Ordensmitglieder und Vermögen

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Bruder Klaus
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Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von Bruder Klaus »

Grüß Gott,

Ich hätte eine Frage bezüglich des kanonischen Rechts:
Ein Bekannter hat mir berichtet, dass es für Mönche möglich ist, ihr Privateigentum zu „behalten“. Er meinte, dass es im kanonischen Recht „Möglichkeiten“ gebe. Als Beispiel führte er den Erbfall bzw. den Übergang des elterlichen Vermögens auf die Kinder an…

Ich habe keine Ahnung bezüglich des kanonischen Rechtes, noch im speziellen der verschiedenen Ordensstatuten. Doch kann ich es mir schlicht und einfach nicht vorstellen, widerspräche es doch dem eigentlichen „Sinn“ eines Ordens bzw. den evangelischen Räten.

Deswegen die Frage: Ist es für Ordensmänner/frauen möglich, sich ihr Privateigentum lebenslang zu behalten bzw. alleinig darüber zu verfügen?

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Lupus
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Lupus »

Die Angehörigen der alten Orden, bis herauf zu den Jesuiten verzichten bei ihrer ewigen Profess auf die Fähigkeit Eigentum zu behalten oder zu erwerben. Nach den Jebusitern verzichten die Angehörigen der Kongregationen auf den Gebrauch des Eigentums!

+L.
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iustus
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

Es kommt drauf an:

Prof. Dr. P. Laurentius Eschlböck OSB, Ordinarius für Kanonisches Recht an der Päpstlichen Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz, Richter am Metropolitan- und Diözesangericht der Erzdiözese Wien:
Im CIC/1917 gab es den Begriff ordo (Orden). Er war definiert als eine religio (Ordensverband), in der feierliche Gelübde abgelegt wurden, im Unterschied zur congregatio (Kongregation), in der einfache Gelübde abgelegt wurden. Der CIC/1983 hat diese begriffliche Bestimmung nicht übernommen, wenngleich es der Sache nach auch heute noch die Unterscheidung zwischen „Orden“ und „Kongregationen“ gibt. Die genannten Bezeichnungen können auch aufgrund des Eigenrechts der einzelnen Verbände weiter bestehen. Das Ablegen eines feierlichen Gelübdes bedeutet, dass die dem Gelübde entgegenstehenden Rechtsakte ungültig sind. So wird z. B. durch das feierliche Armutsgelübde die Vermögensfähigkeit des Mönches (der Nonne) aufgehoben, d. h. sie können kein eigenes Vermögen mehr besitzen. Das Ablegen eines einfachen Gelübdes heißt, dass die dem Gelübde entgegenstehenden Rechtsakte grundsätzlich unerlaubt, aber gültig sind. Im Bereich des Armutsgelübdes bedeutet dies, dass der Professe mit einfachen Gelübden seine Vermögensfähigkeit behält, d. h., dass er nach Maßgabe des Eigenrechts des jeweiligen Verbandes eigenes Vermögen besitzen kann. Lediglich die Verwaltung desselben muss abgetreten werden.

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cantus planus
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von cantus planus »

Das war auch mein Kenntnisstand: prinzipiell nein, was den Neuerwerb angeht. Ja, aber unter treuhänderischer Verwaltung der Ordensleitung bei vorhandenen Werten.
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anneke6
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von anneke6 »

Lupus hat geschrieben:Die Angehörigen der alten Orden, bis herauf zu den Jesuiten verzichten bei ihrer ewigen Profess auf die Fähigkeit Eigentum zu behalten oder zu erwerben. Nach den Jebusitern verzichten die Angehörigen der Kongregationen auf den Gebrauch des Eigentums!

+L.
Was für Jebusiter sind denn jetzt hier gemeint?
anneke6, keine besonderen Kentnisse des Kirchenrechts habend.
???

iustus
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

cantus planus hat geschrieben:Das war auch mein Kenntnisstand: prinzipiell nein, was den Neuerwerb angeht. Ja, aber unter treuhänderischer Verwaltung der Ordensleitung bei vorhandenen Werten.
Das ist korrekt bei Kongregationen (Gemeinschaften, deren Angehörige einfache Gelübde ablegen), in denen das Eigenrecht nicht die völlige Vermögenslosigkeit vorsieht. Allerdings kann dort auch alles behalten (und in die treuhänderische Verwaltung gegeben werden), was nicht durch die eigene Arbeit oder in Form einer Rente erworben wird (z.B. eine Erbschaft).

Die Angehörigen von Orden (Gemeinschaften, deren Angehörige feierliche Gelübde ablegen) und von Kongregationen, deren Eigenrecht die völlige Vermögenslosigkeit vorsehen, müssen - um die kirchenrechtlich vorgesehene Vermögenslosigkeit zu erfüllen - auch ihr bei der Gelübdeablegung vorhandenes Vermögen weggeben - und das, was ihnen nach der Gelübdeablegung bürgerlich-rechtlich zufällt (z.B. eine Erbschaft).

iustus
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

Zusammenfassend kann man also sagen, dass es in jedem Fall auf das Eigenrecht der Gemeinschaft ankommt, das die Rahmenregelung des c. 668 CIC, §§ 3 bis 5 ausfüllt:
§ 3. Was ein Ordensangehöriger durch eigenen Einsatz oder im Hinblick auf das Institut erwirbt, erwirbt er für das Institut. Was ihm aufgrund einer Pension, einer Unterstützung oder einer Versicherung irgendwie zukommt, wird für das Institut erworben, sofern im Eigenrecht nichts anderes festgelegt ist.

§ 4. Wer aufgrund der Eigenart des Instituts ganz auf sein Vermögen verzichten muß, hat diesen Verzicht, der vom Tag der Gelübdeablegung an rechtswirksam sein soll, in einer nach Möglichkeit auch vor dem weltlichen Recht gültigen Form vor der ewigen Profeß zu leisten. Dasselbe hat ein Professe mit ewigen Gelübden zu tun, der gemäß dem Eigenrecht mit Erlaubnis des obersten Leiters teilweise oder ganz auf sein Vermögen verzichten will.

§ 5. Ein Professe, der aufgrund der Eigenart des Instituts vollständig auf sein Vermögen verzichtet hat, verliert die Erwerbs- und Besitzfähigkeit und setzt infolgedessen dem Armutsgelübde widersprechende Rechtshandlungen ungültig. Was ihm aber nach der Verzichtsleistung zufällt, geht gemäß dem Eigenrecht an das Institut über.
Zu beachten ist noch, dass der Verlust der Erwerbs- und Besitzfähigkeit nach kirchlichem Recht in Deutschland nach weltlichem Recht nicht eintritt. Das bedeutet, dass die Angehörigen der Gemeinschaften nach weltlichem Recht zunächst das Vermögen erwerben (z.B. Erbschaft, Rente), es dann aber - um diese kirchenrechtliche Pflicht zur Vermögenslosigkeit zu erfüllen - weggeben müssen, und zwar in einer nach dem deutschen BGB gültigen Form (d.h. bei Grundstücken z.B. mit notariellen Verträgen).

Also: Immer ins Eigenrecht schauen!

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overkott
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Re: kirchenrechtliche Frage

Beitrag von overkott »

iustus hat geschrieben:Zusammenfassend kann man also sagen, dass es in jedem Fall auf das Eigenrecht der Gemeinschaft ankommt, das die Rahmenregelung des c. 668 CIC, §§ 3 bis 5 ausfüllt:
§ 3. Was ein Ordensangehöriger durch eigenen Einsatz oder im Hinblick auf das Institut erwirbt, erwirbt er für das Institut. Was ihm aufgrund einer Pension, einer Unterstützung oder einer Versicherung irgendwie zukommt, wird für das Institut erworben, sofern im Eigenrecht nichts anderes festgelegt ist.

§ 4. Wer aufgrund der Eigenart des Instituts ganz auf sein Vermögen verzichten muß, hat diesen Verzicht, der vom Tag der Gelübdeablegung an rechtswirksam sein soll, in einer nach Möglichkeit auch vor dem weltlichen Recht gültigen Form vor der ewigen Profeß zu leisten. Dasselbe hat ein Professe mit ewigen Gelübden zu tun, der gemäß dem Eigenrecht mit Erlaubnis des obersten Leiters teilweise oder ganz auf sein Vermögen verzichten will.

§ 5. Ein Professe, der aufgrund der Eigenart des Instituts vollständig auf sein Vermögen verzichtet hat, verliert die Erwerbs- und Besitzfähigkeit und setzt infolgedessen dem Armutsgelübde widersprechende Rechtshandlungen ungültig. Was ihm aber nach der Verzichtsleistung zufällt, geht gemäß dem Eigenrecht an das Institut über.
Zu beachten ist noch, dass der Verlust der Erwerbs- und Besitzfähigkeit nach kirchlichem Recht in Deutschland nach weltlichem Recht nicht eintritt. Das bedeutet, dass die Angehörigen der Gemeinschaften nach weltlichem Recht zunächst das Vermögen erwerben (z.B. Erbschaft, Rente), es dann aber - um diese kirchenrechtliche Pflicht zur Vermögenslosigkeit zu erfüllen - weggeben müssen, und zwar in einer nach dem deutschen BGB gültigen Form (d.h. bei Grundstücken z.B. mit notariellen Verträgen).

Also: Immer ins Eigenrecht schauen!
Zu unterscheiden ist zwischen Eigentum und Besitz. Denn das Eigentum an einer Sache setzt nicht den Besitz voraus. Das Gleiche gilt umgekehrt. Der Besitzer muss nicht Eigentümer sein. Beispiel: Jeder Geistliche mit Armutsgelübde, der ein Gebetbuch in der Hand hält, ist für die Zeit des Betens Besitzer des Buches. Der Eigentümer kann vom Besitzer jederzeit die Herausgabe der Sache verlangen. Zwischen beiden besteht ein Vertragsverhältnis durch Einigung und Übergabe. Dieses Vertragsverhältnis bedarf nicht der schriftlichen Form.

iustus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

Stimmt. So ist es im deutschen weltlichen Recht (was die Sache weiter verkompliziert). In der deutschen Übersetzung desc. 668, wo vom Verlust der Erwerbs- und BESITZfähigkeit spricht, scheint dies anders gemeint zu sein.

Deshalb: Immer erst ins Eigenrecht der Gemeinschaft schauen!

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Maurus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Maurus »

ME ist der Bruder eher Besitzdiener.

iustus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

Maurus hat geschrieben:ME ist der Bruder eher Besitzdiener.
Sehr gut vertretbar.

iustus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

"Vermögensverwaltung und Vermögensverzicht durch Ordensangehörige im Kirchenrecht und im deutschen Zivilrecht unter besonderer Berücksichtigung der Deklarationen der Beuroner Kongregation"

Heribert Hallermann, Ordenskorrespondenz 1999, S. 431, hier auch im Internet:

http://www.ekd.de/staatskirchenrecht/su ... orden.html

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Jacinta
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Jacinta »

iustus hat geschrieben:"Vermögensverwaltung und Vermögensverzicht durch Ordensangehörige im Kirchenrecht und im deutschen Zivilrecht unter besonderer Berücksichtigung der Deklarationen der Beuroner Kongregation"

Heribert Hallermann, Ordenskorrespondenz 1999, S. 431, hier auch im Internet:

http://www.ekd.de/staatskirchenrecht/su ... orden.html
Danke! Sehr interessant!
"In necessariis unitas, in non-necessariis libertas, in utrisque caritas."
"Man muss sich aber klarmachen, dass Krisenzeiten des Zölibats auch immer Krisenzeiten der Ehe sind." BXVI.

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overkott
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von overkott »

Welche neueren Aufsätze gibt es von Hallermann?

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Niels
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Niels »

@iustus, danke für den Link!
overkott hat geschrieben:Welche neueren Aufsätze gibt es von Hallermann?
http://www.theologie.uni-wuerzburg.de/i ... likationen
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Maurus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Maurus »

Niels hat geschrieben:@iustus, danke für den Link!
overkott hat geschrieben:Welche neueren Aufsätze gibt es von Hallermann?
http://www.theologie.uni-wuerzburg.de/i ... likationen
Und das ist nicht mal alles. Die neueren Aufsätze im Archiv für kath. Kirchenrecht scheinen zu fehlen. Interessant war der Aufsatz "Was ist eine "Rechtlich selbständig bleibende Pfarrei"? Kanonistische Anmerkungen zu laufenden strukturellen Veränderungen in deutschen Diözesen" im AfkKR 27 (Heft 2). Darin wies Hallermann nach, dass die Diözesen bei ihren Pfarrverbandsplänen offenbaren, dass sie immer noch dem alten Benefizialwesen verhaftet sind. Konstitutives Element einer rechtlich selbstständigen Pfarrei ist nach den Strukturplänen der Diözesen (fast) immer, dass die in Pfarrverbänden organisierten Pfarreien noch eigenständig über ihr Vermögen verfügen können. Kirchenrechtlich gilt aber der Pfarrer und eine ihm zur Lehre, Leitung und Heiligung anvertraute Herde als Pfarrei. Das könnte noch interessant werden. Vom Limburger Bischof weiß man zB, dass er die (98?) Pastoralen Räume zu Pfarreien machen will, was sie materiell rechtlich ja auch sind (es gibt nämlich idR nur eine Pfarrerstelle). Es fehlt ihnen lediglich die formelle Erhebung.

Kirchenrecht ist interessant :ja:.

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Niels
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Niels »

Maurus, danke für die Hinweise! :daumen-rauf:
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HeGe
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von HeGe »

Im Zuge der Klärung einer erbrechtlichen Frage bin ich gestern auf folgenden Wikipedia-Artikel gestoßen, der mir inhaltlich noch nicht bekannt war:
Wikipedia hat geschrieben:Klostertod

Der Klostertod ist eine juristische Konstruktion des Mittelalters. Eine lebende Person wurde bei Eintritt in einen Nonnen- oder Mönchsorden für die weltliche Rechtsprechung für tot erklärt und verlor die Rechtsfähigkeit. Ihre Besitztümer gingen an die Erben über, ein erneuter Erwerb von Vermögen war nicht möglich. Hintergrund war die von den weltlichen Herrschern nicht erwünschte Anhäufung von Eigentum in Klöstern.

Aus den Glossen zum Sachsenspiegel wurde der Klostertod noch 1794 in das Allgemeine Landrecht (ALR) in Preußen (II 11 §§ 1199 ff.) übernommen. Die gesetzgeberische Intention entfiel weitgehend 183 mit der Aufhebung vieler Klöster durch den Reichsdeputationshauptschluss. In den modernen europäischen Zivilrechtskodifikationen des 19. Jahrhunderts ist der Klostertod nicht mehr enthalten.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Klostertod

Mir stellt sich die Frage, ob diese Konstruktion nur die Übernahme der kirchenrechtlichen Regeln ins weltliche Recht war, was ja dann positiv wäre, oder ob sie tatsächlich der Begrenzung des Eigentums in Klöstern dienen sollte.

Gab es ähnliche Regelungen auch in anderen Ländern? Gibt es sie vielleicht heute sogar noch?
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michaelis
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von michaelis »

HeGe hat geschrieben:Mir stellt sich die Frage, ob diese Konstruktion nur die Übernahme der kirchenrechtlichen Regeln ins weltliche Recht war, was ja dann positiv wäre, oder ob sie tatsächlich der Begrenzung des Eigentums in Klöstern dienen sollte.
Um eine reine Übernahme der kirchenrechtlichen Regelungen ins weltliche Recht kann es hier nicht gegangen sein. Denn kirchenrechtlich kann (und konnte wohl auch im MA) ein Ordensangehöriger durchaus Eigentum erwerben, allerdings nur für den Orden.

Nach der Regelung des "Klostertodes" konnte er, da er ja rechtlich tot war, überhaupt kein Eigentum erwerben.

Beispiel:
Nach kirchlichem Recht konnte ein Mönch von seinem Vater Grundbesitz erben, welcher aber direkt in den Besitz des Klosters überging. Nach der beschriebenen weltlichen Regelung ging dieses Erbe direkt an den nächsten in der Erbfolge.


Aber noch eine andere Frage:
Iustus hat weiter oben beschrieben, das z.B. ein Erbe eines Mönches zivilrechtlich weiter an das Kloster übertragen werden muß.

Fallen in diesem Fall eigendlich auch entsprechende Abgaben (Schenkungssteuer etc.) an?

HeGe
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von HeGe »

michaelis hat geschrieben:Um eine reine Übernahme der kirchenrechtlichen Regelungen ins weltliche Recht kann es hier nicht gegangen sein. Denn kirchenrechtlich kann (und konnte wohl auch im MA) ein Ordensangehöriger durchaus Eigentum erwerben, allerdings nur für den Orden.

Nach der Regelung des "Klostertodes" konnte er, da er ja rechtlich tot war, überhaupt kein Eigentum erwerben.

Beispiel:
Nach kirchlichem Recht konnte ein Mönch von seinem Vater Grundbesitz erben, welcher aber direkt in den Besitz des Klosters überging. Nach der beschriebenen weltlichen Regelung ging dieses Erbe direkt an den nächsten in der Erbfolge.
Das ist tatsächlich ein Argument dafür, dass es dabei darum ging, den Klöstern Vermögen vorzuenthalten. Wenn ich mich recht erinnere, ist (oder war?) es bei den Trappisten aber beispielsweise so, dass man beim Eintritt auch auf sein Erbe verzichten musste.

michaelis hat geschrieben:Aber noch eine andere Frage:
Iustus hat weiter oben beschrieben, das z.B. ein Erbe eines Mönches zivilrechtlich weiter an das Kloster übertragen werden muß.

Fallen in diesem Fall eigendlich auch entsprechende Abgaben (Schenkungssteuer etc.) an?
§ 13 Abs. 1 Nr. 16 und 17 ErbStG sehen folgende Steuerbefreiungen vor:
[...]

16.
Zuwendungen

a)
an inländische Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts oder an inländische jüdische Kultusgemeinden,
b)
an inländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen. Die Befreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse als kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Institution innerhalb von zehn Jahren nach der Zuwendung entfallen und das Vermögen nicht begünstigten Zwecken zugeführt wird,
c)
an ausländische Religionsgesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen der in den Buchstaben a und b bezeichneten Art unter der Voraussetzung, daß der ausländische Staat für Zuwendungen an deutsche Rechtsträger der in den Buchstaben a und b bezeichneten Art eine entsprechende Steuerbefreiung gewährt und das Bundesministerium der Finanzen dies durch förmlichen Austausch entsprechender Erklärungen mit dem ausländischen Staat feststellt;

17.
Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist;

[...]
Das wird man also pauschal nicht sagen können, es kommt darauf an, in welcher Rechtsform das Kloster organisiert ist, ob es irgendwie als gemeinnützig anerkannt ist, zu welchen Zwecken das Geld verwendet wird, usw.
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iustus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

michaelis hat geschrieben:Iustus hat weiter oben beschrieben, das z.B. ein Erbe eines Mönches zivilrechtlich weiter an das Kloster übertragen werden muß.
Teilrichtig. Ich habe nur geschrieben, dass es (in zivilrechtlich wirksamer Form) weggegeben werden muss - er muss es nicht unbedingt dem Kloster geben.
Zuletzt geändert von iustus am Donnerstag 23. September 2010, 14:44, insgesamt 1-mal geändert.

iustus
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von iustus »

HeGe hat geschrieben:es kommt darauf an, in welcher Rechtsform das Kloster organisiert ist, ob es irgendwie als gemeinnützig anerkannt ist, zu welchen Zwecken das Geld verwendet wird, usw.
In Deutschland sind mindestens 99 % der Ordensgemeinschaften gemeinnützige Vereine oder (vor allem im noch halbwegs kirchenfreundlichen Bayern) Körperschaften des öffentlichen Rechts. In aller Regel dürfte daher keine Erbschafts- oder Schenkungssteuer anfallen.

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Galilei
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Galilei »

HeGe hat geschrieben:Gab es ähnliche Regelungen auch in anderen Ländern? Gibt es sie vielleicht heute sogar noch?
Ich meine mal gelesen zu haben, dass in Österreich eine solche Regelung für Ordensmitglieder mit feierlicher Profess weiterhin gilt. Um das zu umgehen, gibt es eine Bestimmung aus Rom, die besagt, dass österreichische Ordensmitglieder mit feierlicher Profess vermögensrechtlich wie Ordensmitglieder mit einfacher Profess zu behandeln sind.

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cantus planus
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von cantus planus »

Was passiert eigentlich, wenn ein Ordensmitglied eine Erbschaft antritt, und erst später merkt, dass damit auch finanzielle Belastungen (Schulden, Tilgungen, Auszahlungen...) verbunden sind? Gibt es für solche Fälle einen Fonds, oder wird man dann einfach gegangen?

Was passiert, wenn man die Profess abgelegt hat, und man wird nachträglich wegen irgendetwas verklagt, was die Firma, die einem vorher gehörte, verpfuscht hat? Wer haftet dann, bzw. kommt für die aus einem Urteil evtl. entstehenden Kosten auf?

Ich weiss, recht theoretische Fragen, aber das muss doch irgendwie geregelt sein, oder?
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HeGe
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von HeGe »

cantus planus hat geschrieben:Was passiert eigentlich, wenn ein Ordensmitglied eine Erbschaft antritt, und erst später merkt, dass damit auch finanzielle Belastungen (Schulden, Tilgungen, Auszahlungen...) verbunden sind? Gibt es für solche Fälle einen Fonds, oder wird man dann einfach gegangen?

Was passiert, wenn man die Profess abgelegt hat, und man wird nachträglich wegen irgendetwas verklagt, was die Firma, die einem vorher gehörte, verpfuscht hat? Wer haftet dann, bzw. kommt für die aus einem Urteil evtl. entstehenden Kosten auf?

Ich weiss, recht theoretische Fragen, aber das muss doch irgendwie geregelt sein, oder?
Ich nehme nicht an, dass es dafür spezielle Regeln gibt. Das weltliche Recht wird sicherlich keine Ausnahme dahingehend machen, dass der Anspruchsgegner im Kloster ist. Die Forderungen dürfte also bestehen. Mangels privatem Eigentum wird eine solche Forderung aber faktisch niemals vollstreckt werden können. Und irgendwann verjähren sie dann.
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cantus planus
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von cantus planus »

Das hieße dann aber - korrigiere mich, wenn ich falsche Vorstellungen davon habe - das nach erfolgloser Vollstreckung die Eidesstattliche Versicherung von dem betreffenden Ordensmitglied gefordert und dann wohl auch abgegeben würde. Das könnte man dann quasi 30 Jahre lang wiederholen, und dann wäre die Sache erledigt?

Hätte der Staat so ein Schlupfloch nicht längst geschlossen?

Ich vermute allerdings, dass Ordensleute und noch zeitlicher Profeß dann beurlaubt oder entlassen würden, um die Angelegenheit vorher zu bereinigen. Nach der Ewigen Profeß dürfte das dann allerdings eben nicht mehr möglich sein.
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HeGe
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von HeGe »

cantus planus hat geschrieben:Das hieße dann aber - korrigiere mich, wenn ich falsche Vorstellungen davon habe - das nach erfolgloser Vollstreckung die Eidesstattliche Versicherung von dem betreffenden Ordensmitglied gefordert und dann wohl auch abgegeben würde. Das könnte man dann quasi 30 Jahre lang wiederholen, und dann wäre die Sache erledigt?

Hätte der Staat so ein Schlupfloch nicht längst geschlossen?

Ich vermute allerdings, dass Ordensleute und noch zeitlicher Profeß dann beurlaubt oder entlassen würden, um die Angelegenheit vorher zu bereinigen. Nach der Ewigen Profeß dürfte das dann allerdings eben nicht mehr möglich sein.
Wie das von Seiten der Klöster gehandhabt wird, weiß ich natürlich nicht.

Und ob sich ein Gläubiger (mehrfach) die Mühe einer eV machen wird, die ja auch Geld kostet, halte ich auch für unwahrscheinlich. So lange der Schuldner im Kloster ist, wird der Titel wohl eher in der Schublade verschwinden.
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von cantus planus »

HeGe hat geschrieben:Wie das von Seiten der Klöster gehandhabt wird, weiß ich natürlich nicht.
Nun, mit bekannten Schulden kannst du nicht eintreten. Das muss vorher bereinigt sein. Dauernde Unterhaltsverpflichtungen dürften von vornherein einen Ordenseintritt unmöglich machen.

Interessant wird es eben bei Schulden, die erst nach dem Eintritt auftauchen. Das ist natürlich recht konstruiert, und dürfte so ohnehin kaum auftreten.

Aber da würde ich in der Tat vermuten, dass die Ewige Profess erstmal aufgeschoben würde, bis sich eine Lösung gefunden hat. Das gilt natürlich nur für größere Verpflichtungen. 2000 Euro wird der Orden übernehmen...
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Gamaliel
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Re: Kirchenrechtliche Frage

Beitrag von Gamaliel »

Galilei hat geschrieben:
HeGe hat geschrieben:Gab es ähnliche Regelungen auch in anderen Ländern? Gibt es sie vielleicht heute sogar noch?
Ich meine mal gelesen zu haben, dass in Österreich eine solche Regelung für Ordensmitglieder mit feierlicher Profess weiterhin gilt. Um das zu umgehen, gibt es eine Bestimmung aus Rom, die besagt, dass österreichische Ordensmitglieder mit feierlicher Profess vermögensrechtlich wie Ordensmitglieder mit einfacher Profess zu behandeln sind.
Ganz richtig.


Siehe BGBl (50/1976):
50. Kundmachung des Bundesministers für Justiz vom 8. Jänner 1976 über die Auswirkungen
des feierlichen Armutsgelübdes von Angehörigen der Ordensgemeinschaften Österreichs

Im Hinblick auf das Reskript der Heiligen Kongregation für Ordensleute und Säkularinstitute vom 8. Juli 1974, Prot.n.SpR 127/1971, wird festgestellt, daß die Angehörigen der Ordensgemeinschaften Österreichs, die die feierlichen Gelübde abgelegt haben oder ablegen werden, nach dem kanonischen Recht bezüglich der rechtlichen Auswirkungen des feierlichen Armutsgelübdes den Ordensangehörigen mit einfachen ewigen Gelübden gleichgestellt worden sind.

Clementine
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von Clementine »

cantus planus hat geschrieben:Das hieße dann aber - korrigiere mich, wenn ich falsche Vorstellungen davon habe - das nach erfolgloser Vollstreckung die Eidesstattliche Versicherung von dem betreffenden Ordensmitglied gefordert und dann wohl auch abgegeben würde. Das könnte man dann quasi 30 Jahre lang wiederholen, und dann wäre die Sache erledigt?
Wie wär's mit 'ner Privatinsolvenz? ;D

Und überhaupt: Was konstruierst Du denn hier für Fragen? :achselzuck:
Es gibt drei Arten von Menschen: Haie, Haifischfutter und Menschen, die es gelernt haben mit den Haien zu schwimmen ohne gefressen zu werden.

Halte Deine Stadt sauber! Iß täglich eine Taube!

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cantus planus
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von cantus planus »

Clementine hat geschrieben:Wie wär's mit 'ner Privatinsolvenz? ;D
:patsch:
Natürlich. Darauf bin ich nicht gekommen.
Clementine hat geschrieben:Und überhaupt: Was konstruierst Du denn hier für Fragen? :achselzuck:
Das habe ich mich schon mehrfach gefragt. U. a. auch, wer für die zahlreichen Einzelkinder im Kloster irgendwann mal die sündteuren Pflegeheimkosten übernimmt, wenn die Eltern alt werden. Früher hatte man solche Probleme gar nicht. Aber heute... :achselzuck:
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Clementine
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Re: Ordensmitglieder und Vermögen

Beitrag von Clementine »

cantus planus hat geschrieben:U. a. auch, wer für die zahlreichen Einzelkinder im Kloster irgendwann mal die sündteuren Pflegeheimkosten übernimmt, wenn die Eltern alt werden. Früher hatte man solche Probleme gar nicht. Aber heute... :achselzuck:
Ich vermute mal, dass das Ansprüche sind, die nur gegenüber dem Kind persönlich geltend gemacht werden können - das jedoch in dem Fall mittellos ist, da es über keine Einnahmen verfügt. Sofern evtl. Vermögen seitens des Kindes (vor oder während der Ordenszugehörigkeit) besteht, wird dies jedoch vermutlich dafür herangezogen werden können.

Reine Vermutung meinerseits.

- Ohne unser Obligo -
iss klar...

Jetzt meine Frage: Wie ist das eigentlich, wenn jemand aus einer nicht auseinandergesetzten Erbschaftsangelegenheit ins Kloster geht - bzgl. der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft: verhandelt dann der Ordensbruder/-schwester in eigener Regie oder muss sich die Erbengemeinschaft dann mit dem Kloster auseinandersetzen?

DAS sind mal relevante und interessante Fragen, Cantus!
Es gibt drei Arten von Menschen: Haie, Haifischfutter und Menschen, die es gelernt haben mit den Haien zu schwimmen ohne gefressen zu werden.

Halte Deine Stadt sauber! Iß täglich eine Taube!

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