Berufung

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
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gaoth_an_feasgar
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Berufung

Beitrag von gaoth_an_feasgar »

hallo ihr kreuzgänger,

es gibt zwar schon einen thread 'berufung' beim 'orden & co', aber es gibt ja auch berufungen von Gott z.B. zur ehe oder anderem.
Und ich würde hiermit gerne einen thread über das thema 'berufung' eröffnen:

Gottes Segen,
gaoth

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beatrice
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Beitrag von beatrice »

Bei mir berührt das Thema Berufung zur Zeit einen empfindlichen Nerv. Wie findet man heraus wozu man berufen ist? Ich glaube zu wissen, wozu ich nicht berufen bin, aber ansonsten stecke ich ziemlich fest.

Wie geht ihr das an? Kann sich eine Berufung im Laufe des Lebens auch ändern / wandeln?

Beatrice

Cicero
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Beitrag von Cicero »

beatrice hat geschrieben:Bei mir berührt das Thema Berufung zur Zeit einen empfindlichen Nerv. Wie findet man heraus wozu man berufen ist? Ich glaube zu wissen, wozu ich nicht berufen bin, aber ansonsten stecke ich ziemlich fest.
Auch wenn Dir das jetzt blöd vorkommt, gratuliere, zu wissen wozu Du nicht berufen bist, ist schon etwas. Auch wenn Dir das jetzt im Augenblick sicher nicht weiterhilft. Aber als ich in einer Hinsicht klar hatte, daß ich dazu nicht berufen bin, obwohl mich meine Sehnsucht genau dahin zog und meine Lebensplanung über den Haufen krachte, war doch, als der Staub, den die "geistliche Abrißbirne" hinterließ, sich gesetzt hatte, eine neue und sehr schöne Klarheit da, die diesmal nicht so sehr von meinen Wünschen und Sehnsüchten zugebaut war.
beatrice hat geschrieben:Wie geht ihr das an?
Seitdem mit sehr viel mehr Ruhe und Gelassenheit.
Ich weiß, daß Gott etwas mit mir vorhat.
beatrice hat geschrieben:Kann sich eine Berufung im Laufe des Lebens auch ändern / wandeln?
Vielleicht nicht die Berufung,
sicher aber die Wahrnehmung der eigenen Berufung.

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beatrice
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Beitrag von beatrice »

obwohl mich meine Sehnsucht genau dahin zog und meine Lebensplanung über den Haufen krachte,
Ja, das ist genau der Punkt. Sehnsüchte habe ich eine Menge, nur sind sie 1. nicht alle miteinander vereinbar
2. es sind wohl meine Wünsche, aber sind es auch Gottes Wünsche?

Der Gegenwind aus meiner nächsten Umgebung ist bei einigen meiner Lebenswünsche schon recht heftig. Wie reagieren? Mit dem Kopf durch die Wand oder sich lieber anpassen?

Jetzt mal ganz allgemein, wie geht ihr mit solcher Opposition um?

Cicero, woran hast Du erkannt, wo Dein Weg lag?

Beatrice

Cicero
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Beitrag von Cicero »

beatrice hat geschrieben: Ja, das ist genau der Punkt. Sehnsüchte habe ich eine Menge, nur sind sie 1. nicht alle miteinander vereinbar
völlig normal.
beatrice hat geschrieben:2. es sind wohl meine Wünsche, aber sind es auch Gottes Wünsche?
Das herauszufinden braucht es manchmal etwas Zeit und Geduld, viel Gebet und gute Begleitung durch einen Beichtvater, eine Ordensschwester oder einen Menschen, dem Du vertraust und der bereit ist Deinen Weg zu begleiten.
beatrice hat geschrieben:Der Gegenwind aus meiner nächsten Umgebung ist bei einigen meiner Lebenswünsche schon recht heftig. Wie reagieren? Mit dem Kopf durch die Wand oder sich lieber anpassen?
Puh, es kann sowohl das eine wie auch das andere richtig sein.
Ich bin schon oft genug bei Gegenwind mit voller Wucht entgegen jede Vernunft aber mit der vollen Überzeugung, daß ich richtig liege gegen Wände und noch massivere Dinge angerannt. Manchmal bin ich durchgekommen manchmal habe ich mir übele Blessuren geholt.
Andererseits kann ich mir die Blessuren auch bei Anpassung holen.
beatrice hat geschrieben:Jetzt mal ganz allgemein, wie geht ihr mit solcher Opposition um?
Als ich mich mit ca. 25 Jahren entschloß meine Abitur nachzuholen, meinen Beruf, meine Wohnung, mein Auto und und und aufgab, und in ein Studienkolleg zog, war der Widerstand meiner Umgebung (bes. Familie) so hoch, daß ich dachte, mit denen findest Du nie wieder einen vernünftigen Umgang. Und das auch noch wegen Kirche...
Ich habe damals selber nicht geglaubt, daß ich es schaffen werde, die Schule, kein Zuhause mehr, kaum noch Geld, ...
Das war die blanke Unvernunft.
beatrice hat geschrieben:Cicero, woran hast Du erkannt, wo Dein Weg lag?
An einem Wort, das ein Priester mir genau zum richtigen Zeitpunkt sagte.
Es hat dann zwar noch ein paar Tage gedauert, aber dann wurde es immer klarer. Der Priester selber hatte es übrigens nicht bemerkt. Ich glaube, wenn er es gewußt hätte, hätte er die Klappe gehalten.
Später immer wieder an den Punkten, wo es darum ging Weichen im Leben zu stellen.

Mehr würde ich Dir allerdings höchstens per PN verraten ;)

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Mariamante
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Berufung- auf einen Ruf hören?

Beitrag von Mariamante »

Vor Jahren habe ich aus den Eingebungen an Sr. Maria von der Hlgst. Dreifaltigkeit (eine Konvertitin) folgende Zeilen heraus geschrieben:

Ich wollte, jede Seele könnte es begreifen, daß sie mir in einzigartiger Weise teuer ist, daß sie ihren eigenen Platz in meinem Herzen hat, den keine andere einnehmen kann. Daß sie ihre eigene Sendung hat, die keine andere so wie sie erfüllen wird. Wenn sie sich weigert, dann wird das, was sie hätte tun können nicht geschehen. Ich wollte, jede Seele könnte es begreifen, daß meine allmächtige Liebe eure Gaben verwandelt, und daraus Wunderwerke für die Ewigkeit gestaltet. Ich kann Welten schaffen. Aber das, was eurer freien Großmut überlassen bleibt, kann ich nicht tun, wenn ihr es mir nicht schenkt. Was eurer eigenen Initiative anvertraut wurde, kann ich nicht tun, wenn ihr mir euer menschliches Mitwirken verweigert. Ich wollte, jede Seele könnte es begreifen, wie groß und einzig ihre eigene Bestimmung ist.
________

Aus diesen Worten geht in wunderbarer Weise hervor, dass jeder Mensch eine besondere Aufgabe hat. So wie bei einem Mosaik, das aus vielen Steinchen besteht nur durch das Zusammenwirken sich ein so wunderbares Bild ergibt, so ist es auch in der "Sinfonie des Himmels":

Jeder Mensch hat einen besonderen "Ruf", eine besondere Berufung. Zuerst ist es sicher eine Berufung zur Liebe. Dies hat die hl. Therese von Lisieux in besonderer Weise verstanden.

Um auf einen Ruf zu hören und einer Berufung zu folgen, ist sicher das Gebet, die Stille und auch die Selbsterkenntnis wichtig. Denn nur wer sich selbst kennt wird die Talente die Gott uns auf den Lebensweg mit gegeben hat in die Berufung mit einbringen. Eine geistliche Begleitung (z.B. ein Mensch der uns kennt und gläubig ist) kann uns auf diesem Weg ebenso helfen wie ein Seelenführer oder Beichtvater, der uns ein wenig näher kennen sollte. Um unsere Berufung zu erkennen brauchen wir den Heiligen Geist. Je mehr Vertrauen wir haben, je tiefer unser Glaube und je inniger unser Gebet, umso besser können wir von Gott geführt werden. Ich habe in meinem Leben- sowohl in Bezug auf meine Arbeit wie auch in Hinsicht auf die Menschen, mit denen ich zusammen geführt wurde, immer wieder dankbar erleben dürfen, dass Gottes Vorsehung uns lenkt, wenn wir nur voller Vertrauen und Glauben - eifrig im Gebet mit Gott verbunden sind.
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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

Bitte schreibt weiter!
Das Thema beschäftigt mich auch.....

In evang. Kreisen wird, wenn überhaupt, dann meist in pietist.- evangelikalen Kreisen in einer Art u. Weise gesprochen, die ich nicht so gut vertragen kann. Meist so ," ich bin zu XY berufen und damit besser als du...." :nein:

Ich find´s schön, daß hier in so einem positiven Kontext gesprochen wird.

*neugierigbin* 8)
soli deo gloria

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Mariamante
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Berufen zur Liebe

Beitrag von Mariamante »

Wenn Gott eine Berufung oder besondere Charismen schenkt, dann bedeutet das sicher nicht, dass dieser Mensch "besser" wäre. Gott liebt jeden Menschen mit der gleichen Liebe. Ein Pfarrer sagte mal: Gott liebt Pater Pio genau so wie Saddam Hussein. Wie viel der einzelne Mensch aber von der Liebe Gottes annimmt, das ist seine Entscheidung. Die Liebe zwingt nicht.

So vilelfältig die Berufungen, die Charismen, die Gaben und Talente sind, sie dienen dem "Aufbau des Leibes Christi". Wenn jemand besondere Gaben hat, dan ist er nicht mehr, sondern dann sollte er "mehr dienen". Denn Gaben die Gott schenkt sind m.E. nicht Geschenke für Leistungen- sondern damit sollen wir anderen helfen, anderen dienen und Freude machen. "Wem viel gegeben, von dem wird viel gefordert" sagt die hl. Schrift. Und Paulus betont, dass wir alles was wir sind aus Gnade sind. Wir sind Beschenkte. Sogar Nietzsche meinte einmal wie wenig wir doch selbst unseres Verstandes sicher sein können. Ein Tropfen Blut im Hirn mehr (meinte SChlaganfall) und der Mensch wird wie ein Narr.

So ist unsere erste Berufung sicher jene, die Geschenke Gottes "mit beiden Händen" anzunehmen, und damit zu "wuchern" - d.h. im Dienst an Gott und den Menschen Freude zu bereiten. Ich finde es immer wieder einen schönen Gedanken, dass einer des anderen Himmel werden soll und kann.


Dass das Herz sich durch das Gebet, das Stillwerden und die Bereitschaft die Geschenke Gottes anzunehmen sich öffnen muss, um der jeweilgien Berufung zu folgen möchte ich nochmals betonen. "Alles Große wächst aus der Stille" sagt ein Wort. Und so ist die innere Sammlung wohl immer wieder ausschlag gebend, um dem oft leisen Ruf zu folgen- denn Gott drängt sich nicht auf, zwingt nicht und macht keinen solchen Lärm wie mancherlei Versuchungen.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 131: Päpstliches Werk für geistliche Berufe: Neue Berufungen für ein neues Europa (In verbo tuo...)
Das Weiheamt und die Berufungen in gegenseitiger communio

22. „In vielen Teilkirchen muß die Berufungspastoral noch Klarheit schaffen bezüglich der Beziehungen von Weiheamt, Berufung zu einer besonderen Lebensweihe und allen übrigen Berufungen. Die ganzheitliche Berufungspastoral gründet auf dem Berufungscharakter der Kirche und jeden menschlichen Lebens als Anruf und Antwort. Dies steht am Anfang der gesamten Bemühungen der ganzen Kirche für alle Formen von Berufung, vor allem für die Berufung zu einer besonderen Lebensweihe“.

a) Der Dienst des Weiheamtes
Innerhalb dieser allgemeinen Sensibilität muß heute wohl eine besondere Aufmerksamkeit auf den Dienst des Weiheamtes gerichtet werden, in welchem sich die erste besondere Form der Verkündigung des Evangeliums darstellt. Es stellt die „fortdauernde Gewähr der sakramentalen Gegenwart Christi, des Erlösers, in den verschiedenen Zeiten und Orten dar“, und es bringt gerade die unmittelbare Abhängigkeit der Kirche von Christus zum Ausdruck, der fortfährt, seinen Geist auszusenden, damit sie sich nicht in sich selbst abkapsele, in ihrem Abendmahlsaal, sondern durch die Straßen der Welt ziehe und die Frohbotschaft verkünde.
Diese Ausprägung der Berufung läßt sich nach den drei Graden beschreiben: bischöflich (womit die Garantie der apostolischen Sukzession verbunden ist), priesterlich (was die „sakramentale Darstellung Christi, des Hirten“, beinhaltet), und diakonal (sakramentales Zeichen des dienenden Christus). Den Bischöfen ist der Dienst der Berufung jenen gegenüber anvertraut, die die heiligen Weihen anstreben, um ihre Mitarbeiter im apostolischen Dienst zu werden.
Das Weiheamt läßt die Kirche vor allem durch die Feier der Eucharistie „culmen et fons“ des christlichen Lebens und jener Gemeinschaft sein, die zur Feier der Memoria des Auferstandenen berufen ist. Jede andere Berufung entsteht innerhalb der Kirche und ist ein Teil ihres Lebens. Darum kommt dem Weiheamt der Dienst der Einheit in der Gemeinschaft zu, und kraft dieses Dienstes hat es die unverzichtbare Aufgabe, eine jede Berufung zu fördern.
Das bedeutet in der pastoralen Praxis: das Weiheamt steht im Dienst an allen Berufungen, und alle Berufungen stehen im Dienst des Weiheamtes, in der Gegenseitigkeit der communio. Der Bischof also ist mit seinem Presbyterium gerufen, sämtliche Gaben des Geistes zu unterscheiden und zu fördern. Die Sorge um das Seminar jedoch muß ganz besonders ein Anliegen der ganzen diözesanen Kirche werden, um die Ausbildung von künftigen Priestern und die Bildung eucharistischer Gemeinden als vollen Ausdruck christlicher Erfahrung sicherzustellen.

b) Die Aufmerksamkeit für alle Berufungen
Die Suche und die Sorge der christlichen Gemeinschaft richtet sich auf alle Formen der Berufung, sei es auf jene aus der Tradition der Kirche, sei es auf die neuen Gaben des Geistes: die Ordensweihe im monastischen Leben und im apostolischen Leben, die Berufung als Laie, das Charisma der Säkularinstitute, die Gesellschaften apostolischen Lebens, die Berufung zur Ehe, die verschiedenen laikalen Formen der Vereinigungen, die sich Ordensinstituten angeschlossen haben, die missionarischen Berufe, die neuen Formen des geweihten Lebens.
Diese verschiedenen Gaben des Geistes sind auf unterschiedliche Weise in den Kirchen Europas präsent; doch alle diese Kirchen sind auf jeden Fall gerufen, Zeugnis für die Aufnahme und Pflege einer jeden Berufung zu geben. Eine Kirche ist um so lebendiger, je reicher und bunter in ihr die verschiedenen Berufungen zum Ausdruck kommen.
In einer Zeit wie der unsrigen, die der Prophetie bedarf, ist es klug, jene Berufungen zu bevorzugen, die ein besonderes Zeichen dessen sind, „was wir sein werden, und was uns noch nicht offenbar gemacht ist“ (1 Joh 3,2), wie die Berufung zu einer besonderen Weihe; doch ist es ebenso klug und unverzichtbar, den prophetischen Charakter, der für jede christliche Berufung bezeichnend ist, zu fördern, eingeschlossen die Berufung als Laie, damit die Kirche vor der Welt immer mehr ein Zeichen der künftigen Dinge sei, jenes Reiches, das „jetzt schon ist, und doch noch nicht“ ist.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Biggi
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Beitrag von Biggi »

Ich finde es gut und richtig, dass der Begriff "Berufung" hier sehr weit gefasst wird. Gott ruft in der Tat jeden Menschen zu irgendwas (oder irgendwem), und das nicht nur in den großen Lebensentscheidungen, sondern auch im Alltag.

Trotzdem scheint es mir sinnvoll, auch den üblichen Begriff von Berufung - nämlich die Entscheidung für eine bestimmte Lebensform und/oder Gemeinschaft - mal ein bisschen hin und her zu wenden. Und nach den Kriterien zu fragen, an denen man erkennen kann, auf welchen Weg Gott einen ruft. Ich sehe da im Wesentlichen:
1.) die Eignung
2.) die Neigung

Dabei gehören zur Eignung unter anderem ein wirklich gründliches Verständnis für die betreffende Lebensform und die charakterlichen Fähigkeiten, diesen Weg auch wirklich zu gehen (Schwächen und Niederlagen sind natürlich menschlich, aber es darf eben keine dauerhafte Überforderung darstellen). - Meinem Eindruck nach ist die Eignung dabei am ehesten von Menschen zu beurteilen, die a) diesen Weg bereits selbst seit längerer Zeit gehen, und b) die betreffende Person wirklich gut kennen. Dafür muss diese sich halt auch zu erkennen geben...

Zur Neigung gehört m.E. ein immer wieder erneut sich meldendes Angezogensein von einer konkreten Berufung; ein Gedanke, der bohrt, der sich immer wieder meldet.... Das kann durchaus von Angst begleitet sein. Unter Umständen ist eine gewisse Angst sogar ein Hinweis auf eine tatsächliche Berufung. Denn eine Lebensform, zu der ich ganz sicher nicht berufen bin, die macht mir auch keine Angst - die liegt einfach außerhalb dessen, was Anforderungen an mich stellt. Aber eine Lebensform, zu der Gott mich möglicherweise beruft, die kann durchaus in ihren Ansprüchen nicht nur als Herausforderung, sondern vielleicht sogar als Bedrohung erlebt werden. Zumindest bis man "sich stellt" und ja sagt...

Bis hierhin erst mal. Vielleicht später mehr.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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beatrice
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Beitrag von beatrice »

Über den Aspekt der Angst habe ich schon öfters gelesen, wenn von Berufung (ich meine hier die Berufung zu jeglicher Lebensform) die Rede ist.
Im Prinzip leuchtet es ein. Wenn man einen Lebensweg ernsthaft in Erwägung zieht tauchen natürlich Zweifel auf, ob man den Anforderungen, auch in schlechten Zeiten, gerecht werden kann.
Aber wie unterscheidet man diese "gesunde" Angst vor der Angst in einen Lebensweg gezogen zu werden, der eben nicht der seine ist?

Einen Menschen zu finden, der einen gut kennt und dennoch nicht versucht einem seine eigene Sicht der Dinge überzustülpen, ist nicht leicht. Ich habe da schon öfters die Erfahrung gemacht, daß viele dazu neigen für ihre eigene Lebensweise zu werben und andere Alternativen schlechtreden.

Wie ist Eure Erfahrung?

Beatrice

Cicero
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Beitrag von Cicero »

beatrice hat geschrieben: Einen Menschen zu finden, der einen gut kennt und dennoch nicht versucht einem seine eigene Sicht der Dinge überzustülpen, ist nicht leicht. Ich habe da schon öfters die Erfahrung gemacht, daß viele dazu neigen für ihre eigene Lebensweise zu werben und andere Alternativen schlechtreden.
Wenn ich mich - besonders in einer (geistlichen) Begleitung - zu etwas überredet fühle, muß ich das deutlich sagen.
Bleibt es dabei, habe ich das Gefühl weiterhin, daß er mich in eine bestimmte Richtung drängen will, mir nicht zuhört, meiner Neigung und Eignung nicht die nötige Aufmerksamkeit widmet, muß ich mich von diesem Begleiter trennen. Auch wenn es weh tut.

Berufung ist etwas sehr individuelles.
In letzter Konsequenz kann nur ich selbst meine Berufung herausfinden.
Es ist immer eine Liebesgeschichte - meine Liebesgeschichte mit Gott.
Sie zu leben ist meine Aufgabe.
Dahin muß mich ein geistlicher Begleiter führen.

@ Jürgen danke für das Zitat.
Gerade 22b ist für mich sehr wichtig.
Geistliche Berufung haben wir früher nur im Zusammenhang mit (Weihe)Priestertum und Ordensleuten gesehen. Dem muß auch nach wie vor Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Aber auch wir Laien haben eine geistliche Berufung.
Jeder seine eigene.

@Ketzerin
Keine, wirklich keine Berufung, ist mehr wert als die andere.
Um es mal anders zu sagen, hätte die Mutter unseres Papstes ihre
Berufung Mutter zu sein, nicht angenommen, wäre unser Papst nicht.
Niemand kann ernsthaft behaupten, die Berufung Mutter zu sein, Vater zu sein, sei niedriger einzuschätzen als die Berufung zu Priestertum oder Ordensleben.
Allerdings umgekehrt auch nicht.
Eine Hierarchie der Berufungen kann ich beim besten Willen nicht erkennen.
Wenn damit wie so Du schreibst in pietist.- evangelikalen Kreisen so ist das ein Verstoß gegen das Liebesgebot. :(

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Biggi hat geschrieben:Ich finde es gut und richtig, dass der Begriff "Berufung" hier sehr weit gefasst wird. Gott ruft in der Tat jeden Menschen zu irgendwas (oder irgendwem), und das nicht nur in den großen Lebensentscheidungen, sondern auch im Alltag.
Na, Gott sei Dank.
Ich dachte schon, niemand würde das sagen.

Damit fängt's, denk ich, mal an, dass man sich gerufen und berufen weiß, in der Situation, in der man grade ist. Und wenn du zitternd und zagend und voller Zweifel vor einer Entscheidung stehst, dann bist du aufgefordert, genau das mit Inbrunst zu tun, nämlich zu zittern und zu zagen und voller Zweifel zu sein.

Bei der Abwägung einer Entscheidung für eine bestimmte Lebensform, denk ich, ist's nicht anders. Gewissheit gibt es sowieso nicht, außer vielleicht der, dass Gott hinter deiner Entscheidung steht und dich trägt, wie immer du dich entschieden hast.

Es wird nicht ausbleiben, dass du später in Krisen gerätst, in denen du deine frühere Entscheidung bedauerst und für einen Irrtum hältst. Das ist ganz normal, denn eine Entscheidung für A ist immer zugleich eine Zurückweisung von B bis Z, die aber alle auch der Mühe wert gewesen wären. Vielleicht musst du so lange zagen, bis dir die Entscheidung, die du schließlich triffst, wie eine Erlösung vorkommt.

Und dann bist du schon auf der richtigen Spur, weil Gott dir schließlich in der Gestalt des Erlösers gegenübertritt.
Ich kann dir nicht wirklich raten, nur Gedanken zum Teilen anbieten. Nimm dir, was du brauchen kannst, und den Rest lass!

Nicht umsonst ist bei der Unterscheidung der Geister Gelassenheit eine wichtige Haltung.
Reinhard
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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Cicero hat geschrieben:[Hinweis]
Es geht nicht um ein
"wer gehört dazu und wen schmeißen wir raus",
sondern um Fragen nach Berufung,
wie kann ich meine Berufung erkennen?
Bitte beim Thema bleiben.
Cicero

[/Hinweis]
Wenn die Angst, die dich lähmt, sich verwandelt in die Angst, die dich treibt und schließlich ganz von dir abfällt, wenn dir plötzlich Mut und zugleich Gleichmut zuwachsen, so dass du dir vielleicht nicht deines Weges, aber deines nächsten Schrittes sicher bist, wenn du plötzlich weißt, welche Schwierigkeiten und Mühen nach deiner Entscheidung auf dich warten, dich aber die Sorge, dass du scheitern könntest, gar nicht erschreckt, weil du im Innersten begriffen hast, dass auch das ein Weg der Nachfolge sein kann, wenn jemand, der bisher angestrengt versucht hat, dich von einer bestimmten Entscheidung abzuhalten, dir plötzlich Freiheit lässt und dir zutraut, selber das für dich Richtige zu finden, dann hat dich Gott bei der Hand genommen. Du wirst es wissen.
Reinhard
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beatrice
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Beitrag von beatrice »

Wenn die Angst, die dich lähmt, sich verwandelt in die Angst, die dich treibt und schließlich ganz von dir abfällt, wenn dir plötzlich Mut und zugleich Gleichmut zuwachsen, so dass du dir vielleicht nicht deines Weges, aber deines nächsten Schrittes sicher bist, wenn du plötzlich weißt, welche Schwierigkeiten und Mühen nach deiner Entscheidung auf dich warten, dich aber die Sorge, dass du scheitern könntest, gar nicht erschreckt, weil du im Innersten begriffen hast, dass auch das ein Weg der Nachfolge sein kann, wenn jemand, der bisher angestrengt versucht hat, dich von einer bestimmten Entscheidung abzuhalten, dir plötzlich Freiheit lässt und dir zutraut, selber das für dich Richtige zu finden, dann hat dich Gott bei der Hand genommen. Du wirst es wissen.
Das habe ich mir mehrmals durchgelesen und mit Sicherheit nicht das letzte Mal. :)

Beatrice

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

[quote="Biggi"]Ich finde es gut und richtig, dass der Begriff "Berufung" hier sehr weit gefasst wird. Gott [i]ruft[/i] in der Tat jeden Menschen zu irgendwas (oder irgendwem), und das nicht nur in den großen Lebensentscheidungen, sondern auch im Alltag.[/quote]

Danke Biggi! :kiss: :kiss:
Du hast völlig recht!

In dem Zusammenhang ist mir der olle Luther eingefallen. Der hat auch davon gesprochen, daß jeder "Stand" eine eigene Berufung ist.
Immerhin wird aus diesem Kontext heraus heute noch das Wort "Beruf" verwendet. Mir ist das irgendwie sehr wichtig geworden.

Wenn sich einige der von mir erwähnten Kreise das doch auch mal zu Herzen nehmen würden *seufz*

Macht weiter....find´s spannend!
soli deo gloria

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Reinhard Gonaus hat geschrieben: Wenn die Angst, die dich lähmt, sich verwandelt in die Angst, die dich treibt und schließlich ganz von dir abfällt, wenn dir plötzlich Mut und zugleich Gleichmut zuwachsen, so dass du dir vielleicht nicht deines Weges, aber deines nächsten Schrittes sicher bist, wenn du plötzlich weißt, welche Schwierigkeiten und Mühen nach deiner Entscheidung auf dich warten, dich aber die Sorge, dass du scheitern könntest, gar nicht erschreckt, weil du im Innersten begriffen hast, dass auch das ein Weg der Nachfolge sein kann, wenn jemand, der bisher angestrengt versucht hat, dich von einer bestimmten Entscheidung abzuhalten, dir plötzlich Freiheit lässt und dir zutraut, selber das für dich Richtige zu finden, dann hat dich Gott bei der Hand genommen. Du wirst es wissen.
Diesen Beitrag habe ich mir heute schon ein paar mal durchgelesen und lasse ihn mir immer wieder auf der Zunge zergehen.
In einer poetischen Sprache ist hier eine Beschreibung von "Berufung finden" hoch verdichtet niedergeschrieben.

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Cicero hat geschrieben:
Reinhard Gonaus hat geschrieben: ...von einer bestimmten Entscheidung abzuhalten, dir plötzlich Freiheit lässt und dir zutraut, selber das für dich Richtige zu finden, dann hat dich Gott bei der Hand genommen. Du wirst es wissen.
Diesen Beitrag habe ich mir heute schon ein paar mal durchgelesen und lasse ihn mir immer wieder auf der Zunge zergehen.
In einer poetischen Sprache ist hier eine Beschreibung von "Berufung finden" hoch verdichtet niedergeschrieben.
Danke für die Blumen! :kiss:
G'lernt ist halt g'lernt.

Nein, im Ernst: Berufung hat halt, find ich, zwei Seiten: Die eine, die durch Mark und Bein geht, was sie irgendwie muss, wenn sie echt ist, und die andere, die so alltäglich und gewöhnlich ist, dass es einem selber nicht auffällt, dass man ihr längst folgt.
Reinhard
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santos
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die kleine Dinge im Leben

Beitrag von santos »

Wir wollen immer großes tun und vergessen dabei die Kleinen Dinge im Leben die für viele nichts gelten. Wir müssen von unten anfangen. Die Berufung bedeutet für mich von ganz unten anfangen, kleine Dinge zu tun,
die viele nicht machen möchten, weil sie klein sind, nebensächlich, die keiner machen möchte. Erst von da ab kann man wachsen um der Berufung näher zu kommen.
virgen del camino

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Linus
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Beitrag von Linus »

Biggi hat geschrieben: Ich sehe da im Wesentlichen:
1.) die Eignung
2.) die Neigung
und drittens:
die Fakten

sprich die äußeren Umstände, durch die einen Gott führt, etwa wenn man einen Job angeboten bekomt, zu dem man sich aufgabenmässig hingezogen wird, oder die positive Zusage anderer. (Sprich wenn der Bischof dich nicht als Priester/Ordensmensch sieht, dann ist das ein "hinderungsgrund" genauso wie wenn dich eine bereits verheiratete Frau immer wieder auf einen ihrer Träume aufmerksam macht, dass sie dich im Ordensgewand sieht, oder wenn du gerade ein studium betreibst (etwa WU)und dir schwer tust, und sagst OK Gott wenn du willst dass ich Priester werde, dann hilf mir, dass ich dieses Studium vor beginn des Theologiestudiums rasch und gut fertig bekomm." und es plötzlich "wie geschmiert voran geht.*)

* Das sind Bsp. die sich in ähnlicher Weise so zugetragen haben.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Linus
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Beitrag von Linus »

Erweiterung der Frage: Was macht jemand, der seine Standesberufung erkannt hat (also Ehe vs.Weihe/Ordenseintritt) der dann aber auch die Neigung zum anderen Stand feststellt.

(Etwa ein Ehemann, der Priester werden wollte. Gut es gibt auch die "Biritualisten", sprich er könnte in einem unierten Ritus geweiht werden, aber die tauf-bzw abstammungsmässige Rituszugehörigkeit lässt sich ja icht so leicht :hust:"abschütteln".)


Nachtrag zu Gewichtung der Berufung: MMn gibt es so was vielleicht nicht explizit, implizit jedoch schon: ein Verheirateter bleibt verheiratet, kirchliche scheidung gibts nicht, und die Anullierung ist ja der bescheid dass nie eine Ehe bestanden hat, während ein Priester (ich weiss dass er trotzdem Priester bleibt) sich nach langem Prozedere laiisieren lassen kann.

Da fällt mir auf: Die Ehe ist ein Sakrament, das mit dem Tod eines der Partner erlischt (vgl Eheversprechen"alle Tage meines Lebens") während das Priestertum auf ewig ist(WIMRE Priester auf ewig, nach der Ordnung Melchisedeks")
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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

[quote="Linus"]Erweiterung der Frage: Was macht jemand, der seine Standesberufung erkannt hat (also Ehe vs.Weihe/Ordenseintritt) der dann aber auch die Neigung zum anderen Stand feststellt.
[/quote]

Gute Frage...... :kratz:

Wir Evangelischen haben´s da zumindest ein bißchen leichter.
Pfarramt steht nicht der Ehe entgegen. 8)

Aber Ehe vs Gemeinschaft ist auch ein Zwiespalt.....
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Linus
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Beitrag von Linus »

Ja der protestantische Pfarrer ist ja wie du schreibst ein Amt, er ist quasi beamtet (eben ein Job), beim katholischen Priester ist er dazu herausgerufen eben berufen.
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mr94
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Beitrag von mr94 »

Linus hat geschrieben:Was macht jemand, der seine Standesberufung erkannt hat (also Ehe vs.Weihe/Ordenseintritt) der dann aber auch die Neigung zum anderen Stand feststellt. (Etwa ein Ehemann, der Priester werden wollte.)
Der sollte prüfen, ob er zum Diakon berufen ist.
Linus hat geschrieben:Da fällt mir auf: Die Ehe ist ein Sakrament, das mit dem Tod eines der Partner erlischt (vgl Eheversprechen"alle Tage meines Lebens") während das Priestertum auf ewig ist(WIMRE Priester auf ewig, nach der Ordnung Melchisedeks")
1. Die orthoxen Kirchen sehen dies in Bezug auf die Ehe anders.
2. Dein Zitat aus Psalm 110 (Der Herr hat geschworen und nie wird's ihn reuen: / «Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks.») bezieht sich auf Christus, den Hohenpriester, nicht auf die Presbyter, die wir im Deutschen Priester nennen. (Das sagt übrigens der Chef dazu.)

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

Linus hat geschrieben:
Biggi hat geschrieben: Ich sehe da im Wesentlichen:
1.) die Eignung
2.) die Neigung
und drittens:
die Fakten

sprich die äußeren Umstände, durch die einen Gott führt, etwa wenn man einen Job angeboten bekomt, zu dem man sich aufgabenmässig hingezogen wird, oder die positive Zusage anderer. ...
Ich weiß nicht recht. Über die Alltagsberufung, glaub ich, muss man ja nicht reden. Da gilt's -mehr oder weniger- zu nehmen, was kommt, und es zu gestalten, und sich nicht lange damit aufzuhalten, wie es denn schöner, besser, für mich geeigneter oder sonstwie anders, als es eben ist, sein könnte.

Dann gibt's im profanen, aber auch im kirchlichen Leben, die Berufungen, die in feierlicher Form daherkommen. Berufungen in ein Amt, Erteilungen von Aufträgen u. dgl. Bei solchen Berufungen fragt man sich normalerweise nicht, ob sie von Gott kommen. Sie kommen von zum Berufen befugten Mneschen, und man nimmt sie an oder weist sie zurück, am besten nach reiflicher Überlegung.
So oder so: Es ist eine Aufforderung, sich den Wünschen des Berufers entsprechend zu verhalten.

Gott beruft nun normalerweise nicht in so direkter Weise, sondern vermittelt. Selbst wenn es durch eine Vision geschähe, wäre es vermittelt durch die eigene Wahrnehmung, und damit interpretationsbedürftig.

Es ist also wieder mal die Gabe der Unterscheidung der Geister vonnöten.
Vielleicht ist es ratsam, ein paar biblische Berufungsgeschichten zu studieren, um zu sehen, ob's da ein Muster gibt?
Tatsächlich, es gibt eins:
1. Gott ruft sehr konkret und unmissverständlich. Er gibt sich zu erkennen: "Ich bin der Herr, dein Gott" oder irgendwas derartiges.
2. Gott gibt einen eindeutigen Auftrag: Nicht "Diene mir fortan", sondern "Geh zum Pharao!" oder "Predige den Bewohnern von Niniveh!" oder "Du sollst empfangen und einen Sohn gebären!"
3. Die Berufenen sind erschrocken und wehren sich mit Händen und Füßen. Sie bringen Argumente vor, warum sie nicht geeignet sind oder verlangen nähere Erklärungen.
4. Gott verspricht, dem Berufenen bei seinem Auftrag zur Seite zu stehen oder bestimmt einen Begleiter.
5. Gott erneuert und bekräftigt seinen Ruf.

Natürlich sind das alles hochkomplexe, bewusst gestaltete Texte, die zum Teil nach Art einer Liturgie gebaut sind.
Trotzdem: Es stehen Erfahrungen dahinter, und auf die sollte man sich stützen.
Meine Schlussfolgerung daher, in aller Vorsicht und mit der Bitte, sie nicht als der Weisheit letzten Schluss zu betrachten:
1. Wenn du im geringsten zweifelst, dass ein Ruf von Gott kommt, kommt er wohl von woanders. Er muss deswegen nicht verkehrt sein, aber man geht anders damit um.
2. Wenn du genau sagen kannst, wozu es dich treibt, liegst du wahrscheinlich richtig. Aber nicht die Freude an der Aussicht auf ein bestimmtes Tun ist das Kriterium, sondern die Einsicht in die Notwendigkeit, das es von dir getan wird.
3. Alles, was dagegen spricht, dass du der Berufung folgst, muss vorgebracht werden. Und wenn dir jemand sagt, das mache ja alles nichts aus, dann renn davon! Weiß er aber Abhilfe, dann bleib!
4. Prüfe die angebotene Hilfe! Ist sie tragfähig und belastbar?
5. Horche! Hörst du den Ruf noch immer? Meist hat er sich um eine Nuance verändert. Ist eine Spur Zuversicht hinzugekommen?

Und schließlich: Lass dich trösten vom Beispiel des Jona: Wenn Gott dich wirklich ruft, lässt er dich nicht. Da kannst du justament in die Gegenrichtung rennen und dich von einem großen Fisch verschlingen lassen. Er wird dich an Land spucken, und zwar genau da, wo Gott dich haben will. :roll:
Reinhard
--
Wir werden nie herausfinden, warum einer, der schnarcht,
sich selbst nicht schnarchen hören kann. (Mark Twain)

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

[quote="Linus"]Ja der protestantische Pfarrer ist ja wie du schreibst ein Amt, er ist quasi beamtet (eben ein Job), beim katholischen Priester ist er dazu herausgerufen eben berufen.[/quote]

Ohne mal wieder auf die mehrfach diskutierte Frage nach dem Amtsverständnis einzugehen, stellt sich mir durchaus die Frage, ob nicht das PfarrAMT im ev. Sinne auch Berufung ist/sein kann....
soli deo gloria

Edith
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Beitrag von Edith »

Ketzerin hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Ja der protestantische Pfarrer ist ja wie du schreibst ein Amt, er ist quasi beamtet (eben ein Job), beim katholischen Priester ist er dazu herausgerufen eben berufen.
Ohne mal wieder auf die mehrfach diskutierte Frage nach dem Amtsverständnis einzugehen, stellt sich mir durchaus die Frage, ob nicht das PfarrAMT im ev. Sinne auch Berufung ist/sein kann....
naja sicher kann es das.
Ich denke da haben wir Berufung mit "Weihe" verwechselt.
Berufung hat mit Weihe aber nicht unbedingt was zu tun.... :)

max72
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Beitrag von max72 »

Linus hat geschrieben:Ja der protestantische Pfarrer ist ja wie du schreibst ein Amt, er ist quasi beamtet (eben ein Job), beim katholischen Priester ist er dazu herausgerufen eben berufen.
Ich habe das mal ganz konkret erlebt, als ich bei einer Feier eine protestantische Pfarrerrin traf. Ich meinte so nur nebenbei etwas wie "das ist ja auch nich nur Beruf sondern Berufung". Die Frau wurde leicht veraergert. Ja ob ich denn glaube, dass sie jetzt, wenn sie Feierabend hier sitze, immer noch Pfarrer sei? Fuer sie war das ein Beruf, nicht mehr, bekam ich den Eindruck.

Aehnliches schien mir aus einem Interview mit einem Bischof herauszukommen.

Da merkt man schon, wieweit Katholiken und Protestanten manchmal entfernt sind...

Gruss

Max

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Heike
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Beitrag von Heike »

Das hat wohl eher wenig mit katholisch oder evangelisch zu tun, sondern mit den einzelnen Leuten. Die Pastoren, die ich kenne (zugegeben meist Freikirchler) sehen sich schon von Gott zu diesem Dienst berufen. :ja:
Und ich bin auch nicht Heilsarmee-Offizierin (also ordinierte Geistliche) geworden, weil mir nichts besseres eingefallen wäre.

Jojo
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Beitrag von Jojo »

Wenn man die Berufungen danach sortiert, wie leicht der eingeschlagene Weg revidierbar ist, sieht das so aus:

evangelischer Pastor mit gültiger Ordination: ganz einfach: Berufswechsel

Ordenschrist mit gültiger Profess: geht zwar nach Rom, Entlassung aus dem Ordensstand aber auch relativ einfach. Berufswechsel.

katholische Priester mit gültiger Weihe: geht auch nach Rom, Procedere des Laiisierungsverfahren ist mir nicht geläufig, ist aber grundsätzlich bei jedem möglich. Weihe bleibt, das Amt nicht. Berufswechsel.

katholisch gültig Verheirateter: bis dass der Tod euch scheidet.......

:kratz:

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mr94
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Beitrag von mr94 »

Laiisierungsverfahren für Priester werden meines Wissens in diesem Pontifikat recht restriktiv gehandhabt.

Eine Trennung von Tisch und Bett ist hingegen relativ einfach möglich. Die Wiederverheiratung indes nicht.

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

[quote="max72"][quote="Linus"]Ja der protestantische Pfarrer ist ja wie du schreibst ein Amt, er ist quasi beamtet (eben ein Job), beim katholischen Priester ist er dazu herausgerufen eben berufen.[/quote]

Ich habe das mal ganz konkret erlebt, als ich bei einer Feier eine protestantische Pfarrerrin traf. Ich meinte so nur nebenbei etwas wie "das ist ja auch nich nur Beruf sondern Berufung". Die Frau wurde leicht veraergert. Ja ob ich denn glaube, dass sie jetzt, wenn sie Feierabend hier sitze, immer noch Pfarrer sei? Fuer sie war das ein Beruf, nicht mehr, bekam ich den Eindruck.

Aehnliches schien mir aus einem Interview mit einem Bischof herauszukommen.

Da merkt man schon, wieweit Katholiken und Protestanten manchmal entfernt sind...

Gruss

Max[/quote]

Ich glaube auch nicht, daß es hier um die "Entfernung" zwischen Katholiken und Evangelischen geht sondern um das jeweilige Verständnis des "Berufs" (ich meine das hier durchaus im lutherischen Sinn, auf den ich weiter oben hingewiesen habe.)

Und mal vom Pfarr"beruf" (oder soll ich -amt sagen?) abgesehen, gibt es ja auch weit mehr Berufungen. Was ist, wenn jemand z. B. unbedingt in die Entwicklungshilfe/Mission gehen will, weil er/sie sich dazu berufen weiß und dann feststellt, daß er/sie es -aus welchen Gründen auch immer- nicht kann. Das ist doch irgendwie auch eine Revision der Berufung.

M.E. gibt es tagtäglich solche Entscheidungen und Revisionen. Auch wenn´s nicht nur um den im vorigen Beitrag erwähnten "Berufs" wechsel geht.

Ach, ist das ein weites Feld *seufz*
soli deo gloria

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