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Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Mittwoch 16. August 2017, 23:12
von Lycobates
Diese Kurzreportage bietet einige Auszüge mit interessanten Bildern von der Mitternachtmesse an Weihnachten 1948, der ersten in Frankreich im Fernsehen direkt ausgestrahlten Messe.
Es zelebriert der damalige Kardinal Suhard.
So sieht ein ordentliches Pontifikalamt aus.

http://www.ina.fr/video/VDF07000663

(der neogotische Hochaltar von Viollet-le-Duc ist weg, er wurde nicht demoliert, aber demontiert, und in den 70ern von der NOMenklatura in einem Depot verschlossen; im Winter 2014 wurde allerdings im Palais de Chaillot in einer Viollet-le-Duc gewidmeten Ausstellung u.a. ein Kerzenständer gezeigt, wodurch man sich die erhabene materielle und künstlerische Qualität dieses Altares noch einmal vergegenwärtigen konnte)

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 04:50
von Florianklaus
Wunderschön, Bilder aus einer versunkenen Welt.......

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 09:09
von Fragesteller
Bei 09:10 teil ein Priester in Kasel - nicht der Kardinal! - die Kommunion aus. Konnte es in Paris damals einen zweiten Kaselträger neben dem Zelebranten geben? Oder ist das ein Parallelzelebrant von einem Seitenaltar?

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 11:18
von Lycobates
Fragesteller hat geschrieben:
Donnerstag 17. August 2017, 09:09
Bei 09:10 teil ein Priester in Kasel - nicht der Kardinal! - die Kommunion aus. Konnte es in Paris damals einen zweiten Kaselträger neben dem Zelebranten geben? Oder ist das ein Parallelzelebrant von einem Seitenaltar?
Ja, letzteres. Davon wäre m.E. auszugehen.
Der Kardinal teilt nur den Assistenten die hl. Kommunion aus und fährt dann mit dem Amt fort, da es sonst zu lange hingezogen würde.

Im übrigen ist die Kommunion des Volkes während der Mitternachtmesse eine relative Neuigkeit; sie wurde Anfang des 20. Jh. unter dem hl. Pius X. zuerst allgemein gestattet (das müßte ich genauer nachprüfen), nachdem sie vorhin seit dem 17. Jh. vereinzelt in Frauenklöstern genehmigt worden war.

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 11:52
von Romanus
Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 16. August 2017, 23:12
So sieht ein ordentliches Pontifikalamt aus.
Die Zelebration wirkt ganz und gar „natürlich“. Die Liturgie ist gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen …

Heute müsste sie entsprechend „einstudiert“ werden, was vermutlich aufgesetzt wirken würde. Denn immer weniger Menschen gelingt es, ihre Identität mit irgendetwas „daußen“ zu lassen, sich selbst zu verleugnen, sich einem Gottesdienst geziemend zu verhalten und nur für den Herrn da zu sein.

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 12:12
von Lycobates
Romanus hat geschrieben:
Donnerstag 17. August 2017, 11:52
Lycobates hat geschrieben:
Mittwoch 16. August 2017, 23:12
So sieht ein ordentliches Pontifikalamt aus.
Die Zelebration wirkt ganz und gar „natürlich“. Die Liturgie ist gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen …

Heute müsste sie entsprechend „einstudiert“ werden, was vermutlich aufgesetzt wirken würde. Denn immer weniger Menschen gelingt es, ihre Identität mit irgendetwas „daußen“ zu lassen, sich selbst zu verleugnen, sich einem Gottesdienst geziemend zu verhalten und nur für den Herrn da zu sein.
Ja, so ist es.
Wir sind hier noch 1948, vor der 1955 einsetzenden Abbruchphase.

Besonders auffallend und wohltuend die Natürlichkeit und schlichte Würde des jungen Akolythen, der die kurze Schleppe der Chorsoutane des Kardinals trägt, bzw. hinter ihr kniet. Kein Fehler, kein Faux-pas, keine Aufregung. Man sieht sofort: der Knabe hat das öfter gemacht, und es war ihm gut bewußt. :klatsch: Was mag wohl aus dem Kerlchen geworden sein?

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 12:27
von Florianklaus
Lycobates hat geschrieben:
Donnerstag 17. August 2017, 12:12

Besonders auffallend und wohltuend die Natürlichkeit und schlichte Würde des jungen Akolythen, der die kurze Schleppe der Chorsoutane des Kardinals trägt, bzw. hinter ihr kniet. Kein Fehler, kein Faux-pas, keine Aufregung. Man sieht sofort: der Knabe hat das öfter gemacht, und es war ihm gut bewußt. :klatsch: Was mag wohl aus dem Kerlchen geworden sein?
Wahrscheinlich ist er Priester geworden und hat später begeistert den konziliaren Aufbruch mitgemacht, der ihn endlich aus den engen Fesseln der Rubrizistik befreit hat.....

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 15:39
von Gallus
Danke für den Link!

Es ist nicht in Worte zu fassen, was die Kirche seit einem halben Jahrhundert verloren hat.

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 16:32
von Caviteño
Gallus hat geschrieben:
Donnerstag 17. August 2017, 15:39
Danke für den Link!

Es ist nicht in Worte zu fassen, was die Kirche seit einem halben Jahrhundert verloren hat.
Stimmt!

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 17. August 2017, 19:58
von Caviteño
[...]

Für mich wurden Erinnerungen wach. Festlich geschmückte Kirchen, viele Meßdiener, Weihnachten für uns Kinder der Höhepunkt und der Kirchgang gehörte dazu - kurz: die gute, alte Zeit.

Ich kann mich an eine Weihnachtsmesse erinnern, die vermutlich Anfang der 60'iger Jahre im deutschen Fernsehen (da gab es nur die ARD) vom Mont Saint Michel übertragen wurde (Eurovision hieß das damals). Es war beeindruckend und daran wurde ich durch den verlinkten Ausschnitt erinnert.

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Freitag 18. August 2017, 09:21
von Romanus
[...]
Nicht dass ich die alte Liturgie nicht schätzen würde, aber alles hat seine Zeit. Schon Jesus wusste, dass an den „Schätzen der Erde“ der Zeitgeist frisst.

Das Leben lehrt einen, dass nicht jeder Einsatz – und sei er noch so groß – zu den gewünschten Früchten führt: Et qui seminat in benedictionibus de benedictionibus et metet. Mit anderen Worten, nicht jeder Einsatz ist gleichzeitig auch segensreich.

Denn „an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, sagt der Herr: Damit ist nicht (nur) die Liturgie in ihrer Ausgestaltung gemeint – und großartig ist die Liturgie allein wegen ihres kulturellen Schatzes, Gott sei Dank! –, sondern das Zeugnis einer Person, dass sie im Alltäglichen abgibt (der Schatz im Himmel). Jetzt läuft die Zeit der Bewährung: An welchen Früchten wird die Kirche heute erkannt, ihre Geistlichen heute gemessen?

Den Menschen ist überdies von Gott das Gespür eingepflanzt, wann etwas überbordend ist und nicht mehr anziehend wirkt. Wie User Florianklaus bereits anmerkte: Eine versunkene Welt; in die ich mich, gäbe es eine Zeitmaschine, für eine Stippvisite hineinbeamen würde. (Nur nicht zu lange, den jede Zeit hat auch ihre Unzulänglichkeiten.)

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Freitag 18. August 2017, 13:42
von martin v. tours
Nichts hätte dagegen gesprochen den alten Ritus behutsam weiter zu entwickeln. Nichts kann und muss für immer "wie eingefroren" bleiben.
Aber das wollte und hat man nicht.

[...]
Nein dieses "liturgische Schauspiel" ist nicht "untergegangen". Es wurde von Verrätern (hatten die Konzilsgeistanbeter nicht alle noch den Antimodernisteneid geleistet ?) und Deinesgleichen bewusst torpediert, abgetakelt und damit versenkt.
Alleine die Tatsache das Du die heilige Messe als Schauspiel bezeichnest spricht Bände über dein Liturgieverständniss.

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Freitag 18. August 2017, 14:36
von Romanus
martin v. tours hat geschrieben:
Freitag 18. August 2017, 13:42
Nichts hätte dagegen gesprochen den alten Ritus behutsam weiter zu entwickeln. Nichts kann und muss für immer "wie eingefroren" bleiben.
Aber das wollte und hat man nicht.
Ich denke öfter einmal darüber nach, wie eine Weiterentwicklung aussehen könnte. Es läuft darauf hinaus, dass ich den Zeitgeist – also alles Geschmäcklerische – von der inhaltlichen Substanz und den Funktionen zu subtrahieren beginne. Dann lande ich irgendwann bei wertvollen Materialen und Formen, die durchaus klassisch gestaltet sein könnten. Dann frage ich mich, welche die richtige Symbolsprache wohl die richtige wäre. Dabei geht es mir weniger um die Darstellung der göttlichen Macht, die aus der Außenperspektive doch nur der weltlichen Macht mit Krone und Zepter ähnelt, vielmehr ginge es mir darum, die Innenschau, mithin die geistliche Würde des in der Nachfolge des Hohepriesters stehenden zu unterstreichen, was mich kaum über die Grundformen und -farben klerikaler Kleiderordnung hinausdenken lässt. Zugegeben, ich würde verstehen, wenn mir User Lycobates und andere Traditionalisten mit Hang zum „Fetisch“ jetzt den Vogel zeigen würden, weil ich hier als liturgisch unterbelichteter aber interessierter Niemand Undenkbares zu skizzieren versuche, nämlich den überlieferten Ritus formal abzuspecken. Und vermutlich haben das schon zig andere vor mir versucht ... (Gab es vielleicht auch deswegen einen „Neuanfang“, weil es sich zu schwierig herausstellte, das Geschmäcklerische aus dem alten Ritus zu verbannen? Schon in einem x-beliebigen Wallfahrtsladen im 3. Jahrtausend bemerke ich, dass das schwierig werden könnte und etwas mit katholischer Ästhetik nicht stimmt ... :pfeif:)

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Freitag 18. August 2017, 14:40
von CIC_Fan
[...]

untergegangen ist es nicht es ist rund 50 Jahre nach seiner Abschaffung immer noch da
was historisch und kirchengeschichtlich gesehen äußerst verwunderlich ist

Re: Mitternachtmesse 1948 in der Notre Dame zu Paris

Verfasst: Donnerstag 24. August 2017, 09:10
von Raphael
Gallus hat geschrieben:
Donnerstag 17. August 2017, 15:39
Danke für den Link!

Es ist nicht in Worte zu fassen, was die Kirche seit einem halben Jahrhundert verloren hat.
Ja, die Modernisten haben den Ratschlag des Völkerapostels aus 1 Thess 5, 21 ins Gegenteil verkehrt: :auweia:
Prüft alles und schafft das Gute ab!