus akzeptabel ist?

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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Damit eine autokephale, selbständige Kirche, die nicht direkt mit unserer Kirche verbunden ist, im Westen wiedererstehen kann, ist es notwendig, daß zwischen dieser Kirche und der unsrigen eine vollkommene Einigkeit in den Dogmen besteht. Unsere Kirche kann in dieser Hinsicht keinerlei Kompromisse eingehen.
D'accord.
Sie kann sich auch nicht damit einverstanden erklären, daß zu dieser Glaubenslehre etwas hinzugefügt wird.
D'accord.
Die Orthodoxe Kirche (...) verlangt die Einförmigkeit lediglich der Riten, welche, die Sakramente betreffend, deren ureigenstes Wesen berühren.
Was heißt das konkret?
Was die kirchliche Leitung angeht, so hat die Orthodoxe Kirche immer und überall eine Autonomie der Lokalkirchen zugelassen, soweit diese Autonomie nicht im Widerspruch zur grundlegenden kirchlichen Organisation steht.
Ist die Beteiligung von (gewählten) Laien am Kirchenregiment damit zu vereinbaren? Inwiefern muss die Hierarchie getrennt von der Laienschaft ihr gegenüberstehen und als Garant der apostolischen Überlieferung auch über die entsprechenden Sanktionsmittel verfügen?
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Re: Sind Altkatholiken aus orthodoxer Sicht Ketzer?

Beitrag von ad-fontes »

Es liegen vermutlich keine Richtlinien vor, weil es bislang so gut wie keine Präzedenzfälle für die Aufnahme "Orthodoxer der lateinischen Ritusfamilie" in die orthodoxe Kirchengemeinschaft gibt (gab es nicht eine Gruppe, die ins Patriarchat von Antiochien aufgenommen wurde? Hat jemand einen link dazu?), so dass wir (ich) hier sicherlich etwas ins Blaue hinein spekuliere(n), wenn danach gefragt wird, inwiefern der byzantinischen Tradition eine Normativität zuzuerkennen ist und andererseits eine Autonomie in gewissen Bahnen (solange sie nicht im Widerspruch zu den byzant. Bräuchen steht) zugestanden wird.

Kennt die Orthodoxie eine Vorstellung von Komplementarität im Sinne sich nicht ausschließender, sondern sich ergänzender, scheinbar entgegengesetzter Bräuche?
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