Warum glauben wir?

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stine
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Warum glauben wir?

Beitrag von stine »

Hallo zusammen,

ich bin ganz neu im Forum und habe nun nicht alles durchgelesen, was hier schon diskutiert wurde. Es kann deshalb durchaus sein, dass das Thema Glauben schon mehrmals auf´s Tablett kam.
Ich selbst bin Theist, christlich, katholisch erzogen, aber nicht unbedingt von der religiösen Struktur der Katholiken, Evangelikalen oder sonstigen Splittergruppen und Sekten überzeugt.

Meine Frage deshalb an euch: Warum glauben wir überhaupt?
Und warum glaubt ihr an einen Gott der Bibel?
Ich gehe davon aus, dass die meisten hier eine gute Schulbildung und einen durchaus rationalen Verstand haben.
Ein Gott ist für uns weder sichtbar, noch beweisbar, noch erfüllt er unsere Wünsche und Gebete.

Warum sollten wir also am Glauben festhalten?
Und was macht euch so sicher, dass die katholische Kirche die einzig wahre ist?

Wenn es einen Gott gibt, wieso sollte er verschiedene Religionen für wünschenswert halten?
Wäre er nicht der einzige, für alle?

Ich hoffe auf viele Antworten.

LG stine

Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Hallo Stine,
erst mal herzlich willkommen im Kreuzgang.

Zunächst zur Frage, warum wir glauben, wobei ich nur von mir persönlich ausgehe, weil jeder andere Erfahrungen macht.
Dazu aber eine Gegenfrage: Wenn du verliebt bist, und den Eindruck hast, dass der andere dich auch liebst, warum glaubst du dies? - Welche Beweise gibt es dafür? Sicher kann er einiges nach außen zeigen, aber stimmt dies immer mit der inneren Einstellung überein? - Du musst einfach glauben, dass er dich liebt.
So, jetzt habe ich das Wort Glaube schon mal ins Spiel gebracht.

Dazu, dass Gott nicht beweisbar ist: Mit einem Atheisten habe ich mal eine Diskussion gehabt, der mir sagte, dass er nur glaube, was sich auch beweisen lasse. Als ich ihn dann darauf hinwies, dass er theoretisch auch nicht beweisen könne, dass er wirklich an dem Tag geboren sei, der als sein Geburtstag angegeben wurde, wurde er nachdenklich. Den Grund, den ich noch dazu nannte: Es gibt zwar Papiere/Urkunden und ähnliches, aber was macht dich sicher, dass diese wirklich stimmen? Könnte nicht jemand bestochen worden sein und ein anderes Datum da stehen? (Zumal es heutzutage auch noch Länder gibt, wo man willkürlich ein Datum einsetzt)
Was macht dich also sicher, dass dein Geburtsttag auch wirklich dein Geburtstag ist? Du musst es glauben.

Erfüllung der Gebete: Doch, ich habe es schon erlebt, dass diese sich erfüllt haben, vielleicht nicht von heute auf morgen, aber sie erfüllen sich.
Und man kann auch Gottes Nähe spüren.

Andere werden dir bestimmt noch mehr dazu schreiben. - Ich wünsche mir für dich, dass die Zeilen, die so kommen, dich nachdenklich machen (und vielleicht auch "umstimmen")

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Linus
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Re: Warum glauben wir?

Beitrag von Linus »

Servus Stine,
stine hat geschrieben:Meine Frage deshalb an euch: Warum glauben wir überhaupt?
Weil mich eine Hoffnung trägt: von Gott geliebt zu sein (das weiß ich, das hoff ich nicht nur) und ihm einmal (wenn ich bei Ihm bin) ins Gesicht sehen zu dürfen.
Und warum glaubt ihr an einen Gott der Bibel?
Ich glaube nicht an den Gott der Bibel, sondern an den Gott dessen Volk wir - das ist die Kirche, das neue Israel - sind. (Wenn ich "nur"an den Gott der Bibel glaubte, wär er nicht im Fleisch gekommen um uns zu erlösen, sondern hätte ein Buch vom Himmel geworfen.)
Ein Gott ist für uns weder sichtbar
,falsch. Ich kann Ihn sehen, schmecken fühlen, hören. schon jetzt. in der Eucharistie.
noch beweisbar
, doch, man muß nur die Augen aufmachen.
noch erfüllt er unsere Wünsche und Gebete.
Abgesehen davon, daß Gott kein Wunschautomat ist: Er erfüllt sehr wohl Wünsche und Gebete, wenn sie dem Heilsplan für uns entsprechen. (Die Lottomillion wünsch ich mir zwar immer wieder, aber ich bin ziemlich sicher, daß das nicht meinem Plan, den Er mit mir hat, entspricht - leider ;) )
Warum sollten wir also am Glauben festhalten?
Wegen der Hoffnung
Und was macht euch so sicher, dass die katholische Kirche die einzig wahre ist?
Weil sie von Ihm gestiftet wurde. Und trotz ihrer Mitglieder vom Heiligen Geist geleitet wird.
Wenn es einen Gott gibt, wieso sollte er verschiedene Religionen für wünschenswert halten?
Ich glaube nicht, daß er Häresien für wünschenswert hält, aber die Freiheit des Menschen achtet er so viel, daß er es- aus Liebe - erduldet.
Wäre er nicht der einzige, für alle?
Er ist der Einzige-für alle. ein Herr, ein Glaube und eine Taufe (=eine Kirche)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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tantum ergo
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Beitrag von tantum ergo »

Hallo stine,

da ich auch neu (wieder zurück) zum Glauben gefunden habe, fühle ich mich direkt angesprochen.
Meine Vorrednerin hat schon mal deutlich gemacht, dass das mit dem "Glauben beweisen" oder "sicher sein im Glauben" so eine Sache ist. Glauben ist eben für mich das große "dennoch" - ich könnte es nicht wirklich erklären, versuche aber mal, meine Gedankengänge zu verdeutlichen.

Zunächst mal stellt sich ja die Frage, ob es überhaupt einen Gott gibt? Einige Wissenschaftler (zum Glück längst nicht alle und nicht die renommiertesten) behaupten ja, es gäbe keinen Gott oder Gott sei jedenfalls nicht notwendig). Nun will ich nicht darauf hinweisen, dass man Gott in der Natur oder im Lächeln eines Kindes sehen kann (wenn ich das auch annehme) sondern begebe mich gerne kurz auf das Terrain der Wissenschaft. So kann zum Beispiel kein Wissenschaftler dieser Welt erklären, warum es die Schwerkraft gibt! Wie Sie funktioniert, wie sich Planeten gegenseitig anziehen oder auch nur ein Apfel zu boden fällt, kann die Wissenschaft "beschreiben" - aber begründen? Für mich gibt es nur einen Grund: weil es gut ist - und Gott sah, dass es gut war

Ein bisschen Vorsicht ist bei dieser Argumentation geboten: nicht alles, was die Wissenschaft noch nicht beschreiben kann, führt zum Glauben. Sonst würde "glauben" sich auf ein "noch nicht wissen" beschränken. Eigentlich sind aber Glauben und Wissen kein Widerspruch - es ist einfach ein anderes Erkenntnisobjekt: kein Wie wie in der Wissenschaft sondern Warum wie in der Theologie oder Philosophie.
Und so komme ich zunächst mal zu dem Schluss, dass an einen Gott zu glauben durchaus vernünftig ist.

Und ob es "unser" Gott ist? Da vertraue ich auf die Bibel, glaube (!), dass, was dort geschrieben steht, tatsächlich durch Gott inspiriert ist, was mir aber auch wiederum vernünftig erscheint, da das dort geschriebene den Lebenswahrheiten entspricht. Wie mir ein Freund gerade gestern sagte (ist allerdings keine große Weisheit): wenn sich jeder an die zehn Gebote halten würde, bräuchte man sonst eigentlich keine Gesetze mehr. Das soll kein Argument sein, dass das, was in der Bibel steht ja wirklich nett wäre, aber kein Beweis für Gott - die Bibel ist kein Beweis für Gott, aber daran zu glauben, dass in ihr das Wort Gottes steht, erscheint mir wiederum vernünftig.

Und Jesus Christus? Die Beschreibungen Jesu sind so detailliert und letztlich fundiert, dass ich auch daran glauben kann, nicht nur, dass er gelebt hat, sondern dass er tatsächlich das Wort, der Sohn Gottes ist. Ich habe mal gehört, dass die Existenz der Person Julius Cäsar weit weniger belegt sei als die von Jesus Christus. Ob das so ist, kann ich nicht beurteilen, aber die vielfachen Dokumentationen des "Menschen Jesus" scheint mir auch ein deutlicher Hinweis zu sein. Aber natürlich kommt man auch hier ohne Glauben nicht aus.

Und dann noch: was ist mit den anderen Religionen? Dazu habe ich mal einen Text gelesen, den ich leider im Moment keinen Autor mehr zuordnen kann, mir aber tröstlich erscheint: ich glaube, dass Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, und das niemand zum Vater kommt außer durch ihn - weil er das selbst gesagt hat! Aber für dieses "durch ihn" gibt es eben unterschiedliche Wege. Eine Buddistin, die Straßenkindern hilft, ihnen zu Essen und ein Dach über dem Kopf gibt, sich um ihre Ausbildung sorgt - ich glaube, dass Jesus diese Frau kennt und zu ihr sagen wird "Denn als ich hungrig war, hast Du mir mir zu essen gegeben ..." Es kommt also nicht so sehr darauf an, Jesus zu kennen, sondern dass Jesus Dich kennt. Die christliche, vor allem die katholische Kirche erscheint mir dafür der direkteste Weg, aber nicht der einzige. Ich glaube, ich zitiere den heutigen Papst, der gesagt hat, dass auch diejenigen, die nicht an "unseren Gott" glauben, das ewige Leben erreichen können, "auf Wegen die nur Er kennt".

Ich hoffe, ich habe Dir ein bisschen Einblick in meine Glaubenswelt geben können und möglicherweise erscheint Dir das eine oder andere ja nachvollziehbar. Vielleicht noch ein Hinweis: ich glaube, dass Gott jeden Menschen auf die zu ihm passende Art und Weise anspricht: den einen mehr intellektuell, den anderen mehr durch Gefühl, manche vielleicht sogar durch bewusste "Erweckungserlebnisse" - also nicht kirre machen lassen durch andere Erfahrungen als Deine ;)

Liebe Grüße und Gottes Segen,
tantum ergo
„Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lk 12,49)

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overkott
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Beitrag von overkott »

Es werde Licht
Theologie als Versöhnung

Von Christoph Overkott

Christliche Theologie ist die Gotteslehre von der universalen Versöhnung, in der Gott den Menschen in Christus mit sich versöhnt, den Menschen mit seinen Mitmenschen und den Menschen mit sich selbst. Dabei meint Selbstversöhnung, die Annahme von geistigen und körperlichen Schwächen bis hin zur Annahme der eigenen Sterblichkeit. Schließlich ist christliche Theologie eine Versöhnung von Glauben und Vernunft, die den Menschen auch für morgen eine klare Orientierung zu geben vermag.

Theologie als Summe der Erfahrung

Schon vor tausenden Jahren sind Theologen viel herumgekommen und haben vieles erfahren, sie haben sich die Welt angeschaut sowie ihre Geschichte und darin besonders den Menschen und sein Leben betrachtet. Sie haben nach Anfang, Prinzip und Grund gefragt auf der einen Seite sowie nach Zweck, Ziel und Ende auf der anderen Seite. Denn die Theologen erfuhren sich selbst in der Natur einer Macht unterworfen und einem Gesetz, dass sie sich nicht selbst gegeben hatten. Diese unsichtbare, geistige Macht nannten sie Jawhe. Und dieses Wort bedeutet übersetzt einfach so viel wie "Ich bin".

Gott als Höchstprinzip und Letztbegründung

Gott als das eigentliche Sein wird von Anfang an verstanden als der schöpferische Geist, die Weisheit und das sich schöpferisch aussprechende Wort: ewig, universal, absolut, souverän, selbst ohne Begründung. Deshalb gibt es auch nur einen Gott und keinen zweiten Versucher neben ihm, der diese Souveränität begrenzen könnte. Das Denken des Höchstprinzips und der Letztbegründung führen zum Monotheismus. Gott wird als vorgefunden erfahren, während das Selberschnitzen von Gottesbildern als religiöse Fehlhaltung abgelehnt wird.

Glaube als positives Welt- und Menschenbild

Besonders war bereits, dass die Theologen die Natur als im Anfang, im Prinzip, im Grunde, von ihrem Zweck, Ziel und Ende her als gut verstanden. Und doch sahen sie in der Welt auch das Schlechte, das Leid und den Tod und verstanden dieses als Entfernung und Entfremdung vom guten Gott. Daher strebten sie nach der Versöhnung mit Gott, mit dem Nächsten und mit sich selbst.

Bibel als gesammelte Glaubenserfahrung

Vernünftigerweise brachten Theologen nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit, also die Geschichte und das Leben immer wieder mit Gott in Beziehung. Entsprechend schrieben sie ihre Erfahrungen als Geschichten auf, sammelten sie über mehrere tausend Jahre und bewahrten diese als heilige Schriften. Schließlich verschmolzen diese zur heiligen Schrift, wie wir sie heute als Bibel kennen.

Die Bibel deutet die Geschichte Gottes mit den Menschen vom Anfang der Welt bis zu ihrem Ende, von der Schöpfungsgeschichte bis zum Jüngsten Gericht. Sie ist also eine theologische Universalgeschichte in Form von Geschichten. Den Wechselfällen der Geschichte entsprechend sind die Texte unterschiedlich und vordergründig betrachtet unsystematisch. Dennoch ist in ihnen die ganze christliche Weisheit enthalten in einer verborgenen Struktur.

Theologie als Ordnen der heiligen Schriften

Später haben Theologen die Geschichten, ihre sprachlichen Bilder und Aussagen geordnet und in ein System gebracht. Solche systematischen Darstellungen nannten sie Summen. Das sind im Grunde Sammlungen von Sprüchen, Aufsätzen und Büchern zum theologischen Unterricht an Universitäten und Schulen. Solche Zusammenfassungen heißen auch Katechismus.

Das wichtigste Glaubensbuch und die eigentliche Quelle ist nach wie vor die Bibel. Sie gliedert sich in zwei Teile: in das Alte Testament und das Neue Testament. Beide Teile gehören zusammen und spiegeln sich in gewisser Weise. Denn in beiden Teilen finden sich jeweils drei Gruppen von Büchern: Geschichtsbücher, Weisheitsbücher und prophetische Bücher. Den Geschichtsbüchern im Alten Testament entsprechen im Neuen die Evangelien, den Weisheitsbüchern die Apostelbriefe und den prophetischen Büchern die Geheime Offenbarung des Johannes.

Zwei Testamente als Versprechen und Erfüllung

Vor allem sind das Alte und das Neue Testament aufeinander bezogen wie Versprechen und Erfüllung, die nur wechselseitig zu verstehen sind. Denn im Alten Testament wurde das Kommen eines Messias angekündigt. Dabei bedeutet Messias dasselbe wie Christus, nämlich von Gott Gesandter. Und diese Ankündigung, dieses Versprechen, diese Prophezeiung erfüllt sich im Neuen Testament mit Jesus von Nazareth.

Erfüllung durch Versöhnung in Jesus Christus

Sein Auftreten ist der Höhepunkt und Umschlag in der Geschichte Gottes mit den Menschen. Denn in ihm hat sich die ganze Weisheit und Tugend Gottes offenbart, gezeigt und geäußert. Mit seiner Lehre und mit seinem Leben bezeugt Jesus von Nazareth das Ende der Entfremdung von Gott und Mensch. In seiner Theologie und Spiritualität, also in Lehre und Leben, ist Gott nicht mehr länger der aus dem Paradies vertreibende Gesetzgeber und strafende Richter, sondern der liebende Vater, der die Versöhnung will. In einzigartiger Weise versteht sich Jesus Christus selbst als eins mit dem Vater, als Gottes Sohn und ruft seine Jünger und Freunde auf, Gott mit ihm im heiligen Geist, also in personalisierter Theologie, ebenfalls als ihren Vater anzunehmen.

Jesus Christus als Religions- und Kulturkritiker

Dabei ist Jesus Christus zutiefst religions- und kulturkritisch. Seine Kritik am falschen Gottesbild wirkt sich aus als Kritik an einem falschen Opferverständnis und einer unmenschlichen Auslegung des Religions- und Sittengesetzes. Gott als der liebende Vater wird für ihn Vorbild und er versteht seine Liebe als Geschenk und Vorleistung, die durch keinerlei Opfer käuflich ist, sondern die nur dankbar angenommen werden kann und weitergeschenkt werden soll.

Mit unerhörter Freiheit setzt er sich über religiöse Vorschriften seiner Zeit hinweg. Und doch geht es ihm nicht darum, das Gesetz aufzuheben, sondern es auf ihren Anfang und ihr Prinzip zurückzuführen, auf Gott den liebenden Vater aller Menschen, auf Gott als die Liebe.

Versöhnung der Aussätzigen und Ausgegrenzten mit Gott

Konsequent geht Jesus Christus auf die Menschen zu, die als Aussätzige und Ausgegrenzte der Gesellschaft betrachtet werden und die wir Sünder nennen. Dabei will er die Sünder nicht in der Sünde belassen. Wer mit dem Gesetz aus welchen Gründen auch immer in Konflikt geraten ist, soll umkehren. Doch Jesus Christus will die Umkehr nicht aus Zwang, sondern aus frei geschenkter Liebe.

Kreuzestod als einziges und endgültiges Opfer

Seine theologische und praktische Religions- und Kulturkritik bringt ihn in Konflikt mit Religionsbeamten seiner Zeit. Nach anfänglichem Ausweichen sucht er schließlich eine letzte heftige Auseinandersetzung im Tempel von Jerusalem als dem religiösen Zentrum seiner Welt und seiner Zeit. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig. Es ist Ostern, die Zeit des Pascha-Opfers. Als das endgültige Pascha-Opfer, das alle falschen Opfer aufhebt, will er selbst in die Geschichte eingehen. Unschuldig zum Tod verurteilt, stirbt der Gottessohn am Kreuz, um nach drei Tagen als der Auferstandene seinen Freunden und Anhängern zu erscheinen und im Gedächtnis für immer gegenwärtig zu bleiben.

Auferstehung zwischen Verklärung und Erklärung

Schon damals war für viele Menschen die Botschaft von der Auferstehung Jesu zu ewigem Leben die eigentliche Sensation. Ihre Überlieferung ist schillernd: sie ist leiblich und geistig zugleich. Die Evangelisten werden die Auferstehung dem Leser und Hörer später in ihren heiligen und frommen Legenden lebendig vor Augen führen. Die Botschaft führt zu verständnislosem Kopfschütteln, zu gläubiger Verehrung und zu theologischer Reflektion.

Theologie und die Grundprinzipien des Denkens

Die theologische Reflektion sieht verschiedene Möglichkeiten der Auslegung. Und prinzipiell kennt sie drei Grundvarianten des Denkens. Ein Gegenstand kann als undifferenzierte Einheit wahrgenommen werden, zusammenhanglos in Einzelteilen oder versöhnend als Einheit in der Vielfalt. Eine versöhnende Theologie neigt zur dritten Position. Vor diesem Hintergrund werden Widersprüche weder zugespitzt, noch aufgelöst, sondern harmonisiert. Dabei findet die theologische Reflektion nicht im luftleeren Raum statt, sondern berücksichtigt auch die Denkweisen der Hörer und Adressaten. Daher wird den Umständen entsprechend mal die eine oder andere Position betont, ohne die zweite aufzugeben.

Paulus: Theologie als Umsturz und Entwicklung

Beim Apostel Paulus sehen wir, dass er die Verkündigung von der leiblichen Auferstehung nicht aufgegeben hat, sondern sie offenbar später verstärkt geistig verstanden hat. Diese Entwicklung ist keineswegs überraschend. Schließlich hat Paulus vor dem Hintergrund seiner Biografie vom Verfolger zum Verkünder einen der grundlegensten Wechsel seiner theologischen Position vorgenommen. Obwohl dieser Wechsel im wahrsten Sinne des Wortes umstürzend erscheint, der ihn vom Pferd geworfen hat, dürfte ihm eine Entwicklung vorausgegangen und gefolgt sein. "Denn Stückwerk ist unser Erkennen", schreibt er in seinem ersten Brief an die Korinther. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur geheimnisvolle Umrisse und denkwürdige Konturen. (1 Kor 13,12) Warten wir ab, was da kommen wird.

Johannes: Höhepunkt theologischer Erzählkunst

Als besonderen Höhepunkt theologischer Reflektion versteht die Gemeinschaft der Gläubigen schließlich das Johannes-Evangelium. Daher nimmt die Kirche das Johannes-Evangelium in die Sammlung der heiligen Schriften auf, obwohl oder gerade weil es sich von den drei vorhergehenden Evangelien in der Form deutlich unterscheidet. Durch diese Auswahl wird klar, dass es der Kirche mit den Evangelien nicht um Geschichtsbücher im modernen Sinn geht und das historische Studien daran mit bloßem Fakteninteresse, an der eigentlichen Aussageabsicht der Evangelien vorbeigehen. Statt dessen handelt es sich in den theologischen Geschichten und Erzählungen der Evangelien um religiöse Kunst als theologische Deutung und Erklärung von Geschichte.

Jesus Christus als Licht der Weisheit

Dies fällt schon zu Beginn des Johannes-Evangliums auf, das quasi mit einer eigenen Schöpfungsgeschichte beginnt. Anders als die Schöpfungsgeschichte am Anfang der Bibel im Buch Genesis erzählt die Schöpfungsgeschichte im Johannes-Evanglium nicht die Entstehung der Welt, sondern verkündet Gott als das ewige Wort, als den Logos und die Weisheit, die in Jesus Christus unter den Menschen erschienen, offenbar und bekannt geworden ist. Entsprechend ist auch mit dem Licht nicht das natürliche Licht der Sonne gemeint, sondern sprachbildlich verstanden das übernatürliche Licht der geistigen Einsicht in die ewige Weisheit Gottes. Entsprechend verkündet der Evangelist Johannes Jesus Christus als den Theologen, durch den Gott sich selbst erklärt.

Licht als Grundvoraussetzung für das Denken

Die Lichtsymbolik spielt nicht nur in der Theologie, sondern auch für die Philosophie, für das Denken im Allgemeinen eine besondere Rolle. Denn das Denken folgt den Sinnen, was sich sprachlich im Wort Nachsinnen ausdrückt. Und insbesondere folgt das Denken dem Sehen, was sich in Worten wie Ansicht, Einsicht und Übersicht zeigt. Von Bedeutung für das Denken sind außerdem Worte wie reflektieren oder spiegeln, deutlich, hell und klar.

Licht als Voraussetzung räumlicher Orientierung

Dieser Zusammenhang von Licht und Denken hat etwas mit den Prinzipien des Denkens zu tun. Denn Denken ist zunächst einmal Unterscheiden und Benennen. Dies ist bei völliger Dunkelheit nicht möglich, weil wir keine Umrissen, Konturen und Grenzen erkennen, keinen Raum wahrnehmen, sondern uns alles als einheitlich schwarz erscheint. Erst bei Licht werden Unterschiede in Form und Farbe deutlich. Daher können wir uns erst bei Licht ein Bild von der Welt machen.

Weisheit als Spiegel der Vollkommenheit

Da das Licht von oben kommt und nicht aus den Sachen selbst, nehmen wir Farben und Formen als Reflektionen des Lichts wahr. Im Grunde sind damit alle Oberflächen Spiegel, wobei Wasseroberflächen oder Kristalloberflächen Spiegel besonderer Qualität sind. Typisch für perfekte Spiegel ist ihr Charakter als Abbild eines Vorbilds.

Sprachlich wird die körperliche Erfahrung des Sehens auf geistige Zusammenhänge übertragen. Wie die Oberflächen der Welt das Licht der Sonne reflektieren, so spiegelt sich in der Weisheit des Menschen die ewige Weisheit. So heißt es im Alten Testament im Buch der Weisheit: "Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, das Bild seiner Vollkommenheit." (Weish 7,26)

Aufgrund der Vollkommenheit aber können wir Unvollkommenen die ewige Weisheit genauso wenig direkt anschauen wie die Sonne selbst, deren Licht uns weiß erscheint. Denn wer direkt in die Sonne schaut, dem wird schwarz vor Augen. Wir brauchen also Projektions- und Spiegelflächen, in denen sich die Weisheit reflektiert und wir sie indirekt betrachten können.

Licht als Voraussetzung zeitlicher Orientierung

Außer für das Orientieren im Raum, ist das Licht wichtig für die Orientierung in der Zeit. Denn das Zeitgefühl entsteht primär durch die Unterscheidung von Tag und Nacht. Damit wird der Anfang der Zeit als der Aufgang der Sonne am ersten Tag der Geschichte versinnbildlicht. Auch der Weltuntergang ist der Untergang von Sonne, Mond und Sternen, wie es im Markusevangelium heißt. (Mk 13,24)

Orientierung und hierarchische Ordnung

Die Orientierung des Zeitgefühls nach den Gestirnen wirkt sich sprachlich auch in der Einteilung der Tage aus, die mit dem Sonntag und Mon(d)tag beginnen. Dabei meint diese Reihenfolge tatsächlich eine Hierarchie, bei der oben höher bewertet wird als unten und der Fürst und der Princeps, das Prinzip und der Anfang höher als der oder das Nachgeordnete. Die Sonne als das größte Licht steht daher in der Hierarchie ganz oben und am Anfang.

Wie der Himmel ein Bild für den Ort des Geistes Gottes ist, ist der Kopf ein Bild für den Ort des Geistes des Menschen. Gott wird sprachlogisch als Herrscher über Raum und Zeit gedacht, der Geist als Herrscher über den Körper. Gott wird über dem Menschen gedacht, dem Menschen überlegen.

Gott als das geistige Universum

Die Überlegenheit findet auch in der Allgegenwart Gottes ihren Ausdruck, aus dem sich die Vorstellung eines Lebens in Gott ergibt. Denn vernünftigerweise können wir uns die Unendlichkeit nicht als außerhalb des Raumes vorstellen, sondern nur den Raum als begrenzten Ausschnitt der Unendlichkeit.

Da wir jedoch nur Gott unendlich denken, müssen wir uns logischerweise in Gott befinden. Das haben schon alttestamentliche Theologen tatsächlich so gesehen. Daher heißt es im Psalm: "Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich." (Ps 139,5) Und auch im Neuen Testament in der Apostelgeschichte spiegelt sich dieses Denken wider: "Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seiner Art." (Apg 17,28)

Die Zeit als Mitte der Ewigkeit

Ähnliche vernünftige Überlegungen wie zu Unendlichkeit und Raum kann man zur Ewigkeit und Zeit anstellen. Demnach ist die Zeit mit einem definierten Anfang und einem definierten Ende ein Ausschnitt der Ewigkeit. Von daher kann man die Zeit als Mitte der Ewigkeit betrachten, da es eine Zeit vor dem Anfang und eine Zeit nach dem Ende gibt und diese beiden Zeiten in gleicher Weise unendlich lang sind.

Der erste Tag der Woche

Innerhalb der Zeit aber sehen wir im Spiegel der Bibel zunächst zwei Epochen: die Zeit des Gesetzes und die Zeit der Gnade. Mit Christus bricht die neue Zeit der Gnade an. Seinen symbolischen Ausdruck findet dies in der Auferstehungsfeier am ersten Tag der Woche. So heißt es im Markusevangelium: "Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging." (Mk 16,2) Damit wird der Sonntag als erster Tag der Woche und als Tag des Lichtes das Symbol für die neue Schöpfung und den neuen Menschen (2 Kor 5,17) sowie für das neue Leben (Röm 6,4) in Christus. Dieses neue Leben bezieht sich nicht nur auf die Ewigkeit, sondern zunächst und hauptsächlich auf den Neubeginn eines Lebens nach dem Doppelgebot in der Woche (Röm 6,12) und im Alltag.

Der sechste Tag der Schöpfung

Anders als mit dem ersten Tag der Schöpfung bricht mit dem Kommen Christi entsprechend der alttestamentlichen Ankündigung die Endzeit an. Demnach ordneten auch die beiden bedeutenden Theologen und Kirchenlehrer Augustinus und Bonaventura ihre Geschichtstheologie. Sie periodisierten die Schöpfungsgeschichte in Epochen analog zu den Schöpfungstagen und wiesen die Zeit nach Christus dem sechsten Tag zu, dem Tag der Erschaffung des Menschen. Gleichzeitig spiegelten sie die Schöpfungsgeschichte in der Lebensgeschichte des Menschen und seiner Bewusstseinsentwicklung. Dabei entspricht die Epoche nach Christus dem sechsten Tag Schöpfung und gleichzeitig der Zeit des hohen Alters im Menschenleben, das von weißen Haaren und hoher Weisheit geprägt ist, von Lebenserfahrung und Todesnähe. Den siebten Tag als Tag der Schöpfungsruhe, der parallel zum Freitag der Schöpfung verläuft, verstanden sie als den Tag des Todes und der ewigen Ruhe, den achten Tag als den Tag der Auferstehung, der wiederum dem ersten Tag entspricht.

Die Endzeit als Zeit der Versöhnung

Die Endzeit als Zeit der Gnade ist eine Zeit der Versöhnung in Freiheit. Denn das Neue Testament verkündet den Vater im Himmel als denjenigen, der seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Schlechte, und der regnen lässt über Gerechte und Ungerechte. (Mt 5,45) Gleichzeitig ist die Zeit der Freiheit eine Zeit der Entscheidung zwischen Leben und Gericht. Für die Gegenwart gilt jedoch das Gebot der Versöhnung: "Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden." (Lk 6,37)

Das Vaterunser als Kurzformel christlicher Theologie

Im Doppelgebot kommt der Gottesverehrung besondere Bedeutung zu. Und entsprechend fragen die Jünger den Herrn nach der rechten Weise zu beten. Im Herrengebet des Vaterunsers legt Christus uns zusammengefasst in einer kurzen Formel seine ganze Theologie in den Mund.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Deine Civitas komme
Dein Wille geschehe
wie im Himmel
so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.

Bonn, an Mariä Lichtmess 2008

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Ich kann zwar keine theologischen Begründungen liefern warum ich glaube, aber ich habe auch noch nie besonders intensiv nach dem Grund geforscht. Genau so wenig wie ich genau weiß, warum ich existiere. Ich bin mir aber sicher, daß beides (Glaube und Leben) miteinander zu tun hat und sehe auch keine Alternative dazu.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

stine
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Beitrag von stine »

tantum ergo hat geschrieben: Und ob es "unser" Gott ist? Da vertraue ich auf die Bibel, glaube (!), dass, was dort geschrieben steht, tatsächlich durch Gott inspiriert ist, was mir aber auch wiederum vernünftig erscheint, da das dort geschriebene den Lebenswahrheiten entspricht.
Andersgläubige, die nicht den Gott der Bibel anbeten, behaupten aber das gleiche, auch ihre Schriften wären von Gott inspiriert geschrieben.
tantum ergo hat geschrieben: Wie mir ein Freund gerade gestern sagte (ist allerdings keine große Weisheit): wenn sich jeder an die zehn Gebote halten würde, bräuchte man sonst eigentlich keine Gesetze mehr.
Das sind doch immer meine Worte gewesen...:)
Das ganze läßt sich noch verkürzen, auf das Gebot der reinen Gottes- und Nächstenliebe. Als Alleingebot stünde es für absoluten Frieden auf der Welt.
tantum ergo hat geschrieben: Und Jesus Christus? ...Aber natürlich kommt man auch hier ohne Glauben nicht aus.
Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen. Vielleicht waren die 4 Evangelisten die ersten Propagandisten der Weltgeschichte.
tantum ergo hat geschrieben: "auf Wegen die nur Er kennt".
Ja das denke ich auch, dass viele Wege in den "Himmel" führen.
tantum ergo hat geschrieben: ich glaube, dass Gott jeden Menschen auf die zu ihm passende Art und Weise anspricht: den einen mehr intellektuell, den anderen mehr durch Gefühl, manche vielleicht sogar durch bewusste "Erweckungserlebnisse" - also nicht kirre machen lassen durch andere Erfahrungen als Deine ;)


Meine Version: Jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens von Gott berührt, was er daraus macht, ist ihm überlassen.

Und trotzdem kommen immer wieder Zweifel, besonders, was die Religionen dieser Welt betrifft.
overkott hat geschrieben: Das wichtigste Glaubensbuch und die eigentliche Quelle ist nach wie vor die Bibel. Sie gliedert sich in zwei Teile: in das Alte Testament und das Neue Testament. Beide Teile gehören zusammen und spiegeln sich in gewisser Weise. Denn in beiden Teilen finden sich jeweils drei Gruppen von Büchern: Geschichtsbücher, Weisheitsbücher und prophetische Bücher. Den Geschichtsbüchern im Alten Testament entsprechen im Neuen die Evangelien, den Weisheitsbüchern die Apostelbriefe und den prophetischen Büchern die Geheime Offenbarung des Johannes.
Geschichtsbücher. Ja das glaube ich auch.
Ich denke, es sind Geschichten aus der Geschichte von Menschen für Menschen.
An eine "göttliche" Feder glaube ich nur insofern, als dass Gläubige Menschen sie verfasst haben. Aber prinzipiell ist die Bibel nach meinem Dafürhalten nicht besser und nicht schlechter, als andere Glaubensgrundlagen in anderen Religionen.
Die geschriebenen Worte sind je nach Bildung und Intelligenz frei interpretierbar und deshalb auf alle Lebenslagen anzuwenden.
Wie Aphorismen und Zitate passen sie sich der jeweiligen Situation immer an.

LG stine

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
:ikb_laughing: :ikb_laughing: :ikb_laughing: Du, bevor wir jetzt lange weiterreden: Bitte beweis mir doch mal eben die Existenz Platos!
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Ich weiß nicht, warum ich glaube, das mußt Du Gott fragen, ich hab's mir nicht ausgesucht.

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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Also ich glaube, weil mein Leben sonst vollkommen sinnlos wäre. Ich will das ewige Leben bei Gott erben, das ist meine Motivation. Beweisen können wir den christlichen Glauben nicht, aber ich persönlich bin von seiner Richtigkeit überzeugt, weil er so extrem fordernd ist und radikale Selbstkritik verlangt. Dass eine Übernatur, ein Jenseits existiert, sieht man an zahlreichen Wundern und paranormalen Phänomenen.

Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
Es sind nicht nur die Evangelisten, die über Jesus Christus geschrieben haben, sondern auch ein weltlicher Geschichtsschreiber namens Josephus Flavius erwähnt ihn.

Deine Annahme ist also falsch

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Edi
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Beitrag von Edi »

Raphaela hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
Es sind nicht nur die Evangelisten, die über Jesus Christus geschrieben haben, sondern auch ein weltlicher Geschichtsschreiber namens Josephus Flavius erwähnt ihn.

Deine Annahme ist also falsch
Ja, die gleichen Leute, die sonst an die Existenz jeder Person glauben, von der die Geschichte nur weniges berichtet, meinen die Person Jesus sei eine Erfindung der Apostel.
Wahrscheinlich haben sich einige Apostel nur für ein Hirngespinst einsperren und umbringen lassen. :roll:

stine
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Beitrag von stine »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
:ikb_laughing: :ikb_laughing: :ikb_laughing: Du, bevor wir jetzt lange weiterreden: Bitte beweis mir doch mal eben die Existenz Platos!
Edi hat geschrieben: Ja, die gleichen Leute, die sonst an die Existenz jeder Person glauben, von der die Geschichte nur weniges berichtet, meinen die Person Jesus sei eine Erfindung der Apostel.
Wahrscheinlich haben sich einige Apostel nur für ein Hirngespinst einsperren und umbringen lassen. rolleyes
Von Platon gibt es, genau wie von Jesus oder anderen geschichtlichen Gestalten nur Erzählungen und Existenzberichte.

Und ja, in der Tat, haben sich schon oft Menschen nur für eine Idee hinrichten lassen.

Nicht einmal Papst Ratzinger sagt wortwörtlich in seinem Buch, dass Jesus existent war. Es ist nur ein fabuliertes Indiziengebäude.

Ich meine, was wäre denn so schlimm daran, wenn wir nur an die Idee eines Gottessohnes glaubten, denn das Wichtigste an ihm ist doch die Botschaft, die er überbringen sollte und die ist angekommen.
Die Botschaft Gottes, im Zeitalter des heiligen Geistes, ist doch das primäre und nicht, ob sie jemand in Person überbracht hat. Die eigentliche Arbeit machten doch die Evangelisten.

Warum hätte Jesus, wo er doch, überlieferter Weise, des Lesens und Schreibens mächtig war, nichts, aber auch absolut nichts hinterlassen sollen?

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overkott
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Beitrag von overkott »

stine hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
:ikb_laughing: :ikb_laughing: :ikb_laughing: Du, bevor wir jetzt lange weiterreden: Bitte beweis mir doch mal eben die Existenz Platos!
Edi hat geschrieben: Ja, die gleichen Leute, die sonst an die Existenz jeder Person glauben, von der die Geschichte nur weniges berichtet, meinen die Person Jesus sei eine Erfindung der Apostel.
Wahrscheinlich haben sich einige Apostel nur für ein Hirngespinst einsperren und umbringen lassen. rolleyes
Von Platon gibt es, genau wie von Jesus oder anderen geschichtlichen Gestalten nur Erzählungen und Existenzberichte.

Und ja, in der Tat, haben sich schon oft Menschen nur für eine Idee hinrichten lassen.

Nicht einmal Papst Ratzinger sagt wortwörtlich in seinem Buch, dass Jesus existent war. Es ist nur ein fabuliertes Indiziengebäude.

Ich meine, was wäre denn so schlimm daran, wenn wir nur an die Idee eines Gottessohnes glaubten, denn das Wichtigste an ihm ist doch die Botschaft, die er überbringen sollte und die ist angekommen.
Die Botschaft Gottes, im Zeitalter des heiligen Geistes, ist doch das primäre und nicht, ob sie jemand in Person überbracht hat. Die eigentliche Arbeit machten doch die Evangelisten.

Warum hätte Jesus, wo er doch, überlieferter Weise, des Lesens und Schreibens mächtig war, nichts, aber auch absolut nichts hinterlassen sollen?

LG stine
Liebe Stine,

ich hoffe, du stürzt dich nicht von der Brücke. Denn dein Name ist vielleicht nicht einmal Schall und Hauch. Vielleicht ist er erfunden, existiert nur in deiner Vorstellung.

Oder: Bist du? Und wenn du bist: Sind wir?

Über Gott können wir sagen, dass er das Selbstbewusstsein der Schöpfung ist und das Selbstbewusstsein der Gemeinschaft der Gläubigen, die wir Kirche nennen.

Als christliche Theologen denken wir Gott nicht nur als Jahwe, als "Ich bin", sondern auch als "Wir sind": als Vater, Sohn und Geist in vollkommener, versöhnter und personaler Liebe.

Als theologisches Vorbild und Leitbild macht das Sinn. Es ist wahr, weil es gut ist.

stine
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Beitrag von stine »

overkott hat geschrieben: Als theologisches Vorbild und Leitbild macht das Sinn. Es ist wahr, weil es gut ist.
Das ist mir aber zu wenig.
Wieso sollte mir Gott einen rationalen Verstand zukommen lassen, wenn ich ihn denn nicht benützen dürfte?
Wieso sollte Gott, wenn er ALLE Menschen liebt, den einen die Bibel an die Hand geben und den anderen einen Koran zukommen lassen?

Das versteh ich leider immer noch nicht.

LG stine

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

stine hat geschrieben:
Das ist mir aber zu wenig.
Wieso sollte mir Gott einen rationalen Verstand zukommen lassen, wenn ich ihn denn nicht benützen dürfte?
Was verstehst Du denn genau unter "rationalen Verstand"?
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
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stine
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Beitrag von stine »

Logisches Denken vielleicht?

LG stine

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tantum ergo
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Beitrag von tantum ergo »

stine hat geschrieben:Ich meine, was wäre denn so schlimm daran, wenn wir nur an die Idee eines Gottessohnes glaubten, denn das Wichtigste an ihm ist doch die Botschaft, die er überbringen sollte und die ist angekommen.
Die Botschaft Gottes, im Zeitalter des heiligen Geistes, ist doch das primäre und nicht, ob sie jemand in Person überbracht hat.
Das allerdings kann ich nicht so stehen lassen: die Person Jesu, der Sohn Gottes, der uns (oder sollte ich besser "mir" schreiben, schließlich ist Glauben ja auch eine sehr persönliche Sache) den Bund zwischen den Menschen (und ganz konkret mir) und Gott erneuert hat, ist der Grund für die Hoffnung in der Welt.

Ohne Jesu wirkliches Leben, ohne sein Leiden für unsere (!) (und damit auch meine) Sünden und ohne seine Auferstehung ist unser Glauben und damit auch unsere Hoffnung eitel (sehr frei nach Paulus, ich glaube aus dem Korintherbrief, aber da kennen sich andere sicher besser aus)

Ansonsten wären die "Ideen" von Liebe, Gerechtigkeit und Frieden sowie unsere Hoffnung tatsächlich nur eine Idee, nicht besser und nicht schlechter als andere (insbesondere weniger erfreuliche) Heilstheorien.

Noch mal: um das "Glauben" kommen wir nicht herum, wenn wir Jesus nicht nur als real existierende Person (die einigermaßnen nachvollziehbar nachgewiesen ist) sondern als Gottes Sohn wahrnehmen wollen - aber dieser Glauben ist dann auch fundamental: Jesus hat ja nicht nur Liebe gepredigt, sondern sich viel weitergehend in die gesellschaftlichen Strukturen (bis heute aber vor allem zu seinen irdischen Lebzeiten eingemischt und sich als Sohn Gottes bezeichnet - wenn Jesus nicht Gottes Sohn war, kann man ihn nur als verrückt oder als einen Lügner bezeichnen - so schmal ist der Grat, über den man da gehen muss.

Ich hoffe, diese Erläuterungen helfen Dir ein wenig zu verstehen, warum die meisten in diesem Forum hier glauben (ich bin ja erst kurz dabei, beobachte das aber schon länger) - den letzten Schritt musst Du tun, denn glauben kannst Du nur, wenn Du willst

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overkott
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Beitrag von overkott »

stine hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Als theologisches Vorbild und Leitbild macht das Sinn. Es ist wahr, weil es gut ist.
Das ist mir aber zu wenig.
Wieso sollte mir Gott einen rationalen Verstand zukommen lassen, wenn ich ihn denn nicht benützen dürfte?
Wieso sollte Gott, wenn er ALLE Menschen liebt, den einen die Bibel an die Hand geben und den anderen einen Koran zukommen lassen?

Das versteh ich leider immer noch nicht.

LG stine
Im Prinzip reicht das aus. Aber tatsächlich hungern wir Intellektuellen nach mehr. Wir wollen mehr denken, sprechen und schreiben. Wir haben tausend Fragen und wollen alles bis in die kleinsten Verästelungen verstehen.

Für die Begabung sind wir ja auch dankbar. Sie ist ein Geschenk. Es ist frei. Aber damit ist ein Wunsch verbunden. Prinzip unseres rationalen Verstandes soll die Liebe sein. Andernfalls geht das mit dem Denken schief. Das hat auch Habermas erkannt. Ich habe vor fünf Jahren intensiver darauf hingewiesen.

Als Christen haben wir den Auftrag, in alle Welt zu gehen. Das kann Jerusalem, Rom, Mekka, Washington, Kuba, Südamerika, Afrika, Asien oder das können die Medien sein. Unser Auftrag ist dort, uns mit den Menschen über Gott und die Welt zu unterhalten, über die Bibel und den Koran, über Politik, Wirtschaft und das Wetter und so zum gegenseitigen Verständnis beizutragen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

stine hat geschrieben:Wieso sollte mir Gott einen rationalen Verstand zukommen lassen, wenn ich ihn denn nicht benützen dürfte?


Du benutzt ihn ja gar nicht, ausweislich dessen, was du oben geschrieben hast.

Freilich solltest du’s tun. Dringend.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

stine hat geschrieben:Logisches Denken vielleicht?

LG stine
Gut, aber darin sehe ich keinen Widerspruch. Logisches Denken und auch "vernunftgemässes" Handeln führt mich auch zum Glaubensbekenntnis.

Verwiesen sei dabei auch auf die Rede von Papst Benedikt XVI. in der Universität zu Regensburg:

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stine
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Beitrag von stine »

tantum ergo hat geschrieben: Noch mal: um das "Glauben" kommen wir nicht herum, wenn wir Jesus nicht nur als real existierende Person (die einigermaßnen nachvollziehbar nachgewiesen ist) sondern als Gottes Sohn wahrnehmen wollen - aber dieser Glauben ist dann auch fundamental: Jesus hat ja nicht nur Liebe gepredigt, sondern sich viel weitergehend in die gesellschaftlichen Strukturen (bis heute aber vor allem zu seinen irdischen Lebzeiten eingemischt und sich als Sohn Gottes bezeichnet - wenn Jesus nicht Gottes Sohn war, kann man ihn nur als verrückt oder als einen Lügner bezeichnen - so schmal ist der Grat, über den man da gehen muss.
Um das "Glauben" kommen wir nicht herum. Das ist der Kern meiner Aussage. Sonst würden wir es ja "wissen" und nicht glauben müssen.

Dass der Grat so schmal ist, entweder wahr oder totale Lüge, das denke ich nicht. Da ist ein ziemlicher Spielraum.
Denn auch wenn "der Sohn Gottes" in einer Zeit der Bildersprache "nur" ein Mensch gewesen wäre, der einfach gute und neue Theorien hatte, mit denen er Furore machte und die Evangelisten später diese Ideen aufgriffen und anhand der überlieferten Erzählungen den Bogen weiter spannten, wäre die Botschaft dennoch diesselbe. Bis die Geschichten, immerhin ca. 60-150 Jahre n.Chr., zu Papier gebracht wurden, hatten sie sich, wie es bei Überlieferungen üblich ist, so hochgeschaukelt und ergänzt, dass einige Verhaltensweisen, wie Wunder aussahen.

Und was ist von dem Ausspruch zu halten: Wir sind alle Gottes Kinder?
Würde nicht jeder der heute ein Leben, ähnlich Jesu´s führen würde, noch "gekreuzigt" werden?
Auch heute noch sterben weltweit Menschen für ihre Ideen.

Ich denke, dass der Gottesglaube so alt ist, wie die denkende Menschheit und dass er zu jeder Zeit dem Wissenstand entsprechend interpretiert wurde.

Aber wie gesagt, ich "glaube" auch nur, weil sonst würde ich es wissen.

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Beitrag von stine »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Wieso sollte mir Gott einen rationalen Verstand zukommen lassen, wenn ich ihn denn nicht benützen dürfte?


Du benutzt ihn ja gar nicht, ausweislich dessen, was du oben geschrieben hast.

Freilich solltest du’s tun. Dringend.
Und was soll das?
Dies sehe ich als versteckte Aggression mangels besserer Argumente.

LG stine

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tantum ergo
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Beitrag von tantum ergo »

stine hat geschrieben:Denn auch wenn "der Sohn Gottes" in einer Zeit der Bildersprache "nur" ein Mensch gewesen wäre, der einfach gute und neue Theorien hatte, mit denen er Furore machte und die Evangelisten später diese Ideen aufgriffen und anhand der überlieferten Erzählungen den Bogen weiter spannten, wäre die Botschaft dennoch diesselbe. Bis die Geschichten, immerhin ca. 60-150 Jahre n.Chr., zu Papier gebracht wurden, hatten sie sich, wie es bei Überlieferungen üblich ist, so hochgeschaukelt und ergänzt, dass einige Verhaltensweisen, wie Wunder aussahen.
Ich verstehe das so, dass Du annimmst, dass es Jesus möglicherweise gegeben hat, er aber vielleicht auch selbst nie behauptet hat, Gottes Sohn zu sein, oder Wunder vollbracht hätte, sondern man ihm das später andichtete? Selbst diese "Dichter" sind dann aber für ihre "Geschichte" in den Tod gegangen. Wiederum kein Beweis, den müssen wir wohl auf beiden "Seiten" der Argumentation schuldig bleiben, aber doch zumindest gute Indizien
stine hat geschrieben:Und was ist von dem Ausspruch zu halten: Wir sind alle Gottes Kinder?
Würde nicht jeder der heute ein Leben, ähnlich Jesu´s führen würde, noch "gekreuzigt" werden?
Auch heute noch sterben weltweit Menschen für ihre Ideen.
Wohl wahr, und das tun nicht nur Christen (obschon wir, weltweit gesehen, zu den verfolgtesten Religionen gehören) sondern auch andere bis hin zu Atheisten. Daher auch meine Einschränkung, dass es viel wesentlicher ist, dass Jesus Christus einem am Ende der Zeit kennt, als dass der einzelne Mensch ihn kennt. Die Bibel vermittelt aber eine gute Ausgangsbasis, Jesus kennenzulernen und einen Weg, sich Jesus bekannt zu machen (in Gedanken, Worten - mithin Gebeten - und Werken)

Anders gesagt: ohne dass mir ein Urteil zustünde, hat jemand, der nicht an Jesus und Gott glaubt, aber selbstlos sich den Menschen hilfreich und voll Liebe zuwendet, sicher gute Chancen, das ewige Leben zu erreichen - ich glaube (!) sogar bessere, als jemand der vordergründig an Gott und Jesus glaubt, ihm aber in seinen Taten nicht folgt. Das ist jetzt aber ganz dünnes Eis - was bin ich als Mensch, dass ich das beurteilen könnte?
stine hat geschrieben:Ich denke, dass der Gottesglaube so alt ist, wie die denkende Menschheit und dass er zu jeder Zeit dem Wissenstand entsprechend interpretiert wurde.
Hm, ich denke nicht, dass der Gottesglaube darauf reduziert werden darf, damit Dinge zu erklären, die man noch nicht erklären kann, und ihn so anzupassen. Da hat auch die Kirche in der Geschichte nicht immer eine gute Figur gemacht, sich aber zwischenzeitlich gewandelt - wenn Du diesen Wandel meinst, ist das natürlich richtig, aber "Glauben heißt nicht "noch nicht wissen"
stine hat geschrieben:Aber wie gesagt, ich "glaube" auch nur, weil sonst würde ich es wissen.
Dem stimme ich auch aus meiner Sicht zu, wenngleich ich der Ansicht bin, dass Glaube eine bessere Gewissheit liefern kann als das Wissen - ist aber wieder ein anderes Thema ;)

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overkott
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Beitrag von overkott »

tantum ergo hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Denn auch wenn "der Sohn Gottes" in einer Zeit der Bildersprache "nur" ein Mensch gewesen wäre, der einfach gute und neue Theorien hatte, mit denen er Furore machte und die Evangelisten später diese Ideen aufgriffen und anhand der überlieferten Erzählungen den Bogen weiter spannten, wäre die Botschaft dennoch diesselbe. Bis die Geschichten, immerhin ca. 60-150 Jahre n.Chr., zu Papier gebracht wurden, hatten sie sich, wie es bei Überlieferungen üblich ist, so hochgeschaukelt und ergänzt, dass einige Verhaltensweisen, wie Wunder aussahen.
Ich verstehe das so, dass Du annimmst, dass es Jesus möglicherweise gegeben hat, er aber vielleicht auch selbst nie behauptet hat, Gottes Sohn zu sein, oder Wunder vollbracht hätte, sondern man ihm das später andichtete? Selbst diese "Dichter" sind dann aber für ihre "Geschichte" in den Tod gegangen.
Christus wollte keine Märtyrer. Sein Tod sollte Schluss machen mit allen Opfern und Kreuzigungen und Kriegen. Deshalb verehren wir die Märtyrer auch nicht, weil sie in den Tod gehen wollten, sondern weil andere sie nicht am Leben ließen.

Christus ist theologisch nicht nur mit dem Vater zu identifizieren. Er ist auch der neue Adam. Ambivalent ist seine Zuordnung zu Abel und Kain. Zwei direkte Stellen im Neuen Testament sind dafür zunächst einmal von Bedeutung:

Hebr 11,4 Aufgrund des Glaubens brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain; durch diesen Glauben erhielt er das Zeugnis, dass er gerecht war, da Gott es bei seinen Opfergaben bezeugte, und durch den Glauben redet Abel noch, obwohl er tot ist.

1Joh 3,12 und nicht wie Kain handeln, der von dem Bösen stammte und seinen Bruder erschlug. Warum hat er ihn erschlagen? Weil seine Taten böse, die Taten seines Bruders aber gerecht waren.

Im Hinblick auf den Opfergedanken lesen wir in den Evangelien, dass Christus mit dem Opfern Schluss machen wollte, indem er sich selbst als das einzige und endgültige Opfer hingab.

Dieses Opfer vergegenwärtigen wir uns heute als Getreideopfer unter dem Zeichen des Brotes. Das Getreideopfer aber war das Opfer Kains.

Und reichte er das in den Kelch eingetauchte Brot nicht Judas?

Daraus sehen wir, dass sich Christus nicht nur Abel, sondern auch Kain zugewandt hat, nicht nur Petrus, sondern auch Judas, dass Petrus im Grunde ebenso Verräter war wie Judas.

Christus wendet sich also vor allem den von den Gesetzeslehrern Verstoßenen, Kranken, Aussätzigen, Ausgestoßenen, Ausgewiesenen, Fremden, Ruhelosen, Herumtreibern, Landstreichern und Pennern zu, um sie in Gottes Gemeinschaft hineinzuholen und in die Gesellschaft wieder zu integrieren.

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Beitrag von stine »

overkott hat geschrieben: Christus wendet sich also vor allem den von den Gesetzeslehrern Verstoßenen, Kranken, Aussätzigen, Ausgestoßenen, Ausgewiesenen, Fremden, Ruhelosen, Herumtreibern, Landstreichern und Pennern zu, um sie in Gottes Gemeinschaft hineinzuholen und in die Gesellschaft wieder zu integrieren.
Man könnte auch sagen, mit dem Neuen Testament war der erste Schritt zum Humanismus getan. Im Unterschied zum reinen Humanismus steht hier allerdings die Kraft Gottes im Mittelpunkt und nicht die autogene Kraft des Menschen selbst.

Dass Kranke, Aussätzige, Ausgestoßene, Ausgewiesene, Fremde, Ruhelose, Herumtreiber, Landstreicher und Penner vor Gott besser dastehen, ist eine Interpretation dieses Bibelspruches:
Mt 19,24 Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.


Andererseits heißt es auch:
Spr 28,27 Wer dem Armen gibt, dem wird nichts mangeln; wer aber seine Augen abwendet, der wird von vielen verflucht.
Wenn ich reich bin, muß ich nicht schlechter sein, als ein Armer, Gott sorgt für mich, wenn ich nur immer schön teile.

Ich glaube nicht, dass Arm und Reich hier immer wörtlich im Sinne von Haben gemeint ist. Warum sollte Gott die Menschen ohne Besitz mehr lieben?

Ich denke die richtige Interpretation ist: Wer verstanden hat und sein Wissen nicht weitergibt, handelt schlecht.
Wer nichts weiß, ist zwar arm dran, aber glücklich.

LG stine

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overkott
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Beitrag von overkott »

stine hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Christus wendet sich also vor allem den von den Gesetzeslehrern Verstoßenen, Kranken, Aussätzigen, Ausgestoßenen, Ausgewiesenen, Fremden, Ruhelosen, Herumtreibern, Landstreichern und Pennern zu, um sie in Gottes Gemeinschaft hineinzuholen und in die Gesellschaft wieder zu integrieren.
Man könnte auch sagen, mit dem Neuen Testament war der erste Schritt zum Humanismus getan. Im Unterschied zum reinen Humanismus steht hier allerdings die Kraft Gottes im Mittelpunkt und nicht die autogene Kraft des Menschen selbst.
Ich möchte sagen: der zweite Schritt.

Denn wir Christen haben das Alte Testament ja nicht weggeschmissen, sondern neu durchdacht.

Gott hat sich in Christus als Humanist offenbart.

Dieser Glaube verbindet uns mit Benedikt XVI.

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Beitrag von Esperanto »

@Stine
Die Jesus-Geschichten sind 30-60 Jahre später aufgezeichnet worden (60-100 nach Christi GEBURT): ;) Die Evangelien und besonders die Paulusbriefe der 50-er Jahre sind also hautnah dran am Geschehen.

Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Raphaela hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
Es sind nicht nur die Evangelisten, die über Jesus Christus geschrieben haben, sondern auch ein weltlicher Geschichtsschreiber namens Josephus Flavius erwähnt ihn.

Deine Annahme ist also falsch
Den Hinweis von mir, das auch ein weltlicher Geschichtsschreiber Jesus erwähnt, hast du anscheinend überlesen, denn du hast bei deinen Antworten nur das gebracht, was gegen die Existenz Jesu spricht, daher hier nochmals.

Zu den Evangelien:
Die Evangelisten haben zum Teil mehr oder weniger von einer Quelle, die kurz nach Jesus Tod entstand abgeschrieben, einiges noch dazu, was sie für wichtig fanden.

Paulus kannte die Apostel selbst und erfuhr durch sie vieles, was er dann über Jesus auch weitererzählte. Eine zeitlang reiste der Evangelist Markus mit ihm, wusste also von jemanden, der die Apostel kannte, was passiert war.
Z. T. kannten die Evangelisten die Apostel auch selber.

Der älteste Bericht über die Einsetzungworte (beim letzten Abendmahl) in der Bibel erfahren wir von Paulus, der diese sehr knapp gibt und extra dazu schreibt, er gibt das weiter, was er selbst überliefert bekam

Ansonsten bitte ich dich, alle Antworten in deine Überlegungen mit hineinzunehmen und nicht nur das auszusuchen, was in dein Bild passt. - So kommt es im Augenblick zumindest bei mir an, ich kann mich aber auch irren

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overkott
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Beitrag von overkott »

Raphaela hat geschrieben:
Raphaela hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich halte die Person Jesus, aufgrund mangelnder Beweise für seine leibliche Existenz, für eine bildliche Darstellung der Evangelisten, um den Menschen der damaligen Zeit vernünftige Verhaltensweisen nahe zu bringen.
Es sind nicht nur die Evangelisten, die über Jesus Christus geschrieben haben, sondern auch ein weltlicher Geschichtsschreiber namens Josephus Flavius erwähnt ihn.

Deine Annahme ist also falsch
Den Hinweis von mir, das auch ein weltlicher Geschichtsschreiber Jesus erwähnt, hast du anscheinend überlesen, denn du hast bei deinen Antworten nur das gebracht, was gegen die Existenz Jesu spricht, daher hier nochmals.
Das wissen doch sogar Fernkurstheologen, wie wackelig dieser Historiker als Beweis ist.

Aber das führt auch aufs falsche Gleis.

Die Frage ist doch schlicht, halten wir die Theologie von Jesus Christus für gut oder schlecht?

Ich glaube, es kommt darauf an, was wir daraus machen.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Man sollte auch erwähnen, daß die Evangelien äußerst früh nach dem Heimgang Jesu verfasst wurden, und noch dazu in einer riesigen Zahlkopiert (erste Kopien 25 Jahre nach Abfassung mit weit über 24.000 Exemplaren wurden vergleicht man das mit anderen Antiken schriften. (Cäsars de bello Gallico etwa erste Kopien 900 Jahre nach abfassung Anzahl der Kopien 10) Homers Illias kommt mit 643 Abschriften und der ersten Kopie 500 Jahre nach Abfassung auf platz zwei - abgeschlagen.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Hallo Linus

Woher weißt Du dass denn mit den vielen Kopien? Das interessiert mich wirklich.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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