Ich habe fertig gelesen.
Die Enzyklika ist ziemlich vielschichtig. Teils hat man den Eindruck, hier will sich jemand mal so richtig auskotzen. Da wird nicht an Kritik an Wirtschaftssystemen, Finanzsystemen, Forschung, technologischem Fortschritt, multinationale Unternehmen und vielem mehr gespart.
In der „Beschreibung“ des aktuellen Zustandes der Welt werden unreflektiert bestimmte Mehrheitsneinungen übernommen, Ängste geschürt und schwarzgemalt. In den Lösungsansätzen am Ende der Enzyklika wird das grüne Mantra von alternativen Energien nachgebetet.
Hin und wieder fühle ich mich auch an Dinge, wie etwa die
Gaia-Hypothese erinnert, die hier in gegenteiliger Form präsentiert wird, obwohl in den Gedankengängen ein starker Holismus vorherrscht. Dabei ist der Ansatz einer „ganzheitlichen Ökologie“ sicher nicht ganz falsch.
Die Feststellung, daß es keine zwei Krisen gibt (Umwelt und Gesellschaft), sondern nur eine sozio-ökologische Krise, erscheint eher statutarisch als logisch begründet. Hier regiert in der Nicht-Argumentation die Macht des Faktischen. Hier scheint der „südamerikanische Standpunkt“ durch. Ja, bei der Beschreibung von Kleinbauern sieht man förmlich vor dem geistigen Augen ein paar Gauchos durch die Gegend reiten.
Manche Aussagen zu Wirtschaftlichen Verhältnissen und Wege aus der Krise klingen einigermaßen sozialistisch. Sie hätten auch von Marx (dem Karl, nicht dem Reinhard) stammen können. Manchmal entsteht der Eindruck als laute eine der Grundidee: „Früher war alles besser. Auf und zurück in die vorindustrielle Zeit“, die aber, weil sie de facto nicht durchsetzbar ist, zu einer handzahmen Technologiebremse umgemünzt wird.
In wie weit der Papst die Staatenlenker im Blick hat, auf daß sie lenkend (durch Ge- und Verbote) in Forschung, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur usw. bis hinein ins Privatleben eingreifen, bleibt unklar.
Ebenso unklar bliebt der unübersetzt gebliebene Ausdruck
„leadership“, dessen Nicht-Existenz er zu bedauern scheint. Hier entsteht der Eindruck, daß der Ruf nach einer Welt-Öko-Polizei laut wird. Auf der anderen Seite setzt er aber auch auf das Subsidiaritätsprinzip, sowohl auf lokaler Ebene als auch im Blick auf einzelne Staaten, was allerdings nur der Tatsache geschuldet ist, daß es (derzeit) keine internationalen Vereinbarungen zum Umweltschutz gibt: Wenn es international nicht geht, dann soll wenigstens jeder nach seinen Möglichkeiten mitarbeiten.
Im sechsten Kapitel (Ökologische Erziehung und Spiritualität) setzt der Papst auf Umerziehungsmaßnahmen und dort auf eine „ökologische Ethik“ und einer Erziehung zur Umweltverantwortung. Dabei setzt er auf Schule, Familie, Kommunikationsmittel und Katechese. Eine rundum-sorglos Indoktrination. (Schade, daß er das nicht für katholische Glaubensinhalte fordert). Im Bereich der Spiritualität spricht er von einer „ökologischen Spiritualität“ und insgesamt „Kultur der Achtsamkeit“ (ja, Achtsamkeit, diesem Esoteerikschlagwort).
An das Ende setzt der Papst dann noch zwei Gebete: eines, daß alle beten können sollen, die an einen Schöpfergott glauben und ein spezifisch christliches. In beiden Gebeten wird – kaum verwunderlich – ziemlich viel geplappert.
Insgesamt ist das Schreiben keine striktes Schreiben in Glaubens- und Sittenfragen, was den Grad der Verbindlichkeit tangiert (vgl.
HIER). Es ist eher eine politische Schrift mit Anklängen an kirchliche Soziallehre. In manchen Teilen ist es auch eher eine grüne Propagandaschrift.
Alles in allem hätte man – wie immer in den letzten Jahr(zehnten) – das Ganze auch auf max. 1/5–1/4 des wertvollen Rohstoffs Papier unterbringen können.