Verfasst: Dienstag 6. März 2007, 00:19
Stammt der Text von Gottfried Keller?
Aus dem "Grünen Heinrich"?
Aus dem "Grünen Heinrich"?
Nur ein Rateversuch: Günther Grass? Blechtrommel?Walter hat geschrieben:Der Autor lebt noch und beschreibt im gesuchten Werk die Heimat seiner Kindheit.
Ja! Nun bist Du also dran.taddeo hat geschrieben:Kommando zurück. Ich wußte, daß ich diese Sprache schon mal gelesen habe, jetzt ist's mir wieder ein- und im Bücherregal in die Finger gefallen:
Siegfried Lenz, "So zärtlich war Suleyken".
Richtig?
Siegfried Lenz hat geschrieben:Die sechzehnte der masurischen Geschichten
Der Mann im Apfelbaum
Einen seltsamen Baum, meine Herrschaften, gibt es bei uns in Suleyken; wohl den seltsamsten Baum von der Welt. Was sich auf seinen Zweiglein schaukelte, es waren die Blüten des Aberglaubens, und es waren – aber ich will der Reihe nach erzählen.
Vierunddreißig Apfelbäume, so wird berichtet, besaß der Adam Arbatzki, keinen aber pflegte und bevorzugte er mehr als den, welcher unmittelbar neben seinem Häuschen stand. ...
»... Denn dies Bäumchen, ist niemand anderes als meine Wenigkeit. Ich habe es gepflanzt, damit ich schlüpfen kann in es, wenn ich tot bin. Und damit ich aufpassen kann auf dich, Sofja. Du bist noch jung, moia Zonka, und wer jung ist, stellt sich womöglich ziemlich dreibastig an. Somit möchte ich dich schon heute ein bißchen warnen. Das Bäumchen – und das heißt ich – kann hineinlugen in alle Fenster und sehen, was vor sich geht. Wenn zuviel vor sich geht nach meinem Tode, werd ich mich schon auf gewisse Weise melden.«
Dies Gespräch fand statt an einem Dienstag; an einem Mittwoch legte sich Adam Arbatzki ins Bett, an einem Donnerstag schickte er nach dem Arzt, und da er sich an dem Arzt nicht vergriff, sondern schluckte, was dieser ihm verschrieb, starb er an einem Sonntag zur Kaffeezeit. Eigentlich war er auch alt genug dafür.
...
"Ich wollte nur noch weg aus dieser Stadt, raus aus dieser Idylle, einer quälenden Enge, die für mich nichts anderes war als eine Überwachung. Genau das war meine Empfindung. Ja, diese meine Heimatstadt war eine hundsgemeine Kontrollanlage, die eingerichtet worden war durch die katholische Kirche, die katholische Partei und die katholische Zeitung, um uns jungen, erlebnishungrigen Menschen das Leben möglichst schwer zu machen. (...)
Alles war fett und voller Weihrauch. Mehr oder weniger. Die fetten Bäuche der Prälaten entsprachen den fetten Zwiebeln auf den Türmen des fetten Doms, der fett mitten in der Altstadt hockt.
Zuhause in der Metzgerei war sowieso alles fett. Die Türklinken, das Stiegengeländer, das Telefon, die Möbel, die Kugelschreiber und Bleistifte, einfach alles.
Und außerhalb der Metzgerei war alles voller Weihrauch. In der ganzen Stadt roch es permanent nach Hochamt. Die Häuser, die Straßen, die Brücken, kalter Weihrauch lag in der Luft. In jeden Winkel hatten sie ein Weihrauchfass hineingeschwenkt, jede Ecke war beweihräuchert worden."
Dann noch etwas Nachhilfe vom Verfasser:Ecce Homo hat geschrieben:ich habe aber ehrlich von diesem Buch noch nie was gehört - weder in der Schule, noch sonstwo...
Siegfried Lenz hat geschrieben:Diskrete Auskunft über Masuren
Im Süden Ostpreußens, zwischen Torfmooren und sandiger Öde, zwischen verborgenen Seen und Kiefernwäldern waren wir Masuren zu Hause – eine Mischung aus pruzzischen Elementen und polnischen, aus brandenburgerischen, salzburgischen und russischen.
Meine Heimat lag sozusagen im Rücken der Geschichte; sie hat keine berühmten Physiker hervorgebracht, keine Rollschuhmeister oder Präsidenten; was hier vielmehr gefunden wurde, war das unscheinbare Gold der menschlichen Gesellschaft: Holzarbeiter und Bauern, Fischer, Deputatarbeiter, kleine Handwerker und Besenbinder. Gleichgültig und geduldig lebten sie ihrer Tage, und wenn sie bei uns miteinander sprachen, so erzählten sie von uralten Neuigkeiten, von der Schafschur, vom Torfstechern, vom Vollmond und seinem Einfluss auf neue Kartoffeln, vom Borkenkäfer oder von der Liebe. [...]
Die hier vorliegenden Geschichten und Skizzen sind gleichsam kleine Erkundungen der masurischen Seele. Sie stellen keinen schwermütigen Sehnsuchtsgesang dar, im Gegenteil:diese Geschichten sind zwinkernde Liebeserklärungen an mein Land, eine aufgeräumte Huldigung an die Leute von Masuren. Selbstverständlich enthalten sie kein unverbindliches Urteil – es ist mein Masuren, mein Dorf Suleyken, das ich hier beschrieben habe.
Suleyken, wie es hier vorkommt, hat es natürlich nie und nirgendswo gegeben; es ist eine Erfindung, so wie die Geschichten auch zum größten Teil Erfindung sind. Aber ist es von Wichtigkeit, ob dieses Dörfchen bestand oder nicht? Ist es nicht viel entscheidender, daß es möglich gewesen wäre?
Ich denke mal, Du hast ins Schwarze getroffen:Inabikari hat geschrieben:@taddeo
Ist der Text von Bruno Jonas?
kabarett[i]live[/i].de hat geschrieben:Bruno Jonas wurde am 3.12.1953 in Passau (Niederbayern) geboren. Er hackte zunächst Fleisch in der Metzgerei seines Vaters und betätigte sich als Ministrant im tief katholischen Passau. Viele hätten in gerne später als Pfarrer gesehen, aber Bruno Jonas wollte lieber von der Kabarettbühne predigen.
Dazwischen studierte er an der LMU München die Fächer Germanistik, Politologie, Philosophie und später Theaterwissenschaften.
Das war aber ein Quickie... :ikb_clapping:Inabikari hat geschrieben:@taddeo
Ist der Text von Bruno Jonas?
Ich hatt’s als Junge oft in der Hand – aber nie gelesen …Ecce Homo hat geschrieben:Mensch, dieses letzte Rätsel war jetzt aber echt anstrengen... ich habe aber ehrlich von diesem Buch noch nie was gehört - weder in der Schule, noch sonstwo...
Nein, eigentlich ja noch Inabikari. Denn incarnata wusste ja nur nicht, dass immer der- oder diejenige das neue Rätsel stellen darf, der/die auch das alte aufgelöst hat. Es war trotzdem ein nettes Intermezzo. Danke also, incarnata!Ecce Homo hat geschrieben:Gratuliere, Walter, du bist dran...
E. ist der abgekürzte Name eines "korrekten Beamten", L. der Name der Zofe.Wer hat geschrieben: Am hohen Mittag, an einem Freitag, ging E. zur Hebamme und Hexe. Von der Bettlerstiege schlich er durch riesige Höfe, durch eine förmliche Stadt, die nur wenige kannten. Gleißendes Sonnenlicht weckte modrige Mauern zu blitzendem Leben, vergoldete Häusergerümpel zu farbigen Zauberbildern, so daß man glaubte, da sich alles Gesindel verschloffen, der Valandinnen Lockruf zu hören in Kreuzzugsruinen verlassener kilikischer Städte. Es war ein verrufenes Viertel. Goldmacher lebten hier und Zeichendeuter, verkommenes Volk, Dirnen und Schurken, die künstlich verkrüppelte Kinder an Bettler vermieteten, und Lumpensammler, aus deren Höhlen die Seuche manchen Jagdzug begann.
Durch einen dunklen Gang, an einer rußigen Küche vorbei, in der es nach kaltem Rauch roch, betrat E. die Theobaldgasse und holte ungesehen den Trank. Nur das goldene Klingeln dreierner Dukaten brach die bleierne Stille. Die Gnädige verschlief stets die heißen Stunden, das wußte er durch L., die ihn oft sehnsüchtig um ein Schäferstündchen zu dieser Zeit gebeten hatte. Da auch die Köchin schlief und Stuben- und Extramädchen selbst ähnlich beschäftigt seien, stünde seinem Kommen nichts im Wege. So schlüpfte er denn ins lauschige Zofenstübchen, das sein Licht von einem winkligen Hof empfing, in den vielscheibige, nie geöffnete Fenster gingen, blind von Staub und Spinnweben. Das Mädchen war sehr leicht bekleidet und zog ihn neben sich nieder auf das kleine, zitzüberzogene Kanapee.
Hallo Malte,malte hat geschrieben:Ich hab in diesem Forum noch kein Beitrag, ist es hoffentlich nicht allzu blamabel, wenn ich auf Herrman Broch tippe. Ich hab leider kein Buch von ihm in Besitz, könnte es der Triolgie 'Schlafwandler' sein?
viele grüße
Mensch, herzlich willkommen hier im [Punkt]malte hat geschrieben:Ich hab in diesem Forum noch kein Beitrag, ist es hoffentlich nicht allzu blamabel, wenn ich auf Herrman Broch tippe. Ich hab leider kein Buch von ihm in Besitz, könnte es aus der Triolgie 'Schlafwandler' sein?
viele grüße
Der Gaulschreck im Rosennetz? oder:Inabikari hat geschrieben:@Linus
Ja, der Autor ist Fritz von Herzmanovsky-Orlando. Der gesuchte Roman - der einzige, der zu Herzmanovsky-Orlandos Lebzeiten veröffentlicht wurde - erschien 1928 in einem kleinen Wiener Verlag. Na, jetzt kann's doch nicht mehr schwer sein, oder?
Hab den Namen des Etablissments gestrichen, ums nicht allzu einfach zu machen.Wer hat geschrieben:Das Café [..] ist nämlich kein Caféhaus wie andere Caféhäuser, sondern eine Weltanschauung, und zwar eine, deren innerster Inhalt es ist, die Welt nicht anzuschauen. Was sieht man schon? Doch davon später. Soviel steht erfahrungsgemäß fest, daß keiner der im [..] ist, in dem nicht ein Stück [..] wäre, daß heißt, in dessen Ich-Spektrum nicht die [..]farbe vorkäme, eine Mischung aus Aschgrau und Ultra-Stagelgrün. Ob der Ort sich dem Menschen, der Mensch dem Ort angeglichen hat, das ist strittig. Ich vermute Wechselwirkung. "Nicht du bist in dem Ort, der Ort ist in dir" sagt der Cherubinische Wandersmann.