Können Katholiken und Protestanten zusammen trauern?

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Neumann
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Können Katholiken und Protestanten zusammen trauern?

Beitrag von Neumann »

Liebe Leute,

ich bin ganz neu hier im Kreuzgang und habe mich noch nicht durch alle Foren und Threads durchgearbeitet. Daher weiß ich nicht, ob mein Thema schon mal irgendwo behandelt worden ist. Wenn ja, bitte ich darum, mich freundlicherweise dorthin zu verweisen.

Der ökumenische Trauergottesdienst in Berlin am kommenden Sonntag für die Opfer der Katastrophe in Südasien hat mich auf die Frage gebracht, ob Katholiken und Protestanten dasselbe tun, wenn sie so eine Feier begehen.

Nicht daß ich mißverstanden werde: Natürlich bin ich überzeugt davon, daß die Trauer der Beteiligten echt ist. Aber während wir Katholiken nicht nur uns selber dabei Trost spenden, sondern normalerweise für die Toten beten (von denen wir glauben, daß sie dieser Gebete bedürfen und auch im Jenseits etwas davon haben), ist die offizielle theologische Position der Protestanten doch eine andere, wenn ich das richtig sehe (Ablehnung der AT-Makkabäerbriefe und der Annahme eines Reinigungsortes/"Fegefeuers"), so daß für sie ein Gebet für die Verstorbenen - konsequent zu Ende gedacht - keinen Zweck haben dürfte.

Daraus ergibt sich für mich die Frage: Was tun Eurer Ansicht nach Protestanten, wenn sie einen Trauergottesdienst feiern, bzw. tun Katholiken und Protestanten in so einem Falle wirklich dasselbe?

Besten Dank für eventuelle erhellende Auskünfte und Hinweise... :)

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

Hallo Neumann, erst mal herzlich Willkommen im Kreuzgang :huhu:

Ich finde, mit deiner Frage vermischt Du zwei Dinge: Wie ein Mensch trauert, ist in jedem Fall eine ganz individuelle Angelegenheit, bei der Religion/Konfession m.E. zweitrangig ist. Manchen "Gläubigen" hilft die Religion dabei, für andere ist es viel mehr eine Anfechtung udn sie verlieren über ihre Trauer (zeitweise) ihren Glauben.

Eine liturgische Ausgestaltung eines solches "Kasus" ist eine andere Sache. Aber ist es im christlichen Kontext nicht sowohl bei Katholischen (korrigiert mich, falls ich mich irre) als auch bei Evangelischen so, dass man als TrauerndeR die Hilflosigkeit und die Trauer vor Gott bringt und ihm Trost erbittet und die Hoffnung auf Auferstehung ausdrückt?
Da finde ich die Unterschiede nicht sooo groß.
Und auch bei Evangelischen gibt es beim Abschiedssegen für den/die VerstorbeneN die Bitte "er sei dir gnädig im Gericht und gebe dir Frieden und ewiges Leben".

Da kommen wir uns doch schon recht nahe, oder?
Mein (evangelisches) Fazit lautet also: Evangelische und Katholische ChristInnen können durchaus gemeinsam in einer ökumenischen Trauerfeier ihre Betroffenheit, Hilflosigkeit, aber auch ihre Hoffnung ausdrücken.
soli deo gloria

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Brunetti
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Beitrag von Brunetti »

Herzlich Willkommen, Neumann!

Die Fürbitte für Verstorbene ist ja nur ein Detail. In dieser Frage gibt es auch innerhalb der evangelischen Kirche unterschiedliche Auffassungen. Jedenfalls habe ich schon erbitterte theologische Debatten unter Protestanten bzgl. der Fürbitte für Verstorbene erlebt.

Wenn die Fürbitte für Verstorbene als theologische Differenz ein Hinderungsgrund für einen gemeinsamen Traugottesdienst wäre, dürfte es dann angesichts anderer Differenzen überhaupt noch ökumenische Gottesdienste geben?

Die ökumenischen Trauergottesdienste in Berlin nach großen Katastrophen in den letzten Jahren (Terroranschlag September 2001 oder Flugzeugabstürze) haben ja eine auch eine starke Signal- und Zeugniswirkung in die Gesellschaft hinein: Sie bezeugen in einer Gesellschaft mit zunehmend diffuser Religiosität die gemeinsame Trauer und die gemeinsame christliche Auferstehungshoffnung.
Die einen fallen durch ihre Taten auf -
die anderen durch ihr Getue...

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

es steht zu hoffen daß es katholische geistliche nicht unterlassen werden für die seelenruhe der opfer das hl. meßopfer darzubringen

Neumann
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Beitrag von Neumann »

Brunetti hat geschrieben: Wenn die Fürbitte für Verstorbene als theologische Differenz ein Hinderungsgrund für einen gemeinsamen Traugottesdienst wäre, dürfte es dann angesichts anderer Differenzen überhaupt noch ökumenische Gottesdienste geben?
Zunächst danke ich herzlich für die freundlichen Willkommensgrüße. :)

Wenn ich das nun so sagen darf: Der obige Einwand ist nicht unbedingt exakt mein Punkt. Ich bestreite nicht die Legitimität ökumenischer Gottesdienste. Ebensowenig - das habe ich ja oben schon geschrieben - will ich die Echtheit der Trauer und Betroffenheit der Teilnehmer in Zweifel ziehen.

Worum es mir geht ist eher folgende Frage: Wie können wir noch etwas mehr für die Verstorbenen tun?

Von vielen müssen wir möglicherweise annehmen, daß sie völlig unvorbereitet vor ihren allmächtigen Richter gerufen worden sind. Ich denke auch daran, daß viele Hinterbliebene keine Chance haben, von ihren lieben Freunden und Verwandten richtig - will sagen: auch physisch - Abschied zu nehmen, weil diese in mehreren tausend Meilen Entfernung in irgendeinem anonymen Grab liegen. Für diese Leute ist es vielleicht ein Trost, wenn sie das Bewußtsein haben können, daß sie konkret und wirksam noch etwas für das Heil dieser Toten tun können.

Darum würde ich gerne dafür werben wollen, daß für all diese Menschen möglichst viele Totenmessen gefeiert werden. Auch ein Requiem in einer großen Kathedrale erschiene mir wünschenswert und angemessen. Die Notwendigkeit persönlichen und gemeinschaftlichen Gebets für die Verstorbenen bleibt selbstverständlich davon gänzlich unberührt.

Ich bitte, dies nicht als eine pietätlose Spitzfindigkeit am Rande anzusehen. Ich sehe, daß diese Gefahr besteht. Aber mir geht es ernsthaft um die übernatürliche Seite dieses ganzen Geschehens, die meines Erachtens weit über die Bekundungen unmittelbarer Betroffenheit, Ratlosigkeit und Trauer hinausgeht.

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Heike
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Beitrag von Heike »

Neumann hat geschrieben:Ich bitte, dies nicht als eine pietätlose Spitzfindigkeit am Rande anzusehen. Ich sehe, daß diese Gefahr besteht. Aber mir geht es ernsthaft um die übernatürliche Seite dieses ganzen Geschehens, die meines Erachtens weit über die Bekundungen unmittelbarer Betroffenheit, Ratlosigkeit und Trauer hinausgeht.
Wie wäre es mit "Arbeitsteilung"? Die Katholiken (und die, die daran glauben, dass das etwas bewirkt) beten für die Verstorbenen und die Protestanten etc. für die Verletzten, Vermissten, Betroffenen und Angehörigen.
Das is keineswegs so flapsig gemeint, wie es sich vielleicht anhört. Ich bin auch ganz der Meinung, dass "die übernatürliche Seite" zu sehr in den Hintergrund tritt. Dann soll doch jeder für das beten, was er mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Unsere christliche Hoffnung ist ja schliessslich kein nebulöses "wird schon wieder" sondern das Vertrauen auf das Handeln Gottes.

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

Jetzt war ja heute um 15 Uhr der Gottesdienst (wurde in der ARD übertragen)
Mich würde mal eure- besonders Naumanns, der den Strang ja eröffnet hat- Meinung interessieren.
:)
soli deo gloria

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Reinhard Gonaus
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Beitrag von Reinhard Gonaus »

ottaviani hat geschrieben:es steht zu hoffen daß es katholische geistliche nicht unterlassen werden für die seelenruhe der opfer das hl. meßopfer darzubringen
Mein Gott, ja.
Muss aber nicht unbedingt bei einer großen, offiziellen, ökumenisch angelegten Feierstunde sein. Schließlich kann unsereins so viele Messen darbringen lassen und daran teilnehmen, wie er nur will.
Reinhard
--
Wir werden nie herausfinden, warum einer, der schnarcht,
sich selbst nicht schnarchen hören kann. (Mark Twain)

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

sicher es währe nur zu wünschen daß das auch mit entsprechender öffentlichen wirkung getan wird um den katholiken auch wieder die letzten dinge in erinnerung zu rufen ich erinnere hier an das vorbild des damaligen salzburger erzbischof dr. eder bein Seilbahnunglück in kaprunn wo er auf einem Requiem bestanden hat obwohl Kardinal Schönborn unbedingt mit einem ökumenischen Zusammensein im Salzburger Dom glänzen wollte er hat das damals auch gebetsmühlenartig verkündet nur der Salzburger Erzbischof hat nicht nachgegeben dann ein schönes lateinisches Requiem in schwarzer farbe gefeiert und ein sehr gute Predigt über die letztem dinge gehalten

Micha

Beitrag von Micha »

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Zuletzt geändert von Micha am Mittwoch 2. Februar 2005, 22:31, insgesamt 1-mal geändert.

Neumann
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Beitrag von Neumann »

Zu dem Verlauf des Berliner Trauergottesdienstes kann ich mir keine Aussagen anmaßen, da mir die Möglichkeit verwehrt war, mir die Fernsehübertragung anzusehen.

Gleichwohl habe ich die Texte der Begrüßung durch den evangelischen Landesbischof Huber sowie der Predigt von Seiner Eminenz Karl Kardinal Lehmann gelesen und auch den Programmzettel der Feier studiert. Diese bestätigen durchaus meine anfänglichen Vermutungen, denn ich finde darin keine Hinweise auf ein Gebet für die Toten der Katastrophe, sondern thematisiert wird durchweg die eigene Trostlosigkeit und Betroffenheit - oder ich müßte trotz mehrmaligem Hinsehen etwas Entscheidendes übersehen haben. Vielleicht wurde in den Fürbitten, die im Programm nicht abgedruckt sind, davon gesprochen, doch davon habe ich dann leider keine Kenntnis.

Mir fiel auf, daß Bischof Huber vor allem von der Erschütterung des eigenen Glaubens sprach und Kardinal Lehmann viel über die Rätselhaftigkeit des Geschehenen. Dasselbe hätte den Anwesenden meines Erachtens ebenso gut auch der Bundespräsident sagen können. Das sind zweifellos wichtige Punkte für die seelische Verarbeitung einer solchen Katastrophe. Von einer kirchlichen Trauerfeier erwarte ich jedoch, wie schon angemerkt, mehr als die kollektive Bespiegelung der eigenen Trauer und Ratlosigkeit.

Micha

Beitrag von Micha »

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Zuletzt geändert von Micha am Mittwoch 2. Februar 2005, 22:27, insgesamt 1-mal geändert.

Neumann
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Beitrag von Neumann »

Keine Frage: Jedem steht es frei, für Verstorbene (Angehörige wie Fremde) zu beten - und zwar wann, wo und so oft er möchte. Darum geht es mir aber gar nicht primär (ich fürchte mich zu wiederholen, aber vielleicht drücke ich mich auch nicht klar genug aus :/ ).

Ich glaube vielmehr, daß die Kirche im Begriff ist, hier eine große Chance für die eigene Verkündigung und Katechese zu verschenken, wenn sie sich in den großen öffentlich übertragenen Gottesdiensten darauf beschränkt, nur von den vorletzten Dingen zu sprechen (Ratlosigkeit, Glaubenszweifel, Hilfsbereitschaft) und nicht von den letzten. Jetzt sind die Menschen offen dafür, sich eschatologische Predigten anzuhören. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Darüber hinaus ist es meines Erachtens (auch das habe ich oben schon geschrieben) für die trauernden Hinterbliebenen eine enorme psychische Hilfe, wenn sie erfahren, daß sie durch das Gebet für ihre lieben Verstorbenen, von denen sie nicht mehr persönlich Abschied nehmen durften, auch nach dem Tod noch in Verbindung bleiben und für sie einen Liebesdienst leisten können. Dem sollte die Kirche unbedingt einen Rahmen geben, meine ich.

Und schließlich erschließt der Blick auf die letzten Dinge auch weitere Möglichkeiten für einen echten interreligiösen Dialog, denn es würde sich sicherlich lohnen, einmal zu untersuchen, wie die vier großen Weltreligionen, die von der Flutwelle in erster Linie betroffen sind, damit umgehen. Was sagen die Buddhisten, die Hinduisten, die Moslems dazu? Wie "erklären" sie das Leid? Wie trösten sie die Hinterbliebenen? Und dann: was sagt das Christentum dazu? Das könnte sehr spannend werden, glaube ich. :)

All das wäre jetzt dringend notwendig. Und die beste Möglichkeit für die Kirche, dies auch vor einer breiteren Öffentlichkeit zu verkünden, wäre nach meinem Dafürhalten ein lupenreines katholisches Requiem in einer großen deutschen Kathedrale wie dem Kölner Dom. Nutzen wir diesen Schatz der Liturgie, um die Menschen von der trostlosen Selbstbespiegelung weg zum Beten zu bringen.

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

@Neumann: Ich finde, die Chancen, die die Kirche in solch einer Situation hat, wurden durchaus genutzt. Ich persönlich fand den GD sehr gut und stimmig. Ich denke, man muss eben auch vorsichtig sein, dass man Menschen, die sich vielleicht in einer solchen Extremsituation der Kirche (vielleicht sogar seit langem oder gar zum ersten Mal) annähern, nicht gleich mit "Dogmen" verprellt.
Was natürlich nicht ausschliessen soll, dass wir ganz klar sagen, was wir glauben und was uns in solchen Situationen Halt gibt.
Ich finde es gut, dass die Glaubenszweifel und Hilflosigkeit, die ich auch unter kirchennahen Menschen wahrnehme, thematisiert wurden.

Nicht zu vergessen ist ja auch die unsichtbare, aber unverzichtbare Arbeit der SeelsorgerInnen vor Ort, an Flughäfen, in der Begleitung von Betroffenen in Krisenzentren und nicht zuletzt in den Gemeinden der Betroffenen.

Aber glaubst Du wirklich, dass man Leid "erklären" kann???? :hmm:
soli deo gloria

Neumann
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Beitrag von Neumann »

Der letzten Frage möchte ich mich zuerst zuwenden, wenn es gestattet ist, denn diese ist am einfachsten zu beantworten: Nein, das glaube ich nicht. Deswegen habe ich das Verb "erklären" oben in meinem Beitrag auch in Anführung gesetzt. Aber ein Religionsvergleich in puncto Theodizee wäre sicherlich spannend und stieße in der jetzigen Situation bestimmt auf großes öffentliches Interesse, könnte ich mir vorstellen.

Weiter: Von Dogmen habe ich nicht gesprochen. Es geht um die Einladung zum Gebet für die Toten und darum, einen Weg zu zeigen, konstruktiv mit Leid umzugehen und dieses in übernatürliche Früchte zu verwandeln. Dazu müssen jedoch die Hinterbliebenen (gerade und vor allem jene, die seit langem zum ersten Mal oder gar noch nie etwas mit der Kirche zu tun hatten) über diesen Weg aufgeklärt werden.

Die Thematisierung des eigenen Glaubenszweifels durch "kirchennahe Menschen" mag im ersten Moment für den betroffenen Zuhörer eindrucksvoll erscheinen ob ihrer vermeintlichen Ehrlichkeit und Offenheit. Das gestehe ich gerne zu. Doch wenn es dabei bleibt, bleibt diese Erkenntnis relativ fruchtlos für beide Seiten.

Und schließlich: Die Seelsorge "vor Ort" und in den Pfarreien und anderswo in allen Ehren - aber ich würde mich freuen über eine darüber hinausgehende öffentliche Verkündigung, die all die kirchliche Hilfe, die jetzt geleistet wird, in den der Kirche gemäßen übernatürlichen Zusammenhang einordnet. Es muß deutlich werden, was die Aktivitäten der Christen von denjenigen der weltlichen Organisationen unterscheidet: der Glaube an die Gemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen in der Kirche, an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Die Liturgie ist dazu meines Erachtens der richtige Rahmen. Sie nimmt ganz gewiß dem persönlichen Zeugnis der einzelnen nichts, sie verstärkt es vielmehr.

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Brunetti
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Beitrag von Brunetti »

Neumann hat geschrieben:Mir fiel auf, daß Bischof Huber vor allem von der Erschütterung des eigenen Glaubens sprach und Kardinal Lehmann viel über die Rätselhaftigkeit des Geschehenen. Dasselbe hätte den Anwesenden meines Erachtens ebenso gut auch der Bundespräsident sagen können. Das sind zweifellos wichtige Punkte für die seelische Verarbeitung einer solchen Katastrophe. Von einer kirchlichen Trauerfeier erwarte ich jedoch, wie schon angemerkt, mehr als die kollektive Bespiegelung der eigenen Trauer und Ratlosigkeit.
Kardinal Lehmann spricht nicht nur von der eigenen Trauer und Ratlosigkeit, sondern - gerade auch angesichts der Unbegreiflichkeit des Geschehens - auch vom Glauben an das ewige Leben: Klickstu hier
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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

Neumann hat geschrieben: Die Thematisierung des eigenen Glaubenszweifels durch "kirchennahe Menschen" mag im ersten Moment für den betroffenen Zuhörer eindrucksvoll erscheinen ob ihrer vermeintlichen Ehrlichkeit und Offenheit. Das gestehe ich gerne zu. Doch wenn es dabei bleibt, bleibt diese Erkenntnis relativ fruchtlos für beide Seiten.
Es geht ja auch nicht darum, jemanden zu beeindrucken. :roll:

Es geht um einen ehrlichen Umgang sowohl mit uns selbst als auch mit den von uns beseelsorgten. (Übrigens in jeder seelsorgerlichen Beziehung)

Was spricht aber dagegen, dass wir anbieten, uns mit den Ratsuchenden auf den Weg zu machen- damit werden sie nämlich in ihren Fragen ernst genommen?
Und wir als ChristInnen- selbst wenn wir temporär zweifelnd sind- können ja auch anbieten mit/ für Betroffene zu beten.

Ich habe aus eigener Erfahrung festgestellt, dass Menschen in Krisensituationen gerade einen Raum brauchen, wo sie ihre Fragen formulieren dürfen, ohne dass gleich wieder eine Antwort- ob gut oder gut gemeint sei dahingestellt- gegeben wird.
Und es hat mich immer wieder überrascht, wie viele Menschen von sich aus um ein Gebet gebeten haben, auch wenn sie "eigentlich mit Kirche gar nichts am Hut haben"

Und für andere beten können wir ja sowieso sooft es uns beliebt.
8)
soli deo gloria

Neumann
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Beitrag von Neumann »

Mir scheint mit Verlaub, daß hier von zwei verschiedenen Dingen die Rede ist. Die persönliche Seelsorge und das individuelle Glaubenszeugnis habe ich in ihrer jeweiligen Bedeutung ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen oder zu Debatte gestellt; mir geht es vielmehr einzig und allein um die öffentliche Verkündigung der Kirche in einer Notsituation wie der besprochenen. Aber das habe ich ja bereits geschrieben - also sei's drum... 8)

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Ketzerin
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Beitrag von Ketzerin »

Und ist Seelsorge nicht auch eine Art der öffentlichen Verkündigung??? :hmm:
soli deo gloria

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Ketzerin hat geschrieben:Und ist Seelsorge nicht auch eine Art der öffentlichen Verkündigung??? :hmm:
Und ob!

Bitte bedenkt bei euren Überlegungen auch, dass sehr viele Betroffene, die nicht glauben oder verzweifelt Suchende sind, manchmal sehr aggressiv auf zuviel Frömmigkeit reagieren.

Und gerade für diese Menschen kann es sein, dass eine seelsorgliche oder sonstwie handfeste, tatkräftige Verkündigung im Sinne von Mat 25 doch zu wirken beginnt.

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