taddeo hat geschrieben: ↑Donnerstag 29. November 2018, 08:50
Im Klartext: Die ersten (echten, von Gott "geistbegabten") Menschen hätten mit Affen gevögelt und Kinder gezeugt?
Nein und ja. Nein, denn hier werden zwei Begriffswelten vermischt: Die taxonomischen Begriffe von "Mensch" und "Affe" als Familien innerhalb der Hominoidea und der theologische Begriff von Mensch als beseeltem Wesen im Unterschied zu den unbeseelten Tieren.
Theologisch ist die Aussage der Bibel, dass Gott den Menschen genau einmal (auch wenn es zwei Schöpfungsgeschichten in der Genesis gibt, die sich bei wortwörtlicher Lesart widersprechen) und anders als die Tiere nach Seinem Ebenbild, also als geistbegabtes Wesen geschaffen hat; da steckt keine taxonomische oder sonstwie naturwissenschaftlich-biologische Aussage drin. Die beiden Schöpfungsgeschichten der Genesis stammen aus einer Zeit, als das Volk Israel noch keinerlei Naturwissenschaft betrieben hat. Die evangelikal-bibeltreue Idee, dass diese Schöpfungsgeschichten also biologische oder sonstwie naturwissenschaftliche Aussagen treffen und daher im Wortsinn zu glauben sind, ist von der katholischen Kirche verworfen.
Was also jedenfalls katholischerseits NICHT aus der Bibel herausgelesen werden kann (was ich aber in evangelikalen Kreisen durchaus schon mit Ernsthaftigkeit vertreten fand), weil es naturwissenschaftliche Fragen betrifft:
- die ersten Menschen hatten keine biologischen Eltern
- die ersten Menschen hatten keinen Nabel
- der erste Mann hatte eine Rippe weniger, sobald es die erste Frau gab
- vor dem Sündenfall des ersten Menschen sind keine Tiere auf der Welt gestorben, und alle, die heute Fleischfresser sind, waren damals Pflanzenfresser oder lebten von Nahrung abstinent
- vor dem Sündenfall des ersten Menschen war die menschliche DNA anders, fehlerfreier, nicht für den biologischen Zelltod programmiert
- seit dem und durch den Sündenfall des Menschen wird die DNA des Menschen laufend schlechter - am Anfang lebten die Menschen viel länger (hunderte Jahre) und waren viel länger fruchtbar
Und zum Konzept "pflanzten sich die frühen beseelten Menschen mit unbeseelten Hominiden fort?": Ja (Privatmeinung), denn biologisch ist da nichts dabei. Auch aus sozialer Sicht waren die ersten Menschen ihren hominidischen Zeitgenossen ganz ähnlich.
Man kann im Tierreich Dinge wie "Boshaftigkeit", "Hinterlist", "Schadenfreude" und "schlechtes Gewissen" beobachten; die verstandesmäßigen Fähigkeiten von Empathie und darauf aufbauend sozialem oder asozialem Verhalten sind also augenscheinlich evolutionär entstanden und jedenfalls nicht "allein dem Menschen vorbehalten". Meine persönliche Interpretation lautet so: Irgendwann war die Entwicklung der Hominiden so weit fortgeschritten, dass das erste Exemplar "verstandesmäßig reif" genug war, auch über seine Natur hinaus gut und böse zu unterscheiden, und diesem Wesen hat Gott erstmals eine übernatürliche Seele gegeben. Seit damals hat Gott nicht aufgehört, die Nachkommen dieses ersten Menschen zu beseelen, und die meisten von ihnen (Ausnahmen wie Fehlgeburten und abgetriebene Kinder bestätigen die Regel) gelangen zum Vernunftgebrauch und zur Unterscheidung der Geister in ihrem Gewissen, dank der großartigen Entwicklung des menschlichen Verstandes und ebenjener Seele, deren Existenz wir freilich nur glauben können.
Nach dieser meiner Interpretation entstanden und lebten die ersten beseelten Menschen in einer Sippe von biologisch gleichartigen und auch verstandesmäßig nur wenig unterschiedlichen Hominiden, und auch ihre Nachkommen - die ebenfalls ausreichend Vernunft zur Gotteserkenntnis hatten und ebenfalls beseelt waren - lebten in dieser Sippe und pflanzten sich natürlich auch in ihr fort. Nicht alle Sexualpartner dieser ersten Menschen waren im Vernunftgebrauch gleich weit entwickelt und auch noch nicht beseelt; aber nach einigen Generationen waren alle in der Sippe soweit entwickelt und hatten auch die ersten beseelten Menschen als Vorfahren - das ergibt sich über den Genmix praktisch zwangsläufig: In einer Population dauert das nur wenige Generationen, jedenfalls weniger als 1000 Jahre. Die Menschheit hatte ihre letzten gemeinsamen Vorfahren vor ca. 100.000 Jahren. Daher komme ich, wenn ich katholischen Glaube gemäß der Bibel und kirchlichen Lehre zur Bibel mit der Vernunft und wissenschaftlicher Erkenntnis in Verbindung setze, zur Ansicht, dass die ersten Menschen vor ca. 100.000 Jahren lebten und die Vorfahren aller heute lebenden Menschen (und der Menschen der letzten ca. 99.000 Jahre) sind.
Weiters interpretiere ich, dass diverse frühmenschliche Erinnerungen wie die Koexistenz mit anderen Hominiden (Neanderthalern & Co.) ebenfalls in der Genesis ihren Niederschlag fand, Nach und nach werden dann die Erinnerungen der Erzähler der Genesis immer jünger und konkreter. Ab wo genau dann historische Berichte die Erzählung bestimmen, das kann ich nicht beurteilen.
Ich sehe abgesehen vom Wunder der Schöpfung an sich und der übernatürlichen Beseelung jedes Menschen nur ein "spezifisches Wunder", das ich aufgrund der biblischen Schöpfungsgeschichte glaube, obwohl es eigentlich eine naturwissenschaftlich Frage ist: Dass der erste beseelte Mann und die erste beseelte Frau zeitgleich lebten und ein Paar waren, das sich daher in seiner Fähigkeit, Gottes Willen zu erkennen (und ihn zu mißachten) ebenbürtig war.
Denn so primitiv, wie wir Männer im Vergleich zu Frauen sind, hätte ich Adam aus paläoanthropologischer Sicht doch erst ein paar Generationen _nach_ Eva erwartet...