Christliche Nachkriegsdichtung

Gespräche über ausgewählte litterarische Texte.
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Robert Ketelhohn
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Christliche Nachkriegsdichtung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Rudolf Alexander Schröder hat geschrieben:Kreuz-Gespräch

Vorspruch

Mensch, laß hinter dir den Dunst
Deiner Wünsch und Werke,
Deine Weisheit, deine Kunst,
Macht, Gewalt und Stärke.

Steig hinan zur Schädelstatt;
Und du wirst es innen,
Was sie zu vergeben hat,
Welt, und zu gewinnen!

Die Frage

Ich komm, und darf’s nicht wagen,
Mit Zittern, Scham und Zagen
Von fern herzugetreten,
Im Staube vor dir beten.
Wie soll ich mich bekennen,
Wie dich mit Namen nennen,
Der Tag für Tag vergessen
Den Abgrund – nie bemessen
Im schwindelnden Gemüte
Der unausgründbarn Güte?

Wohl kann ich mich besinnen
Der Hölle, die hier innen
Ergähnt und bleckt den Jammer
In stummer Herzenskammer;
Da Finsternis und Wüste
Bewohnt wird vom Gelüste,
Das wittert, wähnt und wütet
Und Zorngedanken brütet
Und klagt vor dir: Erkenne,
Die Finstre, drin ich brenne.

Und du! – Ich weiß es grausend,
Daß aber, aber Tausend
Mit ihrer Not genötet,
Mit ihrem Tod getötet,
Dich, Heiland, voller Hulden,
Dich Heiligen ohn Schulden
Ans Holz gehängt, zu stillen
Des Widersachers Willen,
Der Runde geht und lauert
Mit Gier, die ewig trauert.

Noch freilich darf dein Ächzen,
Darf deines Leibs Verlechzen,
Am Marterbaum gebrochen,
Genagelt und zerstochen,
Darf Lästrung, Spott und Speien
Dich nicht vermaledeien.
Angst würgt dich, engst und strengste,
Angst um der andern Ängste,
Muß alle Welt umfassen,
Von aller Welt verlassen.

Ja, reut sie’s zehnmal bitter,
Welt weiß von keinem Ritter,
Der dir zum Beistand rüste,
Wo Judas käm und küßte.
Sie stehn auf allen Seiten,
Die dich zur Schlachtbank leiten,
Dich martern, höhnen, kränken
Und dich an Galgen henken
Und lachen, Menschensöhne,
Daß dich der Dornstrauch kröne.

Dir bleibt, fürwahr, nicht einer,
Nicht ich und nicht ein meiner;
Sind all ein gleich Gebreste,
Geheckt im alten Neste
Der Lügenbrut, Verräter,
Mißächter, Missetäter.
Es ist um uns vergebens;
Wir sind nicht wert des Lebens,
Nicht wert des frommsten Sterbens,
Ein Same des Verderbens.

Ach, lieber Herr, ach, glaub es,
Ich schäme mich des Raubes,
Der Kleider, die geteilet,
Des Rocks, durchs Los gefeilet,
Da wir ans Kreuz dich schlugen,
Wir, die dein Kreuz nicht trugen.
Bin ja nicht wert, zu küssen
Den Staub dir unter Füßen;
Ach, woll mich nicht vertreiben,
Beim Kreuze laß mich bleiben!

Was darf, was soll ich beten,
Wie meine Schuld vertreten?
Wüßt ich mir nur ein Kleines;
Doch wahrlich weiß ich keines,
Drin ich dich nicht verraten
Mit Worten, Wunsch und Taten,
Statt Brot gegeben Steine
Und Bitternis statt Weine;
Hab mit dem Volk gespottet:
Da! Seht, wer sich vergottet!

Herr, und willst ewig hangen?
Kommt nie die Nacht gegangen,
Da wir vom Holz dich lösen,
Den Wunden Balsam flößen,
In Tücher und in Binden
Den Leichnam sänftlich winden
Und legen dich aufs Bette?
Schließt nie der Stein die Stätte,
Da wir, den wir erschlagen,
Beweinen und beklagen?

Die Antwort

O Sohn, bist von den Tauben,
Die hören und nicht glauben;
Gehst suchen gleich den Blinden,
Die schaun und nimmer finden?
Laß Wägen und Bedingen;
Wie könntest du’s erschwingen?
Trägst kaum die Last, die kleine,
Und härmst dich um die meine?
Wirst dich umsonst versinnen,
Wirst nichts als Tod gewinnen.

Blick auf und glaub dem Wunder:
Ich bang am Kreuz jetzunder,
Verachtet, voller Wunden,
Und bin zu selber Stunden
Dein Richter, ich, und wohne
An Vaters Hand im Throne.
So bist auch du der Böse,
Weißt, daß dich niemand löse;
Bist doch in der Gemeine
Der Meinen mein und reine.

Vernunft kann’s nicht erklären,
Dein Glaube muß dich lehren;
Sie kommt zu Fall und Schaden
Vorm einen Wort: aus Gnaden.
Vor dem steht sie betäubet;
Doch selig der, der gläubet,
Auf Hoffnung sich bescheidet
Und Liebe gibt und leidet.
Wer daran hält ohn Wanken,
Hält Gottes Herzgedanken.

Beschluß

Sünder, du vernahmst vom Kreuz:
Geh, dir ist vergeben.
Wirke, kein Gesetz verbeut’s:
Lieben, Leiden, Leben.

Alles ist ein Ackerfeld.
Brauche deiner Gaben;
Doch auf jedem Thron der Welt
Schau das Kreuz erhaben.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Werner Bergengruen: In dieser Zeit

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Werner Bergengruen hat geschrieben:
In dieser Zeit

In dieser Zeit wird mancher weichen
und nicht zur ersten Liebe stehn.
Da werdet ihr des Tieres Zeichen
auf reingeglaubten Stirnen sehn.

Da werden Brüder sich verkaufen,
und unter Gatten ist Verrat.
Die losgebundnen Mörderhaufen
führt im Triumph der Apostat.

Da werden Fluten sich ergießen,
die Elemente sind verstört.
Da werden Feuerbäche fließen,
und alle Tiefe steht empört.

In Asche lösen sich die Mauern,
Basteien sind wie Spreu verjagt,
und nur der Fels wird überdauern,
von dem Matthäus uns gesagt.

Die Raschen werden nicht entrinnen,
noch wer in Schacht und Höhle steigt.
Den Schwangern und den Säugerinnen
ist viele Trübsal angezeigt.

Die Zeit ist reif, das Messer steche
in die verhüllte Schwäre ein,
die feige Sehnsucht unsrer Schwäche:
Zugleich zwei Herren dienstbar sein!

Erwählen mußt du, mußt verwerfen,
Geist wider Geist, Hand wider Hand!
Um den verhangnen Blick zu schärfen,
sind große Zeichen uns gesandt.

Weh jenem, der in solchen Tagen
Unangefochtenheit begehrt!
Der Helm ist Jedem aufgetragen,
und auch der Schwache ist bewehrt.

Wenn die Gewaltigen sich beugen
und niemand mehr den Abfall zählt,
seid ihr Verborgenen zu Zeugen,
seid ihr Geringen auserwählt.

Die Horcher stehn vor allen Türen,
der Schweigende bleibt nicht geschont.
Gebunden werden sie euch führen,
und der euch peinigt, wird belohnt.

Inmitten eurer eignen Wände
seid ihr Verfolgte und verhöhnt.
Wer aber ausharrt bis ans Ende,
wird überwesentlich gekrönt.

Kein Hauch der Treue geht verloren.
Der Richter wertet ihn gerecht.
Aus Flammen seid ihr neu geboren
und Gottes königlich Geschlecht.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gertrud von le Fort hat geschrieben:Heimweg zur Kirche III

Mutter, ich lege mein Haupt in deine Hände:
        schütze mich vor dir!
Denn furchtbar ist das Gesetz des Glaubens,
        das du aufrichtest.
Fremd ist es in allen Fluren meines Blickes.
Die Täler der Stunden und die Räume der
        Gestirne wissen nichts von ihm.
Meine Füße gleiten an ihm ab wie an Halden
        von Eis,
Und mein Geist zersplittert daran wie an
        gläsernen Felsen.
Bist du gewiß, meine Mutter, daß nicht der
        Bote des Abgrunds dich betrog?
Oder daß Wildlinge aus der Engel Saal dich
        verhöhnten?
Du heißt mich mein einziges Licht löschen
        und heißt mich es wiederentzünden an der
        Finsternis der Nacht!
Du gebietest mir Blindheit, daß ich sehe,
        und Taubheit, daß ich höre!
Weißt du, was du tust? - Mutter, ich lege mein
        Haupt in deine Hände:
        schütze mich vor dir!
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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mal
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Reinhold Schneider

Beitrag von mal »

Ins Innerste! O laß es mich erringen,
Daß unbeirrt, von keinem Bild geblendet,
Zu Dir sich hin die ganze Seele wendet
Und sich der Geist ergibt den Dingen.

Wer mag das Licht der reinen Stirne bringen,
Wenn alles Leben sich ins Leben spendet?
Der Geist, der endet, eh sein Leben endet,
Wird einzig fort ins Unerschlossne dringen.

Gewähre mir die ernstgestimmte Kraft,
Die, abgekehrt, erschaut ein einzig Ziel
Und um dies Eine Tat und Welt nicht achtet!

O tief geheime, höchste Leidenschaft!
Ich trete ahnend aus beschlossnem Spiel
Und werde stark, da mich Dein Ruf entmachtet.

Reinhold Schneider 3.September 1946

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

(Schön, dich mal wieder hier zu sehen, mal – und Dank für den Schneider!)
[/color]
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Tatiana
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Christliche Nachkriegsdichtung

Beitrag von Tatiana »


Werner Bergengruen


Die Stimme sprach: „Wo ist dein Bruder Abel?“
Ihr aber habt die Stimme nicht gehört.
Ihr werktet trunken, lärmend und betört,
Im Fiebertaumel um den Turm zu Babel.

Nun steht ihr an der letzten Wegegabel.
Der Traum liegt hinter euch, wüst und verstört,
Ihr sucht den Zauber, der die Flut beschwört,
doch keine Taube trägt das Blatt im Schnabel.

(aus: Die heile Welt, 1950)
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

Tatiana
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Elisabeth Langgässer

Beitrag von Tatiana »

Elisabeth Langgässer

Das schwarze Kyrie’leise

Das leere Licht. Das Schwarz des Kyrie’leise.
Die Sonne steigt als Hostie in die Höh.

Das höchste Gut im Schwarz des Kyrie’leise,
Und hostienhaft das Licht steigt in die Höh.

Der Nebel weiß, und schwarz das Kyrie’leise.
Die Sonne steigt als Hostie in die Höh.

Das Licht ist weiß, und schwarz das Kyrie’leise.
Als Hostie steigt die Sonne in die Höh.

Das leere Licht im Schwarz des Kyrie’leise.
Die Sonne steigt als Höchste in die Höh.

Steigt hostienhaft.
Als Hostie steigt es

Das leere Licht. Das schwarze Kyrie’leise.
Die Sonne steigt als Hostie in die Höh.
Das blonde Gras perlt kalt vom Todesschweiße,
Vulkan steht krumm im nassen Fuhrgeleise.
„Wann“, ruft er, „stirbt die Kleine von Lisieux?“
Und in Scherben
Zerspringt der Tag, ihr Hochzeitsbett zu färben.

(Das Gedicht stellt eine stark unterschiedliche und vermutlich erste Fassung des Gedichts „Lisieux“ dar; 1948).
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

Tatiana
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Werner Bergengruen

Beitrag von Tatiana »


Nichts gib mir, Gott


Gib unser keinem, Gott, um was wir flehen,
Verworrne, die getrübtes Licht beriet!
Nein, einen jeden lasse nur geschehen,
wie in der Schöpfung alles Ding geschieht,
der Flug, der Fall, das Blühen und Verwehen,
der Berge Glühn, das Wachsen im Granit,
der Lachse Sprung, des Efeus Überstehen,
des Mondes Spiegelung im blassen Teich.
Nichts gib mir, Gott. Nein, laß mich nur geschehen,
dem Stein, dem Laube, den Gestirnen gleich,
und gönne mir, mit ihnen einzugehen
und mit den Kindern in dein Himmelreich.

Werner Bergengruen
aus: Die heile Welt
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

Tatiana
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Reinhold Schneider

Beitrag von Tatiana »

Reinhold Schneider

Petrus, wohin?
Anno santo 1950


1

Wenn Er herabsteigt mitten im Verderben,
Das ihr vom Himmel werft; wenn sich im Blut
Entsetzlich spiegelt seines Zornes Glut
Und die Posaune sucht des Reiches Erben:

Wem wird das Wort nicht auf den Lippen sterben,
Da Tod bei Tod in fahlen Garben ruht?
Er aber wird euch fragen, was ihr tut,
Und euer keiner kann das Reich erwerben.

Und unerschöpflich aus Vergangenheiten
Quillt wüstes Strandgut einst verehrter Werte:
Befleckt sind Kranz und Krone, Ring und Stab.

Der Heilige schaudert, der entflammt zum Streiten.
Die Welt des Schwertes unterliegt dem Schwerte
Des Heiligen Wortes, das ihr Leben gab.


2

Wenn ihr euch selbst im Herzen würdet richten,
Entrinnt ihr dem Gerichte. Schmach und Grauen!
Da ich es wage, in mein Herz zu schauen,
Schlägt mich die Schuld mit tödlichen Gewichten.

Dann drängt die Welt mit quälenden Gesichten:
Verruchte seh’ ich Heiligtümer bauen;
Ich höre Priester der Gewalt vertrauen,
Die Liebe preisen und aufs Wort verzichten.

Das Zeugnis bleibt. Vor meeresgrauen Scharen,
Die sturmdurchwühlt schon aus den Ufern treten,
Das Land ins Joch uralten Zorns zu beugen,

Ergreift das Kreuz und steht! Was wir bewahren,
Ist nur im Opfer, Handeln nur im Beten.
Ins Wort verwandelt sollen wir’s bezeugen.


3

Die Ketten löst der Heilige in der Nacht
Des römischen Kerkers; durch der Wächter Mitte,
Durch blutige Straßen flüchten seine Tritte,
Bis Rom verschwimmt in fahler Mondespracht.

Noch rauscht die Erde von vertobter Schlacht,
Aufdröhnend neu von apokalyptischem Ritte;
Vorüber fliehen unhörbare Schritte,
Bis überm Meer sich milder Glanz entfacht.

Und Indiens Rosenapfelbäume rauschen
Um des Apostels Antlitz und versöhnen
Den tief gefurchten Gram in Licht und Schweigen.

Und Ost und West erkennen sich und tauschen
Die Seele aus; der Geist wird sie bekrönen,
Das Amt der Welt sein höchstes Antlitz zeigen.

(1950)
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

Tatiana
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Gertrud von le Fort

Beitrag von Tatiana »

Gertrud von le Fort hat geschrieben: An die Demut

Da ich mich Gott ergeben,
Da tratst du in mein Leben -
Du warst so zart und fein,
Ich habe dein gepfleget
Wie man die Schwachen heget
Du wurdest groß, ich wurde klein.

Du trankest meiner Stärke
Vollkommenheit und Werke,
Mein Stolz war dir ein süßes Brot:
Ich bin an dir verarmet,
Hab' mich zu tief erbarmet,
Nun hilf mir aus der nackten Not.

Ich hab' kein Haus zu eigen
Denn dein gewalt'ges Schweigen,
Und hab' nicht Stab noch Stern,
Dran ich gen Himmel fände,
Nur deine sanften Hände
Allmächt'ge vor Gott dem Herrn!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nicht ganz hierher passend, aber irgendwie doch:
Eva Strittmatter hat geschrieben:Interruptio

Ich muß meine Trauer begraben
Um das ungeborene Kind.
Das werde ich niemals haben.
Dämonen pfeifen im Wind
Und flüstern im Regen und speien
Mir gerade ins Gesicht.
Und mag auch Gott mir verzeihen.
Ich verzeihe mir nicht.
Es hat mich angerufen,
Es hat mich angefleht,
Ich soll es kommen lassen.
Ich habe mich weggedreht.
Es gab mir kleine Zeichen:
Eine Vision von Haar.
Und zwei drei Vogellaute
Eine Stimme von übers Jahr.
Ich hätte es sehen können,
hätt ich es sehen gewollt.
Es war ja in mir entworfen.
Ich aber habe gegrollt
Über die Tage und Jahre,
Die es mir nehmen wird,
Und um meine grauen Haare,
Die Krankheit. Und wahnwitzverwirrt,
Hab ich mich darauf berufen,
Ich sei zum Schreiben bestellt.
Dabei war vielleicht diese Hoffnung
Viel wichtiger für die Welt
Als all meine Selbstverzweiflung
Und die kleinen Siege in grün,
Die ich dem Leben abringe
Und den Dingen, die dauern und fliehn.
Das schwere Recht der Freiheit
Hab ich für mich mißbraucht.
Und hab mich für immer gefesselt.
In Tiefen bin ich getaucht,
In Trauer bis zum Irrsinn.
Es brodelt noch neben mir.
Die unsühnbare Sünde
Unterscheidet mich vom Tier.
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Walter
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Beitrag von Walter »

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