Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

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pierre10
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Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

Kleine Gesten können das Zusammenleben der Menschen merkbar verändern, ....manchmal braucht es nur ein Wort....

Seit langem habe ich mir angewöhnt, bei Telefongesprächen, auch wenn es nur auf den Anrufbeantworter geht, ein Wort hinzuzufügen wie...

und noch einen schönen Tag wünsche ich Ihnen....
Grüße an die ganze Familie,
Gute Besserung (wenn ich weiß dass jemand ein gesundheitliches Problem hat)
und vieles andere mehr.

Die Reaktion ist nicht immer da, aber oft kommen Kommentare wie
Dank für....
Auch für Dich....

Das gilt auch im täglichen Leben, beim Einkauf, in der Bank, beim Bäcker... ein freundliches Wort kostet nichts und schafft eine besondere Atmosphäre.

Neulich im Supermark hatte eine Kassiererin nun wirklich ein griesgrämiges Gesicht. Auf meine Frage: Wo haben Sie denn ihr sonst so freundliches Lächeln gelassen, kam es sofort heraus....

Vielleicht sollten wir uns bewusst werden, dass unser gegenüber eben nicht nur der Dienstleister ist sondern ein Mensch.

Pierre
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Nietenolaf
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Nietenolaf »

pierre10 hat geschrieben:Seit langem habe ich mir angewöhnt, bei Telefongesprächen, auch wenn es nur auf den Anrufbeantworter geht, ein Wort hinzuzufügen wie...

und noch einen schönen Tag wünsche ich Ihnen....
Grüße an die ganze Familie,
Gute Besserung (wenn ich weiß dass jemand ein gesundheitliches Problem hat)
und vieles andere mehr.
Das höre ich auch immer mal... "Und?", "Alles klar?", "Kinder alle gesund?", "Bewährung schon abgelaufen?". Tatsächlich kann ein einziges Wort wie "Prost!" oder "Schnauze!" wirklich Wunder wirken. :breitgrins:
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Petra
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Petra »

Nietenolaf hat geschrieben:"Bewährung schon abgelaufen?"
Das kannste ja in die Signatur schreiben. :blinker:

Petra
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Petra »

pierre10 hat geschrieben:Kleine Gesten können das Zusammenleben der Menschen merkbar verändern, ....manchmal braucht es nur ein Wort....
Die Leute merken, ob es nur ein Wort ist oder ob man mit dem Herzen dabei ist.

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Juergen
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Juergen »

Petra hat geschrieben:Die Leute merken, ob es nur ein Wort ist oder ob man mit dem Herzen dabei ist.
Typisch für Floskeln, die nicht von Herzen kommen, sind die antrainierten Sprüche von z.B. Mitarbeitern im Supermarkt an der Kasse.

- Guten Tag
...wortlos scannen, wortlos scannen, wortlos scannen,...
- Haben sie eine Kundenkarte?
- Zwölf Euro dreißig bitte
- Danke
- Bitteschön ihr Wechselgeld
- Danke, daß sie bei XXXX eingekauft haben. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.

Dabei dann noch ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter machen...
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

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Edi
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Edi »

Juergen hat geschrieben:
Petra hat geschrieben:Die Leute merken, ob es nur ein Wort ist oder ob man mit dem Herzen dabei ist.
Typisch für Floskeln, die nicht von Herzen kommen, sind die antrainierten Sprüche von z.B. Mitarbeitern im Supermarkt an der Kasse.
Oder bei der Bank: Hier ist die Kreissparkasse Nagold-Heubach, Sie sprechen mit Eulalia Hosenträger-Pallmann, was kann ich für Sie tun?
Ich habe dann schon mal gelegentlich geantwortet: Nicht so viel schwätzen. ;D

Aber die Leute am Telefon können ja auch nichts dafür, das haben die deppigen Chefs dort angeordnet.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Marion
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Marion »

Bei Fremden ist das vielleicht gut, wenn man was netteres als sonst sagt, aber bei Leuten die einen kennen nicht.
Die erschreckt man nur.
Wie wenn ein Ehemann mit Blumen ankommt der das jahrelang nicht gemacht hat. Der erste Gedanke der Frau ist da: "Was hast de angestellt?" :D
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pierre10
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

noiram hat geschrieben:Bei Fremden ist das vielleicht gut, wenn man was netteres als sonst sagt, aber bei Leuten die einen kennen nicht.
Die erschreckt man nur.
Wie wenn ein Ehemann mit Blumen ankommt der das jahrelang nicht gemacht hat. Der erste Gedanke der Frau ist da: "Was hast de angestellt?" :D
Das aber ist genau das Problem vieler Menschen: Erst einmal alles negativ sehen.

Und das führt zu einer Gesellschaft, in der ich nicht leben möchte.

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pierre10
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

Juergen hat geschrieben:
Petra hat geschrieben:Die Leute merken, ob es nur ein Wort ist oder ob man mit dem Herzen dabei ist.
Typisch für Floskeln, die nicht von Herzen kommen, sind die antrainierten Sprüche von z.B. Mitarbeitern im Supermarkt an der Kasse.

- Guten Tag
...wortlos scannen, wortlos scannen, wortlos scannen,...
- Haben sie eine Kundenkarte?
- Zwölf Euro dreißig bitte
- Danke
- Bitteschön ihr Wechselgeld
- Danke, daß sie bei XXXX eingekauft haben. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.

Dabei dann noch ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter machen...
Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus.

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Petra
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Petra »

pierre10 hat geschrieben: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus.
Auch nicht immer

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Marion
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Marion »

pierre10 hat geschrieben:
noiram hat geschrieben:Wie wenn ein Ehemann mit Blumen ankommt der das jahrelang nicht gemacht hat. Der erste Gedanke der Frau ist da: "Was hast de angestellt?" :D
Das aber ist genau das Problem vieler Menschen: Erst einmal alles negativ sehen.

Und das führt zu einer Gesellschaft, in der ich nicht leben möchte.

Pierre
Ich mag die Gesellschaft in der ich leb.
Gespielte Freundlichkeiten find ich furchtbar.
Benehmen wir uns nun allesamt wie in den Werbefilmchen und zeigen allen unsere kloschüsselweißen Zähnchen dann ist die Welt gaaaanz schön und alle sind glücklich. *hihi*
Petra hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben:Kleine Gesten können das Zusammenleben der Menschen merkbar verändern, ....manchmal braucht es nur ein Wort....
Die Leute merken, ob es nur ein Wort ist oder ob man mit dem Herzen dabei ist.
Genau, und wenn man mit dem Herzen dabei ist braucht man nicht lernen noch ein Wort dazuzufügen. Das ist dann sowieso dabei, weil der nächste einen interessiert.
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martin v. tours
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von martin v. tours »

hallo noiram

ich lese gerade hier beim frühstück und deinetwegen habe ich vor lachen den kaffee über die tastatur geschüttet

..... zeigen allen unsere kloschüsselweißen Zähnchen dann ist die Welt gaaaanz schön und alle sind glücklich. *hihi*....
:kugel:

erinnert mich an die "zyniker-phase" meiner jugend als ich leute die ich nicht mochte oft fragte:
"schöne zähne hast du, gibts die auch in weiss?"

grundsätzlich hat pierre schon recht, wenn es wirklich von herzen kommt und ehrlich gemeint ist.
nichts ist abstossender als diese aufgesetzte freundlichkeit die zur floskel geworden ist.
kenne ich als extremfall aus amerika von kassierern in supermärkten.
" hallo sir, how are you today (dauergrins!)?

martin v. tours
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

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lifestylekatholik
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von lifestylekatholik »

martin v. tours hat geschrieben:nichts ist abstossender als diese aufgesetzte freundlichkeit die zur floskel geworden ist.
kenne ich als extremfall aus amerika von kassierern in supermärkten.
" hallo sir, how are you today (dauergrins!)?
Ist das nicht Konvention und sind solche Konventionen nicht nötig?

Was ist es anderes, wenn du einen Brief mit »Sehr geehrter Herr N.« beginnst und »mit freundlichen Grüßen« schließt? Was ist das anderes, wenn du Nachbarn einen »guten Tag« wünschst und sie frägst: »Wie geht’s?«

Konvention ist doch wohl beides, nur dass die eine für dich üblich ist, weil du in der Gesellschaft, in der die gilt, aufgewachsen bist, und die andere eben nicht?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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pierre10
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

Oft, wenn ich gefragt wurde, gleich in welchem Land oder Sprache: Wie gehts? antwortete ich ganz schlecht heute. 6 von 10 haben meine Antwort nicht bemerkt!!

Das zu der Höflichkeit.

Pierre
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Sempre
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Sempre »

pierre10 hat geschrieben:Kleine Gesten können das Zusammenleben der Menschen merkbar verändern, ....manchmal braucht es nur ein Wort....
Das stimmt. Manchmal reicht ein kleines Wort.

Im allgemeinen aber hat man es mit einer hohlen, oberflächlichen Freundlichkeit zu tun, die eine üble Seuche ist.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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lifestylekatholik
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von lifestylekatholik »

pierre10 hat geschrieben:Oft, wenn ich gefragt wurde, gleich in welchem Land oder Sprache: Wie gehts? antwortete ich ganz schlecht heute. 6 von 10 haben meine Antwort nicht bemerkt!!
Ja, das meine ich. Das ist Konvention, dient als Gesprächseinleitung, weil es dem Menschen nicht gemäß ist, von jetzt auf gleich, ohne Zeit der Einleitung, Sammlung, Einschätzung ins kalte Wasser zu springen. Das ist quasi ein etwas weiter verschnörkeltes »äh«, »nun«, »also«, »naja«.

Meistens ist ja auch das ganze Gespräch eigentlich nicht nötig, weil es nicht darum geht, Informationen, die für den anderen wichtig sind, mitzuteilen, dennoch unterhältst du dich mit Bekannten, Freunden und Nachbarn, wenn du sie triffst. Du gehst zumindest nie grußlos an ihnen vorbei, wenn du sie bemerkst. Dabei ist all das ohne Inhalt und nur Konvention.
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Sempre
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Sempre »

Eine Freundin erzählte mir einmal von einer Studie nach der 99% allen Dialogs eh nur der gegenseitigen Bestätigung, dem gegenseitigen ei-ei, ja ich mag Dich-Sagen dient. Etwas Unbekanntes, Neues mitzuteilen hat im Alltag demnach quasi niemand quasi nie.

Wie auch immer. Ich ziehe es vor, verstanden zu werden und auf Nachfrage oder noch lieber spontan ehrlich bestätigt oder ehrlich zurückgewiesen zu werden.

Gruß
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cantus planus
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von cantus planus »

Ich freue mich, wenn ich Bekannte auf der Straße treffe und wir ein paar Sätze wechseln. An der Kasse oder auf der Bank erwarte ich freundliche, aber zügige Bedienung. Ihre aufgesetzte Freundlichkeit können die sich [ZENSIERT]. Banklakaien reiche ich außerdem grundsätzlich nicht die Hand. Sie möchten mein Geld verwalten und mir ansonsten nicht unter die Augen kommen. Ich vertraue diesen Leuten nicht, und erwarte daher eine normal-freundliche Bedienung ohne Katzbuckelei.

Vor etwa zwei Jahren gab es bei Tchibo die Anordnung, dass jeder Kunde an der Kasse freundlich lächend mit einem "Herzlich willkommen bei Tchibo" begrüßt wurde (was ziemlich bescheuert ist, da der Kunde ja schon minutenlang im Laden war), ihm das Werbeblättchen für die nächste Woche gleich angeboten wird, man sich bei Non-Food-Einkauf nach den Kaffeegeschmack des Kunden erkundigt und ihm eine Sorte zum Mitnehmen empfiehlt (nachdem der Kaffeeabsatz dramatisch eingebrochen war) und ihn mit "Auf Wiedersehen bei Tchibo" verabschiedet.

Dieses System war dermaßen künstlich, zeitraubend und albern (spätestens nach dem fünften Kunden am Stück glaubt man der Dame an der Kasse sowieso kein Wort mehr), dass es sich nicht durchgesetzt hat.

In meinem Kölner Tabakladen in der Nähe einer großen U-Bahnhaltestelle werde ich immer von einem echten Kölner Original bedient, mit der ruppigen Herzlichkeit der Einheimischen. Jeder wird gleich bedient: ob ich einen Kasten Zigarren kaufe oder ein Obdachloser hinter mir einen Billig-Drehtabak möchte. Beschwert sich hinten in der Reihe jemand, dass es zu lange dauert, erntet er prompt die Antwort: "Wärste früher jekommen, könnste schon wieder gehn". Nörgelt jemand, dass er gleich seine U-Bahn verpasst, kommt die Antwort: "Sei froh, dann war de KVB wenigstens einmal pünktlich!" War man länger nicht mehr da, trompetet der Verkäufer ein erfreutes: "Dich han ich ja ewig nich jesehen. War et dir nich jut?" Keine falsche Freundlichkeit, eher die typisch kölsche Ignoranz gehobener Umgangsformen. Geduzt wird ohnehin jeder.

Trotzdem - oder gerade deshalb? - kann sich der Laden vor Kunden kaum retten. Mir sind solche Leute lieber, als jene, die sich mit Schlips und Kragen als Mensch verkleiden.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Raphael

Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Raphael »

cantus planus hat geschrieben:Ich freue mich, wenn ich Bekannte auf der Straße treffe und wir ein paar Sätze wechseln. An der Kasse oder auf der Bank erwarte ich freundliche, aber zügige Bedienung. Ihre aufgesetzte Freundlichkeit können die sich [ZENSIERT]. Banklakaien reiche ich außerdem grundsätzlich nicht die Hand. Sie möchten mein Geld verwalten und mir ansonsten nicht unter die Augen kommen. Ich vertraue diesen Leuten nicht, und erwarte daher eine normal-freundliche Bedienung ohne Katzbuckelei.

Vor etwa zwei Jahren gab es bei Tchibo die Anordnung, dass jeder Kunde an der Kasse freundlich lächend mit einem "Herzlich willkommen bei Tchibo" begrüßt wurde (was ziemlich bescheuert ist, da der Kunde ja schon minutenlang im Laden war), ihm das Werbeblättchen für die nächste Woche gleich angeboten wird, man sich bei Non-Food-Einkauf nach den Kaffeegeschmack des Kunden erkundigt und ihm eine Sorte zum Mitnehmen empfiehlt (nachdem der Kaffeeabsatz dramatisch eingebrochen war) und ihn mit "Auf Wiedersehen bei Tchibo" verabschiedet.

Dieses System war dermaßen künstlich, zeitraubend und albern (spätestens nach dem fünften Kunden am Stück glaubt man der Dame an der Kasse sowieso kein Wort mehr), dass es sich nicht durchgesetzt hat.

In meinem Kölner Tabakladen in der Nähe einer großen U-Bahnhaltestelle werde ich immer von einem echten Kölner Original bedient, mit der ruppigen Herzlichkeit der Einheimischen. Jeder wird gleich bedient: ob ich einen Kasten Zigarren kaufe oder ein Obdachloser hinter mir einen Billig-Drehtabak möchte. Beschwert sich hinten in der Reihe jemand, dass es zu lange dauert, erntet er prompt die Antwort: "Wärste früher jekommen, könnste schon wieder gehn". Nörgelt jemand, dass er gleich seine U-Bahn verpasst, kommt die Antwort: "Sei froh, dann war de KVB wenigstens einmal pünktlich!" War man länger nicht mehr da, trompetet der Verkäufer ein erfreutes: "Dich han ich ja ewig nich jesehen. War et dir nich jut?" Keine falsche Freundlichkeit, eher die typisch kölsche Ignoranz gehobener Umgangsformen. Geduzt wird ohnehin jeder.

Trotzdem - oder gerade deshalb? - kann sich der Laden vor Kunden kaum retten. Mir sind solche Leute lieber, als jene, die sich mit Schlips und Kragen als Mensch verkleiden.
Paß bloß auf, cantus! ;D
Bei so viel Verständnis für das Lokalkolorit wirste noch zu 'nem echte kölsche Jung...............

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cantus planus
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von cantus planus »

Es gibt Schlimmeres, oder? :narr:
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lifestylekatholik
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:Vor etwa zwei Jahren gab es bei Tchibo die Anordnung, dass jeder Kunde an der Kasse freundlich lächend mit einem "Herzlich willkommen bei Tchibo" begrüßt wurde (was ziemlich bescheuert ist, da der Kunde ja schon minutenlang im Laden war), ihm das Werbeblättchen für die nächste Woche gleich angeboten wird, man sich bei Non-Food-Einkauf nach den Kaffeegeschmack des Kunden erkundigt und ihm eine Sorte zum Mitnehmen empfiehlt (nachdem der Kaffeeabsatz dramatisch eingebrochen war) und ihn mit "Auf Wiedersehen bei Tchibo" verabschiedet.

Dieses System war dermaßen künstlich, zeitraubend und albern (spätestens nach dem fünften Kunden am Stück glaubt man der Dame an der Kasse sowieso kein Wort mehr), dass es sich nicht durchgesetzt hat.
Es wirkt deshalb künstlich und albern, weil es die hier üblichen Konventionen stark übererfüllt.
cantus planus hat geschrieben:Keine falsche Freundlichkeit, eher die typisch kölsche Ignoranz gehobener Umgangsformen.
Viele Wessis -- ansonsten ganz normale Menschen --, die mal nach Berlin kamen, empfanden z. B. Busfahrer und sonstige Angestellte, selbst Auskunftspersonal auf den Bahnhöfen, auch solche Ladenbesitzer, wie von dir beschrieben, generell als unfreundlich. Ich habe von denen endlose Anekdoten gehört, teilweise hamsesich, wennse nach Berlin gezogen waren, monatelang in den Schlaf geweint. Hingegen hat es Jahre gedauert, bis ich mich an die nervtötende Empfindlichkeit und Pseudoverbindlichkeit hier in der Stadt in Wessiland, wo ich jetzt lebe, gewöhnt hatte. Letztendlich handelt es sich aber -- davon bin ich überzeugt -- nur um kulturell unterschiedliche Konventionen im Umgang miteinander. Für die Leute hier ist ihr Umgang miteinander nicht aufgesetzt und künstlich (zumindest solange sie nicht von spintisierenden Authentizitätsfanatikern kritisch angekränkelt sind), ebensowenig wie der Umgang in Berlin unfreundlich ist.
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Linus
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Linus »

Juergen hat geschrieben:
Petra hat geschrieben:Die Leute merken, ob es nur ein Wort ist oder ob man mit dem Herzen dabei ist.
Typisch für Floskeln, die nicht von Herzen kommen, sind die antrainierten Sprüche von z.B. Mitarbeitern im Supermarkt an der Kasse.
Nein, beim hiesigen Hofer (Aldi) gibts ein ausnehmend freundliches Geschöpf an der Kassa, die sogar wenn ihr was gegen den Strich geht einen Scherz auf den Lippen hat. Irgendwie bewundernswert.
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pierre10
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

Sempre hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben:Kleine Gesten können das Zusammenleben der Menschen merkbar verändern, ....manchmal braucht es nur ein Wort....
Das stimmt. Manchmal reicht ein kleines Wort.

Im allgemeinen aber hat man es mit einer hohlen, oberflächlichen Freundlichkeit zu tun, die eine üble Seuche ist.

Gruß
Sempre

Schade, dass viele Menschen erst einmal negativ reagieren, das verhindert eine gute Kommunikation.

Ich mache mir das Leben einfach leicht, in dem ich davon ausgehe, der andere ist ehrlich, das Gegenteil stellt sich (manchmal) von alleine ein.

Pierre :) :) :) :)
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

lifestylekatholik hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben:Oft, wenn ich gefragt wurde, gleich in welchem Land oder Sprache: Wie gehts? antwortete ich ganz schlecht heute. 6 von 10 haben meine Antwort nicht bemerkt!!
Ja, das meine ich. Das ist Konvention, dient als Gesprächseinleitung, weil es dem Menschen nicht gemäß ist, von jetzt auf gleich, ohne Zeit der Einleitung, Sammlung, Einschätzung ins kalte Wasser zu springen. Das ist quasi ein etwas weiter verschnörkeltes »äh«, »nun«, »also«, »naja«.

Meistens ist ja auch das ganze Gespräch eigentlich nicht nötig, weil es nicht darum geht, Informationen, die für den anderen wichtig sind, mitzuteilen, dennoch unterhältst du dich mit Bekannten, Freunden und Nachbarn, wenn du sie triffst. Du gehst zumindest nie grußlos an ihnen vorbei, wenn du sie bemerkst. Dabei ist all das ohne Inhalt und nur Konvention.
und doch schwingt etwas mit bei diesen belanglosen Worten......

Pierre
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von cantus planus »

pierre10 hat geschrieben:Ich mache mir das Leben einfach leicht, in dem ich davon ausgehe, der andere ist ehrlich, das Gegenteil stellt sich (manchmal) von alleine ein.
Ich weiss nicht, ob das nicht eine Generationenfrage ist. Meine Mutter (die ungefähr zwanzig Jahre jünger ist als du) klagt auch häufiger, dass früher das Wort noch als Wort galt. Heute kann man davon nicht ausgehen. Ich gehe im Normalfall offen auf Leute zu und weigere mich auch, hinter jeder Säule einen Verräter zu sehen. Die Erfahrung hat mich allerdings mißtrauisch gemacht. In Banken wird gelogen, dass sich die Balken biegen - und im Kirchendienst lernt man sehr schnell, niemandem zu vertrauen. Ich finde es oft schade, dass man jede Aussage auf Hintergedanken oder Widersprüche abklopft. Aber es hat sich leider als notwendig erwiesen.
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

Danke,cantus, für die Kommentare.

Es liegt wohl im Basis-Charakter begründet, wie er/sie auf andere reagiert. Sicher fühlen sich manche von überbordender Freundlichkeit belästigt, andere wieder brauchen die Ansprache, da ist einfach Menschenkenntnis gefragt.

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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Sempre »

pierre10 hat geschrieben: Schade, dass viele Menschen erst einmal negativ reagieren, das verhindert eine gute Kommunikation.
Ja, Pierre, so ging es mir mit meinem allerersten Beitrag hier. Da kam gleich einer, fand meine Gedanken zu mittelalterlich, wollte dann aber nicht weiter darüber reden. Kommunikation ist nicht immer leicht. Aber was nicht beim erstenmal klappt, kann ja noch werden. :blinker:

Gruß
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von pierre10 »

Sempre hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben: Schade, dass viele Menschen erst einmal negativ reagieren, das verhindert eine gute Kommunikation.
Ja, Pierre, so ging es mir mit meinem allerersten Beitrag hier. Da kam gleich einer, fand meine Gedanken zu mittelalterlich, wollte dann aber nicht weiter darüber reden. Kommunikation ist nicht immer leicht. Aber was nicht beim erstenmal klappt, kann ja noch werden. :blinker:

Gruß
Sempre
Ich gebe zu, dass ich Dich zu Beginn auch nicht so richtig verstanden habe ;)

Freundliche Gedanken aus dem Elsass

Pierre
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Marion
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Marion »

Es gibt 2 Wörter die man m.E. nicht zu oft sagen kann und das Miteinander wirklich verbessern

Danke und Entschuldigung
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incarnata
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von incarnata »

Gut tut´s,wenn man ernst genommen wird und sich nicht für blöd genommen vorkommt.Deshalb ist die geradewegs von der Leber wegkommende,das Gegenüber aber aufmerksam wahrnehmende"Berliner Schnauze" so amüsant und wohltuend,ebenso der Kölner Tabakverkäufer:die reagieren schlagfertig und passend genau auf das,was bei ihnen ankommt ,versetzt mit ´ner Prise Humor.Die angelernten Freundlichkeiten am Bankschalter und der call-center -Strippe lassen dagegen gleich das Gefühl:da nimmt mich jemand nicht wahr,will mir aber was aufschwätzen-aufkommen.Ist ja auch de facto oft so:statt mit einer Person,die mir persönlich bekannt ist,Z.B. Frau Maier vom Bahnschalter in X reden zu können,werde ich ins 300 km entfernte call-center vermittelt,obwohl ich eine Frage zu örtlichen Gegebenheiten habe,die Frau M. viel besser beantworten könnte.Die Kunst besteht darin aus der anonymen Frau Z mit der angelernten Floskel"Was kann ich für Sie tun" wieder eine an meinem Problem persönlich Interessierte zu machen,indem ich z.B. ein bedauerndes Wort eben über den Zwang zu Floskelreden zu ihr sage,auf ihren Dialekt anspiele-oder ähnliches:dann entsteht ein Gespräch von Mensch zu Mensch und eine Chance auf ein befriedigendes Ergebnis für beide Seiten !Also Freundlichkeiten-oder freundlich gemeinte Grobheiten ja-aber eben nicht nach schema F !
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

Kurt
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von Kurt »

pierre10 hat geschrieben:Seit langem habe ich mir angewöhnt,...
Und was willst Du mit dieser Angwohnheit bei den Menschen erreichen?

ad_hoc
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Re: Kleine Gesten....manchmal nur ein Wort

Beitrag von ad_hoc »

Kurt hat geschrieben:
pierre10 hat geschrieben:Seit langem habe ich mir angewöhnt,...
Und was willst Du mit dieser Angwohnheit bei den Menschen erreichen?
Was ist mit Dir los, Kurt? Du bist doch sonst eher durchblickend.

Pierre hat übrigens im gleichen Beitrag die Antwort gegeben:
....... ein freundliches Wort kostet nichts und schafft eine besondere Atmosphäre.

Pierre, entschuldige bitte mein Vorpreschen.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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