Ich bin Florianklaus, und möglicherweise Siard, dessen lakonisches
sich mir nicht auf Anhieb erschließt (obwohl ich seinerzeit in der Gräzistik, meiner ersten Liebe, über Lakonisch gearbeitet habe
), noch eine weitere Erklärung schuldig.
Daher kurz:
Ott schreibt in seinem
Grundriß, 2. Aufl. 1954, S. 11(-12):
Bezüglich der kirchlichen Lehrverkündigung ist wohl zu beachten, daß nicht alle Äußerungen des kirchlichen Lehramtes über Fragen des Glaubens und der Sitten unfehlbar und deswegen unwiderruflich sind. Unfehlbar sind nur die Entscheidungen der den Gesamtepiskopat repräsentierenden allgemeinen Konzilien und die päpstlichen Kathedralentscheidingen. Die ordentliche und gewöhnliche Form der päpstlichen Lehrtätigkeit ist nicht unfehlbar.
Das ist,
prout iacet, irrig, weil, was von mir hier in Schrägschrift gesetzt ist, sträflich verkürzend, und somit verfälschend ist.
(Dabei setze ich gern Ludwig Otts
bona fides zunächst voraus, darum geht es mir nicht, der gute Mann ist definitiv
ad patres, beten wir für seine Seele, es wäre aber im einzelnen zu prüfen, und darum schrieb ich, "Uninformierten nicht zu empfehlen", inwiefern die von Ott in der Folge seines Werkes angegebenen Gewißheitsgrade von diesen z.T. irrigen Voraussetzungen beeinflußt sind, zumal er sich auch etwas widerspricht, was ich hier schon aus Zeitgründen nicht tun kann und werde).
Gegen Ott ist unbedingt festzuhalten:
J.B. Heinrich,
Lehrbuch der kath. Dogmatik, 19, 7:
Unfehlbar ist die Kirche [...] sowohl in ihrem gewöhnlichen Magisterium, kraft dessen sie ununterbrochen alle Völker in der Glaubens- und Sittenlehre zu unterrichten hat, sowie in ihren förmlichen Lehrentscheidungen. Daher ist von der öffentlichen und allgemeinen Lehrautorität der Kirche jeglicher Irrtum wider den Glauben und wider das natürliche und übernatürliche Sittengesetz gänzlich ausgeschlossen. Es ist also nicht möglich, daß in die öffentliche und allgemeine Lehre der Kirche gegen den Glauben und gegen das Sittengesetz, wozu auch das natürliche Recht gehört, verstoßende Irrtümer sich einschleichen. [...] Die entgegenstehende Behauptung ist durch die Bulle Auctorem fidei (prop. 1) als häretisch verworfen. [...] Es ist also nicht genügend, nur dasjenige als katholische Wahrheit anzuerkennen, was durch förmliche Lehrentscheidungen deklariert ist; wir müssen vielmehr alles glauben, was die katholische Kirche in der ordentlichen Übung ihres Lehramtes allgemein und konstant als geoffenbarte Wahrheit lehrt. Alle förmlichen Lehrentscheidungen sind ja auf Grund dieser allgemeinen und konstanten Lehre der Kirche erlassen und die Behauptungen der Häretiker gerade deshalb als häretisch verworfen worden, weil sie mit dem öffentlichen Glauben und der allgemeinen Lehre der Kirche in Widerspruch standen.
Matthias Premm,
Kath. Glaubenskunde I, 1951, 14:
Es kann die Kirche auf einem zweifachen Wege eine Wahrheit als Offenbarungslehre hinstellen, entweder in feierlicher Form durch den Ausspruch eines Konzils, beziehungsweise eines Papstes, der ex cathedra spricht. Oder aber in bloß einfacher Weise durch das sogenannte Magisterium ordinarium, d.h. durch die regelmäßige Lehrverkündigung in der ganzen Kirche. Eine solche nicht feierliche Lehrverkündigung in der ganzen Kirche liegt vor, wenn eine Wahrheit überall von der Kanzel herab als Offenbarungslehre gepredigt oder in den Katechismen als solche gelehrt wird. Oder auch, wenn eine Lehre als Offenbarungswahrheit in der Liturgie oder Praxis der Kirche aufgenommen wurde, ohne feierlich definiert zu sein. Diese zweite Form ist zwar nicht so bestimmt und eindringlich, aber sie genügt zu einem Dogma.
Man kann die Belege aus orthodoxen Dogmatiken beliebig vermehren, auch in Französisch oder Latein, ich möchte es aber hierbei belassen.
Ganz klar ist, daß das Herrenwort "ecce vobiscum sum, omnibus diebus" sich nicht auf "einmal pro Jahrhundert" beschränkt, sondern eben
omnibus diebus gilt. Das legitime Lehramt der Kirche, legitimer Papst und legitime Bischöfe, ist uns von Tag zu Tag
regula proxima fidei, nächste Glaubensregel, und deshalb notwendigerweise, insofern es die ganze Kirche in Sachen des Glaubens und der Sitten verbindlich aus dem Offenbarungsgut belehrt, vollends irrtumslos.
Das definiert ja auch gerade das Vatikanum:
fide divina et catholica ea omnia credenda sunt, quae in verbo Dei scripto vel tradito continentur, et ab Ecclesia sive solemni iudicio (das wäre etwa "einmal pro Jahrundert")
sive ordinario et universali magisterio (und das wären ein paar Dutzend Male, in fast jeder Lehräußerung, Enzyklika, Predigt, Katechismus, usw., vom Papst allein oder von Papst und Bischöfen, die Form ist einerlei)
tamquam divinitus revelata credenda proponuntur, natürlich insofern es Offenbarungsgut betrifft, und dies der ganzen Kirche verbindlich als zu glauben vorgelegt (bzw. dessen Gegenteil verbindlich als zu verwerfen auferlegt, wie in
Auctorem fidei, Pascendi, Humani generis, usw.) wird.
Was die Folgen angeht, dieser defekten Interpretation der lehramtlichen Tätigkeit der Kirche, empfehle ich die Lektüre dieses Aufsatzes, mit weiteren Gesichtspunkten und Nuancen, des in diesem Jahre in der Karwoche selig verstorbenen Anton Holzer:
http://www.katolikus-honlap.hu/152/holzer-lerin.pdf