Dorothy Day, Sozialismus
und Christentum
DAY, Dorothy, Journalistin, in frühen Jahren radikale Anhängerin des Kommunismus, später Vertreterin eines christlichen Sozialismus, Gründerin des Catholic Worker Movement in den USA, Frauenrechtlerin und Friedensaktivistin; * 8. November 1897 in Brooklyn, New York; † 29. November 1980 in New York. - Dorothy war nach zwei älteren Brüdern, Donald und Sam, die erste Tochter von Grace Satterlee Day und John Day. Später erhielt Dorothy mit Della noch eine jüngere Schwester und mit John, dem Nesthäkchen der Familie, noch einen dritten Bruder. Als Dorothy sechs Jahre alt war, erhielt ihr Vater, ein recht bekannter Sportjournalist, eine Anstellung bei einer Zeitungsredaktion in San Francisco. So zog Familie Day 1903 nach Oakland, Kalifornien. Nach drei guten und für die Familie angenehmen Jahren verlor John Day allerdings seine Arbeit, als das große Erdbeben in San Francisco auch den Zeitungsverlag zerstörte, in dem er tätig war. - Das Erdbeben von 1906 und die in selbstloser Weise obdachlos gewordenen Menschen helfende Mutter blieben Dorothy ein Leben lang in Erinnerung. Noch im selben Jahr zog die Familie dann nach Chicago, wo sie im (sozial schwachen) Süden der Stadt eine Mietwohnung bezog. Für den arbeitslosen Vater und seine Familie bedeutete dies ein sozialer Abstieg. Es war hier Chicago, wo die protestantisch erzogene Dorothy über eine Freundin erstmals näheren Kontakt mit der katholischen Kirche bekam. - Als John Day zum Editor des Sportteils einer Chicagoer Zeitung geworden war, zog die Familie in ein komfortables Haus in den wohlhabenden Norden der Stadt. Hier begann Dorothy Bücher zu lesen, die ihren Geist anregten und ihr Gewissen formten. Upton Sinclair's Novelle The Jungle inspirierte Dorothy zu langen Wanderungen in der armen Nachbarschaft von Chicago's South Side. Das war der Beginn ihrer ein Leben lang anhaltenden Nähe zu den Menschen und Wohnquartieren, welche die meisten lieber meiden. Dorothy hatte ein Auge für die kleinen Schönheiten inmitten der tristen Stadtfluchten. Bunte Haustüren, Geranien- und Tomatenpflanzen auf Balkonen und der Duft der Backstuben und Kneipen waren ihr Schönheit genug. Die belesene und kluge Dorothy gewann prompt ein Stipendium, das sie 1914 an die University of Illinois führte. Doch Dorothy war eine unwillige Studentin. Sie wandte sich in ihrem Denken mehr und mehr einer radikalen sozialen Richtung zu. Sie mied das Zusammenleben auf dem Campus und versuchte, soweit es ging, sich ihren Unterhalt selbst zu erarbeiten, um nicht vom Geld des Vaters abhängig zu sein. Zwei Jahre später stieg sie aus dem College aus und zog nach New York, wo sie eine Anstellung als Reporterin bei The Call, New Yorks einziger sozialistischer Tageszeitung, erhielt. Sie berichtete über Versammlungen und Demonstrationen, sie interviewte vom Butler und Arbeiterfunktionär bis hin zum Revolutionär die unterschiedlichsten Menschen. Als nächstes arbeitete Dorothy dann für das Magazin The Masses, welches gegen den Eintritt der USA in den I. Weltkrieg agierte. Im September 1917 kündigte die Post dem Magazin die Beförderungsverträge auf. Bundesbeamte durchsuchten die Redaktion, beschlagnahmten umfangreiches Material sowie die gesamte Korrespondenz. Fünf leitende Zeitungs- angestellte wurden der Anstiftung zum öffentlichen Aufruhr angeklagt. Im November 1917 wurde auch Dorothy inhaftiert, weil sie mit vierzig anderen Frauen vor dem Weißen Haus in Washington D.C. gegen den Ausschluß der Frauen vom Wahlrecht demonstrierte. Weil die inhaftierten Frauenrechtlerinnen in einem Arbeitshaus wahrhaft erniedrigend behandelt wurden, traten sie in den Hungerstreik. Schließlich wurden sie auf Geheiß des Präsidenten freigelassen. Zurück in New York spürte Dorothy, daß Journalismus eine zu dürftige Antwort auf eine Welt im Krieg war. So nahm sie im Frühjahr 1918 in Brooklyn an Ausbildungskursen für Krankenschwestern teil. - Dorothy Day war bis zuletzt der Überzeugung, daß sich im Lauf ihres Lebens kaum etwas an den sozialen Verhältnissen des Landes geändert hat. Und doch hat sie sich niemals mit einer Partei identifiziert oder zur Erreichung einer sozialen Änderung in Parteiprogramme einspannen lassen. - Ihre religiöse Entwicklung verlief dagegen wesentlich langsamer und nicht so geradlinig. Als Kind besuchte sie die Gottesdienste der Episkopalkirche. Als junge Journalistin in New York besuchte sie manchmal noch zu nächtlicher Stunde die katholische St. Joseph's Kirche in der Sixth Avenue, um zu beten oder still zu werden. Der katholische Gottesdienst gefiel Dorothy zunehmend. Auch wenn sie kaum etwas über die katholische Lehre wußte, die Spiritualität und Frömmigkeit faszinierte sie. Und sie sah in der katholischen Kirche mehr und mehr die Kirche der Emigranten und die Kirche der Armen. Als sie 1922 in Chicago als Reporterin arbeitete, teilte sie ihre Wohnung mit drei jungen Frauen, die jeden Sonntag die Messe besuchten und täglich Gebetszeiten pflegten. Für Dorothy war bald klar, daß "worship, adoration, thanksgiving, supplication ... the noblest acts" waren, zu denen wir Menschen in unserem Leben fähig sind. Ihr nächster Job führte Dorothy zu einer Zeitung nach New Orleans. Dort lebte sie nahe der katholischen St. Louis Cathedral, wo sie oft die abendlichen Segnungsgottesdienste besuchte. Zurück in New York kaufte sich Dorothy 1924 mit dem Erlös aus dem Verkauf der Filmrechte für eine Novelle ein kleines Cottage auf Staten Island. Auch begann sie eine vier Jahre währende "Ehe ohne Trauschein" mit dem englischen Botaniker Forster Batterham, den sie durch Freunde in Manhattan kennenlernte. Batterham war ein Anarchist und gegen Heirat und Religion eingestellt. In einer Welt voll solcher Grausamkeit fand er es für sich unmöglich, an einen Gott zu glauben. Zu dieser Zeit war Dorothy´s Glaube an Gott jedoch unerschütterlich und es machte sie traurig, daß Batterham Gottes Gegenwart in der natürlichen Welt, die er doch erforschte, nicht spüren konnte. "How can there be no God," fragte sie, "when there are all these beautiful things?" Ihre unterschiedliche Einstellung zu Glaube und Religion führten denn auch bald zu Streitigkeiten. - 1926 wurde Dorothy schwanger, und dies veränderte ihr Leben. Sie war einige Jahre zuvor nach einer Liebesaffaire mit einem Journalisten schon einmal schwanger gewesen. Doch endete die Schwangerschaft damals in der größten Tragödie ihres Lebens: in der Abtreibung. Dorothy verarbeite die seelischen Probleme später in der Novelle The Eleventh Virgin. Umso glücklicher war sie über diese Schwangerschaft. Sie war für sie ein Wunder des Lebens. Batterham wollte allerdings nicht daran denken, ein Kind in diese gewalttätige Welt zu entlassen. Am 3. März 1927 wurde Tamar Theresa Day geboren. Dorothy Day glaubte, daß sie nichts besseres für ihre Tochter tun konnte, als sie in der katholischen Kirche zu taufen. In ihrer Autobiography schreibt sie: "I did not want my child to flounder as I had often floundered. I wanted to believe, and I wanted my child to believe, and if belonging to a Church would give her so inestimable a grace as faith in God, and the companionable love of the Saints, then the thing to do was to have her baptized a Catholic." - Nach Tamars Taufe brach sie mit Batterham und am 28. Dezember 1927 wurde Dorothy selbst in die katholische Kirche aufgenommen. Es begann nun eine Periode in ihrem Leben, in der sie versuchte einen Weg zu finden ihren Glauben und ihre radikalen sozialen Wertvorstellungen zusammenzuführen. - Im Winter 1932 reiste Dorothy nach Washington D.C., um für die Magazine Commonweal und America vom Hungermarsch zu berichten. Sie sah die endlose Reihe von Demonstranten, welche mit ihren Transparenten und Schildern nach mehr Jobs, nach Arbeitslosenversicherung und Alterspensionen, nach einem Arbeitsverbot für Kinder sowie nach einem Gesundheitssystem und Wohnungsbauprogrammen verlangten. Was Dorothy veranlaßte, sich im Hintergrund zu halten, war die Tatsache, daß sie katholisch war und der Marsch von Kommunisten organsiert wurde, die nicht allein dem Kapitalismus, sondern auch der Religion den Kampf angesagt hatten. Der Tag des Hungermarsches war der 8. Dezember, das Fest der Erwählung Mariens. - Nachdem sie den Marsch beobachtet hatte, besuchte Dorothy den Shrine of the Immaculate Conception, wo sie (wie sie in ihrer Autobiographie schreibt) ihre inneren Qualen ins Gebet faßte: "I offered up a special prayer, a prayer which came with tears and anguish, that some way would open up for me to use what talents I possessed for my fellow workers, for the poor." - Am nächsten Tag war sie zurück in New York, wo sie Peter Maurin, einen französischen Emigranten traf. Maurin war früher ein Christian Brother, der 1908 Frankreich verlassen hatte, um in Kanada zu leben. Doch wenige Jahre später übersiedelte er in die USA. Als er Dorothy traf, war er Mädchen für alles in einem katholischen Jungencamp im Norden von New York, der von der Hand in den Mund lebte. Sein einziger Luxus war der Zugang zur Bibliothek des Kaplans und das kleine Taschengeld, das er gelegentlich von diesem erhielt. Während seiner Wanderjahre fand Maurin zu einem franziskanischen Lebensstil, der Armut als Berufung ansah. Sein zölibatärer Lebensstil gab ihm die notwendige Zeit für Studium und Gebet. Gespeist aus beiden reifte in ihm die Vorstellung einer biblisch orientierten Sozialordnung, die mehr Gerechtigkeit in die Gesellschaft bringen könnte. Als ein begnadeter Lehrer fand er zahlreiche Zuhörer für seine Ideen, so auch George Shuster, Herausgeber des Commonweal Magazine, der ihm Dorothy´s Adresse gab. Schon nach ihrem ersten Treffen sagte Dorothy, daß sie in Maurin die Antwort auf ihre Gebete erhalten habe. Er könne ihr dabei helfen, ihre wahre Berufung zu finden. Maurin empfahl Dorothy, eine Schriftenreihe zu publizieren, welche der breiten Öffentlichkeit die katholische Soziallehre darstellte. Die Soziallehre der Kirche könne die solide Grundlage zu einer friedlichen Transformation der Gesellschaft sein. Dorothy nahm die Idee gerne auf. Die Paulist Press erklärte sich bereit 2500 Exemplare von Dorothy´s neuer Schriftenreihe zu drucken. Ihre Küche wurde zum Redaktionsbüro. Die Schriften selbst verkaufte sie für einen Penny das Stück, damit auch die ärmsten Kreise sie kaufen konnten. Am 1. Mai 1933 wurden auf New York´s Union Square die ersten Exemplare des The Catholic Worker verkauft. Nur wenige Schriften dieser Art hatten nach ihrer Erstausgabe einen so durchschlagenden Erfolg. Was Dorothy nie zu träumen gewagt hätte, bis zum Dezember 1933 wurden bereits monatlich 100.000 Exemplare verkauft. Die Leser fanden im The Catholic Worker eine einmalige Stimme. Die Zeitschrift brachte die Unzufriedenheit mit der sozialen Ordnung zum Ausdruck. Sie nahm Partei für die Labor Unions und entwarf Visionen, welche Urbanisierung und Industrialisierung kritisch anfragte. Sie war nicht allein radikal, sondern vor allem auch religiös und forderte die Leser auch zu persönlicher Weltverantwortung heraus. - Während des ersten halben Jahres seines Erscheinens war der The Catholic Worker nur eine Zeitung. Mit Einbruch des Winters klopften aber Wohnungslose an Dorothy´s Tür und Maurin's Essays in der Zeitung riefen zur Erneuerung der alten christlichen Praxis der Gastfreundschaft gegenüber wohnsitzlosen Menschen auf. Auf diese Art konnten Christen Antwort auf Jesu Worte geben: "Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen" (Mt 25, 35). Auf diese Weise widersprach Maurin der Vorstellung, daß Christen nur für ihre Freunde sorgen, Fremde jedoch der unpersönlichen Fürsorge sogenannter charitable agencies überlassen sollten. Jedes Haus sollte seinen "Christ Room" und jede Pfarrei ein Haus der Gastfreundschaft haben, bereit für die Armen und Kleinen, die "Ambassadors of God." Umgeben von der Not der Menschen in ihrer Umgebung und aufgrund der Ausstrahlung ihrer Ideen auf die Leser des The Catholic Worker, war eigentlich klar, daß es nicht lange dauern konnte, bis die Herausgeber der Zeitung ihre Prinzipien in die Praxis umsetzen sollten. Dorothy's Wohnung wurde der Same für viele zukünftige "Houses of hospitality." Noch im selben Winter wurde ein Appartement mit Platz für zehn Frauen und eines für ebenso viele Männer angemietet. Dann folgte ein Haus in Greenwich Village. 1936 zog die Gemeinschaft in zwei Häuser in Chinatown, aber immer war zu wenig Platz für die Zahl der Hilfesuchenden. Zumeist waren es Männer, die anklopften, von denen Dorothy schrieb, es seien "grey men, the color of lifeless trees and bushes and winter soil, who had in them as yet none of the green of hope, the rising sap of faith." Viele, die zu Dorothy kamen waren überrascht, daß keiner beim Catholic Worker damit begann sie ändern zu wollen. Allein ein Kruzifix an der Wand erinnerte alle Kommenden unmißverständlich an die Gegenwart des christlichen Glaubens an diesem Ort. Und die Mitarbeiter erhielten nur Kost und Logie sowie ein gelegentliches Taschengeld. - Der Catholic Worker wurde zu einer nationalen Bewegung. 1936 gab es dreiunddreißig Catholic Worker Houses verteilt im ganzen Land. Und aufgrund wirtschaftlicher Depression gab es zahllose Menschen, die sie brauchten. Mancher Vorwurf wurde laut, denn es gab Leute, die Dorothy vorwarfen, sie sammle die Taugenichtse der Gesellschaft um sich, anstatt den ungewollt bedürftig gewordenen Menschen zu helfen. Als einmal ein Sozialarbeiter Dorothy fragte, wie lange es denn den "clients" erlaubt sei in den Häusern zu bleiben, antwortete Dorothy mit einem scharfen Blick: "We let them stay forever. They live with us, they die with us, and we give them a Christian burial. We pray for them after they are dead. Once they are taken in, they become members of the family. Or rather they always were members of the family. They are our brothers and sisters in Christ." Einige rechtfertigten ihre Vorwürfe an Dorothy mit dem biblischen Hinweis, daß schließlich auch Jesus gesagt habe, es werde allezeit Arme um uns herum geben (Joh 12,8). Solche Einwände konterte Dorothy mit dem Hinweis, daß dies zwar richtig sei, aber wir nicht damit zufrieden sein dürften, daß es so viele Arme sind. Und schließlich ist die bestehende Gesellschaftsstruktur "our making and by our consent, not God's, and we must do what we can to change it. We are urging revolutionary change." - Die Catholic Worker experimentierten auch mit landwirtschaftlichen Kommunen. 1935 wurde ein Haus mit Garten auf Staten Island gemietet. Bald darauf kam Mary Farm in Easton, Pennsylvania, in den Besitz der Gemeinschaft. Eine andere Farm wurde im Norden New Yorks nahe Newburgh erworben. Als Maryfarm Retreat House war es für ein längeres Leben als alle anderen bestimmt. Später kam noch für kurze Zeit die Maurin Peter Farm auf Staten Island dazu, welche dann zuerst nach Tivoli und dann nach Marlborough im Hudson Valley verlegt wurde. Dorothy erkannte mit der Zeit, daß es weniger die Berufung der Catholic Worker war, landwirtschaftliche Mustergemeinschaften zu gründen, als vielmehr für ländliche Houses of Hospitality zu sorgen. So gab die Gemeinschaft ihre Farmen zumeist wieder auf. - Was Dorothy den meisten Ärger einbrachte, war ihr ausgesprochener Pazifismus. Dieser war für sie das Herzstück des Evangeliums. Sie nahm Jesu Satz wahrlich wörtlich: "Stecke dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen." (Mt 26, 52). Über viele Jahrhunderte war die katholische Kirche selbst in Kriege verwickelt. Päpste segneten Armeen und predigten Kreuzzüge. Im 13. Jh. hatte Franz von Assisi den Weg des Pazifismus wieder zu beleben versucht. Aber im 20. Jh. war es für Katholiken eher ungewohnt seinen Weg der völligen Gewaltlosigkeit einzuschlagen. The Catholic Worker's erster Ausdruck von Pazifismus wurde 1935 veröffentlicht. Es handelte sich dabei um den Dialog zwischen einem Patrioten und Christus, worin der Patriot Jesu Lehre als nobel aber unpraktikabel verwarf. Wenig Leser waren durch solche Artikel beunruhigt, bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs 1936. Die Faschisten unter General Franco präsentierten sich als Verteidiger des katholischen Glaubens. Nahezu jeder katholische Bischof und jedes katholische Blatt in den USA stellte sich hinter Franco. Allein The Catholic Worker lehnte es ab, Partei zu ergreifen und verlor nahezu zwei Drittel seiner Leser. Jenen, die Franco unterstützten, empfahl Dorothy früh, lieber einmal einen Blick auf dessen geistigen Verwandten und Kriegshelfer Hitler zu werfen und auf die beunruhigenden Ereignisse in Deutschland. Dorothy brachte ihre Angst und Sorge um die Juden zum Ausdruck und war später unter den Gründern des Committee of Catholics to Fight Anti-Semitism. Selbst nach Japans Angriff auf Pearl Harbor und Amerikas Kriegseintritt verkündete Dorothy, daß ihre Zeitschrift den pazifistischen Kurs beibehalten werde: "We will print the words of Christ who is with us always", schrieb sie und: "Our manifesto is the Sermon on the Mount." Opposition gegen Krieg, fügte sie noch hinzu, heiße keineswegs Sympathie für Amerika´s Feinde zu hegen. "We love our country.... We have been the only country in the world where men and women of all nations have taken refuge from oppression." Dorothy vertrat aber den Standpunkt, daß es zuerst die Aufgabe des Catholic Worker Movement sei, die Werke der Barmherzigkeit zu unterstützen und nicht die Werke des Krieges. Sie wurde nicht müde ihre Freunde und Förderer zu bitten "to care for the sick and the wounded, to the growing of food for the hungry, to the continuance of all our works of mercy in our houses and on our farms." Nicht alle Gemeinschaften folgten Dorothy. In den Monaten nach Amerikas Kriegseintritt schlossen fünfzehn Houses of Hospitality. Aber Dorothy's Sicht hatte auch Erfolg. Jede Ausgabe von The Catholic Worker erneuerte ihr Verständnis von einem christlichen Leben. Und viele junge Männer identifizierten sich mit Dorothy. Sie verbrachten den Krieg dann in der Regel im Gefängnis oder in Arbeitslagern. Einige leisteten waffenlosen Militärdienst als Sanitäter und Ärzte. Als der II. Weltkrieg 1945 endete, folgten ihm doch bald neue, kleinere Kriege, in welche die USA verwickelt waren, und vor allem der sogenannte Kalte Krieg. - Eines der Rituale im Leben der New York Catholic Worker community welches in den späten 1950ern entstand, war die Weigerung an der staatlich verordneten jährlichen Zivilverteidigungsübung teilzunehmen. In dieser jährlichen Übung für den nuklearen Ernstfall sah Dorothy nur den Versuch, einen Atomkrieg als überlebbar und gewinnbar darzustellen, um damit Milliarden von Dollars für Militärausgaben zu rechtfertigen. Als am 15. Juni 1955 die Sirenen ertönten, saß Dorothy inmitten einer kleinen Gruppe vor dem Rathaus. Ein Plakat verriet die Motivation zu dieser Aktion: "In the name of Jesus, who is God, who is Love, we will not obey this order to pretend, to evacuate, to hide. We will not be drilled into fear. We do not have faith in God if we depend upon the Atom Bomb." Dorothy beschrieb damals ihren zivilen Ungehorsam als Akt der Sühne für Amerikas Gebrauch der Atombomben in Hieroshima und Nagasaki 1945. Im ersten Jahr wurden die Dissidenten getadelt. Im folgenden Jahr wurden Dorothy und andere Friedensaktivisten für dreißig Tage inhaftiert, ebenso im darauffolgenden Jahr. 1958 setzte ein anderer Richter die Strafe aus. 1959 war Dorthy dann wieder im Gefängnis, diesmal nur für fünf Tage. Dann kam das Jahr 1960, als statt einer Handvoll Menschen schon fünfhundert im City Hall Park auftauchten. Die Polizei verhaftete einige, Dorothy war nicht unter den mutwillig ausgewählten. 1961 wuchs die Zahl der Demonstranten auf zweitausend an, von denen vierzig verhaftet wurden. Auch diesmal war Dorothy ausgenommen. Nach diesem Jahr wurden die Übungen für den nuklearen Ernstfall in New York ausgesetzt. - Ein anderes Betätigungsfeld der Catholic Worker war der Einsatz für die Menschen- und Bürgerrechte sowie die Gleichberechtigung der Schwarzen. Wie so oft wollte Dorothy Menschen besuchen, die dazu ein besonderes Beispiel setzten und fuhr deshalb 1957 nach Koinonia, einer christlichen landwirtschaftlichen Gemeinschaft im Süden Georgias, in welcher Schwarze und Weiße friedlich miteinander zusammenlebten. Als Dorothy dort eintraf, wurde die Gemeinschaft gerade angegriffen. Eines der Gemeinschaftshäuser war von Ku Klux Klan Anhängern mit Maschinengewehren beschossen worden und es wurden auf Äckern der Gemeinschaft brennende Kreuze errichtet. Dorothy bestand damals darauf die nächtlichen Wachposten zu besuchen und auch selbst Wachdienst zu leisten. Dabei entging sie nur knapp einer auf sie abgefeuerten Gewehrkugel. - Ihre Verantwortung für die Kirche führte Dorothy auch zum Zweiten Vatikanischen Konzil nach Rom. 1963 war Dorothy eine der fünfzig "Mothers for Peace", die nach Rom kamen, um Papst Johannes XXIII. für seine Enzyklika Pacem in Terris zu danken. Dem Tode nahe konnte Johannes XXIII. die Frauen nicht privat empfangen, doch bei der letzten öffentlichen Audienz bat er sie, ihre Arbeit fortzusetzen. 1965 kehrte Dorothy nach Rom zurück, um mit einem Fasten ihre Hoffnung auszudrücken, daß das Konzil im Kontext von Frieden und Völkerverständigung ein klares Statement zum Satz Jesu "Steck dein Schwert in die Scheide!" (Mt 26, 52) abgeben würde. Dorothy sah ihr Fasten als "Scherflein der armen Witwe" (Mk 12, 41-44) an, um die Bischöfe in ihrer Aufgabe zu unterstützen, mit klarer Stimme in die moderne Welt hineinzusprechen. Die Fastenden hatten im Dezember 1965 Grund zur Freude, als das Konzil die Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et Spes verabschiedete. Die Konzilsväter nennen darin alle Kriegshandlungen, die auf die Zerstörung ganzer Städte und weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellen, ein Verbrechen gegen Gott und die Menschlichkeit, welche fest und entschieden zu verwerfen seien. (GS 80) Das Konzil wendete sich gegen jede Form blinden Gehorsams und betonte somit die Gewissensentscheidung des einzelnen Menschen (GS 79). Auch rief es die Staaten dazu auf , rechtliche Möglichkeiten für Kriegsdienstverweigerer zu schaffen (GS 79). Verbrechen gegen Gott und die Menschen, wie sie das Konzil in Gaudium et Spes verurteilte, waren für Dorothy Tagesbefehle der amerikanischen Militärs, die 1965 und in den folgenden Jahren anordneten Regionen in Vietnam mit intensivem Bombardement zu belegen. Viele junge Catholic Workers gingen während des Vietnamkrieges dafür ins Gefängnis, weil sie sich der Einberufung widersetzten, während andere alternative Dienste leisteten. Nahezu jeder innerhalb der Catholic Worker Communities nahm an Protesten teil und viele wanderten wegen zivilen Ungehorsams ins Gefängnis. Wahrscheinlich gab es niemals zuvor eine Zeitung, von deren Mitarbeitern so viele wegen Gewissensentscheidungen verurteilt worden sind wie vom Catholic Worker. Dorothy selbst war zuletzt 1973 im Gefängnis, weil sie an einer verbotenen Streikpostenkette teilgenommen hatte, um Cesar Chavez und die United Farm Workers in Kalifornien zu unterstützen. Sie war damals bereits 76 Jahre alt. - Dorothy lebte lange genug, um auch Ehrungen für ihre Bemühungen zu erfahren. 1967 machte sie ihren letzten Besuch in Rom, um am internationalen Laienkongreß teilzunehmen. Dort waren sie und ein Astronaut die einzigen Amerikaner, welche die Kommunion aus der Hand von Papst Paul VI. empfingen. Zu ihrem 75. Geburtstag widmete ihr das Magazin der Jesuiten eine Spezialausgabe, in der sie Dorothy als die Person bezeichneten, welche in den vergangenen vierzig Jahren am besten "the aspiration and action of the American Catholic community" verkörperte. Und die Notre Dame University ehrte sie mit ihrer Laetare Medaille, um ihr für ihr "comforting the afflicted and afflicting the comfortable" zu danken. Unter denen, die Dorothy besuchten, als sie nicht mehr reisen konnte, war auch Mutter Theresa von Kalkutta, die ihr das Kreuz ans Kleid heftete, welches sonst nur von den Mitgliedern der Missionary Sisters of Charity getragen wurde, die die ewigen Gelübde abgelegt hatten. - Schon lange vor ihrem Tod am 29. November 1980 wurde Dorothy von vielen als Heilige betrachtet. Keine ihrer Worte sind besser bekannt, als ihre schlagfertige Antwort auf solche Bestrebungen sie heilig zusprechen: "Don't call me a saint. I don't want to be dismissed so easily." Dessen ungeachtet steht sie, die das Erbe vieler Heiligen bewahrt hat, nun selbst auf der Kandidatenliste für eine Heiligsprechung. Dorothy sagte einst selbst im Blick auf ihr Leben: "If I have achieved anything in my life, it is because I have not been embarrassed to talk about God." Ihre prophetische Stimme ist trotz ihres Todes bis heute nicht verstummt. [...]
Quelle:
http://www.bautz.de/bbkl/d/day_d.shtml