Summorum pontificum ./. Traditionis custodes

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Bernado »

conscientia hat geschrieben:Festzustellen bleibt aber, dass hier auch Änderungen (beantragt und) genehmigt sind, die als Idealbild der Messfeier im außerordentlichen Ritus nicht dessen "stille" Feier durch Einzelpriester unter Assistenz eines Messdieners vor Augen haben (Missa lecta), sondern die gemeinschaftliche Feier als Missa cantata, eben als Gemeinschaftsmesse einer Kommunität. Hier sehe ich einen Einfluss der patristischen Erneuerungsbewegung / monastischen Erneuerungsbewegung / Liturgischen Bewegung.
Das ist richtig. Und die liturgische Bewegung war mit ihren daraufhin gerichteten Bestrebungen auch völlig im Recht.

Die Missa Privata ist eine legitime Form der Messfeier, in der der Priester seine eigene Bindung an Christus pflegt und weiterentwickelt und im Rahmen der allgemeinen Heilsökonomie Gnaden für sich und die lebenden und verstorbenen Mitglieder der Kirche erbittet und bewirkt. Als solche hat sie z.B. im Kloster und anderen Gemeinschaften mit vielen Priestern und wenigen Gläubigen ihren Platz.

Die eigentliche Grundform der Messe - und das gilt historisch ebenso wie systematisch - ist die gemeinsam gefeierte Messe des Bischofs und oder seiner Beauftragten zusammen mit den am Ort befindlichen und zur Feier versammelten Gliedern der Kirche, die in hierarchischer Ordnung jeder an seiner Stelle und in seiner Rolle mitwirken. Soweit die Praxis der Missa privata dazu geführt hat, diese Mitwirkung und sogar das Wissen um deren Notwendigkeit verloren gehen zu lassen, hat sie durchaus den Charakter einer Fehlentwicklung.

Das gilt besonders bei den "stillen Messen in Anwesenheit der Gemeinde", soweit sie dazu geführt haben, eine Auseinanderentwicklung zwischen Eucharistie und liturgischem Gebet der Kirche einerseits und Volksfrömmigkeit andererseits zu fördern und zu vertiefen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6844
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Re: Summorum pontificum

Beitrag von ottaviani »

es hat nichts mit übertriebenen Rubriszismus zu tun wenn plötzlich die neue Leseordnung verwendet wird oder wie in Beerlin plötzlich die Firmung in der Messe in anderer Farbe gefeiert wird und Priester jetzt selbst Sakramentenspendung verlegen usw das zeigt schon mehr es ist ein neuer Geist der innerhalb der "Familie der Tradition" unbekannt ist in der FSSPX hat man anfang der 80er Jahre einige Probleme gehabt weil Priester ältere Rubriken verwenden wollten als 1962 der ERtbischof hat das sofort abgestellt
erschreckend finde ich das mit SP diese Duinge jetzt plötzlich in Tradikreisen beginnen es ist nur mehr ein kl. Schritt zu einer "Missa Mixta"

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Bernado »

taddeo hat geschrieben:Dich möcht ich mal sehen, wenn dieselbe liturgische Beliebigkeit, die Du hier den Tradis als Schwachsinn vorhältst, in einer orthodoxen Liturgie passieren würde. Die lebt auch und gerade davon, daß man sich mit größter Akribie an die Rubriken hält. Zumindest kenn ich das aus meiner Erfahrung so.
Die Kirchen des Ostens - soweit sie nicht unter römischem Einfluss stehen - haben nie eine der legalistischen lateinischen Tradition entsprechende Rubrizistik entwickelt. Für die Messformulare gilt m.W. allgemein (d.h. im Sonderfall mag das anders aussehen), daß die Zelebranten eine relativ große Freiheit dabei haben, welche Teile sie aufnehmen bzw. auslassen wollen. Auch in der Leseordung herrscht soweit ich weiß relativ viel Freiheit.

Andererseits haben sich aber unter dem Einfluss der Volksfrömmigkeit in bestimmten meist eher äußerlichen Dingen Verhärtungen ausgebildet: Wenn das Kreuz keine drei Querbalken hat und beim Kreuzzeichen die Finger falsch gehalten werden, sieht manch einer schon den Teufel am Werk und geht ins Schisma.

Das ist halt gerade so wie bei unseren Supertrads auch.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ottaviani hat geschrieben:wenn da plötzlich die Rubriken nur zu Vorschlägen werden
Du verdrehst da was. Ich habe oben nicht Rubriken zu Vorschlägen erklärt (und auch sonst keiner), sondern eine Haltung wie die deine karikiert, die geprägt ist von abnormer Heilserwartungshaltung gegenüber „Rubriken“ (das heißt, in deinem Fall glaube ich nicht mal, daß du’s selber glaubst) und von völliger Unkenntnis oder Verständnislosigkeit gegenüber 1900 Jahren Kirchengeschichte. Nun, kein Wunder bei Sektierern draußen vor der Tür.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bernado hat geschrieben:Der auf die Spitze getriebene kuriale rubrizistische Legalismus des 19. Jh. war für die liturgische Praxis der Diözesen (durchaus traditionsentsprechend) nie von besonderer praktischer Bedeutung. Versuche, ihn ausgerechnet heute wiederbeleben zu wollen, sind im Ansatz verfehlt.
:klatsch: :klatsch: :klatsch:
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:
conscientia hat geschrieben:@Rubriken-Credo: Der Text ist gut erfunden, er zeigt zumindest, welche Mentalität bei manchen Tradinesen so herüberkommt.
Nein. Der Text zeigt nur, wie fremd dem Verfasser jegliche liturgische Handlung zu sein scheint.
Es ist echt traurig anzuschauen, wie so auf dieses große Geschenk vom Herrn an uns gespuckt wird.
Bevor ich schreibe, was mir spontan über die Lippen wollte, möchte ich dich fragen, Marion, ob du damit allem Ernstes mich meintest.

(Zu Bruder F., der augenscheinlich nicht den blassesten Schimmer von der Liturgie der Kirche hat und sicher noch nie ein Zeugnis der reichen liturgischen Tradition des Abendlands in Händen gehalten hat, das älter als hundert Jahre war, äußere ich mich besser sowieso nicht mehr.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6844
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Re: Summorum pontificum

Beitrag von ottaviani »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
ottaviani hat geschrieben:wenn da plötzlich die Rubriken nur zu Vorschlägen werden
Du verdrehst da was. Ich habe oben nicht Rubriken zu Vorschlägen erklärt (und auch sonst keiner), sondern eine Haltung wie die deine karikiert, die geprägt ist von abnormer Heilserwartungshaltung gegenüber „Rubriken“ (das heißt, in deinem Fall glaube ich nicht mal, daß du’s selber glaubst) und von völliger Unkenntnis oder Verständnislosigkeit gegenüber 1900 Jahren Kirchengeschichte. Nun, kein Wunder bei Sektierern draußen vor der Tür.
durch solche Handlungen wie daß man sich nicht an Rubriken hält werden sie zu Vorschlägen und daß ist genau das selbe Problem wie bei den heutigen Pfarr Gottesdiensten die machen liturgisch alle was sie wollen es ist erschreckend daß das bei ED Gemeinschaften jetzt auch offenbar so ist

iustus
Beiträge: 7159
Registriert: Samstag 8. Juli 2006, 14:59

Re: Summorum pontificum

Beitrag von iustus »

ottaviani hat geschrieben: erschreckend finde ich das mit SP diese Duinge jetzt plötzlich in Tradikreisen beginnen
Mich wundert das überhaupt nicht. An anderer Stelle habe ich vor längerer Zeit schon einmal geschrieben, dass ich der Überzeugung bin, dass - wenn nicht der NOM gekommen wäre - die Missbräuche am alten Ritus geschehen wären Das wurde damals bestritten ...

Ich bin der Ansicht, dass der NOM (dadurch, dass sich die Laxen an ihm austobten und -toben) die Alte Messe nahezu unversehrt bewahrt hat.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Summorum pontificum

Beitrag von taddeo »

iustus hat geschrieben:Ich bin der Ansicht, dass der NOM (dadurch, dass sich die Laxen an ihm austobten und -toben) die Alte Messe nahezu unversehrt bewahrt hat.
Da ist sicher was Wahres dran - aber genau dadurch hat die Alte Messe auch etwas Museales bekommen.
"Unversehrt erhalten" kann man Dinge nur unter künstlich erzeugten "Reinraumbedingungen".
Sobald etwas dem wahren Leben ausgesetzt ist, muß man mit Veränderungen rechnen.

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6844
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Re: Summorum pontificum

Beitrag von ottaviani »

warum sollte es plötzlich nicht mehr möglich sein so wie es seit 1962 war weiterhin korrekt die alte Messe zu lesen?

Fridericus
Beiträge: 1237
Registriert: Montag 27. April 2009, 17:33

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Fridericus »

Bernado hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:@ Robert. Ich verstehe ehrlich gesagt Dein Problem nicht. Die Rubriken stehen im Messbuch, an sie muss man sich halten. Da gibt es nichts zu rütteln. Warum, bei allem Respekt, regst Du Dich so unnötig auf?
So einfach ist es nicht. Es gibt kein einheitliches "Messbuch von 1962" - und wenn es eines vom Frühjahr gibt, steht z.B. der erst gegen Jahresende in den Canon gekommene hl. Joseph dort noch nicht drin. Eines mit dem hl. Joseph ist mit Druckdatum 1962 nicht mehr erschienen. Das nächst später erschienenen ist dan das 1965.
Das habe ich auch nie behauptet.

Im übrigen gibt es eine Fülle von lokalen Gewohnheiten und Sonderregelungen, die 1962 in Gebrauch waren und deren Verwendung von Ecclesia Dei seitdem per schriftlicher Bestätigung (wie im Falle Le Barroux) oder per mündlicher Übereinkunft oder per stillschweigender Duldung durch den Präfekten der Kommission bei seinen eigenen Zelebrationen ermöglicht worden ist.
Das habe ich nie abgestritten und ich wollte mich auch keineswegs strikt dagegen aussprechen. Allein maßgebend müssen doch zuerste einmal die Rubriken sein?!

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Summorum pontificum

Beitrag von taddeo »

Fridericus hat geschrieben:
Im übrigen gibt es eine Fülle von lokalen Gewohnheiten und Sonderregelungen, die 1962 in Gebrauch waren und deren Verwendung von Ecclesia Dei seitdem per schriftlicher Bestätigung (wie im Falle Le Barroux) oder per mündlicher Übereinkunft oder per stillschweigender Duldung durch den Präfekten der Kommission bei seinen eigenen Zelebrationen ermöglicht worden ist.
Das habe ich nie abgestritten und ich wollte mich auch keineswegs strikt dagegen aussprechen. Allein maßgebend müssen doch zuerste einmal die Rubriken sein?!
Ja - aber welche?
Legitimierte Sonderregelungen und Gewohnheiten sind ja ebenso Rubriken, und zwar in diesen Fällen die allein maßgebenden. Da haben dann die allgemeinen Rubriken nichts mehr zu melden.

Fridericus
Beiträge: 1237
Registriert: Montag 27. April 2009, 17:33

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Fridericus »

taddeo hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:
Im übrigen gibt es eine Fülle von lokalen Gewohnheiten und Sonderregelungen, die 1962 in Gebrauch waren und deren Verwendung von Ecclesia Dei seitdem per schriftlicher Bestätigung (wie im Falle Le Barroux) oder per mündlicher Übereinkunft oder per stillschweigender Duldung durch den Präfekten der Kommission bei seinen eigenen Zelebrationen ermöglicht worden ist.
Das habe ich nie abgestritten und ich wollte mich auch keineswegs strikt dagegen aussprechen. Allein maßgebend müssen doch zuerste einmal die Rubriken sein?!
Ja - aber welche?
Legitimierte Sonderregelungen und Gewohnheiten sind ja ebenso Rubriken, und zwar in diesen Fällen die allein maßgebenden. Da haben dann die allgemeinen Rubriken nichts mehr zu melden.
Natürlich zuerst die Rubriken im Messbuch. Gebräuche etc. mögen diese dann "aufheben", aber ausgegangen werden muss doch wohl von den Rubriken im Messbuch, wären diese nicht da, bräuchte es ja gar keine Legitimation von Sonderregeln.

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6844
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Re: Summorum pontificum

Beitrag von ottaviani »

taddeo hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:
Im übrigen gibt es eine Fülle von lokalen Gewohnheiten und Sonderregelungen, die 1962 in Gebrauch waren und deren Verwendung von Ecclesia Dei seitdem per schriftlicher Bestätigung (wie im Falle Le Barroux) oder per mündlicher Übereinkunft oder per stillschweigender Duldung durch den Präfekten der Kommission bei seinen eigenen Zelebrationen ermöglicht worden ist.
Das habe ich nie abgestritten und ich wollte mich auch keineswegs strikt dagegen aussprechen. Allein maßgebend müssen doch zuerste einmal die Rubriken sein?!
Ja - aber welche?
Legitimierte Sonderregelungen und Gewohnheiten sind ja ebenso Rubriken, und zwar in diesen Fällen die allein maßgebenden. Da haben dann die allgemeinen Rubriken nichts mehr zu melden.
die frage ist längst geklärt Lokale gewohnheiten dürfen praktiziert werden wenn sie 1962 erlaubt waren hier so etwas aus Wien
http://www.youtube.com/watch?v=JGZS43HVKnQ

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Bernado »

Fridericus hat geschrieben:Natürlich zuerst die Rubriken im Messbuch. Gebräuche etc. mögen diese dann "aufheben", aber ausgegangen werden muss doch wohl von den Rubriken im Messbuch, wären diese nicht da, bräuchte es ja gar keine Legitimation von Sonderregeln.
Soweit die Theorie.

Sie hat mit der Praxis in diesem Fall so gut wie nichts zu tun. Seit Mitte der 50er Jahre arbeitete die Ritenkongregation - teils, um den unerträglich gewordenen Rubrikendschungel auszuforsten, teils auch schon, um "zukunftsweisende Impulse" zu geben - an einer Neufassung des im Grunde auf Pius V. zurückgehenden Ritus Servandus und der Rubricae Generales des Missales.

Diese Neufassung wurde 1960 in Form eines Codex Rubricarum veröffentlicht und durch das Motu Proprio "Rubricarum instructum" (RI) vom Juli 1960 durch Papst Johannes XXIII. ab 1. Januar 1961 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig wurden sämtliche Indulte, Privilegien und Gewohnheiten, auch die seit unvordenklichen Zeiten geltenden, widerrufen.

Soweit auch hier die Theorie, der keine Praxis entsprechen sollte. Rubricarum instructum enthielt nämlich auch einen Hinweis auf das bevorstehende Konzil und darauf, daß dort die Dinge endgültig geregelt werden sollten.

Das führte in der Praxis dazu, daß die neuen Rubriken von niemandem (der Ritenkongregation einschließlich) ernstgenommen wurden und eine muntere Rundum-Reformiererei anhob. In Deutschland machte seitdem buchstäblich jeder, was er wollte (viele machten einfach das weiter, was sie schon immer gemacht hatten, auch wenn es durch RI "abgeschafft" war), andere drehten die Altäre um, stellten Ikebana drauf und dichteten Präfationen im Haiku-Stil. Die nicht ganz so wilde Herumpröbelei in Rom fand dann schließlich nur 4 Jahre nach RI ihren Niederschlag im Ordo Missae von 1965. Die Dummen, die diesen ernst nahmen, bekamen dann wieder 4 Jahre später den völlig veränderten NO vorgesetzt.

Das heißt, wenn wir heute von den Büchern von 1962 sprechen, sprechen wir hinsichtlich der Rubriken von einer bürokratischen Totgeburt, die niemals das Licht der Praxis erblickte und mit der kein heute aktiver Priester (und auch keiner ihrer Lehrer und Professoren) jemals Erfahrungen sammeln konnte. Es wurde auch niemals darin ausgebildet. Ob die Rubriken von 1962 überhaupt praxistauglich sind, wage ich nicht zu beurteilen. Sie beziehen sich ja nur auf einen Rumpf der Rubriken - nämlich die Ordnung der stillen Messe. Die Spendung der Sakramente und die Feier von Pontifikal- und Levitenämtern erfolgte nach wie vor nach den älteren Vorgaben - das Konzil sollte ja erst die Gesamtreform bringen.

Wer sich also heute hier oder anderswo hinstellt und behauptet, man solle doch einfach die Rubriken von 1962 anwenden, weiß offensichtlich nicht so genau, wovon er redet.

Daß Papst Benedikt in SP 1962 zum Stichjahr gemacht hat, ist wohl ebenso wie die Unterscheidung von "älterer" und "neuerer" Form eines einheitlichen Römichen Ritus als eine Fiktion zu verstehen, die aus rechtlichen Gründen notwendig gewesen sein mag, die aber ds Leben in der Praxis nicht unbedingt vereinfacht.

Außerdem ist eine tauglichere Alternative kaum zu sehen. Die Liturgie war spätestens seit der Reform der Karwoche unter PIUS XII. in einem Zustand, in dem alles darauf hindrängte, den seit 200 Jahren geschürzten gordischen Knoten mit einem Gewaltstreich zu zerschlagen. Und so ist es 1969 dann ja auch gekommen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Summorum pontificum

Beitrag von taddeo »

Für solche Beiträge liebe ich den Kreuzgang. :klatsch: :ikb_notworthy:

Benutzeravatar
Niels
Beiträge: 24027
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 11:13

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Niels »

taddeo hat geschrieben:Für solche Beiträge liebe ich den Kreuzgang. :klatsch: :ikb_notworthy:
:daumen-rauf:
Sehr informativ. :ja:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Summorum pontificum

Beitrag von taddeo »

Niels hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Für solche Beiträge liebe ich den Kreuzgang. :klatsch: :ikb_notworthy:
:daumen-rauf:
Sehr informativ. :ja:
Sowas erfährt man in sechs oder gar mehr Jahren Theologiestudium nicht, und dabei erklärt so ein einziges Posting mehr Hintergründe als ne ganze Liturgikvorlesung eines Semesters.

Grammi
Beiträge: 213
Registriert: Samstag 21. August 2010, 13:19

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Grammi »

Also, jetzt mal eine ganz dämliche Frage von einem, der zwar schon in recht vielen unterschiedlichen Formen der Alten Messe ministriert hat (u.a. bei einem levitiertem Hochamt), aber nicht wirklich viel Ahnung hat:

Welche Rubriken verwendet dann ein Bischof, der eine Pontifikalmesse lesen will? Wenn ich dass jetzt richtig verstanden habe, dann betreffen die Rubriken, die neu 1961 in Kraft getreten sind nur die Basis (sprich, Stille Messe. Wobei ich ja mal die Theorie gehört habe, die Basis der Alten Messe sei die Papstmesse, alles andere eine Verkürzung dieser^^). Nimmt dann ein Bischof die entsprechenden älteren Rubirken? Und wo findet er die? Und was macht man, wenn der Bischof einem Orden angehört, dann müsste der doch rein theoretisch nach den alten Büchern seines Ordens zelebrieren?

Gruß
Grammi

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7125
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Protasius »

Grammi hat geschrieben:Also, jetzt mal eine ganz dämliche Frage von einem, der zwar schon in recht vielen unterschiedlichen Formen der Alten Messe ministriert hat (u.a. bei einem levitiertem Hochamt), aber nicht wirklich viel Ahnung hat:

Welche Rubriken verwendet dann ein Bischof, der eine Pontifikalmesse lesen will? Wenn ich dass jetzt richtig verstanden habe, dann betreffen die Rubriken, die neu 1961 in Kraft getreten sind nur die Basis (sprich, Stille Messe. Wobei ich ja mal die Theorie gehört habe, die Basis der Alten Messe sei die Papstmesse, alles andere eine Verkürzung dieser^^). Nimmt dann ein Bischof die entsprechenden älteren Rubirken? Und wo findet er die? Und was macht man, wenn der Bischof einem Orden angehört, dann müsste der doch rein theoretisch nach den alten Büchern seines Ordens zelebrieren?

Gruß
Grammi
Die Rubriken für die Privatmesse des Bischofs finden sich im Caeremoniale Episcoporum; dort steht allerdings hauptsächlich, daß er sich an den Canon Episcopalis halten soll; dieser ist nach allem was ich weiß, ein Buch mit dem Canonteil des Ordo Missae, bei dem am Anfang des Kanons die Rubrik steht: wenn der Zelebrant Bischof ist, sagt er "und mir, deinem unwürdigen Diener", sonst "und mit unserem Bischof N." Außerdem enthält der Canon Episcopalis meines Wissens die bischöfliche Segensformel (mit Adjutorium nostrum etc.).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

new
Beiträge: 343
Registriert: Montag 9. April 2007, 19:13
Wohnort: Bistum Chur

Re: Summorum pontificum

Beitrag von new »

Danke an ottaviani und Bernardo für die interessanten Hinweise. Es sei noch ergänzt, dass die von mir und anderen geschilderte Vielfalt Lesungen, Trauung und Firmung in Messe, Verwendung älterer Missale ohne Anpassung an 62, Messe vor ausgesetztem allerheiligsten, Aussetzung mitten in Messfeier, Pater Noster von allen gesprochen, ältere schlussevangelien, levitierte "bischofsaemter", einfache "bischofsaemter" etc. Pp. Bereits zur zeit der indultmessen Gang und gäbe waren. Nur das Thema karfreitagsfuerbitte kam hinzu. Ansonsten ... Macht eigentlich jeder das, was er schon vor dem mp für richtig hielt.
Hw Weishaupt ist übrigens der Meinung, dass gewisse Sonderregelungen vor 1962 sowie die Bildung von Gewohnheitsrecht durch mp und Abs aufgehoben wurde und er begründet das nachvollziehbar. Interessiert aber auch keinen. In einer Kirche liegt Dominus vobiscum gar gratis aus ... Lesungen gibts im gesungenen amt auf deutsch. Nur.

Benutzeravatar
Sursum Corda
Beiträge: 379
Registriert: Donnerstag 31. Mai 2007, 22:31
Wohnort: Hochstift Paderborn

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Sursum Corda »

Grundsätzlich möchte ich mich Ottaviani anschließen: Die Rubriken sind verbindlich und müssen beachtet werden. Etwas lockerer sehe ich das bei den lokalen Eigenbräuchen, die vor 1962 praktiziert wurden und genehmigt bzw. toleriert waren: man sollte sie ruhig beibehalten. Sie dürften sich allerdings auf wenige Ausnahmen beschränken. Dazu zähle ich auch das Anstoßen an die Kirchentüre am Palmsonntag, daß sich in einigen Gemeinden sogar bis in den novus ordo gerettet hat.
Daß die ICRSP den alten Karwochen-Ordo verwenden, hält sich als Aussage sehr hartnäckig.
Hier sind die Bilder von 211:
http://www.icrsp.org/IMAGES-APOSTOLATS/ ... -Saint.htm
Das aber ist eindeutig der von Pius XII reformierte Ritus. Lediglich hat man bei den violetten Gewändern das dunkelste violett gewählt, das man wählen kann. Das wirkt, zumal auf Photos, fast schwarz.
Auf, eilen liebentzündet, auch wir zum heil'gen Streit! Der Herr, der's Haus gegründet, uns ew'gen Sieg verleiht.

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Bernado »

Grammi hat geschrieben:Also, jetzt mal eine ganz dämliche Frage von einem, der zwar schon in recht vielen unterschiedlichen Formen der Alten Messe ministriert hat (u.a. bei einem levitiertem Hochamt), aber nicht wirklich viel Ahnung hat:

Welche Rubriken verwendet dann ein Bischof, der eine Pontifikalmesse lesen will? Wenn ich dass jetzt richtig verstanden habe, dann betreffen die Rubriken, die neu 1961 in Kraft getreten sind nur die Basis (sprich, Stille Messe. Wobei ich ja mal die Theorie gehört habe, die Basis der Alten Messe sei die Papstmesse, alles andere eine Verkürzung dieser^^). Nimmt dann ein Bischof die entsprechenden älteren Rubirken? Und wo findet er die? Und was macht man, wenn der Bischof einem Orden angehört, dann müsste der doch rein theoretisch nach den alten Büchern seines Ordens zelebrieren?
Soweit meine Erfahrungen reichen - und das ist doch eher begrenzt - nimmt ein Zeremoniar überhaupt nicht die Original-Rubriken, die von der Ritenkommission und den Päpsten des 20. Jh.praktisch unbrauchbar gemacht worden sind, sondern er nimmt ein "Standardwerk" wie den Fortescue und Hartmanns Repetitorium, die jeder auf seine Weise ein paar Schneisen durch den Rubrikendschungel geschlagen haben. Der Fortescue in der neuesten von U.M. Lang betreuten Ausgabe (die ich noch nie in der Hand hatte) sogar angeblich auf dem aktuellen Stand.

Wenn ein Bischof ins Spiel kommt, werden die Dinge kompliziert, denn der bringt seine eigenen consuetudines mit - und wenn es sich bei dem Bischof, der eine Priesterweihe durchführt, zufällig um den amtierenden Präsidenten von Ecclesia Dei handelt, möchte ich den Zeremoniar sehen, der am Abend vorher eine lange Diskussion anhand von Rubriken führt, um irgendwelche Zweifelsfragen zu klären, die schon seit 80 Jahen ungeklärt sind.

Leider gibt es nun einmal viele Dinge, die einfach nicht klar sind. Die Gültigkeit der in päpstlichen Dokumenten immer wieder angeordneten Zurücknahme von Indulten und Gewohnheitsrechten "auch aus unvordenklichen Zeiten" ist durchaus umstritten: Können Päpste das? Papst Benedikt neigt eher dazu, diese Frage mit "Nein" zu beantworten. Oder ein anderer Streitpunkt: Das Missale von 1962 hat das Datum vom 23. Juni. Die Verfügungh, den Hl. Josef in den Kanon aufzunehmen, ist vom 13. November. Was ist jetzt der Stand der "Bücher von 1962" ?

Der modern-römische Versuch, auch in der Liturgie auf super-legalistische Weise alles bis aufs Kleinste und auf zentralistische Weise zu regeln, ist grandios gescheitert. Und die teutonische Sucht, von Rom immer noch mehr zusätzliche Klarheit und Deteilregelung zu erbetteln - reden wir nicht länger davon.

Das heißt aber nicht, dem Chaos das Wort zu reden. Solange man mit Priestern oder Bischöfen zu tun hat, die fest im Glauben verwurzelt sind, kann man zwar über gewisse Dinge hinwegsehen, die z.B. auf praktischen Erfordernissen oder auch langeingeführten Gerwohnheiten beruhen. Man soll auch nicht die Augen davor verschließen, das Verhaltensweisen sich einfach im Lauf der Zeit ändern können - sonst hätten wir heute noch die Liturgie des Hippolytus. Unter diesem Aspekt halte ich es für unsinnig, Dinge, die sich in der Praxis der überlieferten Liturgie eingebürgert haben, unter Hinweis auf einen Erlass der Ritenkongregation von 1880 zu kritisieren und ein lautes Geschrei zu veranstalten. Handküsse bei der Überreichung des Weihrauchfasses, die möglicherweise irgendwann einmal "abgeschafft" oder (was der wahrscheinlichere Fall ist, in einer Neuregelung einfach nicht mehr erwähnt wurden), können nicht ernstlich Streitgegenstand sein. Egal, ob sie gemacht werden oder fehlen. Pectorale, die immer öfter über der Kasel getragen werden, markieren wohl noch nicht den Apostaten.

Auf der anderen Seite halte ich es aber auch für unzulässig, wenn Regeln, die in neuester Zeit getroffen worden sind und sich ausdrücklich auf bestimmte Praktiken der Gegenwart beziehen, leichthändig missachtet werden. Bei der Feier der Osternacht, für die 1955 ein umfängliches neues Regelwerk vorgeschrieben wurde, sehe ich dabei also keinerlei Spielraum, denn da gibt es eigentlich keine Unklarheiten. Und wer von 1955 abweichen will, muß eben sehen, ob er ein Indult bekommt.

Ähnlich ist es bei einer Detailregelung wie der Vorschrift, in Ämtern die Lesungen immer auch auf Latein vorzutragen. Das ist eine klare Ansage aus allerneuester Zeit - davon abzuweichen ist nicht erlaubt. Wo es aber dennoch geschieht, muß man nicht gleich den Sieg des Modernismus an die Wand malen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6844
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Re: Summorum pontificum

Beitrag von ottaviani »

Bernado hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:Natürlich zuerst die Rubriken im Messbuch. Gebräuche etc. mögen diese dann "aufheben", aber ausgegangen werden muss doch wohl von den Rubriken im Messbuch, wären diese nicht da, bräuchte es ja gar keine Legitimation von Sonderregeln.
Soweit die Theorie.

Sie hat mit der Praxis in diesem Fall so gut wie nichts zu tun. Seit Mitte der 50er Jahre arbeitete die Ritenkongregation - teils, um den unerträglich gewordenen Rubrikendschungel auszuforsten, teils auch schon, um "zukunftsweisende Impulse" zu geben - an einer Neufassung des im Grunde auf Pius V. zurückgehenden Ritus Servandus und der Rubricae Generales des Missales.

Diese Neufassung wurde 1960 in Form eines Codex Rubricarum veröffentlicht und durch das Motu Proprio "Rubricarum instructum" (RI) vom Juli 1960 durch Papst Johannes XXIII. ab 1. Januar 1961 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig wurden sämtliche Indulte, Privilegien und Gewohnheiten, auch die seit unvordenklichen Zeiten geltenden, widerrufen.

Soweit auch hier die Theorie, der keine Praxis entsprechen sollte. Rubricarum instructum enthielt nämlich auch einen Hinweis auf das bevorstehende Konzil und darauf, daß dort die Dinge endgültig geregelt werden sollten.

Das führte in der Praxis dazu, daß die neuen Rubriken von niemandem (der Ritenkongregation einschließlich) ernstgenommen wurden und eine muntere Rundum-Reformiererei anhob. In Deutschland machte seitdem buchstäblich jeder, was er wollte (viele machten einfach das weiter, was sie schon immer gemacht hatten, auch wenn es durch RI "abgeschafft" war), andere drehten die Altäre um, stellten Ikebana drauf und dichteten Präfationen im Haiku-Stil. Die nicht ganz so wilde Herumpröbelei in Rom fand dann schließlich nur 4 Jahre nach RI ihren Niederschlag im Ordo Missae von 1965. Die Dummen, die diesen ernst nahmen, bekamen dann wieder 4 Jahre später den völlig veränderten NO vorgesetzt.

Das heißt, wenn wir heute von den Büchern von 1962 sprechen, sprechen wir hinsichtlich der Rubriken von einer bürokratischen Totgeburt, die niemals das Licht der Praxis erblickte und mit der kein heute aktiver Priester (und auch keiner ihrer Lehrer und Professoren) jemals Erfahrungen sammeln konnte. Es wurde auch niemals darin ausgebildet. Ob die Rubriken von 1962 überhaupt praxistauglich sind, wage ich nicht zu beurteilen. Sie beziehen sich ja nur auf einen Rumpf der Rubriken - nämlich die Ordnung der stillen Messe. Die Spendung der Sakramente und die Feier von Pontifikal- und Levitenämtern erfolgte nach wie vor nach den älteren Vorgaben - das Konzil sollte ja erst die Gesamtreform bringen.

Wer sich also heute hier oder anderswo hinstellt und behauptet, man solle doch einfach die Rubriken von 1962 anwenden, weiß offensichtlich nicht so genau, wovon er redet.

Daß Papst Benedikt in SP 1962 zum Stichjahr gemacht hat, ist wohl ebenso wie die Unterscheidung von "älterer" und "neuerer" Form eines einheitlichen Römichen Ritus als eine Fiktion zu verstehen, die aus rechtlichen Gründen notwendig gewesen sein mag, die aber ds Leben in der Praxis nicht unbedingt vereinfacht.

Außerdem ist eine tauglichere Alternative kaum zu sehen. Die Liturgie war spätestens seit der Reform der Karwoche unter PIUS XII. in einem Zustand, in dem alles darauf hindrängte, den seit 200 Jahren geschürzten gordischen Knoten mit einem Gewaltstreich zu zerschlagen. Und so ist es 1969 dann ja auch gekommen.
gut das heißt dann für den Tradi Deiner Meinung nach?

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Summorum pontificum

Beitrag von taddeo »

"Es kommt auf die Intention an", wie Du selber gestern so schön gesagt hast. ;D

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Stephen Dedalus »

Bernado hat geschrieben: Der Fortescue in der neuesten von U.M. Lang betreuten Ausgabe (die ich noch nie in der Hand hatte) sogar angeblich auf dem aktuellen Stand.
Gemeint ist wohl Alcuin Reid, nicht U. M. Lang?
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Bernado »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben: Der Fortescue in der neuesten von U.M. Lang betreuten Ausgabe (die ich noch nie in der Hand hatte) sogar angeblich auf dem aktuellen Stand.
Gemeint ist wohl Alcuin Reid, nicht U. M. Lang?
Richtig - Dank für die Korrektur.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Benutzeravatar
ottaviani
Beiträge: 6844
Registriert: Mittwoch 24. März 2004, 17:24
Wohnort: wien

Re: Summorum pontificum

Beitrag von ottaviani »

taddeo hat geschrieben:"Es kommt auf die Intention an", wie Du selber gestern so schön gesagt hast. ;D
o.k. ich präzisiere der klassische Tradi= der will mit NOM und allen "nachkonziliarem" nix zu tun haben ich meine nicht den neo konservativen Papalisten der den alten Ritus als behübschung religiöser Art schätzt sondern den wirklichen Tradi der eisern nach dem alten Kalender lebt und auch alte Forschriften wie Fastengebote und Abstinenz hält

Benutzeravatar
Florianklaus
Beiträge: 3493
Registriert: Donnerstag 20. November 2008, 12:28
Wohnort: Bistum Münster

Re: Summorum pontificum

Beitrag von Florianklaus »

Bernado hat geschrieben:Die Liturgie war spätestens seit der Reform der Karwoche unter PIUS XII. in einem Zustand, in dem alles darauf hindrängte, den seit 200 Jahren geschürzten gordischen Knoten mit einem Gewaltstreich zu zerschlagen. Und so ist es 1969 dann ja auch gekommen.
Könntest Du bitte gelegentlich näher ausführen, wie Du den Zustand der Liturgie in jener Zeit beurteilst und was genau Du mit dem "gordischen Knoten" in diesem Zusammenhang meinst?
Zuletzt geändert von Florianklaus am Dienstag 27. März 2012, 12:45, insgesamt 1-mal geändert.

conscientia
Beiträge: 621
Registriert: Freitag 18. April 2008, 12:04

Re: Summorum pontificum

Beitrag von conscientia »

Ich schließe mich dieser Bitte an!

Der Begriff des gordischen Knotens schließt ja ein, dass etwas sehr kompliziert verwebt und verknüpft ist und, ohne durchschlagen zu werden, nicht gelöst werden kann. Sollte der Schlag dann die nachkonziliare Liturgiereform gewesen sein?

(Im Übrigen würde ich in Bezug auf den Zustand der liturgischen Bücher das Bild des "Eisstoßes" http://de.wikipedia.org/wiki/Eissto%C3%9F bevorzugen, aber dabei feststellen: Auch durch die nachkonziliare Liturgiereform ist der Eisstoß noch nicht vollständig weggeschwemmt. Um zu einem vollständigen Wegschwemmen des Eisstoßes (oder "Durchschlagen des gordischen Knotens") zu kommen, bedarf es in der Ausbildung sowohl der Kleriker als auch der Laien noch ganz anderer, intensiver Bemühungen.)
Pius Parsch hat geschrieben:Die Liturgie ist gebeteter Glaube, auch diesen müssen wir pflegen und wir müssen tiefer eindringen in seine Geheimnisse. (aus: Das Jahr des Heiles von Pius Parsch)
(Mich freut dieses Gespräch, weil zum erstenmal, seit ich Kreuzgang mitlese, festgestellt (und konzediert) wird, dass auch im Bereich des außerordentlichen Ritus und der Ecclesia Dei-Gemeinschaften nicht alles Gold ist, was glänzen will.)

Benutzeravatar
cantus planus
Beiträge: 24273
Registriert: Donnerstag 20. Juli 2006, 16:35
Wohnort: Frankreich: Département Haut-Rhin; Erzbistum Straßburg

Re: Summorum pontificum

Beitrag von cantus planus »

Bernado hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:Natürlich zuerst die Rubriken im Messbuch. Gebräuche etc. mögen diese dann "aufheben", aber ausgegangen werden muss doch wohl von den Rubriken im Messbuch, wären diese nicht da, bräuchte es ja gar keine Legitimation von Sonderregeln.
Soweit die Theorie.

Sie hat mit der Praxis in diesem Fall so gut wie nichts zu tun. Seit Mitte der 50er Jahre arbeitete die Ritenkongregation - teils, um den unerträglich gewordenen Rubrikendschungel auszuforsten, teils auch schon, um "zukunftsweisende Impulse" zu geben - an einer Neufassung des im Grunde auf Pius V. zurückgehenden Ritus Servandus und der Rubricae Generales des Missales.

Diese Neufassung wurde 1960 in Form eines Codex Rubricarum veröffentlicht und durch das Motu Proprio "Rubricarum instructum" (RI) vom Juli 1960 durch Papst Johannes XXIII. ab 1. Januar 1961 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig wurden sämtliche Indulte, Privilegien und Gewohnheiten, auch die seit unvordenklichen Zeiten geltenden, widerrufen.

Soweit auch hier die Theorie, der keine Praxis entsprechen sollte. Rubricarum instructum enthielt nämlich auch einen Hinweis auf das bevorstehende Konzil und darauf, daß dort die Dinge endgültig geregelt werden sollten.

Das führte in der Praxis dazu, daß die neuen Rubriken von niemandem (der Ritenkongregation einschließlich) ernstgenommen wurden und eine muntere Rundum-Reformiererei anhob. In Deutschland machte seitdem buchstäblich jeder, was er wollte (viele machten einfach das weiter, was sie schon immer gemacht hatten, auch wenn es durch RI "abgeschafft" war), andere drehten die Altäre um, stellten Ikebana drauf und dichteten Präfationen im Haiku-Stil. Die nicht ganz so wilde Herumpröbelei in Rom fand dann schließlich nur 4 Jahre nach RI ihren Niederschlag im Ordo Missae von 1965. Die Dummen, die diesen ernst nahmen, bekamen dann wieder 4 Jahre später den völlig veränderten NO vorgesetzt.

Das heißt, wenn wir heute von den Büchern von 1962 sprechen, sprechen wir hinsichtlich der Rubriken von einer bürokratischen Totgeburt, die niemals das Licht der Praxis erblickte und mit der kein heute aktiver Priester (und auch keiner ihrer Lehrer und Professoren) jemals Erfahrungen sammeln konnte. Es wurde auch niemals darin ausgebildet. Ob die Rubriken von 1962 überhaupt praxistauglich sind, wage ich nicht zu beurteilen. Sie beziehen sich ja nur auf einen Rumpf der Rubriken - nämlich die Ordnung der stillen Messe. Die Spendung der Sakramente und die Feier von Pontifikal- und Levitenämtern erfolgte nach wie vor nach den älteren Vorgaben - das Konzil sollte ja erst die Gesamtreform bringen.

Wer sich also heute hier oder anderswo hinstellt und behauptet, man solle doch einfach die Rubriken von 1962 anwenden, weiß offensichtlich nicht so genau, wovon er redet.

Daß Papst Benedikt in SP 1962 zum Stichjahr gemacht hat, ist wohl ebenso wie die Unterscheidung von "älterer" und "neuerer" Form eines einheitlichen Römichen Ritus als eine Fiktion zu verstehen, die aus rechtlichen Gründen notwendig gewesen sein mag, die aber ds Leben in der Praxis nicht unbedingt vereinfacht.

Außerdem ist eine tauglichere Alternative kaum zu sehen. Die Liturgie war spätestens seit der Reform der Karwoche unter PIUS XII. in einem Zustand, in dem alles darauf hindrängte, den seit 200 Jahren geschürzten gordischen Knoten mit einem Gewaltstreich zu zerschlagen. Und so ist es 1969 dann ja auch gekommen.
Gut ausgeführt, sachlich ist nichts zu beanstanden. Ich erlaube mir aber doch, auf einen gewissen Mangel in der zeitlichen Abfolge und in der Causalkette hinzuweisen:

Seit den 20er, spätestens aber den 30er Jahren stand die Liturgie im deutschen, französischen und bedingt im englischen Sprachraum voll unter dem Einfluss der Liturgischen Bewegung, deren Ideal - wie ihre Gründungsfigur Dom Prosper Gueranger OSB sie in Übereinstimmung mit Rom vertrat - bereits von Leuten wie Romano Guardini, Odo Casel und vor allem von Dom Lambert Beauduin OSB im vollen Sinne des Wortes pervertiert wurde. In den aktiven Teilen dieser Bewegung, vor allem in Klöstern der Benediktiner, war die geordnete tridentinische Liturgie zu diesem Zeitpunkt schon massiv gefährdet und an Orten wie Maria Laach oder Klosterneuburg (St. Gertrud) schon nicht mehr vorhanden (Bund Neuland, Volksliturgische Bewegung, etc.). Es ist belegt, dass in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts kritische Anfragen aus Rom zu den liturgischen Merkwürdigkeiten kamen, die nachweislich von Kardinal Adolf Bertram (Breslau) entstellend unvollständig beantwortet und die zur damaligen Zeit streng verbotenen Sperenzien mit glühenden Worten verteidigt, sowie von Kardinal Theodor Innitzer (Wien) ebenso falsch und verharmlosend ("Privatmessen") dargestellt wurden. Von Lambert Beauduin wiederum ist der Aufruf überliefert, den Heiligen Stuhl gewissermaßen mit Reformgesuchen zu ersticken. Das ist das bekannte Synodalprinzip: man bringt ein Thema mit notorischer Hartnäckigkeit so lange immer wieder aufs Tapet, bis von den Verantwortlichen Handlungsbedarf gesehen wird. Diese Umstände muss man bedenken, wenn man den bereits singulären - und vermutlich noch vollkommen unzureichend untersuchten - Reformwust unter Pius XII., gipfelnd in der an sich hervorragenden Enzyklika "Mediator Dei", die in einigen Punkten jedoch schon deutlich an dieser künstlich erzeugten Reformitis leidet und hie und da bedenkliche Schlagseiten zeigt, die unter Pius selbst noch nicht in ihrer Tragweite zu erahnen waren, aber dann unter Paul VI. endgültig durchbrachen, beurteilen will. Wer zurecht darauf hinweist, dass unter Pius XII. in Sachen Rubrizistik bereits das blanke Chaos herrschte, muss aber sehen, dass selbst die größten Heiligen immer irgendwo auch Kinder ihrer Zeit sind. Dieser ganze Bereich des Konzilsvorabends ist nach wie vor zu wenig erforscht, aber man muss ihn sorgfältig studieren, um ein gerechtes Urteil fällen zu können.

Erwähnt muss werden, dass es erste Ansätze zu einer gründlichen Reform ja schon unter dem Hl. Pius X. gab, der rasch erkannte, wohin derlei Versuche führen (und ich erinnere mich, dass wir die gleiche Erfahrung hier im Forum gemacht haben mit dem Versuch, eine Kalenderreform zu diskutieren) und sofort die Finger davon ließ, was im Nachhinein ein weiteres Zeichen seiner Klugheit und Besonnenheit ist.

Dass die Rubriken wie auch der Kalender Anfang des 20. Jahrhunderts einen gewissen Reformbedarf erkennen lassen, ist dabei vollkommen unbestritten. Der Teufel steckt aber im Detail, wenn man versucht, in diesem bewährten und komplizierten Gefüge einfach irgendwo einzugreifen: eine kleine Veränderung zieht ungeahnte Lawinen nach sich, wie ein vermeintlich harmloser Schneeball ein ganzes Dorf verschütten kann.

Es bleibt aber festzustellen, dass ein großer Teil des vorkonziliaren Chaos und der Herumreformiererei (alleine im Brevier wurde in den Jahrzehnten vor dem Konzil fast permanent herumgeändert, eigentlich noch stärker als im Missale) nicht aus den Rubriken und ihrer historischen Entwicklung selbst entstand, sondern bereits von den Kräften, die sich später mit der missa normativa Bugninis unter Paul VI. durchsetzen sollten, künstlich erzeugt wurde.

Exemplarisch kann man das u. a. an den Vorgängen rund um die Tage Allerheiligen/Allerseelen und besonders in der Karwoche nachvollziehen.
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Benutzeravatar
cantus planus
Beiträge: 24273
Registriert: Donnerstag 20. Juli 2006, 16:35
Wohnort: Frankreich: Département Haut-Rhin; Erzbistum Straßburg

Re: Summorum pontificum

Beitrag von cantus planus »

conscientia hat geschrieben:
Pius Parsch hat geschrieben:Die Liturgie ist gebeteter Glaube, auch diesen müssen wir pflegen und wir müssen tiefer eindringen in seine Geheimnisse. (aus: Das Jahr des Heiles von Pius Parsch)
(Mich freut dieses Gespräch, weil zum erstenmal, seit ich Kreuzgang mitlese, festgestellt (und konzediert) wird, dass auch im Bereich des außerordentlichen Ritus und der Ecclesia Dei-Gemeinschaften nicht alles Gold ist, was glänzen will.)
Das wird hier eigentlich permanent festgestellt. Und kein Traditionalist, der etwas von Liturgie versteht, wird das ernsthaft bestreiten wollen. Im Gegenteil wird 1962 - liturgisch - bzw. 1958 - theologisch und vor allem dogmatisch - ja nicht als feststehenden Datum im historischen Sinne gesehen, sondern eher als Orientierungspunkt. Vieles war zu diesem Zeitpunkt, wie ich zuvor versucht habe anzureißen, längst in Bewegung geraten. Vieles war gut, vieles war nur mehr ausreichend, aber immerhin noch unzweifelhaft katholisch, was man von den Entwicklungen noch diesen Zeitpunkten nur noch bedingt sagen kann. Es ist nicht so, dass es seither nichts Katholisches mehr gäbe: im Gegenteil entstehen z. B. nach wie vor hervorragende theologische Abhandlungen. Aber es ist eben größte Vorsicht geboten, weil sogar kirchliche Schutzsysteme wie die Druckerlaubnis (Imprimatur) versagen.

Dass 1962 liturgiehistorisch eine Krücke ist, wurde hier im Kreuzgang m. W. nie bestritten.
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema