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Nachwuchsmangel im Kloster - warum?

Verfasst: Montag 19. Juli 2004, 16:02
von Celestina
Inspiriert von dem Thread 'So wurde ich Priester' habe ich mir (zum wiederholten Male) diese Frage gestellt: Was hält die Menschen ab, ins Kloster zu gehen oder Priester zu werden? Warum gibt es so viele Vorurteile? Wie können die Klöster ihre Zukunft retten?

Re: Nachwuchsmangel im Kloster - warum?

Verfasst: Montag 19. Juli 2004, 22:39
von Biggi
Edith hat geschrieben:och... es gehen deutlich mehr rein... als drin bleiben.
Im Schnitt bleiben so 15%... würde ich jetzt mal schätzen.
Echt? SOOOO wenig???? :shock:
Ich frage mich, woran das liegt
Das frag ich mich dann allerdings auch!

Hast du Hypothesen, Vermutungen, Erfahrungen....?

LG
Biggi

Verfasst: Montag 19. Juli 2004, 22:42
von Geronimo
15%? Bleiben ...? Ich bin von den Socken. Das ist ja deprimierend ... aber wahrscheinlich irgendwie begründet.

Geronimo

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 13:15
von Celestina
wobei es auch einen interessanten Satz gibt: Die Gästezimmer sind voll, die Zellen leer (stammt glaubich hier aus dem Forum). Also Interesse ist wohl da... aber mich schockiert das! Ich kenne 3 Klöster, da ist der Altersdurchschnitt weit über 60... das ist soo frustrierend. Mag das denn ein Grund sein? Dass sich junge Leute unter den alten nicht wohl fühlen?

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 13:37
von Dr. Dirk
Vielleicht hat der Hl. Geist beschlossen, dass die Zeit der klassischen Orden sich in der Kirche dem Ende zuneigt? Who knows?

Ein anderer Grund, der sich mir aus eigener Anschauung aufdrängt ist, dass viele Klöster so weltlich geworden, dass man genausogut in der Welt leben kann, wie in das Kloster einzutreten. Warum sollte man also dort eintreten? Solche Klöster locken höchstens noch Besucher, Bier oder Likörliebhaber an.

Ein weiterer Grund könnte die auffalende mangelnde Entscheidungsfähigkeit der heutigen jungen Generation sein. Ein ehemaliger pallottinischer Novizenmeister erzählte einmal das Beispiel eines Novizen, der ihn fragte: "Kann man nicht einfach so Pallottiner sein? Einfach so, ohne irgendetwas versprechen zu müssen?"
Mit diesem Problem haben auch die neuen geistlichen Gemeinschaften zu kämpfen. So eine Art "cloister hopping".

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 13:41
von Biggi
Dirk hat geschrieben: Solche Klöster locken höchstens noch Besucher, Bier oder Likörliebhaber an.
:kratz: Stell mir gerade vor, wie eine Flasche Bier (oder gleich ein ganzer Kasten?) an die Klostertür klopft und Einlass begehrt..... Und der Bruder Pförtner öffnet begeistert.... ;D

Sorry, ist off-topic, aber ich konnte nicht widerstehen.

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 13:45
von Dr. Dirk
:D

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 14:56
von Dr. Dirk
Edith hat geschrieben:
Dirk hat geschrieben: Ein weiterer Grund könnte die auffalende mangelnde Entscheidungsfähigkeit der heutigen jungen Generation sein.
wie gesagt. Wird immer gerne genommen... das Argument.
:roll: Ist so ein herrlich allumfassender Rundumschlag.... der die Ursache einzig beim Interessenten sucht....
Ein Verlegenheitsargument ist das sicher nicht. Ich könnte zig Beispiele aus meiner näheren Umgebung nennen, wo dieses Problem offenkundig ist.

Re: Nachwuchsmangel im Kloster - warum?

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 15:03
von max72
Edith hat geschrieben:
Celestina hat geschrieben:Inspiriert von dem Thread 'So wurde ich Priester' habe ich mir (zum wiederholten Male) diese Frage gestellt: Was hält die Menschen ab, ins Kloster zu gehen oder Priester zu werden? Warum gibt es so viele Vorurteile? Wie können die Klöster ihre Zukunft retten?
gelöscht
Hmm, also ich glaube nicht dass das so stimmt. Das kommt auch auf den Ort an. Wenn an einem Ort ploetzlich 10 oder mehr austreten, dann laesst das auf interne Schwierigkeiten deuten. Oder nicht?

Manche Kloester haben dann wieder gar keine Probleme (Ottilien und Heiligenkreuz haben viele Kandidaten).

Eher die Frage: Warum haben manche keine Probleme mit Nacvhwuchs waehrend andere Probleme mit Nachwuchs haben?

Gruss

Max

PS: Gibt's denn da irgendwo eine Uebersicht im Netz ueber Ordensnachwuchs?

Re: Nachwuchsmangel im Kloster - warum?

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 15:31
von max72
Wahrscheinlich schon. Aber was ist es denn an der Hausgemeinschaft, das Kandidaten anzieht? Kann man das in Worte fassen?

Da es heute wenige Kandidaten gibt und noch viele alte Kloester ist es klar, dass da nur einige Ueberleben werden und die Kloester, die eh schon Kandidaten haben, immer noch mehr anziehen werden.

Aber sieht man was an der Ausrichtung? Manche sagen, die traditionellen haetten mehr Zulauf. Nun ja, Heiligenkreuz ist traditionell. Muensterschwarzach nicht so sehr (vermute ich). Ottilien liegt wohl in der Mitte, traditioneller, aber nicht "extrem"(scheint mir)... Kann ich also auch kein Muster erkennen...


Gruss

Max

Verfasst: Dienstag 20. Juli 2004, 23:01
von Anastasis
***

Verfasst: Mittwoch 21. Juli 2004, 10:24
von max72
Anastasis hat geschrieben:Mal eine These frisch gewagt: relativ traditionelle" Klöster finden Nachwuchs. Ziemlich "progressive" Klöster finden Nachwuchs. Beiden gemeinsam ist: es gibt ein Profil, mit dem die Eintretenden sich ebenso wie die bestehende Gemeinschaft identifizieren können.

hmm, ja, das koennte sein. Es gibt doch allerdings auch nur wenige Kloester, die keine Nachwuchsprobleme haben, oder?

Wie merkt man eigentlich ob ein Kloster mehr progressiv oder traditionell ist? Ich muss sagen, bei einem Besuch ist das oft schwer festzustellen... Gut, man hoert hier und da Kommentare einzelner, aber ob die etwas ueber das Kloster insgesamt aussagen?

Gruss

Max

Titel

Verfasst: Freitag 23. Juli 2004, 12:42
von Ermi
Ich glaube, wir leben heute in einer neosäkularisierten Zeit. Auch während der Säkularisation gab es nur noch wenige Klöster (die meisten wurden aufgehoben), um als Aussterbeklöster zu dienen. Aber die Zukunft der Klostergemeinschaften liegt meines Erachtens in den Händen Gottes, so dass früher oder später ein Aufschwung kommt.

Verfasst: Sonntag 25. Juli 2004, 13:23
von HeGe
Hallo.

Also m.E. ist ein nicht geringer Teil des Rückgangs von Eintritten auch auf die geänderte gesellschaftliche Situation zurückzuführen.
Ich glaube nämlich eigentlich nicht, dass alle, die früher ins Kloster gingen, dies aus rein geistlichen Motiven taten oder weil sie sich berufen fühlten. In einer Familie mit 10 oder mehr Kindern erbte der älteste Sohn den elterlichen Betrieb, der Rest musste sehen wo er blieb. Und da war der Eintritt in ein Kloster sicherlich nicht die schlechteste Variante.
Zudem gibt man, wenn man heutzutage in ein Kloster geht, wesentlich mehr auf, als man dies früher tat.

HeGe

Verfasst: Sonntag 25. Juli 2004, 15:09
von Ermi
HeGe hat geschrieben:Hallo.

Also m.E. ist ein nicht geringer Teil des Rückgangs von Eintritten auch auf die geänderte gesellschaftliche Situation zurückzuführen.
Ich glaube nämlich eigentlich nicht, dass alle, die früher ins Kloster gingen, dies aus rein geistlichen Motiven taten oder weil sie sich berufen fühlten. In einer Familie mit 10 oder mehr Kindern erbte der älteste Sohn den elterlichen Betrieb, der Rest musste sehen wo er blieb. Und da war der Eintritt in ein Kloster sicherlich nicht die schlechteste Variante.
Zudem gibt man, wenn man heutzutage in ein Kloster geht, wesentlich mehr auf, als man dies früher tat.

HeGe
Das war auch bei den Adeligen so. :ja:

Verfasst: Montag 26. Juli 2004, 20:21
von Jojo
Die These mit der mangelden Bindungsfähigkeit stimmt schon alleine deshalb nicht, weil viele, die eine Klosterlaufbahn hinter sich haben, heute in stabilen Beziehungen leben. Viele haben geheiratet, haben Kinder.
Auch, wenn die Wahrnehmung derer, die bleiben, manchmal eine andere ist ("denen geht es draußen jetzt auch nicht besser"), die allermeisten fallen wieder auf die Füße.

Die These mit dem Herumeiern zwischen nichts Halben und nichts Ganzem würde schon mal eine ganze Menge des Problems erklären, das sehe ich auch so. Profil ist immer ein wesentlicher Faktor.

Was HeGe meinte, ist auch ein sehr interessanter Punkt. Natürlich waren die Gründe für einen Klostereintritt nicht rein geistlich und es gab eine Menge weltliche Gründe (der jüngste Sohn, die nicht verkuppelbare Tochter etc.)
Eine interessante Frage wäre für mich darüber hinaus aber auch: Hängen die Maßstäbe nicht heute allgemein zu hoch?
Früher ging man nicht selten aus trivialen Gründen ins Kloster, es wurde aber auch aus nicht weniger trivialen Gründen geheiratet. Die Frage ist, ob wir heute nicht im anderen Extrem sind. Daran sind die Klöster nicht schuld, sie sind aber auch eingebunden in die allgemein heute für richtig empfundenen Normen und Wertvorstellungen. Und so, wie wir im Allgemeinen heute unglaublich hohe Ansprüche an Partnerschaften haben , so hoch sind sie auch im Kloster. Der Novize wird ständig auf seine geistliche Motivation hin abgeklopft. Ich möchte das Gesicht des Magisters sehen, der von seinem Novizen auf dem Kopf zugesagt bekommt, er sei hier, weil er keine passende Frau gefunden hat. Pikanterweise stellt sich aber auch nicht selten heraus, dass, ebenso, wie die trivialsten Gründe beim Entritt mitspielen können, es gerade die trivialsten Gründe sind, die die Leute im Kloster hält. Ein glückliches geistliches Leben ist deswegen doch nicht ausgeschlossen.

Eine weitere These: Eintritte und auch Austritte passieren nicht selten wellenhaft, mal passiert jahrelang nichts, mal gibt es gehäuft Interessenten. D.h. es gibt auch so etwas wie kleine Herden-Phänomene: einer zieht den anderen mit. Sei es in die eine oder in die andere Richtung, ein Ein- oder Austritt gibt den den Anstoß und den Mut für den nächsten.

Verfasst: Mittwoch 28. Juli 2004, 18:48
von Celestina
Ich finde es schlimm, dass es mit dem Ordensleben momentan so bergab geht. Ich kenne viele Klöster, in denen ich schon zu Gast war, deren Altersdurchschnitt bei etwa 70 Jahren liegt. Der letzte Eintritt dort war vor fast 10 Jahren. Die jüngste Schwester, die ich persönlich kenne, ist 35 Jahre alt. In einem anderen Kloster ist die jüngste 46... Das ist doch total deprimierend... Im Hinblick auf meinen Einrtritt hoffe ich sehr, dass ich eine Welle ins Rollen bringe, dass nach mir noch andere den Mut haben, ins KLoster zu gehen und dieses Leben zu wagen. Ein Priester hat mir neulich gesagt: "In einer Badewanne kannst du nicht schwimmen. Wenn du richtig schwimmen willst, musst du deine Zweifel, deine Angst überwinden und ins tiefe Wasser springen. Dann wirst du spüren, dass das Wasser dich trägt und dass du dich dort geborgen fühlen kannst!" Dieser Spruch gibt mir immer wieder neue Kraft, wenn ich gerade eine 'Krise' bezüglich meines Eintritts habe.

Je größer der Altersunterschied zum nächst jüngeren ordensmitglied wird, desto größer werden die Zweifel, die diejenigen haben, die sich ein Leben im Kloster vorstellen könnten. Aber: Wagt es!!

Verfasst: Donnerstag 29. Juli 2004, 10:41
von max72
Celestina hat geschrieben: Je größer der Altersunterschied zum nächst jüngeren ordensmitglied wird, desto größer werden die Zweifel, die diejenigen haben, die sich ein Leben im Kloster vorstellen könnten. Aber: Wagt es!!
Das ist wahr. Es werden eben manche Orte verschwinden und andere wachsen.

Aber es gibt auch andere Beispiele. Die vier Karmel in Skandinavien haben zB Zulauf, zwei entstanden enstanden weil die anderen sich teilen mussten. Und ich war heute morgen, an einem Werktag, in der Messe im Karmel und von den 8 Besuchern waren 7 um die 30 Jahre alt oder juenger . Oft sieht man ja doch nur Leute ueber 60...

Es gibt Orte, wo irgendetwas zu stimmen scheint, wo auch genuegend Nachwuchs da ist.

Gruss

max

Tipp

Verfasst: Dienstag 3. August 2004, 14:30
von fr. Jürgen
In der aktuellen Herder-Korrespondenz findet sich ein interessanter und zeitgemäßer Artikel zum Thema Ordensnachwuchs in Deutschland (Beobachtungen, Tendenzen, Prognosen)...


Nur als kleiner Tipp von mir :-)


Liebe Grüße an alle
fr.Jürgen

Re: Tipp

Verfasst: Dienstag 3. August 2004, 15:09
von max72
fr. Jürgen hat geschrieben:In der aktuellen Herder-Korrespondenz findet sich ein interessanter und zeitgemäßer Artikel zum Thema Ordensnachwuchs in Deutschland (Beobachtungen, Tendenzen, Prognosen)...


Nur als kleiner Tipp von mir :-)


Liebe Grüße an alle
fr.Jürgen
Wo kriegt man die? Auch auf dem Netz?

EDIT: hier sind die. Ist aber nicht dabei...
http://www.herder-korrespondenz.de/startseite

Gruss

Max

Verfasst: Dienstag 3. August 2004, 21:12
von fr. Jürgen
Ein kleiner Nachtrag: der Artikel erschien in der Juli-Ausgabe (hatte nicht damit gerechnet, dass das Blatt monatlich erscheint :-) )

http://www.herder-korrespondenz.de/serv ... rnr=573535

liebe grüße

fr.J

Re: Nachwuchsmangel im Kloster - warum?

Verfasst: Dienstag 3. August 2004, 23:20
von Celestina
max72 hat geschrieben:Gibt's denn da irgendwo eine Uebersicht im Netz ueber Ordensnachwuchs?
Ich habe nur eine Statistik zu Ordensleuten allgemein gefunden...

Frauenorden:
http://www.orden.de/ordgem/ostatsf.php

Männerorden:
http://www.orden.de/ordgem/ostatsm.php

Erschreckend, nicht?

@fr. Jürgen: Gibt es den Artikel auch vollständig im Netz? Oder nur die kleine Einleitung?

Gruß, Celestina

Verfasst: Donnerstag 5. August 2004, 10:18
von Frabene
Meine bescheidenen Beobachtungen zum Thema:

Die Entwicklung in den Klöstern ist konsequenterweise das Abbild der kirchlichen Entwicklung allgemein. Das lässt sich belegen, in dem man den Blick auch auf andere Kontinente richtet. Dort sind Klöster oft in gewissem Sinne "revolutionär" und am Aufbau neuer Gesellschaften beteiligt. Diese Klöster sind damit näher an der Frühgeschichte vieler Orden: Aufbruch, Alternative, Verantwortungsübernahme und Tradierung durch die Entwicklung der Traditionen und nicht durch deren Betonierung. Natürlich gibt es dort auch die "trivialen Gründe" vermehrt und somit auch das Bewusstsein: Leben ist immer das, was man gerade TUT - und nicht das, was man nach hinten oder nach vorne denkt.

Die herdenhaften Aus- und Eintritte habe ich auch mehrmals registriert. Auch diese finde ich folgerichtig. Die Betonung der Herde in grossen Kreisen der Religionen schreit förmlich nach solchen Bewegungen. Leider. Die alten Orden gingen von einer Art "kollektiven Einsiedlertums" aus aber auch der juristische Druck in Richtung Verbleib war eine Komponente. Hier stellt sich aber auch die Frage nach der "Leadermentalität" (sicher Jesus aber auch ein Benedikt oder ein Franziskus etc.) und der "Jüngermentalität". Es ist offensichtlich, welche kleinbürgerlichen Ideale sich im Laufe der Geschichte eingestellt haben. Und kann eine ängstliche Kleinbürgerlichkeit ein Anreiz sein für einen potenziellen Nachwuchs, der wirklich etwas vorantreiben will? Waren es nicht immer Ordensleute, welche auch grundsätzliche Bewegungen in der Weltkirche aus ihrer Unabhängigkeit massiv in Frage stellten? Warum tun sie dies nicht auch heute. Sie wären dazu frei genug.

Ich habe weiters festgestellt, dass viele Orden sich äusserlich der "neuen" Zeit anzupassen versuchen, während sie innerlich in überkommenen Werten und Ordnungen verharren. Zugleich kenne ich eine ganze Reihe von Ordensleuten, die genau das Gegenteil tun. Sie pflegen konsequent und entwicklungsorientiert die Traditionen und sind innerlich - auch in hohem Alter - umwerfend nach vorne gerichtet und von grosser Liebesfähigkeit ... und risikofreudig. Sie halten Reibung aus und stellen sich den Widersprüchen. Sie fragen sich nicht, was sie den Menschen sagen sollen, sondern wie sie deren Fragen, die Suche teilen können. Christus im anderen suchen.

Verfasst: Donnerstag 5. August 2004, 13:14
von max72
Edith hat geschrieben:"125 Novizinnen in allen Gemeinschaften,
davon 84 in tätigen und 41 in kontemplativen Gemeinschaften"

jetzt wüsste ich gerne, wieviele Mitglieder die tätigen und kontemplativen jeweils haben - damit man den prozent. Anteil an Nachwuchs sehen könnte....
gibts das wo?
Oder auch wo man viel Nachwuchs hat (um zu sehen warum)

Max

Verfasst: Freitag 6. August 2004, 16:24
von cathol01
Nun einige Überlegungen meinerseits zu der Frage, wieso es kaum noch Ordensnachwuchs in unseren Gegenden gibt.

- Viele Ordensgemeinschaften haben schon seit Langem keinen Nachwuchs mehr, sie sind also überaltert und deshalb für junge InteressentInnen nicht attraktiv. Für das Einfinden in eine Gemeinschaft sind Gleichaltrige wichtig. Für viele Ordensgemeinschaften ist der Zug also bereits abgefahren; viele Gemeinschaften werden verschwinden.

- Das Ansehen der Orden hat sich radikal geändert. Früher war man, wenn man in ein Orden eintrat, hoch angesehen. Es war sozuagen ein Prestige. Heute ist das kaum noch der Fall. Ordenseintritt wird mit Abstieg verglichen (manchmal mit dem Absturz in eine Sekte). Darüber hinaus wird denen, die in den Orden eintreten, von seiten der Familie oft vorgeworfen, sie würden vor der Verantwortung (gegenüber der eigenen Familie usw.) flüchten.

- Früher lebten die Menschen auch im Freien im Grossen und Ganzen die evangelischen Räte. Es bedurfte also im Kloster keiner grossen Umstellung, im Gegenteil: Durch den Eintritt ins Kloster wurde für viele der Lebensstandard erst einmal erhöht! Heute sieht es anders aus.

- In unserer Gesellschaft ist Flexibilität, Mobilität, ständige Anpassung an Neues, Körperkult, Kreativität, Offenheit, Fähigkeit zur ständigen Neuentscheidung, Freizeitgestaltung, Konsum, Spass, aktive Suche nach Freundschaft usw. gefragt. Die Orden mit ihrer stabilitas können dazu einen willkommenen Gegenpol bilden, es ist aber auch klar, dass sie keine Massen mehr anziehen, v.a. kaum noch starke und erfolgreiche Persönlichkeiten, sondern eher solche, die in unserer Gesellschaft überfordert sind.

Fazit: Um in einen Orden einzutreten, braucht es heute viel mehr Mut als früher!

Literatur:
Stefan Kiechle, Mut zur Lebenshingabe. Zur Situation des Ordensnachwuchses in Deutschland, in HerKorr 58, 2004/7, 336-340.

Verfasst: Freitag 6. August 2004, 17:08
von Benedikt
cathol01 hat geschrieben:Nun einige Überlegungen meinerseits zu der Frage, wieso es kaum noch Ordensnachwuchs in unseren Gegenden gibt.
Ich kann deinen Überlegungen nur zum Teil zustimmen.
- Viele Ordensgemeinschaften haben schon seit Langem keinen Nachwuchs mehr, sie sind also überaltert und deshalb für junge InteressentInnen nicht attraktiv. Für das Einfinden in eine Gemeinschaft sind Gleichaltrige wichtig. Für viele Ordensgemeinschaften ist der Zug also bereits abgefahren; viele Gemeinschaften werden verschwinden.
Das ist sicher richtig, und betrifft vor allem viele sozial tätige Frauenorden. Allerdings kennen wir auch viele Fälle aus der Kirchengeschichte, wo Orden, deren Zeit eigentlich abgelaufen war, von innen reformiert worden sind. Außerdem retten sich immer mehr Orden dadurch, dass sie in Entwicklungsländern Häuser gründen. Dort findet sich dann recht schnell neuer Nachwuchs.
- Das Ansehen der Orden hat sich radikal geändert. Früher war man, wenn man in ein Orden eintrat, hoch angesehen. Es war sozuagen ein Prestige. Heute ist das kaum noch der Fall. Ordenseintritt wird mit Abstieg verglichen (manchmal mit dem Absturz in eine Sekte). Darüber hinaus wird denen, die in den Orden eintreten, von seiten der Familie oft vorgeworfen, sie würden vor der Verantwortung (gegenüber der eigenen Familie usw.) flüchten.
Das sehe ich anders. Auch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dem Entschluss zum Ordensleben zu einem großen Teil mit Respekt, zu einem anderen Teil mit Unverständnis, selten aber mit Ablehnung reagiert wird. Unter Nichtchristen sind Klöster nicht als Sektenorte angesehen, sondern eher als Orte, wo Außerirdische (nicht von dieser Welt) leben. Gerade unter der jüngeren Generation gibt es eigentlich so gut wie keine Ablehnung (meiner Erfahrung nach), man ist über die pauschale Zölibatskritik längst hinaus. Der Zölibat wird eher mit einer wehmütigen "Ich-wollte-ich-könnte-das-auch"-Haltung in Verbindung gebracht. (Und das hat mich nun wirklich überrascht). Natürlich gibt es auch die Sprüche bzgl. Kindesmissbrauch, aber im Großen und Ganzen wird ein Klostereintritt nicht mit einem sozialen Abstieg, sondern vielmehr mit einem "sozialen Ausstieg" in Verbindung gebracht. Und das wiederum ist ziemlich "trendy".
- Früher lebten die Menschen auch im Freien im Grossen und Ganzen die evangelischen Räte. Es bedurfte also im Kloster keiner grossen Umstellung, im Gegenteil: Durch den Eintritt ins Kloster wurde für viele der Lebensstandard erst einmal erhöht! Heute sieht es anders aus.
Dieses Argument halte ich für nicht richtig. Zunächst einmal sollte man die Räte nicht auf die materielle Armut reduzieren. Wenn ich mir ansehe, wieviel Nachwuchs die Orden in den ersten zwei Dritteln des 20. Jahrhunderts hatten, würde ich sagen, dass die Situation des Ordensnachwuchses nur wenig mit dem Lebensstandard zu tun hat. Zwar lebten die Leute damals tendenziell ärmer, aber das gilt eben auch für die Armen. Man könnte natürlich sagen, dass man heute für einen Ordensnachwuchs mehr persönliche Freiheiten aufgeben muss, aber auch das halte ich nicht für richtig: Ehelosigkeit bleibt Ehelosigkeit und war immer ein großer Verzicht. Und schon im angesprochenen Zeitraum gab es vielerorten Demokratien und ich kann da keinen Zusammenhang erkennen. Nebenbei wäre ein Ansteigen der "Zahlen" aufgrund von Vorteilen im Bereich von Wohlstand und Entscheidungsmöglichkeit sicherlich nicht erstrebenswert.
- In unserer Gesellschaft ist Flexibilität, Mobilität, ständige Anpassung an Neues, Körperkult, Kreativität, Offenheit, Fähigkeit zur ständigen Neuentscheidung, Freizeitgestaltung, Konsum, Spass, aktive Suche nach Freundschaft usw. gefragt. Die Orden mit ihrer stabilitas können dazu einen willkommenen Gegenpol bilden, es ist aber auch klar, dass sie keine Massen mehr anziehen, v.a. kaum noch starke und erfolgreiche Persönlichkeiten, sondern eher solche, die in unserer Gesellschaft überfordert sind.
Nicht jeder Orden hat die Stabilitas, viele Orden sind hingegen schon immer die Speerspitze der Mobilität gewesen. Dass Orden generell Vertreter der Immobilität seien, ist daher nicht richtig. Richtig ist allerdings, dass Orden als immobil angesehen werden. Interessant in dem Zusammenhang ist aber auch, dass die Orden, die die Stabilitas betonen, eher mehr Nachwuchs haben.
Fazit: Um in einen Orden einzutreten, braucht es heute viel mehr Mut als früher!
Nein, es braucht nicht mehr Mut. Ich würde eher sagen, dass die Aspiranten weniger Mut haben. Nimm mal Josef Freinademetz: Der ist den Steyler Missionaren beigetreten, weil er von ihnen gehört hatte, und hat in einem Brief seinen Beitrittswunsch geschrieben. Und was ist aus ihm geworden? Vielleicht hängt der Nachwuchsmangel auch mit einem Gläubigenmangel zusammen.

Verfasst: Freitag 6. August 2004, 17:31
von Frabene
smile - tut gut, benedikt ...

Verfasst: Freitag 6. August 2004, 17:31
von Wise Guy
Ich denke, dass es früher schon attraktiver war in den Orden zu gehen:

zum einen war das ein echter Zugang zu Kultur und Bildung
und zum anderen die Chance einen Traumberuf zu haben,
Frauen hatten die Chance sich zu emanzipieren und "ihren Mann stehen"

willst du Lehrerin werden: geh zu den Armen Schulschwestern
willst die Krankenschwester werden: geh zu den Vinzentinerinnen
willst du was von der Welt sehen: geh zu den Steyler Missionaren
usw.

und ich denke das ist auch ein Grund, warum die Orden in den Ländern der jungen Kirche boomen, im Gegensatz zu Europa
in Europa kannst du auch so werden was du willst oder reisen usw.
von daher haben die Orden, die sich auf Tätigkeiten spezialisiert haben wenig Chancen, es sei denn es sind Sachen, die die Gesellschaft linsk liegen läßt

Verfasst: Freitag 6. August 2004, 18:06
von cathol01
Volle Zustimmung, Wise Guy.

Das stellt die Frage nach der Motivation der Leute damals, in einen (aktiven) Orden einzutreten. Waren es wirklich in erster Linie spirituelle Beweggründe? Oder sahen sie in dem Orden in erster Linie die Möglichkeit, sich zu entfalten und einen Beruf zu ergreifen (Krankenpflege, Erziehung usw.)?

Verfasst: Freitag 6. August 2004, 19:52
von Lucia
...

Verfasst: Montag 9. August 2004, 08:02
von Br. Jochen-Franz
Benedikt hat geschrieben: Vielleicht hängt der Nachwuchsmangel auch mit einem Gläubigenmangel zusammen.
Das denke ich auch.

Wenn in kirchlicher Gemeinschaft praktizierter Glaube nicht mehr zum Leben gehört (bzw. wenn es in unserer Zeit so drastisch abnimmt), wie soll man da auf die Idee kommen in einen Orden einzutreten. Solch ein Wunsch entsteht ja nicht im luftleeren Raum. Der Wünsch kann doch nur aus erfahrenem und erlebten wachsen.

Das Leben aus und mit dem Glauben gestalten. Wo wird/kann das gelernt werden? Die Familien sind auch nicht mehr das Übungsfeld, wie sie es mal waren. Spätere Erfahrungsmöglichkeiten gibt es zwar, aber sie sind auch selten.

Verfasst: Dienstag 10. August 2004, 22:02
von schwester_meike
Na, das sind ja so einige Überlegungen. Schön, dass sich so viele Leute Gedanken machen, warum es wenig Ordensnachwuchs gibt.
Als ich vor 8 Jahren mal auf einer Einsegnungsfeier war, dachte ich, wow, ist die mutig, das ist doch ein Auslaufmodell. Mittlerweile ist Gott einen Weg mit mir gegangen und ich werde im November JA sagen zu einem Leben in einer Kommunität. Und wenn man mir ständig sagt "o wie mutig", find ich das eigentlich nicht. Wer heiratet legt sich auch fest.
Ja, ich werde die Jüngste sein, mit meinen 26 Jahren, bin 10 Jahre jünger als unsere jüngste eingesegnete Schwester, aber meine Mitnovizinnen sind 29 und 31, die Kandidaten sind 22 und 23. Da wir insgesamt nur 30 eingesegnete Kommunitätsgeschwister sind, ist das doch ein beträchtlicher Nachwuchs. Und ich hoffe doch sehr, dass das noch nicht das Ende ist. Auf dem evang. Noviziatstreffen kam für mich auch deutlich rüber, dass wir jungen wieder mehr Konsequenz wollen, Zeichen setzen, uns festlegen. Klar, das kann schiefgehen, aber wer es nie wagt, kann auch nicht gewinnen.

Unser ganzer Nachwuchs kommt aus den "hauseigenen Programmen", hat hier Theologie/Gemeindepädagogik studiert, oder ein FSJ/Zivildienst absolviert. Ich denke dieser Kontakt der Gemeinschaften zur Jugend ist auch ein wichtiger Faktor. Man kann uns völlig unverbindlich kennenlernen und erleben, dass wir eine andere, aber keine höhere oder heiligere Lebensform haben.

An Celestina:
Das Badewannen-Zitat ist klasse! Hab Mut! Ich glaube es kommt nicht auf unsere Zahl, eher auf unsere Konsequenz an!
Zum Abschluss noch ein Gebet:

Gerufen zum Glauben,
Herr, gib Vertrauen.
Gerufen zur Hoffnung,
Herr, gib Geduld.
Gerufen zur Liebe,
Herr, gib uns Feuer.
Gerufen als Zeugen,
Herr gib uns Mut!

Grüßle, Meike.
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