Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

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Romanus
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Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Den sogenannte Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils halte ich für so wichtig, dass ich Raphael aus dem Strang Fragen und Diskussionen zum Moderationsprotokoll VII zitiere:
Es gibt einen Eigenbeitrag des Menschen bei der Erlangung des Heiles. Dieser Eigenbeitrag wurde zwar in den konfessionellen Disputen gerne als Werkgerechtigkeit diffamiert, jedoch trifft diese Kritik nicht den Kern dessen, was eben mit diesem Eigenbeitrag gemeint ist.
Im Kontakt mit manchen Traditionalisten fällt mir auf, dass ihnen ihr Eigenbeitrag nicht bewusst ist. Wer hat den Eigenbeitrag in der Vergangenheit diffamiert, welche Dispute gab es und weshalb scheren sich so wenige Katholiken darum?
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Tinius
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Tinius »

Es gibt keinen "Eigenbeitrag".

Raphael

Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Raphael »

Tinius hat geschrieben:
Sonntag 9. Juli 2017, 14:01
Es gibt keinen "Eigenbeitrag".
Deine Darlegung einer der vielen Sichtweisen aus dem protestantischen Umfeld auf die Rechtfertigungslehre ist ausbaufähig. :roll:

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Sempre
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Sempre »

Man muss getauft sein, den Glauben bekennen, nicht exkommuniziert und natuerlich im Augenblick des Todes im Stand der Gnade sein, um gerettet zu werden. Darueber hinaus sind gute Werke Kuer und nicht Pflicht.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Tinius
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Tinius »

Sempre hat geschrieben:
Sonntag 9. Juli 2017, 17:46
Man muss getauft sein, den Glauben bekennen, nicht exkommuniziert und natuerlich im Augenblick des Todes im Stand der Gnade sein, um gerettet zu werden. Darueber hinaus sind gute Werke Kuer und nicht Pflicht.
Gut zusammengefasst.

Romanus
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

„Was ich aber euch sage, sage ich allen: Wachet!“ (Markus 13,37)

Die Konsequenz daraus lautet Wachsamkeit. Das ist bei Weitem nicht die einzige Stelle, die auf einen Eigenbeitrag abzielt. Man denke auch an den Hausherr und den Dieb.

Und was ist Umkehr, wenn nicht Eigenbeitrag?
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Die Reformation hat sich stark auf bestimmte richtige Aspekte des Evangeliums gestützt, dabei andere vernachlässigt.

Gottes Liebe und Gnade gehen sowohl der Menschwerdung Christi als auch der Passion, dem Glauben und den Werken der Menschen voraus.
Im Bußgebet Daniels sagt er "Neige deine Ohren, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit."(Dan 9,18)
Johannes (der Apostel und Evangelist) sagt über Gott: "Er hat uns zuerst geliebt"(1. Johannes 4,19) - und diese Liebe hat Gott uns in der Menschwerdung, im Leiden für uns, im Ertragen unseres Spotts erwiesen.
Gottes Liebe und Gnade zeigt sich auch darin, dass Er uns annimmt. Es gibt kein Gesetz, das über Gott stehen würde und ihn verpflichten würde, irgendwen anzunehmen. Wenn Gott wollte, würden alle verdammt. Es ist allein dem souveränen göttlichen Willen zu verdanken, dass irgendein Mensch jemals gerettet werden kann. Das sagt Daniels Bußgebet oben aus.

Die Frage ist also: Warum wollte Gott, wenn Er uns ohnehin liebt und barmherzig ist, die Menschwerdung und Passion Christi vollbringen? Nun: Kein Mensch könnte die Liebe und Barmherzigkeit Gottes ertragen. Sie sind so mächtig und heilig, dass die Menschen sich davor verbergen würden (wie Offenbarung 6,16). Darum ist Gott Mensch geworden, damit Er uns auf eine Weise, die wir ertragen können, uns Seine ewige, himmlische, heilige Liebe zuwenden kann, die den Menschen außerhalb dieser Gemeinschaft ein Geheimnis bleibt. Die Liebe Gottes tut weh und ist sehr schmerzhaft, einfach weil sie so groß ist, viel größer als Menschen es wollen, ertragen und sich vorstellen können. Das Gute ist, dass sie jetzt schon erfahren werden kann und es dann später nach dem Tod leichter wird.

Eine gute Voraussetzung, um das christliche Evangelium anzunehmen, sind gute Werke:
"19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. 20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind." (Johannes 3)
Darum gilt, wie Offenbarung 20,11-14 zeigt, dass die "Nichtchristen" im Gericht nach ihren Werken gerichtet werden. Denn in ihren guten Werken bereiten sie sich stückweise darauf vor, das Licht Gottes - eher - ertragen zu können als mit schlechten Werken. Christen können sich durch den Glauben und der Gemeinschaft mit Gott mit Gottes Liebe vertraut machen, aber auch mit guten Werken. Bei ihnen kann also eine Mischung von Glaube und Werken die Erlösung aus der gefallenen Welt bieten.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Romanus
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Eigenbeitrag scheint ein Begriff zu sein, der hier mit Rechfertigungslehre belegt ist. Allerdings geht es mir weniger um die Wiederholung einer bereits ausgiebig geführten Debatte, sondern um die Hinwendung zum Evangelium selbst. Was sagt Jesus Christus selbst zum Eigenbeitrag?

Interessant ist im Zusammenhang, dass Dietrich Bonhoeffer die Gnade als Resultat – nicht als Voraussetzung – eines Lebens in der Nachfolge definiert und Gnade als Voraussetzung als weltlich bzw. billig entlarvt. Er sagt:
Ist nun Gnade das von Christus selbst geschenkte „Resultat“ christlichen Lebens, so ist dieses Leben keinen Augenblick dispensiert von der Nachfolge. Ist aber Gnade prinzipielle Voraussetzung meines christlichen Lebens, so habe ich damit im voraus die Rechtfertigung meiner Sünden, die ich im Leben in der Welt tue. Ich kann nun auf diese Gnade hin sündigen, die Welt ist ja im Prinzip durch Gnade gerechtfertigt. Ich bleibe daher in meiner bürgerlich-weltlichen Existenz wie bisher, es bleibt alles beim alten, und ich darf sicher sein, dass mich die Gnade Gottes bedeckt. Die ganze Welt ist unter dieser Gnade „christlich“ geworden, das Christentum aber ist unter dieser Gnade in nie dagewesener Weise zur Welt geworden.
Ich habe den Eindruck gewonnen, – er kann falsch sein! – , dass gerade die rubrikentreusten Traditionalisten von der Gnade als Voraussetzung ausgehen und damit einiges zur Verweltlichung beitragen. Am katholischen Katechismus kann es laut Bonhoeffer jedenfalls nicht liegen, wenn er fragt:
Gibt es eine teuflischere Schmähung der Gnade, als auf die geschenkte Gnade Gottes hin zu sündigen? Hat der katholische Katechismus nicht recht, wenn er hierin die Sünde wider den Heiligen Geist erkennt?
Ich habe des Weiteren den Eindruck gewonnen, dass allein der „richtige Beichtvater“ für das Heil ausreichen soll. Kein Wort von Umkehr, von Reue, keine Reflexion über sich bzw. über den Eigenbeitrag, der von Wachsamkeit – Nüchternheit oder Bewusstheit sind nur weitere Bezeichnungen – abhängt. Entsprechend sagt Jesus:

„Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er sollte wachen: So wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen, damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt. Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!“ (Markus 13, 33–37)

An anderer Stelle gibt Jesus in der Form einer Seligpreisung über die Notwendigkeit der Wachheit Auskunft, in deren Folge – als Resultat – Gnade erlangt, der wach ist:

„Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen.“ (Lukas 12, 37)

Darauf, dass die Wachheit durchgehend sein soll, weist er mit folgenden Worten hin:

„Und wenn er kommt in der zweiten oder in der dritten Nachtwache und findet‘s so: Selig sind sie.“ (Lukas 12, 38)

Und wie man am besten Gnade verspielt, führt Jesus weiter aus:

„Wenn aber jener Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr lässt sich Zeit zu kommen, und fängt an, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen, dann wird der Herr dieses Knechts kommen an einem Tage, an dem er‘s nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, und wird ihn in Stücke hauen lassen und wird ihm sein Teil geben bei den Ungläubigen.“ (Lukas 12, 45 f.)

Gnade ist also Resultat, keine Voraussetzung. Weshalb aber zeigen Christen, die sich selbst gerne als „gut katholisch“ bezeichnen, diesbezüglich ein delinquentes Verhalten? Wo ist etwas in der Sozialisation der vermeintlichen Konformisten schief gelaufen? Weichen die konventionellen Lebensentwürfe mit dem Vorherrschen von Fressen, Saufen, Sucht, Heimlichtuerei, Manipulation, Überheblichkeit und Materialismus nicht erheblich von der von Jesus geforderten Wachheit ab, die schon zu Lebzeiten Früchte verspricht? Jesus sagt:

„Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“ (Matthäus 11, 29).

(Eine meiner Lieblingsbibelstellen, die anscheinend auch für Dietrich Bonhoeffer wichtig war.)

Ich hoffe, es ist jetzt klarer geworden, dass es hier nicht um konfessionelle Streitigkeiten in puncto Rechtfertigungslehre gehen soll, sondern um den Eigenbeitrag, den Jesus Christus selbst offenbart und gefordert hat.
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Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Romanus hat geschrieben:
Donnerstag 13. Juli 2017, 10:22
Eigenbeitrag scheint ein Begriff zu sein, der hier mit Rechfertigungslehre belegt ist. Allerdings geht es mir weniger um die Wiederholung einer bereits ausgiebig geführten Debatte, sondern um die Hinwendung zum Evangelium selbst. Was sagt Jesus Christus selbst zum Eigenbeitrag?

Interessant ist im Zusammenhang, dass Dietrich Bonhoeffer die Gnade als Resultat – nicht als Voraussetzung – eines Lebens in der Nachfolge definiert und Gnade als Voraussetzung als weltlich bzw. billig entlarvt. Er sagt
Bei all dem wird in der reformatorischen Tradition häufig übersehen, dass es im christlichen Glauben nicht um "Gerechtsprechen", sondern um "Gerechtmachen" geht. Gottes Gnade zu erleben und gerecht gemacht zu werden, hängt untrennbar zusammen. Mit der Taufe des Johannes und nachfolgend mit der christlichen Taufe hängt eine Buße (=Umkehr) zusammen, die von den Wegen des Satans weg und zu Gottes Wegen hin führt. Das heißt, dass ich nach der Taufe und der Erfahrung der göttlichen Gnade nicht so weiter leben darf wie vorher oder wie ein Heide.

Wenn Christen nicht vollkommen gerecht (im Sinn der Bergpredigt) sind, heißt das auch, dass sie die Gnade Gottes (noch) nicht vollkommen angenommen haben. Das christliche Leben ist ein Prozess der Heiligung und Läuterung, da immer mehr hinein zu wachsen, in diesem Leben und danach. Dabei bekommt auch die göttliche Gnade immer mehr Raum in der christlichen Person.

Die Reformatoren haben sich bei ihrem sola scriptura allein auf einige paulinische Stellen bezogen und die übrige Bibel durch diese Brille ausgelegt. Deshalb wird ja oft die Verbindung zwischen Luther und Paulus betont. Weder die Evangelien noch die apostolisch-katholischen Briefe oder die Offenbarung spielen in der reformierten Bibelauslegung die Rolle, die bestimmte Stellen in den Briefen des Paulus spielen und auf die sich alles stützt.

Johannes schreibt in seinem Brief: "Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. 6 Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln doch in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit. 7 Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. 9 Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit." (1. Johannes 1,6-7.9)
Hier ist der Zusammenhang von Gottes Vergebung und Gerechtmachen klar zu sehen. Gottes Vergebung verändert die Seele und macht sie zu mehr Gerechtigkeit fähig. Potentiell bis hin zur Befolgung der Bergpredigt und der ganzen Lebensweise Jesu. Das Gerechtmachen ist auch bei Paulus drin. Z.B. Römer 6 mit der "Freiheit von der Sünde".
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Raphael »

Bonhoeffer wirft bei seinen Reflexionen meines Erachtens die beiden Begriffe Gnade und Barmherzigkeit durcheinander. Und Gnade als göttliche Eigenschaft ist selbstverständlich im Vorhinein vorhanden. Barmherzigkeit ist dann - um es mal salopp zu sagen - die Gnade, wenn man selbige im Nachhinein betrachtet.

Wenn Gnade, um in der bonhoefferschen Diktion zu bleiben, ein Ergebnis des christlichen Lebens wäre, dann wäre die Werkgerechtigkeit ja geradezu geboten und die protestantische Polemik dagegen fällt in sich zusammen wie ein Soufflé.

Im Thomismus wird jedoch zwischen der Erstursache und der Zweitursache unterschieden. Die Zweitursache kann (und soll) der Mensch selber setzen. Das, was unter dem Eigenbeitrag innerhalb der Rechtfertigungslehre zu verstehen ist, ist dann eben genau diese Zweitursache.

Romanus
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

@ Pilgerer
@ Raphael

Danke für eure Antworten! Bei beiden Einlassungen, scheint mir, vereinfacht ausgedrückt, das Vereinende zu sein, dass die göttliche Gnade stets vorhanden ist und erst durch den Eigenbeitrag die Voraussetzung für das Wirken dieser Gnade in einer Person geschaffen wird.

Verstehe ich es richtig, dass die „protestantische Polemik“ im Abstreiten des Eigenbeitrags besteht? Laut Bonhoeffers Interpretation ist Luther jedenfalls nicht der Verursacher dieser Anschauung, die, so habe ich insinuiert, paradoxerweise auch unter ,guten Katholiken‘ verbreitet ist.

Interessanterweise kommt Jesus in den Evangelien ohne den Begriff der Gnade aus. Von daher halte ich es für relevant, zu bemerken, das Jesus als ,Leitlinie‘ für den Eigenbeitrag nicht müde wurde, Nüchternheit zu betonen: „Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht beschwert werden durch Rausch und Saufen […]“ (Lukas 21, 24).
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Danke für eure Antworten! Bei beiden Einlassungen, scheint mir, vereinfacht ausgedrückt, das Vereinende zu sein, dass die göttliche Gnade stets vorhanden ist und erst durch den Eigenbeitrag die Voraussetzung für das Wirken dieser Gnade in einer Person geschaffen wird.
Vielleicht müssten wir dazu erstmal auf den Zustand eines (jüdischen oder heidnischen) Erwachsenen vor der Taufe und Bekehrung/Buße konzentrieren. Was ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass jemand das christliche Evangelium annimmt?
"19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. 20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind." (Johannes 3,19-21)
Der Logos ist, wie der Johannesprolog sagt, überall in der Welt schöpferisch tätig und ist das Leben und Licht aller Menschen. Wenn Menschen Gutes tun eignen sie sich das Licht an, das in Jesus Christus Mensch geworden ist. Der Eigenbeitrag der Menschen als Voraussetzung zur Annahme des Evangeliums ist hier zu sehen. Es obliegt der menschlichen Eigenverantwortung, zwischen Gutem und Bösem zu wählen, zwischen dem das gut tut und dem, was schadet. Das ist faktisch eine Art von Naturrecht, das jedem zugänglich ist, wie auch Paulus in Römer 2 andeutet. Die Wahl für das Gute erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, auch das Evangelium anzunehmen und durch das Tor der Taufe in das Reich Gottes = die Kirche einzutreten.
Gleichzeitig ist es so, dass wenn ein Mensch sich für Gutes tun entscheidet, dass er dann etwas Göttliches aufnimmt. Denn niemand kann Gutes tun, außer es kommt von Gott. Gottes Logos ist, wie oben gesagt, das Licht der Menschen. Für dies Licht hat Gott das Monopol. Es gibt keine andere Quelle guter Werke als dies. Insofern ist der Eigenbeitrag des Menschen zugleich auch ein Teilhaben an göttlichen Werken. Das ist ein sowohl als auch.

Unter dem Strich gilt: Gute Werke führen zu Gott. Und umgekehrt führt Gott zu guten Werken.
Romanus hat geschrieben:
Donnerstag 13. Juli 2017, 13:58
Verstehe ich es richtig, dass die „protestantische Polemik“ im Abstreiten des Eigenbeitrags besteht?
Klassische Protestanten sehen das Kreuz Jesu Christi als voll genügend an, damit das Heil erworben wird. Jede andere Voraussetzung würde das Kreuzleiden relativieren. Allerdings sehen sie es als Folge des Heils, dass die Christen bessere Werke hervorbringen, wie der Heidelberger Katechismus (reformiert statt lutherisch) andeutet.
Heidelberger Katechismus hat geschrieben: Frage 114

Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

Nein,
sondern es kommen
auch die frömmsten Menschen
in diesem Leben
über einen geringen Anfang 1. Joh 1, 8-10 / Röm 7, 14-15 / Pred 7, 20
dieses Gehorsams nicht hinaus.
Wohl aber beginnen sie,
mit fester Absicht
nicht nur nach einigen,
sondern nach allen Geboten Gottes
zu leben. Röm 7, 22 /Jak 2, 10-11

Frage 115

Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

Erstens
sollen wir unser ganzes Leben lang
unsere sündige Art
je länger, je mehr erkennen 1. Joh 1, 9 / Ps 32, 5
und umso begieriger
Vergebung der Sünden
und Gerechtigkeit in Christus suchen. Röm 7, 24-25

Zweitens
sollen wir unaufhörlich uns bemühen
und Gott um die Gnade
des Heiligen Geistes bitten,
dass wir je länger, je mehr
zum Ebenbild Gottes erneuert werden,
bis wir nach diesem Leben 1. Kor 9, 24-25
das Ziel der Vollkommenheit erreichen. Phil 3,
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Raphael »

Der ehemalige Forant Juergen hatte hier im Forum mal ein Schaubild eingestellt, welches wohl in seinem Theologie-Studium Verwendung gefunden hatte. Dort wurden die unterschiedlichen Verständnisse von Rechtfertigung bezogen auf die drei Konfessionen dargestellt.
Katholisch = 100% von Gott, 100% vom Menschen
Orthodox = 50% von Gott, 50% vom Menschen
Protestantisch = 100% von Gott, 0% vom Menschen

Auf diesem Schaubild wurden auch die entsprechenden theologischen Quellen für diese Systematisierung angegeben, die ich jetzt allerdings aus dem Gedächtnis heraus nicht mehr rekonstruieren kann.

Ich halte diese Darstellung der Sichtweise für sachgerecht.
Im Katholischen wird durch die "100% des Menschen" dessen Eigenverantwortung klar herausgestellt, wobei selbst diese 100% auf dem Hintergrund von Joh 15,5 zu sehen sind: Ohne IHN können wir nichts bewirken!
Im Orthodoxen wird der Schwerpunkt auf das Zusammenwirken (synergeia) von Gott und Menschen gelegt.
Einzig die protestantische Sichtweise ist aus meiner Sicht unangemessen, weil - wie Pilgerer oben schon ausführte - mit dem Kreuzesopfer Christi jedwede Rechtfertigung bereits erbracht sein soll. Dies führte Luther wohl zu dem Ausspruch: "Sündige tapfer, aber glaube noch tapferer!" Zu Ende gedacht würde dadurch jegliches Menschenwerk seines Sinnes entleert. :hmm:

Romanus
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Es ist nicht meine Aufgabe, Luther zu rehabilitieren. Für ihn ist Bonhoeffer ja bereits in die Bresche gesprungen. So rekurriert der weiter oben verlinkte Aufsatz auf Luthers Aussage Pecca fortiter, sed fortius fide et gaude in Christo. Bonhoeffer erklärt:
Für ihn ist das „Sündige tapfer“ nicht etwa eine grundsätzliche Bestätigung seines ungehorsamen Lebens, sondern es ist das Evangelium von der Gnade Gottes, vor dem wir immer und in jedem Stande Sünder sind und das uns gerade als Sünder sucht und rechtfertigt. Bekenne dich tapfer zu deiner Sünde, versuche ihr nicht zu entfliehen, aber „glaube noch viel tapferer“. Du bist ein Sünder, so sei nun auch ein Sünder, wolle nicht etwas anderes sein, als was du bist, ja werde täglich wieder ein Sünder und sei tapfer darin.

Zu wem aber darf das gesagt sein als zu dem, der täglich von Herzen der Sünde absagt, der täglich allem absagt, was ihn an der Nachfolge Jesu hindert, und der doch ungetröstet ist über seine tägliche Untreue und Sünde? Wer anders kann das ohne Gefahr für seinen Glauben hören, als der, der sich durch solchen Trost erneut in die Nachfolge Christi gerufen weiß? So wird Luthers Satz, als Resultat verstanden, zur teuren Gnade, die allein Gnade ist.
Ein scharfsinniger Text, den man mehrmals in Ruhe lesen muss. Im Verständnis dieses Textes würde Ökumene einen komplett anderen Stellenwert erhalten; ja nur aus diesem Verständnis heraus, nämlich dass täglich abtrainiert werden muss, was an der Nachfolge hindert, würde Ökumene sinnvoll. Nur dann käme, in den Worten Pilgerers, die menschliche Eigenverantwortung – der Eigenbeitrag – überkonfessionell zum Tragen, nämlich zwischen Gutem und Bösem zu wählen, zwischen dem, was gut tut und dem, was schadet.

Leider ist den Menschen in ihrer Rastlosigkeit, im medialen Overkill, in ihrem durch Drogen, Alkohol und durch Machtphantasien entfremdeten Dasein, das Verständnis abhandengekommen, die von Jesus versprochene Seelenruhe bzw. den inneren Friede als direkte Verbindung zu Gott zu erkennen, die durch (in ignitianischer Diktion) die Unterscheidung der Geister vertieft werden kann. Schon allein weil diese Beziehung wechselseitig ist, leuchtet die Notwendigkeit des Eigenbeitrags ein.

Mir leuchtet jedoch immer noch nicht ein, wie es dazu kommen konnte, dass treue Katholiken von sich denken, ,gut katholisch‘ zu sein, aber auf den Eigenbeitrag angesprochen, unbedarft sind. (Zu Recht ist Bonhoeffer im Gotteslob vertreten.)
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Raphael

Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Raphael »

Romanus hat geschrieben:
Freitag 14. Juli 2017, 10:53
Ein scharfsinniger Text, den man mehrmals in Ruhe lesen muss.
Hier muß ich allerdings trotz allem Verständnis für ökumenische Bemühungen Einspruch einlegen. :doktor:

Der Text ist inhaltlich falsch und weist auch noch in eine falsche Richtung.

Inhaltlich falsch, weil der Mensch eben nicht nur Sünder ist.
Es gibt Momente, und seien sie auch noch so kurz, in denen er ohne Sünde ist. Einer dieser Momente ist bspw. direkt nach der Absolution des Beichtsakramentes. Die Sünden sind dann getilgt, sie sind nicht mehr existent. Und zwar ganz konkret bei demjenigen, der ernst und aufrichtig alle seine Sünden bekannt hat und dem der Priester die Absolution erteilt hat. Etliche werden jetzt einwenden, daß diese Momente der Sündenfreiheit nur wenige sind. Aber sie reichen aus, um diese protestantische Festlegung des simul iustus et peccator zu widerlegen.

In die falsche Richtung weist er, weil er mit keiner Silbe darauf hinweist, daß die Sünde zu bekämpfen ist, daß man das Sündigen unterlassen soll. Jeder, der den Kampf gegen die Sünde geführt hat, wird wissen, daß es am Anfang sehr schwer ist, einen Sieg zu erringen. Aber auch hier gilt: Steter Tropfen höhlt den Stein! Je länger man gegen die Sünde ankämpft, umso leichter fällt der Verzicht auf das sündige Verhalten.

Bei wohlwollender Interpretation könnte man, das "tapfer sündigen" so interpretieren: Es soll vielleicht gemeint sein, daß man die Sünde nicht leugnet, sie nicht verdrängt, sondern eben zu ihr steht und sie - zumindest in der Beichte - auch bekennt. Aber wenn das so gemeint gewesen sein sollte, warum sagt man das dann nicht so? :achselzuck:
Klarheit gehört auch zum Kampf gegen die Sünde und nicht das wortreiche Herumschwurbeln!

Romanus
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Raphael hat geschrieben:
Freitag 14. Juli 2017, 11:34
Romanus hat geschrieben:
Freitag 14. Juli 2017, 10:53
Ein scharfsinniger Text, den man mehrmals in Ruhe lesen muss.
Hier muß ich allerdings trotz allem Verständnis für ökumenische Bemühungen Einspruch einlegen. :doktor:
Einspruch gewährt. :)
Raphael hat geschrieben:
Freitag 14. Juli 2017, 11:34
Der Text ist inhaltlich falsch und weist auch noch in eine falsche Richtung.
Ich bin da weniger streng (katholisch). :blinker:
Raphael hat geschrieben:
Freitag 14. Juli 2017, 11:34
Inhaltlich falsch, weil der Mensch eben nicht nur Sünder ist.
Stimmt schon, aber ich denke, dass es einfach die Absicht Bonhoeffers war, Luther zu rehabilitieren. Dabei hat Bonhoeffer den Kontrast aus Gnade als Resultat und Gnade als Voraussetzung geschaffen und ihn in Beziehung zum gefallenen Sünder gesetzt, um zu verdeutlichen, dass Luther missverstanden wurde. Treue Gnade als Resultat erhält der Sünder, der seine Sünde bekämpft; durch die billige Gnade, die als Voraussetzung gedacht wird, bleibt alles beim Alten und das Christentum verweltlicht. Bonhoeffer wollte m. E. vor allem klären, dass es Luther aber um die treue Gnade ging.

Du hast ja auch schon richtig bemerkt, dass Bonhoeffer nicht zwischen Gnade und Barmherzigkeit differenziert, dennoch kann ich erkennen, dass der Aufsatz in sich rund ist. Das was ihn sperrig macht, ist u. a. der sehr eng gefasste Gebrauch des Begriffes Sünder, den er in die Formel Mensch = Sünder gießt. Das kann man sich verdeutlichen, indem man in dem bereits oben zitieren Satz, Du bist ein Sünder, so sei nun auch ein Sünder, wolle nicht etwas anderes sein, als was du bist, ja werde täglich wieder ein Sünder und sei tapfer darin, das Sünder durch das Wort Mensch austauscht. Es heißt dann:

Du bist ein Mensch, so sei nun auch ein Mensch, wolle nicht etwas anderes sein, als was du bist, ja werde täglich wieder ein Mensch und sei tapfer darin.
Raphael hat geschrieben:
Freitag 14. Juli 2017, 11:34
Klarheit gehört auch zum Kampf gegen die Sünde und nicht das wortreiche Herumschwurbeln!
Ja eben! Deswegen habe ich die Worte Jesu zitiert, um eine Lanze für den Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils zu schlagen und nicht bei der Debatte um die Rechfertigungslehre zu landen. Bonhoeffer ist hier gar nicht so wichtig.

Die kurzen Momente der Sündenfreiheit nach der priesterlichen Absolution, von denen du schreibst, um diese nicht nur zu wissen, sondern sie mit konzentrierter Wachsamkeit wahrzunehmen, hilft dabei, dass diese sich in einem selbst immer weiter ausdehnen bzw. vertiefen und dadurch zum Ansporn werden. Nach der Beichte als erstes das Smartphone zu zücken, lenkt da nur ab. Nach der Beichte, dem Gottesdienst oder dem Gebet die alltägliche Routine abzuspulen, ist kontraproduktiv, weil das Wesen von Sünde auf schlechten Gewohnheiten basiert und die entsprechenden Begierden triggert.
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Nun haben die Reformatoren in dem Punkt Recht, wo sie auf die Bedeutung des Kreuzes Jesu hinweisen. Das ist eine zwingende Bedingung dafür, dass wir gerettet werden können. Alles andere, was historisch danach an Heilswegen in der Kirchengeschichte dazu kommt, wurzelt darin. Zudem gebührt Gott große Anerkennung und unermesslicher Dank dafür, dass ER sich für uns opferte. Keine menschliche Religion könnte auch nur auf den Gedanken kommen, dass ein Gott Sich für sterbliche Menschen opfert. Da war es immer umgekehrt: Menschen opferten Gaben der Ernte, Opfertiere oder mitunter auch Gefangene oder "Freiwillige", um ihre Götter zu besänftigen. Das hat der Gott Abrahams anders vorgesehen. Das zeigt, dass die christliche Religion vom lebendigen Gott kommt, der mehr ist (und mehr Wege kennt), als menschliche Phantasie sich vorstellen vermag.

Die Reformatoren haben aber übersehen, dass der Logos generell das Licht der Menschen ist, wie der Johannesprolog zeigt. Der Johannesprolog geht erst auf die Situation unabhängig von dessen Menschwerdung ein. Mal eine Gegenwartsformulierung des Johannesprologs:
"3 Alle Dinge werden durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe wird nichts gemacht, was ist. 4 In ihm ist das Leben, und das Leben ist das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen."
Die Schöpfungstätigkeit des Logos ist der Grund für die Existenz der Menschen. Sie sind (und werden) durch ihn erschaffen. Deshalb können die Menschen einen Eigenbeitrag dazu leisten, Jesus als den Christus zu erkennen und da dies wunderbare Licht wieder zu erleben, das wahrscheinlich viele als Kleinkinder mal erlebten. Der Logos ist nicht nur in Jesus Christus gewesen, sondern auch überall um ihn herum. Diesen Baustein der Bibel haben die Reformatoren übersehen. Sola Scriptura hieß bei ihnen nicht "die Bibel als Ganzes", sondern "mein Lieblingsbibelvers in meiner Lieblingsübersetzung". Die Bibel ist immer als Ganzes zu lesen, so wie menschliche DNA erst mit allen 23 Chromosomen vollständig ist, aber ein einzelnes zu wenig ist. Es braucht viel Geduld und Ruhe des Heiligen Geistes, um die Bibel als Ganzes zu lesen und auch in ihren mündlichen Aspekten zu erfahren. Denn die Worte darin sind mehr als die Buchstaben, weil Gottes Wort mehr ist als Menschenwort.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Samstag 15. Juli 2017, 01:01
Die Reformatoren haben aber übersehen, dass der Logos generell das Licht der Menschen ist, wie der Johannesprolog zeigt.
Die Reformatoren hatten generell ein Problem mit dem Logos, denn sie waren durch die Bank Anti-Hellenisten! :doktor:

Ich weiß, daß das scharf formuliert ist, aber die Dinge müssen einmal auf den Punkt gebracht werden. 8)
Die ganze Reformation war ein Projekt der Enthellenisierung des Christentums:
"Back to the roots!" oder "Wir wollen das Urchristentum!" würde man vermutlich heute sagen.

Dabei ist insbesondere die Identifizierung der Person Jesus Christus mit dem Logos-Begriff aus der griechischen Philosophie DIE geniale Erkenntnis in der patristischen Theologie. Daher weiß man als Christ, was Jesus gemeint hat, als er sagte: Der Paraklet wird Euch immer tiefer in die Wahrheit führen! (Joh 16, 13) Und ich rede hier ganz bewußt von Wissen, denn diese Erkenntnis ist bereits dem Vernünftigen zugänglich und nicht nur dem Gläubigen.
Daher - und das ist meines Erachtens unumstößlich - ist die protestantische Theologie ein Rückschritt hinter das, was bereits von den Kirchenvätern gelehrt worden war.

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:
Samstag 15. Juli 2017, 06:31
Die Reformatoren hatten generell ein Problem mit dem Logos, denn sie waren durch die Bank Anti-Hellenisten!
Stimmt, deshalb haben sie auch elementare Teile der Bibel rausgeschnitten, weil sie nicht im masoretischen Text enthalten waren. Dadurch fehlen Jesus Sirach, Weisheit Salomos, Tobit, Makkabäer, die eine Brücke zwischen dem frühen Judentum und dem Neuen Testament sind. In der Zeit der persischen und hellenistischen Herrschaft hat sich Israel weiter entwickelt, und das wird durch die oben genannten Bücher vielfach verdeutlicht. Darin sind weitere Stellen enthalten, die auf die Präexistenz des Logos vor Jesus weisen.
Raphael hat geschrieben:
Samstag 15. Juli 2017, 06:31
Dabei ist insbesondere die Identifizierung der Person Jesus Christus mit dem Logos-Begriff aus der griechischen Philosophie DIE geniale Erkenntnis in der patristischen Theologie.
Ja. Es ist ein wichtiger Teil des johanneischen Evangeliums (inkl. der Briefe) und ist für das Verständnis des Abendmahls wichtig, das mit dem Gleichnis des Sämanns, mit Jesu Aussage "Der Mensch lebt vom Wort Gottes" (in der Versuchung durch den Teufel) und "Ich bin das Brot des Lebens" zusammen hängt.

Wir haben es zur Zeit Jesu mit einer starken hellenistisch-jüdischen Entwicklung zu tun, die ganz eigene Früchte hervorbrachte, die weder das reine Griechentum noch das hebräische Judentum bewerkstelligt hätte. Die moderne historisch-kritische Schriftexegese wirft dem Johannes-Evangelium vor, sich durch hellenistische Einflüsse vom historischen Jesus zu entfernen. Dabei übersieht sie, dass das Judentum schon griechische Prägungen entwickelt hatte, die eine Wurzel für hellenistisch-jüdisch-christliche Entwicklungen werden konnte. Der historische Jesus war stärker hellenistisch-jüdisch, als es heute konstruiert wird. Dazu kommt seine göttliche Natur, die ebenso historisch war, auch wenn es dem Weltbild heutiger Theologen widerspricht.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Die Frage ist ja zunächst einmal: Was ist das Heil? Worin besteht das Heil?

Es hilft dem Menschen ja nichts, wenn Gott noch so viel Liebe, Barmherzigkeit und Gnade, solange die menschliche Seele von all dem getrennt ist. Die Urwurzel der Sünde ist Misstrauen gegenüber Gott. Das darf es nicht geben, und das muss ausgerottet werden. Abraham war, wie Paulus sagte, durch sein Vertrauen und seinen Gehorsam gegenüber Gott gerechtfertigt vor Gott. Ebenso war Saul, wie Samuel sagt, durch sein Misstrauen und seinen Ungerhosam gegenüber Gott zum Götzendiener geworden.
Wenn also Vertrauen gefordert ist, stellt sich die Frage, in was vertraue ich bei Gott? Luther bezog das auf das Vertrauen gegenüber der Verheißung, dass mit dem Kreuz Jesu Christi alle Sünden gesühnt sind, die vom Himmel trennen. Das ist sicher ein wichtiger Aspekt der Apostel, der Beachtung verdient, aber das Evangelium kann darauf nicht verengt werden.
Vielmehr geht es darum, dass die transzendente Liebe, Barmherzigkeit und Gnade Gottes durch den Sohn Gottes vermittelt werden und dadurch ein reines, geläutertes Vertrauen in die Gesinnung Gottes entsteht. Gott, Jesus ist der Retter, der die Seele erobern will und umformen will. Wenn ich ein marodes Haus renovieren will, habe ich viel Arbeit vor mir, das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Ich fange irgendwo an und arbeite mich überall durch. So ist es auch mit dem Heil durch Gott, dass es Stück für Stück mehr Raum in der Seele einnimmt und sie damit erfüllt. Damit Gottes Barmherzigkeit nicht allein da draußen sei, sondern (durch Christus) auch in mir. Dafür braucht es meine Bereitschaft, Gott zu empfangen und die Bereitschaft Gottes, in mir wohnen zu wollen. So gibt es zwei Seiten, die Beiträge zum Heil leisten.
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Romanus
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Pilgerer hat geschrieben:
Samstag 15. Juli 2017, 01:01
Die Schöpfungstätigkeit des Logos ist der Grund für die Existenz der Menschen. Sie sind (und werden) durch ihn erschaffen. Deshalb können die Menschen einen Eigenbeitrag dazu leisten, Jesus als den Christus zu erkennen und da dies wunderbare Licht wieder zu erleben, das wahrscheinlich viele als Kleinkinder mal erlebten.
Die Voraussetzung, das Licht zu erleben, ist von Gott gewollt und jedem möglich. Jesus sagt dazu: „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Markus 10, 15). Die Aussage impliziert, dass derjenige, der in das Reich Gottes kommen will, einen Eigenbeitrag dazu leisten muss. Dabei hat Jesus die genuine Unschuld des Kindes im Sinn, das im Kontrast zu seinen Eltern noch unverdorben ist. Die meisten Eltern verhalten sich utilitaristisch statt wachsam für die spezifischen Veranlagungen ihres Kindes zu sein.

Bei allem geht es Jesus weniger um das Kindsein gemessen an den Lebensjahren als vielmehr um die (Wieder-)Erlangung der kindlichen Unschuld und das (Wieder-)Auffinden der Talente und Begabungen, die in jedem Lebensalter, also auch beim Greis, lebenslange Aufgaben sind. „Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes“ (Markus 10, 14), weiß Jesus. Wenn Jesus mithin Menschen dazu auffordert, zur Erlangung des Heils wie Kinder zu werden, ist freilich keine geistige Rückentwicklung, sondern die Rückbindung an den Logos gemeint, der im Alltag viel zu sehr vernachlässigt wird.

Vor dem Vaterunser in der Heiligen Messe wird die Gemeinde an das Kindsein erinnert:

Wir heißen Kinder Gottes und sind es. Darum beten wir voll Vertrauen:

Oder:

Wir haben den Geist empfangen, der uns zu Kindern Gottes macht. Darum wagen wir zu sprechen:

Vater unser im Himmel [...].
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Romanus hat geschrieben:
Dienstag 18. Juli 2017, 08:50
Wenn Jesus mithin Menschen dazu auffordert, zur Erlangung des Heils wie Kinder zu werden, ist freilich keine geistige Rückentwicklung, sondern die Rückbindung an den Logos gemeint, der im Alltag viel zu sehr vernachlässigt wird.
Den Sündenfall und die Sintflut erleben Kinder in ihrer Weise wahrscheinlich nach. Das kollektive Erleben der gesamten Adams-Menschheit spiegelt sich auch im individuellen Erleben, weil das Einzelne das Ganze repräsentiert und umgekehrt. Kinder sind am Anfang ihres Lebens schon erwachsener, als man denkt, und sie machen vom freien Willen bereits Gebrauch. Am Anfang steht der freie Wille, doch der freie Wille begibt sich in die Knechtschaft/Gefangenschaft der Sünde, weil sie Macht und andere Vorteile verspricht. Zum Beispiel indem das moralische Fehlverhalten der Eltern (z.B. Süchte und zwanhaftes Verhalten aller Art), das Kinder sehr deutlich als falsch wahrnehmen, übernommen wird. Das ist eine wichtige Form der praktizierten Erbsünde, weil sie in der Familie von Generation zu Generation als Erbstück weiter gegeben wird.
Zugleich besteht diese Form der praktizierten Erbsünde aus vielerlei "Teufelskreisen", durch das sie sich erhält, Abhängigkeiten und Wiederholung der Sünde schafft. Aus diesen Teufelskreisen will Gott uns befreien, indem er Jesus Christus mitten in unser Herz sendet, wo Er uns den Weg der Erlösung weist durch Ihn und mit Ihm zum Vater im Himmel.
"34 Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. 36 Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei." (Johannes 8)
Die persönliche Herausforderung ist hier, sich auf Gottes Angebot einzulassen, sich für das Heil durch Jesus Christus zu entscheiden. Das ist etwas, worauf die Täuferbewegungen (Mennoniten, Baptisten ...) wert legten, weshalb sie stärker als Luther und Calvin den Eigenbeitrag in der freien Entscheidung beton(t)en. Die eigentliche Entscheidung geschieht jedoch zumeist unsichtbar für die Menschen, aber sichtbar für Gott.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

Raphael

Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Raphael »

Pilgerer hat geschrieben:
Mittwoch 19. Juli 2017, 15:38
Die eigentliche Entscheidung geschieht jedoch zumeist unsichtbar für die Menschen, aber sichtbar für Gott.
Hier möchte ich noch 'mal kurz einhaken:
Dies ist zwar für die Entscheidung selber richtig, jedoch hat eine solche Entscheidung immer sichtbare Folgen. Sollten diese sichtbaren Folgen ausbleiben, dann kann und darf vermutet werden, daß die Entscheidung entweder gar nicht oder aber in die falsche Richtung gefallen ist.

Eine Religionszugehörigkeit, und das gilt nicht nur für das Christentum, die keine sichtbaren Folgen zeitigt, ist keine Religionszugehörigkeit! :ja:

Zu den sichtbaren Folgen gehören - so belehrt schon die Hl. Schrift - das Tun des Gläubigen:
So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat. (Jak 2, 17)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Raphael hat geschrieben:
Donnerstag 20. Juli 2017, 07:18
Dies ist zwar für die Entscheidung selber richtig, jedoch hat eine solche Entscheidung immer sichtbare Folgen.
Das stimmt, die Entscheidung hat sichtbare Folgen. Wenn wir uns auf den Weg "Jesus Christus" zu Gott einlassen, befreit er uns von der Macht der Gewohnheiten, der Süchte, der Sünde, der zwanghaften Bosheit etc. und befähigt uns, gerechter zu werden. Dazu kommt eine positivere Einstellung zu Kirche, Christen, Gott, weil die Erleuchtung, die durch Jesus Christus entsteht, ein Verständnis schafft, das den anderen, "die im Dunkeln sitzen", verborgen bleibt. Wenn jemand dann bereit ist, durch das sakramentale Tor der Taufe der Kirche (=Reich Gottes) beizutreten, ist das ein großer Schritt. Die, die bereits als Kinder getauft sind und das christlche Leben erfahren haben, haben immer wieder die Gelegenheit, zum kirchlichen Leben zurück zu kehren und sich zu beteiligen.
"6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. 7 Wenn ihr mich erkannt habt, so werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Und von nun an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen."
Gott hat diesen Weg des Heils geschaffen, und es liegt am Menschen, diesen Weg zu gehen. Eigentlich ist dies auch der Weg zur zwischenmenschlichen Versöhnung. Denn ich kann meinen Mitmenschen erst dann erkennen, wenn ich Gott erkannt habe, der im Mitmenschen unerkannt ist und ihn als Ebenbild Gottes erschaffen hat. Der Blick vom Vater her auf einen Mitmenschen offenbart ein völlig anderes Wesen, als wenn ich mit meinen Gedanken und Augen auf ihn schaue. Für die Beziehung zum Mitbruder in Christo gilt das noch mehr.
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Pilgerer hat geschrieben:
Mittwoch 19. Juli 2017, 15:38
Romanus hat geschrieben:
Dienstag 18. Juli 2017, 08:50
Wenn Jesus mithin Menschen dazu auffordert, zur Erlangung des Heils wie Kinder zu werden, ist freilich keine geistige Rückentwicklung, sondern die Rückbindung an den Logos gemeint, der im Alltag viel zu sehr vernachlässigt wird.
Am Anfang steht der freie Wille, doch der freie Wille begibt sich in die Knechtschaft/Gefangenschaft der Sünde, weil sie Macht und andere Vorteile verspricht. Zum Beispiel indem das moralische Fehlverhalten der Eltern (z.B. Süchte und zwanhaftes Verhalten aller Art), das Kinder sehr deutlich als falsch wahrnehmen, übernommen wird. Das ist eine wichtige Form der praktizierten Erbsünde, weil sie in der Familie von Generation zu Generation als Erbstück weiter gegeben wird.
Die praktizierte Erbsünde ist leider Realität, aber vielen Erwachsenen nicht bewusst. Damit verbinde ich die (steile) These, dass ein spezifisches Ausmaß an Neurotizität, welches von Generation zu Generation weitergegeben wird und sich in einem Menschen potenziert, am Ende dazu führt, dass Familien aussterben. Das ist insbesondere in saturierten Gesellschaften wie der unsrigen zu beobachten, wo die Geburtenrate nicht zuletzt wegen der praktizierten Erbsünde sinkt. Wird ein bestimmter Peak überschritten, sind Menschen nicht (mehr) in der Lage, aufgrund ungünstiger Lebensumstände, das Rüstzeug für eine psychologisch gesunde Nachkommenschaft bereitzustellen.
Pilgerer hat geschrieben:
Mittwoch 19. Juli 2017, 15:38
Zugleich besteht diese Form der praktizierten Erbsünde aus vielerlei "Teufelskreisen", durch das sie sich erhält, Abhängigkeiten und Wiederholung der Sünde schafft. Aus diesen Teufelskreisen will Gott uns befreien, indem er Jesus Christus mitten in unser Herz sendet, wo Er uns den Weg der Erlösung weist durch Ihn und mit Ihm zum Vater im Himmel.
Die Herausforderung besteht m. E. n. darin, dass unreflektierte Verhaltens- bzw. Persönlichkeitsstörungen zu einer Verhärtung führen, infolgedessen Jesus Christus – Gott, die Liebe – die Herzen nur schwer erreicht. Der Eigenbeitrag besteht darin, sich im Licht des Evangeliums zu reflektieren. Jesus sagt entsprechend: „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit alle, die mich annehmen, nicht im Dunkeln bleiben“ (Johannes 12,40). Mit verstockten Herzen und der Notwendigkeit der Herzöffnung hat sich auch Papst Franziskus in einer römischen Frühmesse im Januar 2015 auseinandergesetzt. Wie könnte es auch anders sein. :ja:
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Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Romanus hat geschrieben:
Donnerstag 20. Juli 2017, 15:53
Die praktizierte Erbsünde ist leider Realität, aber vielen Erwachsenen nicht bewusst. Damit verbinde ich die (steile) These, dass ein spezifisches Ausmaß an Neurotizität, welches von Generation zu Generation weitergegeben wird und sich in einem Menschen potenziert, am Ende dazu führt, dass Familien aussterben.
Das ist die babylonische Gefangenschaft der Menschheit, von der Jesaja und Jeremia sprechen, und für die Israels historische Gefangenschaft in Babylon ein reales Gleichnis war. Die Gefangenschaft besteht aus a) dem Weltbild und b) der Wahrnehmung der Welt. Wer in dem Gefängnis ist, glaube daran, dass er nicht aus dem Gefängnis ausbrechen kann. Er nimmt zugleich wahr, dass er keinen Ausweg sieht.

Worin besteht nun das babylonische Gefängnis? Im wesentlichen aus dem fehlenden Blickkontakt zu Gott. In seiner Seligpreisung sagt Jesus: "Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen" (Matthäus 5,8). Das geht auch umgekehrt: "Selig sind, die Gott schauen, denn sie sind reinen Herzens". Wer Gott schaut, hat ein reines Herz. Wer Gott nicht schaut, gerät in ein Weltbild, in dem Defizite, Mangel, Tod, Sünde existieren. Darum ist Gott auch zu dem Zweck Mensch geworden, damit die gefallenen Menschen durch Jesus wieder Gott schauen können und Er dadurch ihr Herz reinigen kann. Durch Jesus Gott schauen, ist wie ein Fegefeuer auf Erden. Wenn wir Gott schauen, befreit Er uns auch zu Möglichkeiten, die wir vorher nicht sahen. Es wird ein Niveau an Gerechtigkeit, Tugenhaftigkeit und Talenten sichtbar, das ungleich höher ist, als was fleischliches Denken sich vorstellen kann.
Darum sind Jesus-Ikonen, Jesus-Hostien, Jesus im Gebet und seine Worte im Evangelium eine Brücke zu Gott. Es liegt an uns, uns dem zuzuwenden und Gott durch Jesus schauen zu lernen. Viele Christen sind faul. Die klassisch-evangelischen ruhen sich auf ihrer Heilsgewissheit "allein durch Glauben" aus. Andere Christen machen diese Wahllfahrt, machen jene diakonische Tat, aber suchen nicht Gott zu schauen, sondern wollen sich gut katholisch oder christlich fühlen. Es ist anstrengend, sich Gott zuzuwenden und dadurch läutern zu lassen. Aber es macht dann auch einen Unterschied. Das Heil ist anstrengend, weil dazu die Seele verändert werden muss. Sie wird zu einer Freiheit befreit, die davor nicht vorstellbar wird. Dieser Prozess ist schmerzhaft und gut zugleich.
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Romanus »

Ich möchte hier einmal User Lycobates (aus dem Thread „Alles zum Bußsakrament/Beichte 2.0“) zitieren:
Mit "einem früheren Leben" ist das Leben vor der letzten Beichte, bzw. bei längeren Abschnitten, vor der mit einer Generalbeichte abgeschlossenen Bekehrung gemeint.
Eine in der Aszetik geläufige Ausdrucksweise.
Obwohl der Begriff Aszetik in der heutigen Theologie nicht mehr geläufig ist, stellt sie aus meiner Perspektive ein Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils dar. Bezeichnend finde ich, dass die Aszetik, die heutzutage in die Spirituelle Theologie Einzug gehalten haben soll, zumindest bei Wikipedia keinen eigenen Eintrag enthält. Ich vermute, dass das daran liegt, dass ihre theoretische Fundierung derart komplex ist, dass sie, ohne sie seelsorglich und psychologisch für das Menschsein von heute nutzbar zu machen, nur schwerlich für Katholiken einsichtig wäre. Als Straight Edger fühle ich eine Wesensverwandtschaft zur Aszetik. Wenn ich nun die österliche Bußzeit als Überbleibsel der Aszetik betrachte, frage ich mich, ob die Kirche das nicht deutlicher als „spiritueller“ Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils herausstellen müsste.
„Die Kirche ist ein Kind der Zeit, Gott aber nicht, und der Bischof von Rom, sein Stellvertreter, kann zeitlichen Mächten nicht dienlich sein.“ (Andreas Kilb)

Pilgerer
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Pilgerer »

Ein wichtiger Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils ist, die Gesinnung Jesu zu übernehmen. Das heißt die Bereitschaft, wie Jesus für die Sünder zu leiden und ihre Sünden auf sich zu nehmen.

Das gilt für die Sünden der Eltern, der Geschwister, der Schulkameraden etc. und aller anderen Leute, die an uns im Lauf des Lebens so oder so gesündigt haben. Das Leid, was ich da erfahre, kann ich als die Sühne anerkennen, die für die Sünde notwendig ist. Denn es entspricht genau der Größe der Sünde und vermag sie deshalb zu sühnen.
Wer nun die Kraft dazu nicht hat, selbst die Sühne anzuerkennen, kann dennoch anerkennen, dass Jesus für die eigenen Schuldiger alles gesühnt hat. Ich brauche also niemandem mehr in meinem Leben irgendwas übelnehmen, sondern kann ganz sicher sein, dass Jesus für alles 100% gelitten und gesühnt hat.

Darüber hinaus können wir das Kreuz da vergegenwärtigen, wo wir aufgrund des Christseins und ähnlichem Schmähungen, Verachtung oder dergleichen erfahren. Da sind wir ganz eng mit Jesu Kreuz verbunden, auch wenn es sehr viel harmloser und leichter als sein Leid ist. "14 Selig seid ihr, wenn ihr geschmäht werdet um des Namens Christi willen, denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruht auf euch." (1. Petrus 4)
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Tinius
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Re: Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils

Beitrag von Tinius »

Pilgerer hat geschrieben:
Mittwoch 16. August 2017, 23:37
Ein wichtiger Eigenbeitrag zur Erlangung des Heils ist, die Gesinnung Jesu zu übernehmen. Das heißt die Bereitschaft, wie Jesus für die Sünder zu leiden und ihre Sünden auf sich zu nehmen.

Das ist jetzt eine Privatoffenbarung oder was?
Katholisch oder semi-katholisch? :hae?: :hae?: :hae?: :hae?: :hae?: :hae?:

Oder gar nicht katholisch?

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