Edi hat geschrieben:thaddaeus06 hat geschrieben:Und zweitens die nominalistische Verkrümmung der Theologie, die Luther so stark kritisierte, so wenig er sie überwinden konnte.
Gruß Johannes
Hallo Johannes,
könntest du als Theologe uns mal (kann ja in einem andern Thread sein) erklären was die nominalistische Theologie beinhaltet. Ich lese in einem Kirchengeschichtsbuch, wo auch die Reformationsgeschichte auf einigen Seiten abgehandelt wird, immer wieder darüber, kann es aber nicht einordnen, da ich die Bedeutung nicht weiss. Von Nominalismus und Occkhamismus ist da die Rede. Oder ist es zu schwierig das in kurzen Worten Laien zu erklären? Luther hat ja , wie da etwa geschrieben steht in sich selber erst eine falsche Theologie überwinden müssen, um zu "seiner Gnadenerkenntnis" zu gelangen. Wiewohl: die Lehre der Gnade war immer in der Kirche vorhanden, was man schon an den Worten der damaligen Messe sieht. Luther hat also gar nichts Neues erfunden, vielleicht aber für sich erst die Wichtigkeit der Gnade erkannt.
Gruss Edi
Hallo Edi,
der Nominalismus ist eine philosophische Bewegung, die sich gegen Ende des Hochmittelalters breit machte. Sie geht zunächst davon aus, dass den gewohnten Allgemeinbegriffen kein reeles Pendanz zu gesprochen werden kann. Grob gesagt würde das heißen, es gibt viele Einzelmenschen, aber keine wirkliche Menschheit.
Religiös würde das bedeuten können, es gibt viele einzelne Christen, aber die Kirche als solche ist nur ein Wort. Und Wörter, die nichts sind als Wörter, die kann man streichen und weglassen.
Das ist jetzt alles ganz grob, im Grunde genommen aber gut evangelisch gedacht. "DIE KIRCHE" ist im evangelischen Denken ja mehr oder weniger durch Gemeinden oder einzelne, die jeweils Jesus treiben ersetzt worden.
Mir scheint, dass hier das sogenannte nominalistische Rasiermesser angesetzt wurde, das Luthers Theologie nicht zu überwinden wusste.
Das nominalistische Denken weiterbesprochen und -geführt kann zu einem Gottesbild kommen, nach dem Gott willkürlich ist und nicht mehr an die Vernunft gebunden. Der Heilige Vater hat in Regensburg genau darauf den Finger gelegt in jener Vorlesung, die dann ja für so viel islamischen Auftrieb sorgte.
Luther litt, gut nominalistisch erzogen, bekanntermaßen ja an der Frage: "Wie bekomme ICH einen gnädigen Gott?", um dann auf die Antwort zu kommen, dass die Sakramente und DIE Kirche ihm da gar nichts nützen würden können.
Das hat er nie überwinden können.
Ich würde sagen, ein Gemisch aus alledem führte zur Reformation.
Ein guter theologischer Lehrer und ein kluger Beichtvater zur rechten Zeit hätten viel verhindern können.
Habe einmal einen etwas zornigen Artikel drüber geschrieben. Wenn Du möchtest
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Ich weiß, dass ich hier ein heißes Eisen anfasse. Wenn jemand besser bescheid weiß, freue ich mich über jede Korrektur.
Gruß Johannes