Lügen - wann erlaubt?

Fragen, Antworten, Nachrichten.
Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Lügen - wann erlaubt?

Beitrag von roncalli »

In einem anderen Thread haben wir festgestellt, dass in der Bibel sogar ein Erzengel lügt, also bewusst die Unwahrheit sagt (Erzengel Rafael im Buch Tobit).
In der kath. Moraltheologie gilt die Lüge traditionell als "res mala in se", also als eine Sache, die unter keinen Umständen erlaubt sein kann.
Was meint ihr dazu?
Darf man manchmal lügen?
Muss man vielleicht sogar manchmal lügen?

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Der Luther hat ja wenigstens die Notlüge erlaubt, aber da war er wohl schon nicht mehr katholisch.

In den Geboten ist das Lügen verboten und es ist auch nirgends eine Ausnahme vorgesehen. Da Gott die Wahrheit ist, ist Lüge nicht erlaubt. Es ist aber bekannt, dass z.B. Heilige da und dort diplomatisch geantwortet haben, was zwar keine Lüge war, aber auch nicht die ganz ungeschminkte direkte Wahrheit.
Zuletzt geändert von Edi am Mittwoch 6. Oktober 2004, 20:42, insgesamt 3-mal geändert.

Andreas01
Beiträge: 243
Registriert: Dienstag 10. August 2004, 16:32

Re: Darf man lügen?

Beitrag von Andreas01 »

roncalli hat geschrieben:In einem anderen Thread haben wir festgestellt, dass in der Bibel sogar ein Erzengel lügt, also bewusst die Unwahrheit sagt ?
Provokative Frage:
Die Evangelischen haben deshalb das Buch Tobit aus dem Kanon geworfen? Zu Recht?

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Re: Darf man lügen?

Beitrag von roncalli »

Andreas01 hat geschrieben:
roncalli hat geschrieben:In einem anderen Thread haben wir festgestellt, dass in der Bibel sogar ein Erzengel lügt, also bewusst die Unwahrheit sagt ?
Provokative Frage:
Die Evangelischen haben deshalb das Buch Tobit aus dem Kanon geworfen? Zu Recht?
Ja, ein Freikirchen-Mitglied hat mir einmal diese Begründung geliefert. Trifft ja auch auf das Buch Judit zu (diese große Heldin lügt ja auch sehr effektiv). Und 2 Makk lehnen sie u.a. wegen des Schlusskapitels ab ("Unterhaltungsliteratur").

PS: Als eingefleischter Katholik sage ich natürlich: Gott kann auch durch solche Bücher sprechen, ja sogar durch den jesusfeindlichen Hohenpreister Kajaphas (Joh 11,50-51) und den Esel Bileams!

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Edi hat geschrieben:Der Luther hat ja wenigstens die Notlüge erlaubt
Weißt du wo und wie?

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

So genau weiss ich das nicht mehr, aber es steht in der kleinen Kirchengeschichte von Remigius Bäumer. Luther hat ja dem hessischen Landgrafen Philipp die Bigamie erlaubt, d.h. er hat ihm neben seiner Frau eine zweite angetraut und da dies sonst die Bauern, wie er meinte, auch nachmachen würden, sollte das verschwiegen werden.
Es gibt darüber auch eine theologische Arbeit, die das Thema in Bezug auf Luther, evtl. auch allgemein abhandelt. Die wird auch in der kl. Kirchengeschichte erwähnt.

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Edi hat geschrieben:So genau weiss ich das nicht mehr, aber es steht in der kleinen Kirchengeschichte von Remigius Bäumer. Luther hat ja dem hessischen Landgrafen Philipp die Bigamie erlaubt, d.h. er hat ihm neben seiner Frau eine zweite angetraut und da dies sonst die Bauern, wie er meinte, auch nachmachen würden, sollte das verschwiegen werden.
Es gibt darüber auch eine theologische Arbeit, die das Thema in Bezug auf Luther, evtl. auch allgemein abhandelt. Die wird auch in der kl. Kirchengeschichte erwähnt.
Na ja, das Verschweigen wäre ja noch keine Lüge. (Die Bigamie schon.)

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Naja, die Tat selber ist nicht die Sünde, sondern der Gedanke der dahinter steht. Wenn die Intention Egoistisch ist, ist es Sünde, wenn sie aber z.B. dazu dient ein Menschenleben zu retten o.ä. liegt dies wohl in der Entscheidungsfähigkeit des Gwissens. Alzu strenge Buchstabengtreue auslegung führt meist zu falscher auslegung, Gott hat uns ein Gewissen gegeben und seinen Beistand, man sollte schon meinen das es da möglich ist über den Rand der Druckerschwärze hinauszusehen.
Die Schriftgelehrten und Pharisäer aber beobachteten ihn, ob er am Sabbat heile, um einen Grund zu finden, ihn anzuklagen. Doch er erkannte ihre Gedanken und sagte zu dem Mann mit der verdorrten Hand: "Steh auf und stelle dich in die Mitte!" Er stand auf und stellte sich hin. Da sagte Jesus zu ihnen: "Ich frage euch: Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder umkommenzulassen?"
oder auch Paulus
Jetzt aber sind wir frei vom Gesetz und durch den Tod seiner Fesseln entledigt. Nunmehr dienen wir in neuem Geist, nicht mehr im alten des Buchstabens.

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

roncalli hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:So genau weiss ich das nicht mehr, aber es steht in der kleinen Kirchengeschichte von Remigius Bäumer. Luther hat ja dem hessischen Landgrafen Philipp die Bigamie erlaubt, d.h. er hat ihm neben seiner Frau eine zweite angetraut und da dies sonst die Bauern, wie er meinte, auch nachmachen würden, sollte das verschwiegen werden.
Es gibt darüber auch eine theologische Arbeit, die das Thema in Bezug auf Luther, evtl. auch allgemein abhandelt. Die wird auch in der kl. Kirchengeschichte erwähnt.
Na ja, das Verschweigen wäre ja noch keine Lüge. (Die Bigamie schon.)
Wie gesagt, ich weiss die Details nicht mehr so genau. Müsste erst nachsehen.

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Kardinal König hat einmal erzählt, er habe als Priester In St.Pölten vor einem sowjetischen Besatzungssoldaten eine junge Frau als seine Ehefrau ausgegeben und sie so vor der Vergewaltigung gerettet.
Eine vielleicht lebensrettende Falschaussage! Erlaubt oder nicht?

Oder harmloser:
Ein lieber Mensch schenkt euch zu Weihnachten mit großer Liebe etwas völlig Unbrauchbares. Er fragt dich: Kannst du das wohl brauchen? - Wie würdet ihr antworten?
Zuletzt geändert von roncalli am Mittwoch 6. Oktober 2004, 22:19, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Interessante Beiträge gibt es dazu im Rheinischen Merkur:

http://www.merkur.de/aktuell/cw/chrwelt.html

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Ralf hat geschrieben:Interessante Beiträge gibt es dazu im Rheinischen Merkur:

http://www.merkur.de/aktuell/cw/chrwelt.html
Das war der Anstoß zu meiner Frage.

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Der Vatican hat in der Nazizeit Juden in Italien auch Taufscheine ausgestellt, um sie vor den Nazis zu retten. Da seien rund 800.000 Juden gerettet worden wie jüdische Quellen heute bestätigen.
Zuletzt geändert von Edi am Mittwoch 6. Oktober 2004, 21:36, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

In beiden Fällen würde ein Lüge nicht dazu dienen sich selbst einen Vorteil zu verschaffen oder eigene Fehler zu vertuschen, .... Wie kann es also Sünde sein. Die Sünde ist eine Frucht des Bösen und bringt böses hervor, wen jatz also eine Lüge aus Liebe (Nächstenliebe) heraus geschieht, kann die Tat (Lüge) selber wohl kaum Sünde sein. Was man ja dann auch an den Früchten der Lüge erkennt, - keine Vergewaltigung und kein beschämter Freund.
"An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Sammelt man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? Jeder gute Baum bringt gute Früchte, ein schlechter Baum aber bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte tragen, und ein schlechter Baum trägt keine guten Früchte. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. An ihren Früchten also sollt ihr sie erkennen."
Mt 7,16-20

Ralf

Beitrag von Ralf »

roncalli hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Interessante Beiträge gibt es dazu im Rheinischen Merkur:

http://www.merkur.de/aktuell/cw/chrwelt.html
Das war der Anstoß zu meiner Frage.
Das hatte ich mir gedacht. ;)

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Edi hat geschrieben:Der Vatican hat in der Nazizeit Juden in Italien auch Taufscheine ausgestellt, um sie vor den Nazis zu retten. Da seien rund 800.000 Juden gerettet worden wie jüdische Quellen heute bestätigen.
Ist mir sehr sympathisch, scheint mir persönlich sogar moralisch notwendig zu sein.
Aber LThK 1961, Band 6, Sp.1198 hat geschrieben:Augustinus u. Thomas halten jede Lüge für sündhaft. Das kirchl. Lehramt (Synode v. Trosly 909, Alexander III., Innozenz III.) verbietet die Lüge, selbst wenn durch sie das Leben gerettet werden könnte.
Es gab zwar schon früher und gibt auch heute abweichende Theologenmeinungen dazu. Am Ende des Artikels über die Lüge steht daher auch:
LThk hat geschrieben:Eine glatt aufgehende Lösung, wie gewissen Notsituationen zu begegnen ist, gibt es nicht.
Vielleicht bewegt das Lehramt auch hier seinen Standpunkt weiter, zumal der Hl. Stuhl in der Praxis schon anders gehandelt hat.
Im KKK klingt da auch schon etwas an.

Benutzeravatar
Angelika
Beiträge: 1948
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 12:23
Wohnort: Berlin

Beitrag von Angelika »

Edi hat geschrieben:Der Vatican hat in der Nazizeit Juden in Italien auch Taufscheine ausgestellt, um sie vor den Nazis zu retten. Da seien rund 800.000 Juden gerettet worden wie jüdische Quellen heute bestätigen.
Hast du dafür eine Quelle ?

Gruß
Angelika

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Ich habe das entdeckt:
Um retten, was zu retten ist, stellten päpstliche und kirchliche Stellen allein in Ungarn 80.000 Taufscheine für Juden aus, ohne daß ein einziger tatsächlich getauft wurde. Es ging darum, ihnen mit diesem Dokument womöglich das Leben zu retten, was vielfach gelang.
Quelle: http://www.konservativ.de/komm-mit/groppe.htm

(Wie sicher diese Quelle ist, weiß ich nicht. Aber lebensrettende Täuschungen dieser Art hat es sicher gegeben.)

Aber Edi weiß vielleicht mehr.

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

@roncalli Thomas von Aquin schrieb in der summa thelogica
Es ist erlaubt, in kluger Weise die Wahrheit zu verschleiern.
Der KKK sieht hier auch den Hintergrund
Eine Lüge ist mehr oder weniger schwerwiegend gemessen an der Natur der Wahrheit, die sie entstellt, den Umständen, den Absichten dessen, der sie begeht, und den Nachteilen, die den Belogenen daraus erwachsen.
(2484)

Und auch Jeremia log:
Zidkija sagte zu Jeremia: "Niemand darf von diesen Worten etwas erfahren, sonst mußt du sterben. Wenn die Fürsten hören, daß ich mit dir gesprochen habe, und sie zu dir kommen und dir befehlen: Teile uns mit, was du dem König gesagt hast! Verhehle uns nichts und berichte, was der König zu dir gesagt hat, sonst töten wir dich!, antworte ihnen: Ich habe den König flehentlich gebeten, er möge mich nicht mehr in das Haus des Jonatan zurückschicken, damit ich dort nicht umkomme." Als nun alle Fürsten zu Jeremia kamen und ihn fragten, sagte er ihnen alles so, wie der König befohlen hatte. Da ließen sie ihn in Ruhe, weil niemand den Hergang kannte. So blieb Jeremia im Wachthof bis zu dem Tag, da Jerusalem erobert wurde.
(jer 38,24-28)

Wenn also Propheten ne Notlüge verwenden dürfen, dann wohl einfache Christen auch.

LG
Fiore

Benutzeravatar
FioreGraz
Beiträge: 3890
Registriert: Freitag 25. Juni 2004, 19:18
Wohnort: Graz
Kontaktdaten:

Beitrag von FioreGraz »

Die Zahlen kommen von Pinchas Lapide (jüdischer Theologe/Religionsphilosoph und Historiker) in seinem Buch Rom und die Juden wo er min 700.000 wahrscheinlich jedoch mehr als 800.000 nennt.

LG
Fiore

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Angelika hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Der Vatican hat in der Nazizeit Juden in Italien auch Taufscheine ausgestellt, um sie vor den Nazis zu retten. Insgesamt seien rund 800.000 Juden gerettet worden wie jüdische Quellen heute bestätigen.
Hast du dafür eine Quelle ?

Gruß
Angelika

http://www.die-tagespost.de/Archiv/tite ... sp?ID=1963

Peter
Beiträge: 1249
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

Die Forderung Kants – im Rheinischen Merkur zitiert –, nur um das Prinzip der Wahrhaftigkeit aufrecht zu erhalten, den Freund an den hereinstürmenden Mörder zu verraten, ist abschreckend genug. Es zeigt, wohin blindwütiger Moralismus führt.

Von Kants Beispiel ist es nur ein kurzes Stück zum «Kadavergehorsam».

Meine Güte, es ist natürlich nie erlaubt zu lügen! Auch die Notlüge ist eine Lüge. Aber wir leben in einem Lügengeflecht – und ein kleines Beispiel (selbst erlebt) mag verdeutlichen, in welche Gewissenskonflikte man geraten kann.

Ein Bekannter liegt im Krankenhaus; er erwartet eine Operation, die auf Leben und Tod gehen wird, jede Erschütterung kann sogar den Tod bedeuten. Da stirbt, plötzlich und unvorbereitet, der Vater.

Was tun? Die Mutter kann ihren Sohn nicht besuchen; sie ist ein reines Nervenbündel und sie könnte sicherlich nicht die Fassung bewahren. Also gehen Schwester und Bruder des Bekannten hin und erklären, die Eltern seien beide erkältet und hätten die strenge Auflage, ihrn Sohn nicht zu besuchen.

Erst nach der Beerdigung, nach geglückter Operation, erfährt der Bekannte vom Tod des Vaters.


Es gab hinter den Kulissen heftige Vorwürfe –nicht vom Bruder, sondern von mitchristen, die das Prinzip verletzt sahen: Wie könnt ihr nur lügen? Ich kann dazu nur sagen, daß die Geschwister sich dem Bruder gegenüber der Lüges schuldig gemacht haben. Es war sogar nötig, daß der Bruder den Geschwistern vergab. Aber was wäre die Erlösung wert, wenn ich um des größeren Gutes willen – das Leben des Bruders gegenüber dem Gebot der Pietät und der Liebe zum Vater – nicht bereit wäre, die kleinere Schuld auf mich zu laden (um sie Christus wieder abzugeben)?

Ralf

Beitrag von Ralf »

Tja, die Frage nach der Erlaubtheit der Lüge bzw. besser nach dem absoluten Verbot derselben ist vielleicht auch nur wieder ein Beispiel des allzumenschlichen Versuches aus dem Geflecht von Sünde auszubrechen. Es geht nicht. Das Kreuz "mußte" sein. Und genau deswegen ist es die Rettung - vor der Sündenfolge und vor allem vor unseren Versuchen...

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

@ Fiore Graz:
1. Eine Verschleierung der Wahrheit gilt klassisch nicht als Lüge. "Resrictio mentalis" (Zurückhalten von Wahrheit) war erlaubt, solange der Andere nicht fragt: Ist das die ganze Wahrheit?!
"Amphilogia" - Herumrederei erlaubten auch die Kirchenväter. man muss nicht immer Klartext reden, meinten sie.

2. Nur weil die Erzväter und Propheten gelogen haben, ist die Lüge nicht erlaubt. Die haben auch andere Dinge getrieben, die nicht in Ordnung sind.
(Immerhin müssten die Freikirchen das Buch Jeremia aus dem Kanon schmeißen, wenn Gott die Lüge des Jeremia gutgeheißen hat.)

Peter
Beiträge: 1249
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Peter »

Laß dich herzen, Ralf. Viel besser ausgedrückt! :kiss:

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Glaubt ihr, dass man manchmal aus Liebe sündigen muss?
Wäre das nicht ein Widerspruch in sich. Sünde ist ja gerade Verstoß gegen die Liebe.
Oder ist Lüge in dem von Peter geschilderten Fall vielleicht gar keine Sünde?
Geronimo hat geschrieben:Ich halte das in dem Fall für keine Sünde. Es gibt ja eine Grausamkeit, die aus Bigotterie entsteht; wo die Empathie auf der Strecke bleibt, nur damit man sich selbst der nicht begangenen Sünde brüsten kann.
Das kann nicht Gottes Wille sein.
Geronimo
Zuletzt geändert von roncalli am Donnerstag 7. Oktober 2004, 13:30, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Da kann man ja mal den Arzt Ralf fragen wie es bei Kranken, die unheilbar krank sind zu halten ist, wenn der Kranke seinen Befund wissen will.
Als meine Mutter schwer krank war, fragte ich die Ärzte. Sie haben nur ungenau geantwortet, sodass ich von ihnen nichts über die Aussichten erfuhr.
Da ich aber die doch Diagnose kannte, sagte ich ihnen ins Gesicht: Jetzt wird gestorben. Ja, woher wissen Sie das? Bin ja auch nicht ganz dumm, sagte ich. Dann erst bestätigten sie, dass nichts mehr zu machen sei. So kam es dann nach einigen Wochen auch.
Nun war ich ja nicht der/die direkt Betroffene, aber doch der Sohn. Ich meine aber man sollte da auf jeden Fall ehrlich sein.

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Noch ein Nachtrag von Bibelstellen zu Persönlichkeiten in der Bibel:
Der Moraltheologe Karl Hörmann hat geschrieben:"Schwierigkeiten erwachsen daraus, daß die Hl. Schrift nicht nur von gottlosen Menschen, sondern auch von Personen, die in der Heilsgeschichte eine gute Rolle spielen u. in hohem Ansehen stehen, anscheinende Lügen berichtet: von Sara (Gen 18,15), Abraham (Gen 12,11-13; 20,2; 22,5; ), Isaak (Gen 26,7), Jakob (Gen 26,19), den Hebammen in Ägypten (Ex 1,19), Rahab (Jos 2,4 f), David (1 Sam 21,3.14; 2 Sam 15,34; 16,16 f), Jehu (2 Kor 10,19 f), Jeremias (Jer 38,24-27), Judit (Jdt 11,5-19), Ester (Est 2,10)."
(Aus: Lexikon der christlichen Moral 1976, Sp. 1003-1012)
Den Erzengel Rafael lässt Hörmann aus.

Zu Jesus meint Hörmann:
Hörman hat geschrieben:Wenn man meint, Jesus selbst habe manchmal Unwahres gesagt (gegenüber der blutflüssigen Frau habe er sich unwissend gestellt, Lk 8,45; gegenüber seinen Verwandten habe er nur so getan, als ob er nicht nach Jerusalem ziehen wolle, Joh 7,2-10; u. gegenüber den Emmausjüngern, als ob er weitergehen wolle, Lk 24,28 ), daher könne nicht jede bewußt unwahre Rede verwerfl. sein, läßt sich zeigen, daß in all diesen Fällen das Verhalten Jesu einen wahren Sinn enthält.
(Aus: Lexikon der christlichen Moral 1976, Sp. 1003-1012)
??? :kratz:

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11294
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Als Jesus der samaritischen Frau sagte, er sei nur zu den Juden gesandt und sie antwortete die Hunde essen auch von den Brotkrumen, hat er sie trotzdem geheilt (hoffentlich gebe ich das aus dem Kopf genau wieder, sonst soll mich jemand korrigieren). Er wollte damit ihren glauben prüfen und dabei hat er sich auch in andern Fällen manchmal Fragen gestellt, deren Antwort er selber längst wusste. Das ist bestimmt keine Lüge.
Bei der blutflüssigen Frau sehe ich das auch nicht.

Edith
Beiträge: 2544
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 20:38

Beitrag von Edith »

also... ich lüge mehrmals täglich..... immer dann wenn jemand meine Chefin sprechen will, und die zu mir sagt "sag, ich bin in einer Besprechung, oder krank, oder tot."

Na, dann lüge ich. Beruflich.
Was soll ich machen? Aufrecht arbeitslos werden?
:(

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Edith hat geschrieben:also... ich lüge mehrmals täglich..... immer dann wenn jemand meine Chefin sprechen will, und die zu mir sagt "sag, ich bin in einer Besprechung, oder krank, oder tot."

Na, dann lüge ich. Beruflich.
Was soll ich machen? Aufrecht arbeitslos werden?
:(
Die scholastischen Theologen haben dafür ein schönes Wort gefunden: "mendacium officiosum" - die Amtslüge/Dienstlüge, zwar als sündhaft bewertet, aber lässlich, wenn kein großer Schaden entsteht ...

Bereut (und beichtet) heutzutage noch jemand solche Sachen (mit dem Vorsatz zur Besserung)?
Gibt es auch in diesem Bereich ein Christsein ohne Kompromisse (nie eine Unwahrhaftigkeit, nie eine freundliche Verstellung)?

Apropos Telefon: Ich sage in solchen Fällen: "N. ist derzeit/heute nicht zu sprechen." Meist fragen die Gesprächspartner dann nur, wann N. erreichbar ist, und nicht, warum er für sie jetzt nicht erreichbar ist.

Benutzeravatar
roncalli
Beiträge: 739
Registriert: Sonntag 15. August 2004, 16:34

Beitrag von roncalli »

Edi hat geschrieben:Als Jesus der samaritischen Frau sagte, er sei nur zu den Juden gesandt und sie antwortete die Hunde essen auch von den Brotkrumen, hat er sie trotzdem geheilt (hoffentlich gebe ich das aus dem Kopf genau wieder, sonst soll mich jemand korrigieren). Er wollte damit ihren Glauben prüfen und dabei hat er sich auch in andern Fällen manchmal Fragen gestellt, deren Antwort er selber längst wusste. Das ist bestimmt keine Lüge.
Bei der blutflüssigen Frau sehe ich das auch nicht.
Na ja, wenn Jesus anfangs, als er die Syrophönizierin traf, tatsächlich der Überzeugung war, dass er nur zu den Juden gesandt ist, geht die Sache klar. (Wir haben ja in einem anderen Thread bereits davon gesprochen, wie Jesus als Mensch seine Sendung immer besser verstehen lernte. Warum nicht auch durch diese Frau?)

Aber Joh 7,2-10?
Wie erklärst du das?
Das Johannesevangelium hat geschrieben:(Jesus sagte zu seinen Brüdern:) Geht ihr nur hinauf zum Fest; ich gehe nicht zu diesem Fest hinauf, weil meine Zeit noch nicht erfüllt ist.
Das sagte er zu ihnen und er blieb in Galiläa.
Als aber seine Brüder zum Fest hinaufgegangen waren, zog auch er hinauf, jedoch nicht öffentlich, sondern heimlich.

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema