Peter Seefeld im Gespräch mit Josef Kardinal Ratzinger
Seefeld: „Der jüdische Publizist Franz Oppenheimer hat geschrieben: „Demokratien sind in der jüdisch-christlichen Welt des Westens entstanden. Diese Entstehungsgeschichte ist eine Grundvoraussetzung unserer pluralistischen Welt: Der gleichen Geschichte verdanken wir auch die Maßstäbe, anhand derer unsere Demokratien bis heute immer wieder überprüft, kritisiert und korrigiert werden konnten.“ Und Sie selbst haben darauf hingewiesen, dass der Bestand der Demokratien etwas zu tun hat mit dem Bestand christlicher Werte.“Ratzinger: „Ich kann das, was Oppenheimer gesagt, nur unterstreichen. Wir wissen heute, dass sich das demokratisch Modell aus den Mönchsverfassungen entwickelt hat, die mit den Kapiteln und der Abstimmungen darin solche Modelle vorgegeben hatten. Der Gedanke des gleichen Rechts aller konnte so seine politische Form finden. Gewiß gab es vorher schon die griechische Demokratie,von der entscheidende Anstöße kamen, die aber nach dem Sturz der Götter neu vermittelt werden musste. Es ist ein offenkundiger Tatbestand, dass die beiden Urdemokratien, die amerikanische und die englische, auf einem aus dem christlichen Glauben kommenden Wertekonsens beruhen und auch nur funktionieren konnten und können, wenn ein grundlegendes Einverständnis über Werte vorhanden ist. Sie würden sich ansonsten auflösen und zerfallen. Insofern kann man auch historisch eine positive Bilanz des Christentums ziehen, das ein neues Verhältnis des Menschen zu sich selbst und eine neue Menschlichkeit entbunden hat. Die antike Demokratie beruhte auf der sakralen Bürgschaft der Götter. Die christliche Demokratie der Neuzeit beruht auf der Sakralität der vom Glauben her verbürgten Werte, die der Willkür der Mehrheiten entzogen sind."
(Joseph Kardinal Ratzinger, Salz der Erde,
Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende)
Peter Seefeld im Gespräch mit Josef Kardinal Ratzinger:
Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende)
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