Ist kontemplativ besser?

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
Biggi
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Re: Titel

Beitrag von Biggi »

max72 hat geschrieben: Aber wie kann ich ihn finden waehrend ich eine Mathematikaufgabe loese? Oder mich rein intellektuell-theologisch beschaeftige?
Um Gott zu finden, brauche ich doch nicht ständig und aktuell an ihn zu denken! Ein Zug bringt mich ja auch dann an sein Ziel, wenn ich nicht ständig darüber nachdenke, von wo nach wo ich jetzt gerade unterwegs bin. Voraussetzung ist allerdings, dass ich im richtigen Zug sitze...

M.a.W.: Wenn das, was ich tue, jetzt gerade dem Willen Gottes für mich entspricht, ist es in Ordnung. Wenn ich das aus lauteren Motiven tue, ist es in Ordnung. Wenn ich es darüber hinaus vielleicht sogar noch Gott bewusst als "Geschenk" anbiete (zumindest einschlussweise durch eine Art "Aufopferung des Tagewerkes" am Morgen), dann ist es sogar sehr in Ordnung. So in etwa...
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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Heike
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Re: Titel

Beitrag von Heike »

max72 hat geschrieben:Na ja, aber wie ich ihn zwischen den Kochtoepfen finden kann verstehe ich ja. Aber wie kann ich ihn finden waehrend ich eine Mathematikaufgabe loese? Oder mich rein intellektuell-theologisch beschaeftige?

Gruss

Max
Naja, vielleicht findet er Dich!

max72
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Re: Titel

Beitrag von max72 »

Biggi hat geschrieben:
max72 hat geschrieben: Aber wie kann ich ihn finden waehrend ich eine Mathematikaufgabe loese? Oder mich rein intellektuell-theologisch beschaeftige?
Um Gott zu finden, brauche ich doch nicht ständig und aktuell an ihn zu denken!
Vielleicht verstehe ich da ja was falsch. Aber wenn ich Koche oder Putze kann ich mir bewusst sein, dass Gott gegenwaertig ist. In einer intellektuellen Taetigkeit nimmt diese mich so in Anspruch, dass ich "vergesse", dass Gott gegenwaertig ist. Gut, ich kann immer mal wieder aufblicken und das feststellen, aber...

Gruss

Max

Marlene
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Re: Titel

Beitrag von Marlene »

max72 hat geschrieben:Vielleicht verstehe ich da ja was falsch. Aber wenn ich Koche oder Putze kann ich mir bewusst sein, dass Gott gegenwaertig ist. In einer intellektuellen Taetigkeit nimmt diese mich so in Anspruch, dass ich "vergesse", dass Gott gegenwaertig ist.
So allmählich dreht sich unsere Diskussion im Kreis ...

Aber doch noch mal eine Rückfrage: Und was ist daran eigentlich so schlimm? ER ist doch trotzdem DA.

max72
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Re: Titel

Beitrag von max72 »

Marlene hat geschrieben:
max72 hat geschrieben:Vielleicht verstehe ich da ja was falsch. Aber wenn ich Koche oder Putze kann ich mir bewusst sein, dass Gott gegenwaertig ist. In einer intellektuellen Taetigkeit nimmt diese mich so in Anspruch, dass ich "vergesse", dass Gott gegenwaertig ist.
So allmählich dreht sich unsere Diskussion im Kreis ...

Aber doch noch mal eine Rückfrage: Und was ist daran eigentlich so schlimm? ER ist doch trotzdem DA.
Dann stecke ich irgendwo fest...

Ist es nicht das problem, dass wir Menschen leben und Gott vergessen haben? Weil wir mit lauter Dingen beschaeftigt sind, die uns wichtiger sind als Gott?

Hier ein Textauszug von dem Karmelit Wilfrid Stinissen:
Eine andere Konsequenz aus der Suche der Karmelitten nach dem Umgang mit Gott ist, dass das Gebet im Karmel keine ”Übung” ist, sondern das Ziel selbst. Das ganze Leben wird so eingerichtet, oder sollte so eingerichtet werden, dass uns alles hilft in ununterbrochenem Gebet zu leben. Alle “Übungen” stehen im Dienst des Gebetes. Diese sind Vorbereitungen zum Gebet oder schaffen einen Atmosphäre, die das Gebet fördern. Die Frage in Verbindung mit diesen Übungen ist immer dieselbe: In welchem Grad fördert diese das Gebet? Wenn man verstanden hat, dass alles im Karmel seinen Sinn vom Gebet bekommt, kann man nicht anders als grosses Gewicht auf Einsamkeit und Stille zu legen. Das schafft eine Lebensform für das Gebet. Natürlich gibt es auch innerhalb des Karmel eine ganze Menge Beschäftigungen, die uns daran hindern ungestört bei Gott zu sein.

Der Zellerar des Klosters arbeitet mit dem ”ungerechten Mammon” (Luk 16,9) und er kann Ignatius dankbar für seine Hilfe sein, auch dies zu ”grösseren Ehre Gottes” zu machen. Im männlichen Zweig des Ordens findet sich viel intellektuelle Arbeit, die das Gebet ”stört”, und es ist also wichtig die Kunst der Jesuiten zu lernen. Gleichzeitig muss es auch eine Sehnsucht geben so viel wie möglich mit Gott zu sein. Diese Sehnsucht wird niemals ganz zufriedengestellt und ist deswegen eine Quelle des Schmerzes, aber in Wirklichkeit eine furchtbare.
Irgendwie scheint also diese "stoerende Arbeit" etwas zu sein, mit dem man sich halt abfinden muss, das aber besser nicht waere?

Gruss

Max

Biggi
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Re: Titel

Beitrag von Biggi »

max72 hat geschrieben: Irgendwie scheint also diese "stoerende Arbeit" etwas zu sein, mit dem man sich halt abfinden muss, das aber besser nicht waere?
Das kommt ganz auf die persönliche Berufung an. Wenn Gott von mir diese Arbeit möchte, dann "stört" sie nicht, sondern ist gerade der Ort der Begegnung mit Gott - selbst wenn ich bei dieser Arbeit nicht mit meinen Gedanken - wohl aber mit meinem Herzen, und das ist ein ständiges Bemühen... - bei Gott sein kann. Das Fliehen vor den Tabernakel kann dann unter Umständen genau das sein: Flucht.

(Was natürlich nicht heißt, dass jemand, der in der Welt ein Leben mit und für Gott zu führen versucht, nicht auch dringend diese Zeiten des ausschließlichen Zusammenseins mit Gott braucht. Aber das ist ein anderes Thema.)
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Kol 3,17: Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Durch ihn dankt Gott, dem Vater!

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Ermi
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Titel

Beitrag von Ermi »

Hallo Max! Eine Frage: liebst Du mit dem Herzen oder mit dem Verstand? Liebe zuerst Gott mit dem Herzen und laß Deinen Verstand, Verstand sein.
Allerdings wenn ich mich dem Studium zuwende, dann ist es doch das Selbstverständlichste, dass ich meine grauen Gehirnzellen auf das Objekt richte, das zum Betrachten ich vorhabe.
Ebenso kann ich mit Hilfe meines Verstandes und meines Intellekt über Gott reden, wie es die Philosophie, bzw. die Theologie machen muß.
Ich kann mit Gott reden im mündlichen Gebet und ich kann in Gott schweigen, als meditatives Gebet.
Das würde bedeuten, wenn ich kontemplativ beten will, dann muß, aber erst dann, muß ich alles aus dem Weg räumen, was da hinderlich ist, - auch die intellektuellen Überlegungen - . Mit anderen Worten, alles hat seine Zeit, das Studium, das Gebet, das schweigende Lieben in Gott. Nicht erspart bleibt Dir der Weg des Glaubens, Gott kann nicht vom Menschen vereinnahmt werden.
Das was Biggi und Marlene geschrieben haben, ist implizit in meinen Überlegungen mit enthalten.
Gott ist mittendrin!

Edith
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Re: Titel

Beitrag von Edith »

max72 hat geschrieben: Na ja, aber wie ich ihn zwischen den Kochtoepfen finden kann verstehe ich ja. Aber wie kann ich ihn finden waehrend ich eine Mathematikaufgabe loese? Oder mich rein intellektuell-theologisch beschaeftige?

Gruss

Max
Dann lies mal Thomas von Aquin.
Der hat da einen wunderbaren Zugang gefunden.

Sowas wie "Gott mit ALLEN Sinnen suchen/dienen". (Wer weiß wo genau das steht?) Thomas war ja nun wirklich jemand, der "wissenschaftlich" arbeitete und dachte.

max72
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Re: Titel

Beitrag von max72 »

Edith hat geschrieben:
Dann lies mal Thomas von Aquin.
Der hat da einen wunderbaren Zugang gefunden.
Zu dem hab ich bisher leider noch keinen rechten Zugang gefunden...

Der hat ja auch was zum Thema "aktiv vs. kontemplativ", war aber nicht so ganz klar fuer mich...

Gruss

Max

Edith
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Beitrag von Edith »

Also vorweg: ich selber neige stark zum Kontemplativen.

Dennoch meine ich, man kann nicht sagen, a ist besser als b.
Es kommt auf den Menschen an. Für A ist a besser, für B ist es b.
"Besser" ist in dem Sinne das, was mir eher entspricht, die Lebensform, in der ich mich "ganzer" an Gott hingeben kann. Ein kontemplatives Leben mag einen zur actio neigenden Menschen psychisch zerstören, ein aktives Leben einem kontemplativen Meschen geistlich unterfordern.

Es gibt Kontemplative, mit deren Hingabe es nicht weit her ist, und Aktive, deren Ganzhingabe an Gott, manchen Mystiker erblassen lässt.

In dem Zuammenhang bin ich übrigens auch der Meinung, dass man nicht sagen kann, ein Ordensleben sei vollkommener, als ein Leben in der Welt.

Vollkommen ist, was dem Willen Gottes vollkommen entspricht.
Und das mag bei mir ein anderer Wille sein, als bei Dir. (Ist sogar sehr wahrscheinlich. :D )


Codex Edithensis
:P

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Edith hat geschrieben: Es gibt Kontemplative, mit deren Hingabe es nicht weit her ist, und Aktive, deren Ganzhingabe an Gott, manchen Mystiker erblassen lässt.
Kleine Rückfrage ... bin a weng durcheinander: Kann ein aktiv lebender Mensch kein Mystiker sein?

Edith
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Beitrag von Edith »

Marlene hat geschrieben:
Edith hat geschrieben: Es gibt Kontemplative, mit deren Hingabe es nicht weit her ist, und Aktive, deren Ganzhingabe an Gott, manchen Mystiker erblassen lässt.
Kleine Rückfrage ... bin a weng durcheinander: Kann ein aktiv lebender Mensch kein Mystiker sein?
doch. Eben! :D
In den Köpfen der meisten Leute sind Mystiker aber doch immer noch irgendwelche frommen, schweigenden Einsiedler, die in ihrer Zelle sitzend sich in Gott versenken.
Ok, das gibts auch.....

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Ermi
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Titel

Beitrag von Ermi »

Edith hat geschrieben:
Marlene hat geschrieben:
Edith hat geschrieben: Es gibt Kontemplative, mit deren Hingabe es nicht weit her ist, und Aktive, deren Ganzhingabe an Gott, manchen Mystiker erblassen lässt.
Kleine Rückfrage ... bin a weng durcheinander: Kann ein aktiv lebender Mensch kein Mystiker sein?
doch. Eben! :D
In den Köpfen der meisten Leute sind Mystiker aber doch immer noch irgendwelche frommen, schweigenden Einsiedler, die in ihrer Zelle sitzend sich in Gott versenken.
Ok, das gibts auch.....
Uihh, da muß ich mich beeilen, nach Cabo Formentor zu kommen! :D :D
Gott ist mittendrin!

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Betty
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ist kontemplativ besser ?

Beitrag von Betty »

gott ist doch immer dabei,ier ist doch in jeder denklichen Situation zu finden,wenn ich ihm Raum gebe und sei es nur für Sekunden oder Minuten,allein das Bewußtsein seiner Gegenwart,bei ihm sein in Gedanken,wie einen Freund einen lieben Menschen immer in Gedanken haben z-.B. autofahren,Himmel sehen,wolken,Sonnenstrahlen die durch die wolken zu dringen scheinen,Himmel und Erde berühren sich,er ist da er ist allmächtig,für mich jedenfalls immer wieder neu. :) :ja: :D :freude:
Der Glaube ist für mich so interessant und Lebensmitte,so fand ich den"Kreuzgang"sehr erfreulich für mich und ich möchte dabei sein,ist ja toll,dass es soetwas gibt.

Edith
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Beitrag von Edith »

Interessante Statistik aus 2003:
http://www.kath.de/magazin/wegbereiter/ ... rvice.html

Aktive Orden (Frauen) gesamt: 26 159
Davon Novizinnen: 84 (=0,32%)

Kontemplative (Frauen): 1 577
davon Novizinnen: 41 (=2,6%)

Die Kontemplativen Orden... haben quasi... 8 mal mehr Novizinnen...
wenn ich richtig rechne.... :kratz:

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das ergibt auch bei den kontemplativen Frauenorden nur eine Novizin auf achtunddreißigeinhalb Schwestern. Zu wenig zum Überleben. Wobei sich die 2,6 % freilich sehr ungleichmäßig verteilen. Mit andern Worten, die kontemplativen Klöster sterben auch aus, mit Ausnahme der wenigen, in denen sich der Nachwuchs konzentriert.

(Bei den aktiven Orden werden nachwuchsträchtige Konvente ja von oben plattgemacht, weil ein aktives Kloster mit gutem Geist natürlich eher Anstoß erregt als ein beschauliches; von oben, das heißt: von staatlicher und korrumpierter Kirchenobrigkeit in bester Kumpanei, wie im Falle Auerbach geschehen.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Edith
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Beitrag von Edith »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Das ergibt auch bei den kontemplativen Frauenorden nur eine Novizin auf achtunddreißigeinhalb Schwestern. Zu wenig zum Überleben.
freilich.
Aber ich kann ja nicht alles machen....
:D

max72
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Beitrag von max72 »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Das ergibt auch bei den kontemplativen Frauenorden nur eine Novizin auf achtunddreißigeinhalb Schwestern. Zu wenig zum Überleben. Wobei sich die 2,6 % freilich sehr ungleichmäßig verteilen. Mit andern Worten, die kontemplativen Klöster sterben auch aus, mit Ausnahme der wenigen, in denen sich der Nachwuchs konzentriert.


Das ist in Zeiten wenigen Nachwuchses ja eher natuerlich, dass sich der Nachwuchs auf wenige konzentriert. Wir koennen nicht so viele Kloestre haben wie frueher.


(Bei den aktiven Orden werden nachwuchsträchtige Konvente ja von oben plattgemacht, weil ein aktives Kloster mit gutem Geist natürlich eher Anstoß erregt als ein beschauliches; von oben, das heißt: von staatlicher und korrumpierter Kirchenobrigkeit in bester Kumpanei, wie im Falle Auerbach geschehen.)[/align]
Inwiefern kann man ein Kloster "mit gutem Geist" einschraenken?

Gruss

Max

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Alberic-Maria
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Was versteht ihr unter einem Mystiker?

Beitrag von Alberic-Maria »

Edith schreibt:
Es gibt Kontemplative, mit deren Hingabe es nicht weit her ist, und Aktive, deren Ganzhingabe an Gott, manchen Mystiker erblassen lässt.

Mich würde interessieren, was ihr unter einem Mystiker versteht.
Ist das jemand, der eine besondere Beziehung zu Gott hat?
Oder jemand, der Gottes Wirken in allem sieht (vergleichbar dem Satz von Prising: "Buddha findet man nicht nur im Kelch der Lotusblume, er ist auch im tropfenden Wasserhahn zu finden".)

Was mich dann auch noch interessieren würde: Wird man Mystiker nur durch Berufung von Gott.
Oder ist es wie beim Künstler, dass da auch eine gehörige Portion "Handwerk" und Übung erforderlich ist?
Wenn ja, wie übt man sich ein, ein Mystiker zu werden?

max72
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Re: Was versteht ihr unter einem Mystiker?

Beitrag von max72 »

Alberic-Maria hat geschrieben: Was mich dann auch noch interessieren würde: Wird man Mystiker nur durch Berufung von Gott.
Oder ist es wie beim Künstler, dass da auch eine gehörige Portion "Handwerk" und Übung erforderlich ist?
Wenn ja, wie übt man sich ein, ein Mystiker zu werden?
Sagt nicht Teresa von Avila, dass es ein Geschenk Gottes ist. Aber dass man eben auch offen sein muss und sich bemuehen, vielleicht will es Gott ja einem schenken und man ist zu blind dafuer....

Edith weiss da wohl besser Bescheid.

Gruss

Max

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Edi
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Re: Was versteht ihr unter einem Mystiker?

Beitrag von Edi »

Alberic-Maria hat geschrieben:Edith schreibt:
Was mich dann auch noch interessieren würde: Wird man Mystiker nur durch Berufung von Gott.
Oder ist es wie beim Künstler, dass da auch eine gehörige Portion "Handwerk" und Übung erforderlich ist?
Wenn ja, wie übt man sich ein, ein Mystiker zu werden?
Man kann sich nicht einüben, ein Mystiker zu werden. Gott muss dem Menschen dazu eine besondere Gnade schenken, die freilich auch erbeten werden muss. Die Mystiker zeichnen sich ja u.a. auch durch ein viel tieferes und innigeres Gebetsleben aus, als andere Christen es haben. Aber dieses ist auch wiederum eine Gnade Gottes, die sie nicht ohne Gebet erhalten.

Vor kurzem war ich in einem Naturkostladen, wo ein Prospekt über einen Vortrag von Willigis Jäger lag, der als ein Mystiker bezeichnet wurde. Nur, weil dieser sich auch mit christlicher Mystik befasst und dabei auch Körperübungen und azu auch nichtchristlichen Firlefanz macht, ist er noch lange kein Mystiker.
Die Leute glauben aber den Schwindel, er sei einer, weil sie keinerlei geistliches Unterscheidungsvermögen haben.
Johannes vom Kreuz, Pater Pio und andere, die waren Mystiker.

Anastasis

Re: Was versteht ihr unter einem Mystiker?

Beitrag von Anastasis »

Edi hat geschrieben: Nur, weil dieser sich auch mit christlicher Mystik befasst und dabei auch Körperübungen und azu auch nichtchristlichen Firlefanz macht, ist er noch lange kein Mystiker.
Das ist richtig - aber warum kannst Du so sicher sein, daß er keiner ist?

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Edi
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Re: Was versteht ihr unter einem Mystiker?

Beitrag von Edi »

Anastasis hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Nur, weil dieser sich auch mit christlicher Mystik befasst und dabei auch Körperübungen und azu auch nichtchristlichen Firlefanz macht, ist er noch lange kein Mystiker.
Das ist richtig - aber warum kannst Du so sicher sein, daß er keiner ist?

Lies doch mal nur wenig von seinen Veröffentlichungen und hör dir mal seine Übungen an. Zudem: Was braucht ein Christ Zen, wenn wir einen persönlichen Gott haben, der uns in Jesus ganz nahe kommt.
Jäger bringt eine Mischung aus Christentum und östlichem Mystizismus, was er Mystik nennt. Christliche Mystik aber ist etwas anderes. Die Mystiker strahlen ihre grosse Gottesliebe aus, so dass die Leute das merken.

Anastasis

Beitrag von Anastasis »

Edi, das ist mir zu schwarz-weiß. Ich kenne den Mann nicht persönlich, Du anscheinend auch nicht, und über das, was zwischen ihm und Gott passiert oder nicht passiert, kann sich keiner von uns ein Urteil erlauben. So sehe ich das.
(Sympathisch ist mir sein Weg auch nicht. Aber ich kenne für mich durchaus ernstzunehmende Leute, die große Stücke auf ihn halten.)

Aber ich wollte nicht vom Thema ablenken.

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Reinhard Gonaus
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Re: Was versteht ihr unter einem Mystiker?

Beitrag von Reinhard Gonaus »

Anastasis hat geschrieben:
Edi hat geschrieben: Nur, weil dieser sich auch mit christlicher Mystik befasst und dabei auch Körperübungen und azu auch nichtchristlichen Firlefanz macht, ist er noch lange kein Mystiker.
Das ist richtig - aber warum kannst Du so sicher sein, daß er keiner ist?
Kann man nicht.
Wenn ich seine Bücher (Ich les mich grad ein) richtig verstehe, ist er mehr ein Meditationslehrer.
Ich würde provisorisch so sagen: Du kennst die Lehre von der Gegenwart Gottes bzw. des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes in seiner Kirche. Diese Gegenwart(en) hat (haben) unterschiedliche Seinsweisen, Daseinsweisen, wenn du so willst, aber sie sind immer buchstäblich, umfassend, unbedingt und unbegrenzt. Niemals bloß metaphorisch oder theoretisch oder sowas. Obwohl wir oft so drüber reden, weil unsere Sprache für diese Art Wirklichkeit nicht hinreicht. Diese Gegenwart Gottes ist uns geschenkt. Allen. Durch Taufe und Firmung, in den übrigen Sakramenten, "wo zwei oder drei in meinem Namen ..."

So gesehen sind wir alle Mystiker. Wir wissen's bloß nicht, weil wir nicht wagen, das bereitliegende Geschenk ernstlich und wirklich aufzunehmen.
Wer's wagt und sich so von Gott ausfüllen lässt, dass er selber schier zunichte wird (Wird er nicht, denn Gott lässt nichts, was er geschaffen hat zunichte werden, aber im Vergleich zu seiner Größe werden wir's allemal)

Es bleibt aber ein Wagnis, denn "Niemand kann mein Angesicht schauen und am Leben bleiben" sagt Gott zu Mose.
Andererseits: "Mit meinem Gott überspringe ich Mauern" sagt der Psalm.

Ok. Neben den Mystikern, von denen keiner was weiß, weil sie an sich ja ganz unauffällig sind, gibt es auch Mystiker, die den Weg lehren, den man gehen muss, um sich selber empfänglich für das bereitliegende Geschenk der wahrnehmbaren Gottesnähe zu machen. Das sind dann die, die man Meister nennt. Es gibt welche. Aber sie sind schwer zu finden, weil sie keine Reklame für sich machen. Man muss wohl die ersten Schritte alleine gehen.

Mystiker von früher haben Schriften hinterlassen, nicht unbedingt immer von ihnen selber geschrieben: Meister Eckhart, Johannes Tauler, Teresa von Avila, Ignatius Loyola, die Verfasser der Texte rund um das Herzensgebet, der Verfasser der Wolke des Nichtwissens und viele andere. Allesamt verweisen sie zuerst auf den sogenannten "gewöhnlichen Weg": Mitleben mit der Kirche, Empfang der Sakramente, Pflege des Gebetslebens, des gemeinschaftlichen und des persönlichen, sorgfältige Beachtung der weltlichen Pflichten u. dgl. Irgendwo und irgendwie auf diesem gewöhnlichen Weg begegnet dir Gott schon, so dass du es merkst. Und genau an diesem Punkt beginnt der Weg des Mystikers. Er führt nicht weiter als der gewöhnliche Weg. Wie weit willst du laufen, um zu Gott zu kommen, der ja da ist?

Ok. Ich hör wieder auf. Bei diesem Thema werd ich allzu leicht uferlos.
Reinhard
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Wir werden nie herausfinden, warum einer, der schnarcht,
sich selbst nicht schnarchen hören kann. (Mark Twain)

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Edi
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Beitrag von Edi »

Anastasis hat geschrieben:Edi, das ist mir zu schwarz-weiß. Ich kenne den Mann nicht persönlich, Du anscheinend auch nicht, und über das, was zwischen ihm und Gott passiert oder nicht passiert, kann sich keiner von uns ein Urteil erlauben. So sehe ich das.
(Sympathisch ist mir sein Weg auch nicht. Aber ich kenne für mich durchaus ernstzunehmende Leute, die große Stücke auf ihn halten.)

Aber ich wollte nicht vom Thema ablenken.
Immerhin ist er auch von der Kirche gemassregelt worden und das sicher nicht ohne Grund. Er lehrt Meditation: "Ich bin ganz ruhig" und Ähnliches. Ich habe eine Cassette von ihm gehört, was mir schon reichte. Was hat das alles mit dem christlichen persönlichen Gott zu tun, frage ich nochmals. Dass Leute, auch gebildete auf das hereinfallen, sagt gar nichts.

Für mich sind Mystiker, die ganz nahe bei Gott sind. Sicher wird dieser Begriff auch gelegnetlich für normale Christen angewandt. Aber ich denke doch, dass er meist so verstanden wird, dass es nur wenige sind, die damit gemeint sind. Solche, die ganz in der Liebe Christi aufgehen und in Christus verwandelt sind wie Paulus es formuliert. Wie sieht denn ein Mystiker aus? Nach Lukas 11,34 ff?

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Elisabethgzb
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Beitrag von Elisabethgzb »

Vielleicht sollte man diesen Threat weiterführen mit noch anderen Heiligen und anderen Menschen die Jesus auch in den Kochtöpfen finden.

Andererseits fragt man sich warum dann solch prächtige Heilige nicht schon seitens dbk.de "vermarktet" wurde und nicht nur auf den Frauen spezifischen Ebenen, sondern so wie die Bonifatius-Ausstellung, oder die Pharaonensstellungen in köln, in der "Aufmachung".

Wäre für viele Menschen die Offenbarung, das ihr persönlicher Jesus absolut katholisch ist, und brächte die Menschen wieder mehr an die Kath.Kirche heran.


Gruss,
Elisabeth

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Beitrag von HeGe »

Elisabethgzb hat geschrieben:Vielleicht sollte man diesen Threat weiterführen mit noch anderen Heiligen und anderen Menschen die Jesus auch in den Kochtöpfen finden.

Andererseits fragt man sich warum dann solch prächtige Heilige nicht schon seitens dbk.de "vermarktet" wurde und nicht nur auf den Frauen spezifischen Ebenen, sondern so wie die Bonifatius-Ausstellung, oder die Pharaonensstellungen in köln, in der "Aufmachung".

Wäre für viele Menschen die Offenbarung, das ihr persönlicher Jesus absolut katholisch ist, und brächte die Menschen wieder mehr an die Kath.Kirche heran.
Den Strang kannst du natürlich gerne weiterführen, auch wenn er sich ja nicht spezifisch auf Theresia bezieht, sondern auf deren kontemplative Lebensweise. Darauf bezieht sich ja auch indirekt der von dir zitierte Spruch.

Ansonsten hoffe ich, dass kein Heiliger irgendwie "vermarktet" wird, auch wenn das sicher geschehen ist und geschieht. "Vermarktung" hat etwas mit monetären interessen zu tun und die haben wiederum nichts mit dem Glauben zu tun.

P.S.: "Persönlicher Jesus"? Bist du irgendwie Depeche Mode - Fan?
- Nutzer nicht regelmäßig aktiv. -

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Elisabethgzb
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Beitrag von Elisabethgzb »

P.S.: "Persönlicher Jesus"? Bist du irgendwie Depeche Mode - Fan?


Was ist das bitte! Sagt mir nix, höre überwiegend Klassische Musik!

Naja, so ne Thread mit prakmatische Heiligen Texte ala dem Teresa von Avila oder von dem Madeline D. wär och net schlecht, kann man recht vieles besser verstehen und anwenden, was der Jesus so gesagt und getan han.

Gruss,
Elisabeth

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Steffen
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Beitrag von Steffen »

Lorenz von der Auferstehung.

Nicolas Hermann (so hieß der spätere Bruder Lorenz mit bürgerlichem Namen) wurde im Jahr 1611 in Lothringen geboren. Als Soldat des lothringischen Heeres im 30jährigen Krieg erlebte er die zuvorkommende Güte und Barmherzigkeit Gottes. Einst wurde er von einem Haufen deutscher Soldaten gefangengenommen und für einen Spion gehalten. Nicolas verblieb bei dieser Begebenheit in größter Geduld und Stille. Als man ihm endlich gar drohte, ihn zu erhängen, antwortete er unerschrocken, er sei der nicht, für den sie ihn hielten; sein Gewissen beschuldige ihn keines solchen Lasters, er erwarte deshalb den Tod ohne Schrecken, woraufhin ihn die Offiziere freiließen.

Als die Schweden in Lothringen einfielen, wurde der junge Soldat verwundet und mußte nach Hause zurückkehren. Er behielt ein lahmes Bein und wurde als Soldat entlassen. Zu dieser Zeit faßte er den Entschluß, sich ganz dem Herrn hinzugeben. Die Ausführung dieses Entschlusses brauchte allerdings noch eine gewisse Zeit. Zunächst wollte er dem Vorbild eines ihm bekannten Adligen folgen und als Einsiedler leben. Bald merkte er jedoch, daß diese Lebensform nicht für jedermann geeignet sei und besonders nicht für einen Anfänger in der Gnade. Deswegen beschloß er nach einigen Überlegungen und Zweifeln, sich nach Paris in das Kloster der Karmeliter zu begeben. Er trat damit in die Fußstapfen eines frommen Onkels, der ebenfalls Karmeliter war. Tersteegen erinnert an dieser Stelle an die Rolle des geistlichen Führers für unser spirituelles Leben. In Paris ist er dann als Laienbruder des Karmeliterordens aufgenommen worden. Er bekam den Namen Bruder Lorenz von der Auferstehung.

Seine Oberen bestellten ihn zu den allerniedrigsten und schlechtesten Diensten, doch hat er sich dabei niemals beklagt. Einmal erzählte ihm ein Mitbruder, er habe gehört, daß man ihn zum Kloster hinausjagen wolle, worauf Lorenz antwortete: »Ich bin in der Hand Gottes. Er mache es mit mir wie es ihm gefällt. Ich habe in meinem Tun kein Absehen auf irgendeinen Menschen, wenn ich dem Herrn nicht hier diene, so diene ich ihm an einem anderen Ort.« Nach seinen Probejahren wurde er in schwere innere Leiden gestürzt. Sie kamen teils aus göttlicher Vorsehung, teils aus Mangel an Erfahrung. Er wollte auf seine eigene Weise im geistlichen Leben wandeln. Die Sünden seines vergangenen Lebens machten ihn in seinen Augen so klein und verächtlich, daß er sich nicht traute, die angebotenen himmlischen Güter anzunehmen. Sein Herz war ganz eingenommen von der Furcht vor einem Selbstbetrug. Weil er noch nicht erkannt hatte, daß Gott so barmherzig sein sollte, sich einem solchen Sünder, für den er sich hielt, mitzuteilen. Eine solche Führung, wie hart und streng sie immer ist, ist doch oft ein Mittel, wodurch der Herr die Tugend seiner Diener auf die Probe setzt. Schließlich erkannte er, daß er dies alles litt aus Liebe zu Gott und aus Furcht, ihn zu beleidigen. Da faßte er einen tapferen Entschluß: Er wollte alles ertragen, wenn es Gott gefällig wäre. Das heißt also, sich Gott völlig zu überlassen. Hier wird deutlich, daß die Übung des Bruder Lorenz, wie Tersteegen sie darstellt, der Übung der Stillemeditation verwandt ist. Auch sie beginnt mit dem Loslassen und dem Sichüberlassen.

Bruder Lorenz wollte sich Gott völlig überlassen und allzeit in seiner Gegenwart leben. Von nun an fand sich seine Seele, die bis dahin stets in Unruhe war, in einem tiefen inneren Frieden, gleichsam als ob sie in einem Zentrum und an einem Ort der Ruhe wäre.

Es gab damals Menschen (wie es sie heute gibt), die die Übung: »Sich allzeit in Gottes Gegenwart zu führen« für Müßiggang, Selbstbetrug und Eigenliebe hielten. Aber wenn man das tägliche Leben des Bruder Lorenz betrachtet, dann merkt man, daß nur diese innere Ruhe ihn gleichzeitig fähig und bereit machte, seine Aufgaben wahrzunehmen. Man hat beobachtet, daß er besonders darauf achtete, daß er in seinem Tun nichts Außergewöhnliches von sich spüren ließ; er behielt immerzu die Einfalt des gewöhnlichen Lebens bei. Er ließ auch in seinem Umgang kein verdrießliches und strenges Wesen an sich erblicken, wodurch ja die Leute nur abwendig gemacht und zurückgestoßen werden. Während er nichts Ungewöhnliches und Auffälliges, nichts Gemachtes oder Verstelltes an sich hatte, war er gegen jedermann freundlich und höflich. Seinen Brüdern und Freunden gegenüber war er recht frei und gemeinschaftlich, ohne daß er sich aus affektierter Heiligkeit von ihnen hätte unterscheiden wollen.

Bruder Lorenz war kein Priester, kein Theologe, kein Intellektueller, sondern ein einfacher abgedankter Soldat, ohne jede höhere Bildung. Er konnte jedoch lesen, schreiben und rechnen, was damals nicht allgemein üblich war. So übertrugen ihm die oberen des Klosters nach seiner Probezeit die Arbeit in der Küche. Er mußte für die Klostergemeinschaft während etwa 30 Jahren kochen. Man kann sich solche mittelalterlichen Küchen anhand von Rekonstruktionen in Museen auch heute noch vorstellen: Ein lahmer Invalide arbeitet in einer Küche mit einem offenen Herdfeuer und einem rauchenden Kamin. Das Wasser wurde im großen Faß herbeigefahren oder aus dem Brunnen geschöpft. Bruder Lorenz beschreibt seinen Gemütszustand in dieser Zeit so: Er habe gegen die Küche von Natur aus die größte Abneigung gehabt, nachdem er sich aber einmal daran gewöhnt habe, auch dort alles aus der Liebe zu Gott zu verrichten, könne er keinen Pfannekuchen mehr wenden, ohne es aus der Liebe zu Gott zu tun. Die Zeit des Wirkens oder Verrichtens äußerer Arbeit sei nicht von der Zeit des Gebetes unterschieden. »Ich besitze«, so sprach er, »Gott so ruhig in den unruhigen Geschäften meiner Küche, wo zuweilen viele Personen auf einmal etwas von mir fordern, wie wenn ich vor dem Altar auf meinen Knien liege.«

In diesem Zusammenhang weist Bruder Lorenz daraufhin, daß dies Gefühl der Gegenwart Gottes mehr durch das Herz und durch die Liebe erhalten werde als durch den Verstand und das Nachdenken. In dem Weg Gottes würden die Gedanken für wenig gerechnet; die Liebe tue alles. Man müsse ganz einfältig mit Gott reden, ihn frei und offenherzig anreden und wie die Dinge vorfielen, seinen Beistand von ihm begehren. Gott werde diesen niemandem versagen. Dieses Überlassen schenkt eine große innere Ruhe, das wird deutlich an einem Bericht über eine Reise zum Einkaufen des jährlichen Weinvorrates für die Gemeinschaft. Vor wenigen Tagen sei ihm gesagt worden, er solle nach Burgund reisen und dort Wein einkaufen. Das werde für ihn beschwerlich sein, nicht allein, weil er zu solchen Verrichtungen nicht geschickt sei, sondern weil er auch noch an einem Bein lahm sei, so daß er auf dem Schiff nicht gehen könne, sondern über die Weinfässer kriechen müsse. Er sei aber darüber, wie auch über seinen ganzen Einkauf unbekümmert und sage zu Gott, es sei Sein Werk.

Bruder Lorenz ist fast achtzig Jahre alt geworden. Er starb im Jahr 1691. Er muß die Menschen seiner Umgebung tief beeindruckt haben. So sammelte man bald seine Briefe, stellte Nachschriften von Gesprächen her und druckte einige kleinere Schriften. Tersteegen hat Hinweise auf ihn bei Mdme. Guyon und P. Poiret gefunden. Dieser einfache Laienbruder hat als Seelsorger weit über den Rahmen seines Klosters hinausgewirkt. Er selbst hat seine Übung, allzeit in Gottes Gegenwart zu sein, für das wichtigste gehalten, das er weitergeben wollte. So schreibt er in einem Brief an eine Ordensfrau: »Wäre ich ein Prediger, so wollte ich nichts anderes als die Übung der Gegenwart Gottes predigen; und wenn ich ein geistlicher Führer wäre, wollte ich sie allen Leuten anraten, für so nötig und leicht halte ich sie.«

In sechs Abschnitten hat er seine Übung zusammengefaßt. Er meinte sicher, daß sie nun lernbar sei, obwohl uns das ungewohnt erscheint. Auch in dieser Betonung der Übung und des Lernens nimmt heutige christliche Meditationspraxis das Anliegen Gerhard Tersteegens auf, das er im Leben des Bruder Lorenz wieder fand. In einer der Schriften des Bruder Lorenz findet sich ein Hinweis auf die Mittel, die man gebrauchen kann, um die Gegenwart Gottes zu erlangen.

1. Das erste Mittel ist eine große Reinheit des Lebens, damit man nichts tue, nichts rede oder nichts denke, was Gott mißfallen könnte. Und wenn es denn geschähe, daß man ihn um Vergebung bitte.

2. Das zweite Mittel ist eine große Treue in der Übung dieser Gegenwart und des inwendigen Anschauens Gottes im Glauben.

3. Das dritte Mittel: Man muß keine äußeren Verrichtungen vornehmen, ohne daß dieses inwendige Anschauen Gottes in uns vorhergehe, wenn es gleich nur einen Augenblick wäre. Dies soll auch die Verrichtungen von Zeit zu Zeit begleiten und sie sollten damit enden.

4. Das vierte Mittel: Für die, die hierin sich zu üben anfangen, wird es gut sein, einige Worte dazu zu gebrauchen. Wie z.B.: Mein Gott, ich bin ganz Dein eigen; oder: o Gott der Liebe, ich liebe dich von ganzem Herzen, o.ä.

5. Diese Gegenwart Gottes kostet zwar im Anfang ein wenig Mühe. Aber sofern sie getreulich geübt wird, bringt sie verborgen wunderherrliche Wirkungen in der Seele hervor. Sie führt zu dem liebevollen Anschauen des allgegenwärtigen Gottes, was denn die allerheiligste, die gründlichste, die allerleichteste und die allerkräftigste Art des Gebetes ist.

6. Das bedeutet, sich Gott ganz zu überlassen.

Als Bruder Lorenz auf dem Sterbebett lag, da fragte ihn ein Geistlicher, was er mache und womit sein Geist beschäftigt sei. Dem gab er zur Antwort: »Ich tue jetzt, was ich in alle Ewigkeit tun werde: ich preise Gott, ich lobe Gott, ich bete ihn an und liebe ihn von ganzem Herzen. Dies ist unser ganzes Geschäft, mein Bruder, daß wir zu Gott beten und ihn lieben, ohne uns um das übrige zu bekümmern.« Allzeit in Gottes Gegenwart zu sein, das muß man üben. Man übt es mitten in den täglichen Aufgaben: Beim Wenden der Pfannekuchen; beim Einkaufen von Wein oder auch im Sterben. Diese Übung kann ich am Leben dieses Bruders Lorenz erlernen.

Bruder Kurt Abel (*1923 + 9.6.1999) wirkte in Duisburg

Aus QUATEMBER 1998, S. 35-19

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Steffen
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Beitrag von Steffen »

Hallo Max,

ich hatte vor ein paar Jahren einmal genau dasselbe Problem.

Folgende Lösungen boten sich an:
Erstens: Die Sehnsucht beten lassen.
Das entwertet jedoch die Arbeit: Arbeit ist auch Nachfolge, man steht in der Nachfolge dessen, der selbst als Handwerker gearbeitet hat und bildet Gott ab, der selbst als Schöpfer tätig war und ist. Eine Konzeption, die die Arbeit also als hinderlich auf dem Weg zu Gott erscheinen lässt, erschien mir also als unannehmbar und mit der christlichen Lehre von der Arbeit, wie sie der Papst in laborem exercens dargelegt hat, nicht vereinbar.

Was mir ehrlich gesagt auf diesem Weg am meisten geholfen hat, war ein Gebet von Thomas von Aquin:

"Herr, lass mich glühend ersehnen, was wohlgefällig ist vor Dir, es mit Weisheit erforschen und mit Freude erfüllen."

Diesen Satz bete ich gerne vor der Arbeit.

Man darf nämlich nicht vergessen, dass es die Sünde ist, die von Gott trennt. Die kann aber auch darin bestehen, plötzlich Pflichten zu vernachlässigen, weil man die Gottesschau für wichtiger hält, als -das muss man sich vor Augen halten - nicht zu sündigen.
Der Mensch, der sich vom Wahren, Guten und Schönen abwendet und nicht mehr danach strebt, neigt zur Gottesausschließlichkeit und dient genau damit Gott nicht mehr. Es geht also darum, einen christlichen Begriff von Welt und Pflicht zu finden

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